Beifuß-Ambrosie, Japan-Knöterich, Stinktierkohl und Co. – Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie 61169 Friedberg Beifuß-Ambrosie, Japan-Knöterich, Stinktierkohl und Co. – Auswirkungen der Ausbreitung gebietsfremder Pflanzenarten in Deutschland Beate Alberternst
Projektgruppe Biodiversität Forschungsschwerpunkt: Problematische gebietsfremde Pflanzenarten Projektgruppe Biodiversität Dr. Beate Alberternst Seit 1994 Untersuchungen zu gebietsfremden Pflanzenarten Speziell zu: Ambrosia artemisiifolia, Lysichiton americanus, Fallopia-Sippen Dr. Stefan Nawrath Seit 2005 freiberuflich tätig diverse Forschungsprojekte insbesondere zu Ambrosia
Auswirkungen gebietsfremder Arten, Beispiele Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie Friedberg Überblick: Definitionen Auswirkungen gebietsfremder Arten, Beispiele Umgang mit gebietsfremden Arten Fallbeispiel „Stinktierkohl“
Definitionen (Essl & Rabitsch 2002, Kowarik 2003) Gebietsfremde Pflanzenarten Archaeophyten Neophyten Neophyten sind Pflanzen, die in einem bestimmten Gebiet nicht einheimisch sind und die nach 1492 unter direkter oder indirekter Mithilfe des Menschen in dieses Gebiet gelangt sind, dort wild leben oder gelebt haben. Archaeophyten: s.o., aber vor 1492 eingeführt
Europäische Handelswege (Di Castri 1989) Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie Friedberg Europäische Handelswege (Di Castri 1989)
Neophyten Archaeophyten Erstnachweise gebietsfremder Arten in Deutschland (Jäger 1991) Archaeophyten Neophyten
Was ist eine „invasive Art“? Definitionen Was ist eine „invasive Art“? Wertneutraler naturwissenschaftlicher Ansatz: Arten, die sich vermehren und ausbreiten. b) Wertender Ansatz: Arten, die sich vermehren und ausbreiten und negative Auswirkungen haben Bewertungen sind nicht „neutral“, sondern abhängig von Wertvorstellungen Was ist das Schutzziel? Welche Leitbilder liegen vor?
Definitionen Wertender Ansatz: Was ist eine „invasive Art“? Hierzu liegen verschiedene Definitionen vor: CBD (2002): gebietsfremde Art, die durch ihre Einführung und/oder Ausbreitung die Biodiversität gefährdet IUCN (2000): gebietsfremde Art, die in natürlichen oder halbnatürlichen Ökosystemen oder Habitaten vorkommt und Veränderungen verursacht oder die heimische Biodiversität bedroht National Invasive Species Council (NISC) USA, (1999): gebietsfremde Art, deren Einführung ökonomischen oder ökologischen Schaden oder Schaden an der menschlichen Gesundheit verursacht oder wahrscheinlich verursacht
Definition „invasive Art“ Naturschutz: § 7 BNatschG: eine Art, deren Vorkommen außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets ein erhebliches Gefährdungspotenzial für dort natürlich vorkommende Ökosysteme, Biotope oder Arten darstellt. invasive Arten = „Problemart“ für den Naturschutz Manche Arten können zusätzlich weitere unerwünschte Auswirkungen haben (BfN 2005) Biologische Invasion: Ausbreitung von Pflanzen, Tieren, Pilzen und Mikroorga-nismen in Gebiete, die sie natürlicherweise zuvor nicht erreicht haben, bedingt durch menschliche Aktivitäten.
Biologische Invasion globales Phänomen mit weit reichender Wirkung! Weit reichende ökologische, evolutionäre, soziale und ökonomische Konsequenzen weltweit die zweit wichtigste Gefährdungsursache für den Verlust der Artenvielfalt (insbes. Tropen/Subtropen) Zunahme der Problematik in Folge von Klimawandel und Globalisierung
Hochgerechnet weltweit: 1,4 Billionen US $/Jahr Schätzungen ökonomischer Schäden durch IAS (Invasive Alien Species); Schäden + Kosten für Kontrolle) Pimentel et al. (2005): für USA, GB, Australien, Süd-Afrika, Indien, Brasilien: 314 Mrd. US $/Jahr Hochgerechnet weltweit: 1,4 Billionen US $/Jahr Kettunen et al. (2009): für Europa 12,5 Mrd. €/Jahr http://www.ieep.eu/assets/448/ias_assessments.pdf Reinhardt et al. (2003): Beispiele für Deutschland Riesenbärenklau: 12,3 Mio €/Jahr Beifuß-Ambrosie: 32,1 Mio €/Jahr Späte Traubenkirsche: 25,6 Mio €/Jahr
Gefährdungsursache für die Artenvielfalt:
Anzahl nach Deutschland eingeführter und etablierter gebietsfremder Pflanzenarten (Kowarik 2010) 0,3 % ca. 30 Arten Spezifisch bekämpft 2,8 % 277 in naturnaher Vegetation etabliert 2,1 % 3,2 % Archaeophyten: 247 Neophyten: 380 dauerhaft etabliert 100 % ca. 12.000 eingeführte Arten Prozent Anzahl Arten
ökologische A. ökonomische A. Auswirkungen von gebietsfremden Arten Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie Friedberg Auswirkungen von gebietsfremden Arten Mögliche unerwünschte Auswirkungen gebietsfremder Pflanzenarten ökologische A. Verdrängung anderer Arten Veränderung des Standorts z.B. N-Anreicherung, Änderung des Wasserhaushalts Einfluss auf Bestäubung anderer Arten Introgression Erschwerte Bewirtschaftung von Forstflächen Erhöhter Aufwand für Unkrautbekämpfung in der Landwirtschaft Erhöhung des Pflegeaufwands im Naturschutz oder in Städten Verringerung der Uferstabilität Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit ökonomische A. Betrifft nur wenige gebietsfremde Arten, aber Auswirkungen können erheblich sein!!
Beispiel Staudenknöteriche Fallopia japonica F. sachalinensis F. x bohemica Unerwünschte Auswirkungen: Verdrängung anderer Pflanzenarten Destabilisierung von Ufern Schäden an Bauwerken Sichtbehinderungen
Beispiel: Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) Mögliche unerwünschte Auswirkungen Behinderung der Forstwirtschaft Verdrängung von Arten
Beispiele: Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) Auswirkungen Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit Problematisches Ackerunkraut (Ambrosia) Verdrängung anderer Arten (Heracleum)
1990 2000 2006 Verbreitung in Europa (Pollenflug) none 0 - 2,2 very low 2,2 - 8,9 low 8,9 - 20,0 medium 20,0 - 35,6 High 35,6 - 55,6 very high 55,6 - max Jahressumme Pollen/m3 Prof. Dr. Siegfried Jäger, www.polleninfo.org
Zusammenfassung Teil 1 Weitere negative Auswirkungen möglich: Ein geringer Teil (ca. 0,3 %) gebietsfremder Arten in D ist invasiv, einige Arten haben weitere unerwünschte Auswirkungen Naturschutz: Verdrängen durch direkte Konkurrenz, Standortveränderungen z.B. Robinia pseudoacacia, Lupinus polyphyllos Pflegeaufwand in Schutzgebieten kann sich erheblich erhöhen Weitere negative Auswirkungen möglich: Wasserwirtschaft: z.B. Fallopia japonica Forstwirtschaft: z.B. Prunus serotina Landwirtschaft: z.B. Ambrosia artemisiifolia Gesundheitswesen: z.B. Ambrosia artemisiifolia, Heracleum mantegazzianum
Interessante links und Literatur Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Auflage. Ulmer. www.ambrosiainfo.de www.floraweb.de/neoflora/
Neue strategische Ansätze, rechtliche Grundlagen (CBD, BNatSchG)
Vorsorge Früherkennung und Sofort-maßnahmen Kontrolle Strategie Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie Vorsorge Früherkennung und Sofort-maßnahmen Kontrolle Handlungsoptionen (aus Klingenstein & Otto 2008)
Ausbreitungsprozess und Handlungsmöglichkeiten Strategie Ausbreitungsprozess und Handlungsmöglichkeiten Zeit Häufigkeit der Art Zeit Häufigkeit der Art Prävention/ Sofort-maßnahmen Verhinderung der Einschleppung Komplette Entfernung noch möglich Kontrolle Kontrolle nur mit hohem Kostenaufwand möglich
BNatSchG § 40 Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten Rechtsgrundlage BNatSchG § 40 Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten Gültig sein 01.03.2010 (1) Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um einer Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen und Arten durch Tiere und Pflanzen nichtheimischer oder invasiver Arten entgegenzuwirken. (2) Arten, bei denen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es sich um invasive Arten handelt, sind zu beobachten. Früherkennung Monitoring
BNatSchG § 40 Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten Rechtsgrundlage BNatSchG § 40 Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten (3) Die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder ergreifen unverzüglich geeignete Maßnahmen, um neu auftretende Tiere und Pflanzen invasiver Arten zu beseitigen oder deren Ausbreitung zu verhindern. Sie treffen bei bereits verbreiteten invasiven Arten Maßnahmen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern und die Auswirkungen der Ausbreitung zu vermindern, soweit diese Aussicht auf Erfolg haben und der Erfolg nicht außer Verhältnis zu dem erforderlichen Aufwand steht..... Bekämpfungsperspektiven Sofortmaßnahmen Kontrolle Abwägung: Kosten/Nutzen
BNatSchG § 40 Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten Rechtsgrundlage BNatSchG § 40 Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten (4) Das Ausbringen von Pflanzen gebietsfremder Arten in der freien Natur sowie von Tieren bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde…. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten der Mitgliedstaaten nicht auszuschließen ist.... Genehmigungsvorbehalt
BNatSchG § 40 Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten Rechtsgrundlage BNatSchG § 40 Nichtheimische, gebietsfremde und invasive Arten (6) Die zuständige Behörde kann anordnen, dass ungenehmigt ausgebrachte Tiere und Pflanzen oder sich unbeabsichtigt in der freien Natur ausbreitende Pflanzen sowie dorthin entkommene Tiere beseitigt werden, soweit es zur Abwehr einer Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten erforderlich ist. Beseitigungsanordnung
Zusammenfassung und Fazit Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie 61169 Friedberg Zusammenfassung und Fazit Entfernung des Stinktierkohls zum Schutz der standorttypischen Feuchtgebietsvegetation im Taunus In diesem Fall wurde eine neue biologische Invasion rechtzeitig erkannt und die Pflanzen im Sinne der Biodiversitätskonvention durch Sofortmaßnahmen entfernt