2. Kapitel Internationales Privatrecht EGBGB Art

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2. Kapitel Internationales Privatrecht EGBGB Art 2.Kapitel Internationales Privatrecht EGBGB Art. 3 – 46 und 220-Fälle 1,2 Zum Begriff: IPR ist weder - „international“ - noch „privat“ Zur Historie Jahr 1834 „International private law“ Jahr 1896/1900 EGBGB alte Fassung (Art 7-31) Jahr 1986: „Spanierbeschluß“ (BVerfG NJW 1971,1509) führt zu EGBGB neue Fassung : Art. 3 ff BVerfG: „Grundrechte gelten auch im IPR“ Art 220 I: Übergangsvorschrift für das 1986-IPR Jahr 1999 : Reform (im Bereich 38ff) Schema 3 separat – Folien 1-17- Fälle 1,2 Skript ab Seite 32 Teil 2 IPR Besonderer Teil

Exkurs: Spanierbeschluß Spanier will Deutsche in D heiraten § 1309 BGB: Ehefähigkeitszeugnis Spanisches Recht anerkennt die frühere Ehescheidung der Deutschen nicht Art 13 II seit 1986 Art 6 I GG-Lösung des BVerfG

EGBGB-Inhaltsübersicht IPR-Relevanz ab Art. 3 Aufbau EGBGB: Teil/Kapitel/Abschnitt IPR AT „Erster Abschnitt – Verweisung“ Art. 3 – 6 EGBGB umfaßt auch allgemeine Lehren des IPR IPR BT Zweiter – Sechster Abschnitt Art. 7 – 46 Art. 220 zur zeitlichen Geltung

Internationales Privatrecht Begriff Legaldefinition in Art. 3 I 1 EGBGB. „(1) Bei Sachverhalten mit einer Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates bestimmen die folgenden Vorschriften, welche Rechtsordnungen anzuwenden sind (Internationales Privatrecht). Verweisungen auf Sachvorschriften beziehen sich auf die Rechtsnormen der maßgebenden Rechtsordnung unter Ausschluss derjenigen des internationalen Privatrechts. (2) Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen gehen, soweit sie unmittelbar anwendbares staatliches Recht geworden sind, den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Regelungen in Rechtsakten der europäischen Gemeinschaft bleiben unberührt. (3)….“

IPR außerhalb des EGBGB völkerrechtliche Verträge: gehen den Vorschriften des EGBGB vor (siehe Art. 3 Abs. 2 S. 1 EGBGB).. Richterrecht einige Teile des IPR sind (noch) nicht oder nicht ausreichend normiert Beispiel: Gesellschaftsrecht Sondergesetze: Wechselgesetz, Art. 91 ff., Scheckgesetz, Art. 60.

IPR= Kollisionsrecht Territorialitätsprinzip Wirkung von Gesetzen ist beschränkt auf das Hoheitsgebiet des Staates, der sie erlassen hat Nebeneinander = Konflikt verschiedener Privatrechtsordnungen Konfliktlösung über die Normen des IPR Fall 1: Käufer K kauft vom Verkäufer B einen gebrauchten Pkw Toyota. Der Beklagte zahlt den Kaufpreis nicht. K erhebt Klage in Deutschland vor dem Wohnsitzgericht des B auf Zahlung des Kaufpreises. Ist japanisches Recht zu berücksichtigen?

Noch: Fall 1 Art 3 I 1 EGBGB Bei Sachverhalten mit einer Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates bestimmen die folgenden Vorschriften, welche Rechtsordnungen anzuwenden sind (Internationales Privatrecht). Verbindung? Bei reinen Inlandsfällen bleibt das deutsche Recht maßgebend. In Fall 1 ist der einzige Bezug zum Ausland die Tatsache, dass Vertragsgegenstand ein Auto japanischer Produktion ist. Entscheidung nach nationalem Recht

Abwandlung zu Fall 1: K und B schließen den Kaufvertrag in Japan. K verklagt den B in Deutschland. Rechtslage? Vertragsschlußort als internationaler Bezug Konsequenz: Einstieg in das EGBGB!

Abwandlung Fall 1 Einstieg über Art 27,28 EGBGB Hier hat der Sachverhalt einen rechtlich bedeutsamen Bezug zum japanischen Recht Art. 27 EGBGB: Rechtswahl? hierfür kein Anhalt. Mangels Rechtswahl anzuwendendes Recht: Art. 28 EGBGB I, II und V? „ engste Verbindung“ nach Art. 28 I 1? im Zweifel vorliegend Deutschland Lösung auch hier: nationales Recht Achtung: Für die Frage der Formwirksamkeit kann nach Art. 11 I EGBGB auch der Ort des Vertragsschlusses bedeutsam werden.

Kollisionsnormen (KN) und ihre Anwendung Qualifikation = Suche nach der „richtigen“ Kollisionsnorm =Subsumtion der einem Lebenssachverhalt entspringenden Rechtsfrage unter den in einer Kollisionsnorm verwendeten rechtlichen Systembegriff Anknüpfung = Oberbegriff zu Anknüpfungsgegenstand und Anknüpfungsmoment =Verbindung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge einer Kollisionsnorm Statut = Rechtsfolge =Die für eine bestimmte Rechtsfrage zur Anwendung gelangende Rechtsordnung als Ergebnis der kollisionsrechtlichen Prüfung

Fall 2 Ein Deutscher verstirbt in Deutschland und hinterläßt in Frankreich ein Hausgrundstück. Nach welchen Vorschriften wird der Nachlaß vererbt? Art. 3 I 1:“Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates“ Auslandsberührung (Auslandsbezug) Einleitungssatz ausreichend - etwa : „ Der Sachverhalt bietet durch die Belegenheit des Erblassergrundstücks ein Element der Auslandsberührung, daher ist die Frage des anwendbaren Rechts zu klären“ Einstieg im Erbrecht hier nur über Art 25 I EGBGB Art 25 II und Art. 26 EGBGB betreffen andere Sachverhalte sowie Art5 I, 3 III EGBGB

Art.25 I EGBGB Qualifikation : Erbrecht in Fall 2 unproblematisch Problemfälle sind Institute, die dem deutschen Recht unbekannt sind: Beispiel: angloamerikanischer trust Beispiel: Verjährung im US-Recht: dort im Prozeßrecht geregelt Beispiel: Gewinnzusagenfälle (Vertrag oder Delikt? ) Beispiele im Familienrecht: Morgengabe nach islamischem Recht; Trennung von Tisch und Bett; talaq-Scheidung.. Rechtsvergleichung als eigene Disziplin Common Law / Civil Law….

Art 25 I EGBGB 1. „Die Rechtsnachfolge von Todes wegen 2. a) unterliegt dem Recht des Staates, b) dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte“ 1. = Tatbestand 2. = Rechtsfolge 2a) Anknüpfungsgegenstand 2b) Anknüpfungsmoment

Kollisionsnormen Fall 2 : Ein Deutscher verstirbt in Deutschland und hinterläßt in Frankreich ein Hausgrundstück. Nach welcher Vorschrift wird der Nachlaß vererbt?

Fall 2- Lösung (bedingte Verweisung nach Art. 3III) Zwischen-Lösung über Art 25 I, 5 I EGBGB: deutsches Erbrecht Grundsatz des Gesamtstatuts (oder der Nachlaßeinheit) Sonderfall des Einzelstatuts=bedingte Verweisung nach Art 3 III Art. 3 III EGBGB Anwendungsbereich eröffnet (es liegt ein erbrechtlicher Sachverhalt vor, bei dem es um das Vermögen einer Person geht) und anwendbares Recht und Lageort des Vermögens fallen auseinander und in dem Staat, wo sich das Vermögen befindet, unterliegt es besonderen Vorschriften : hier nach dem Code Civil. Art 3 II C.C.: französisches Recht ist zwingend anzuwenden bei in Frankreich belegenen Grundstücken Ergebnis: das Grundstücks wird abweichend von Art. 25 I ,5 I EGBGB aufgrund Art 3 III nach französischem Recht vererbt . Nachlaßspaltung

Fall 2 Kegel: „ Die kollisionsrechtliche Rechtsfolge befindet sich damit auf einer Abstraktionsebene oberhalb der sachrechtlichen Rechtsfolge“ (Seite 312) Rechtsfolge nach deutschem Recht bei der Standardfamilie ist anders als nach C.C. C.C.: Ehegatte in Konkurrenz zu Kindern: ¼ des Nachlasses, nur als Nießbrauch

Qualifikation Ist also Subsumtion der einem Lebenssachverhalt entspringenden Rechtsfrage unter den in einer Kollisionsnorm verwendeten rechtlichen Systembegriff wie wird qualifiziert? Methode im EGBGB: lex fori (h.M.) lex causae (M.M.): ungeeignet, da hiernach erst gesucht wird Rechtsvergleichende oder funktionale (=autonome) Qualifikation: vom nationalen Recht losgelöst – praktisch kaum durchführbar Ausnahme bei völkerrechtlichen Verträgen: hier vertragsautonome Qualifikation