Universität Düsseldorf SoSe April 2014

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Kathrin von Randow S: Entwicklung der Sprache SS 2007
Advertisements

Gramatike nemačkog jezika Grammatiken des Deutschen
PROSEMINAR: SOZIOLINGUISTIK
in der Grundschule Weyer Solingen 2009
Altern und soziale Ungleichheit
Jeopardy Kapitel I Wer bist du?.
Inhalt: Einführung Dialekte Norditaliens
Grundbegriffe der Kontaktlinguistik
Wir haben keine Probleme miteinander.
Autosegmental-Metrische Phonologie und ToBI
Die Registervariablen: Tenor of Discourse
Registeranalyse beim Übersetzen
Die Varianzanalyse Jonathan Harrington.
Das AM Modell der Intonation
Die Phonetik und Sprachverarbeitung
Die Normalisierung und Wahrnehmung eines fremden Akzents Datum: Referentin: Carolin Funk Dozent: Prof. Dr. Jonathan Harrington Hauptseminar:
Dissimilation und ihre Bedeutung für den diachronen Lautwandel
Klassifizierung der sprachlichen Unterschiede zwischen Intonationsmelodien Jonathan Harrington.
Raumbezogene Identitäten nach Peter Weichhart
2. Textkriterien Ulrich Mehlem WS 2008 / 2009
Sprachbildung in Kita und Schule
Seminar: Medienwandel und Sprachwandel/Textsortenwandel
Universität Siegen Bildungschancen und ethnische Herkunft, Migrantenkinder im deutschen Bildungssystem Fachbereich 2 Dozent: Prof. Dr. R. Geißler.
Varietäten und Variation
Peter J. Croll Geschäftsführer, BICC
Deutsches Institut Deskriptive Sprachwissenschaft
Foreign Language Acquisition with the Instinct of a Child = Fremdspracherwerb mit dem Instinkt eines Kindes FLIC = Foreign Language Acquisition with the.
Fern und doch so nah Zugang zu den elektronischen Angeboten der Bibliothek via Shibboleth 1 E-Bibliothek: das elektronische Angebot der UFB Erfurt/Gotha.
Der erste Schritt in die richtige Richtung
Die sechs Modalverben.
Sprachenwahl Latein / Französisch ab Klasse 6 (Schuljahr 2009/2010) Do
Test Review Deutsch I Kapitel I.
Traditionelle Dialektologie
4. Kommunikative Fähigkeit und Text
© Wortstellung im Deutschen Norbert Fries.
Die synchronen Grundlagen des Lautwandels Jonathan Harrington.
Deutsches Institut Deskriptive Sprachwissenschaft
Was werden wir heute machen?
Deutsche Sprache: Woche 13.1.
ELP-TT Training teachers to use the European Language Portfolio EFSZ-Kurzprojekt ELP_TT2 Koordination: Mag. Margarete Nezbeda.
Universität Düsseldorf SoSe April 2014
„Interkulturelles Lernen“ Fördermaßnahmen und Bedeutung der Sprache
Universität Düsseldorf SoSe April 2014
Universität Düsseldorf SoSe Mai 2014
Videnskabelig assistent aau
Mögen Sie Mode?.
Soziale Bewegungen – damals und heute
Universität Düsseldorf SoSe Mai 2014
Universität Düsseldorf SoSe Juni 2014
Universität Düsseldorf SoSe Mai 2014 Linguistische Variation in den USA.
modals dürfen können mögen müssen sollen wollen to be allowed to
Varietäten einer Sprache
Learning Target / Lernziel:
Die Benrather Linie Die zweite Lautverschiebung und ihre Auswirkungen auf die deutsche Sprache und ihre Varietäten.
Modal auxiliaries Chris can read the book. (has the ability to) Chris may read the book (is allowed to) Chris must read the book (has to) Chris should.
German For Beginners 1013 C1 Fall Term 2010 Julia Hoffmann.
Prof. Dr. Rita Franceschini
Modal auxiliaries Chris can read the book. (has the ability to) Chris may read the book (is allowed to) Chris must read the book (has to) Chris should.
GERM 1023 Kapitel 9 3 modals / infinitive completion with and without “zu”
Wortschatz. Wie kommst du zur Schule? How do you get to school?
Seite Fallstricke: Stereotype und schulische Leistungen Aus- und Fortbildungsmodule zur Sprachvariation im urbanen.
Sprachen lernen und erwerben: erste Begriffe und Unterscheidungen Dörthe Uphoff FLM 0640 – Februar.
German “ da - compounds ” Provided by deutschdrang. com for individual and classroom use only. May not be reproduced for any other purposes.
Vo#1 Stil und Stilistik Stilistik, Zuzana Tuhárska, Matej-Bel- Universität in Banská Bystrica.
Vo#1 Stil und Stilistik Stilistik, Zuzana Tuhárska, Matej-Bel- Universität in Banská Bystrica.
Einführung in die Phonetik und Phonologie SS 2010 Bistra Andreeva Sitzung 1: Einführender Überblick.
Was ist Varietätenlinguistik? *eine Teildisziplin der Soziolinguistik *ein wesentlicher Bestandteil soziolinguistischer Forschung *befasst sich mit den.
Sprachentwicklungsstörungen bei Kindern mit Autismus
 Präsentation transkript:

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Dialekt vs. Akzent Dozent: René Ronz M.A.

Dialekt

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Verschiedene Bezeichnungen Dialekt (griech. διαλέγομαι ˈsich unterhaltenˈ) Mundart (Verdeutschung von Dialekt aus dem 17. Jh.) Platt (im niederdt. umgangssprachlich für Dialekt) Idiom (griech. ἰδίωμα ˈBesonderheit, Eigenartˈ, ˈMundartˈ)

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Eigenschaften von Dialekten (nach Bußmann1) partielle wechselseitige Verständlichkeit geringe kommunikative Reichweite begrenzte räumliche Geltung keine Standardisierung (Schriftlichkeit, Grammatik)

Definition „a schprach is a dialekt mit an armej un flot.“ 2 Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Definition „a schprach is a dialekt mit an armej un flot.“ 2 (Max Weinreich 1945)

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Standardsprache 1,2 Eine Varietät wird zum Standard erklärt (Hochsprache) Plurizentrismus = mehrere Standardsprachen (Englisch) Standardvarietät = Plansprache Kodifizierung Polyvalenz Allgemeinverbindlichkeit stilistische Differenzierung Impliziert: Substandard, Nonstandard

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Anwendungsbereiche von Dialekten familiärer Kontext, enges Umfeld Vereinsleben Mundartdichtung besondere Anlässe (Karneval)

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Dialektniveau Sprecher 1 Sprecher 2 starker/ schwacher Dialekt Unterschiedliche Distanz zur Standard- bzw. Dachsprache Häufigkeit der Anwendung dialektspezifischer phonologischer Regeln im alltäglichen Gebrauch Umfang des dialektspezifischen Wortschatzes

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Ausblick

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Verschwinden Dialekte (systematisch)? Verdrängung der Dialekte aus dem öffentlichen Bereich dialect-leveling: Dialekte verlieren Merkmale, die Sie von benachbarten Dialekten unterscheiden 4 Koinéziation: Minderheitenvarianten von Merkmalen werden zugunsten von (prestigebesetzteren) Mehrheitsvarianten aufgegeben 4 Mangel an Neologismen

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 NDF (new dialect formation) 4 Aus einem Mix aus Dialekten ergibt sich ein neuer Dialekt, der sich von seinen Inputvarietäten unterscheidet Schritt 1: dialect-leveling Schritt 2: extreme variability /leveling Schritt 3: focussing

Akzent

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 B

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Akzent 5 Unintendierte Übertragung von muttersprachlichen Sprachmustern auf eine Zielsprache foreign accent regional accent / geographical accent social accent

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Phonologische Interferenz / Transfer Beeinflussung eines Sprachsystems durch das Muttersprachliche Lautsystem Englisch mit deutschem Akzent: Alveolisierung von dentalen Frikativen [ðis] → [zis] Insertion von Glottal-Stops im Wortanlaut [oɪl] [ʔoɪl] Gebrauch anderer Vokalqualtitäten [ˈno:weɪ] [ˈnɔrvæɪ] Auslautverhärtung [ˈdʌbstɛp] [ˈdɐpstɛp]

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Grammatische Interferenz / Transfer Beispiel Deutsch unter dem Einfluss der türkischen Grammatik Suffigierung des Personalpronomens Ich mache/ Ich tue → Machich/ tuich Redundanz von Kardinalia bei Pluralmarkern ein Foto Foto

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Akzent als Phänomen des Spracherwerbs "Unvollständiger" Erwerb der Zielsprache Akzent unterliegt stetigem Wandel 6,7 Lenisierung des foreign accent durch Lernfortschritte Fossilierung 1 own-ness: Jeder hat einen persönlichen Akzent, der darauf hinweist wer er (der Sprecher) ist. 8

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Sprachdefizit 9 "…Ein sehr großer Teil der Kinder mit Migrationshintergrund weist im Vorschulalter Sprachdefizite auf und dürfte daher ohne zusätzliche Förderung Probleme haben, dem Schulunterricht zu folgen…" (Doris Schröder-Köpf, niedersächsische Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, gegenüber dem Handelsblatt)

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Foreign accent syndrome (FAS) 10 seltene neuronale Störung nach Schlaganfällen oder Hirnerkrankungen Nach einem neuronalen Ereignis scheint der Sprecher mit einem ausländischen Akzent zu sprechen betrifft hauptsächlich Intonation, VOT, Reduktion von Artikulation zu artikulatorischen Gesten

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Der Schibboleth 2 "…sprachliche Besonderheit durch die sich ein Sprecher einer bestimmten sozialen Gruppe zuordnen lässt…"2 "…Wenn nun die Flüchtigen Ephraims sprachen: Laß mich hinübergehen! so sprachen die Männer von Gilead zu Ihm: Bist du ein Ephraimiter? Wenn er dann antwortete: Nein! 6 hießen sie ihn sprechen: Schiboleth; so sprach er Siboleth und konnte es nicht recht reden; alsdann griffen sie ihn schlugen ihn an den Furten des Jordans, daß zu der Zeit von Ephraim fielen zweiundvierzigtausend." (Richter Kap. 12 5-6)

Fazit

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Die Begriffe Dialekt und Akzent sind voneinander abzugrenzen: Akzent bezieht sich lediglich auf die phonologischen Merkmale der Aussprache, wohingegen der Terminus Dialekt alle Bereiche der Grammatik und das Lexikon einschließt.

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Literatur: 6 Berroth, Daniela. 2001. Altersbedingter Mundartgebrauch: Wandel und Kontinuität in einem mittelschwäbischen Dialekt. Stuttgart: Steiner. 1Bußmann, Hadumod. 2005. Lexikon der Sprachwissenschaft. Stuttgart: Kröner. 8 Esling, John H. 2012. Everyone Has an Accent Except Me. In: Language Myths. Hrsg.: Trudgill, Peter; Bauer, Laurie. S.169-175. 9 www.handelsblatt.com/politik/deutschland/sprachdefizite-schroeder-koepf-will-migrantenkinder-staerker-foerdern/8268830.html 7 Harrington, Jonathan. 2006. An Acoustic Analysis of ‘happy-tensing‘ in the Queen‘s Christmas Broadcast. In: Journal of Phonetics 34. S. 439-457. 4 Hickey, Raymond. 2003. How do Dialects Get The Features They Have? In: Motives vor Language Change. Hrsg.: Hickey, Raymond. S. 213-240

Universität Düsseldorf SoSe 2014 14. April 2014 Literatur II: 10 Kathleen M. Kurowski, Sheila E. Blumstein, Michael P. Alexander. 1996. The Foreign Accent Syndrome. A Reconsideration. In: Brain and Language, Band 54 S. 1–25. 5 Lippi-Green, Rosina. (1997). English with an Accent: Language, Ideology, and Discrimination in the United States. New York: Routledge. Røyneland, Unn. 2009. Vertical convergence of linguistic varieties in a language space. In: Language and Space, Band 1. S. 275-295. Hrsg.: Auer, Peter; Schmidt, Jürgen-Erich. Berlin: De Gruyter Veith, Werner 20052. Soziolinguistik – Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Narr. 2www.Wikipedia.org