Bewaldete Moore und spontane Moorregeneration

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 Präsentation transkript:

Bewaldete Moore und spontane Moorregeneration im sächsischen Erzgebirge unter dem Aspekt der FFH-Richtlinie der EU Dipl.-Ing. Forstwirtschaft Dirk Wendel mitwirkend: M. Baumann, F. Edom, S. Krause, K. Kretschmar, K. Landgraf, H. Metzler, F. Müller , T. Schindler, D. Tolke Bitche, 20.Juli 2008

Einleitung Zustand der Moore FFH-Management- planung: Erfahrungen Veränderungen in Mooren durch spontane Wiedervernässung und Regeneration Bedeutung für Schutz und Nutzung der Moore

1. Untersuchungsraum → Lage, Charakteristik, Untersuchungsgebiete Quelle: Deutschland.de Kriegswiese Kühnhaide Deutscheinsiedel Mooshaide Kriegwald Bastian et al. 2002 saure Grundgesteine (Gneis, Granit…) Lage: 300 - 1200 m ü.NN Übergang zu subkonti-nentalem Klima P = 600 - 1400 mm/a Tj = 2,9 - 8,0°C Wieviel ha? UR 360.000ha UG: 660 + 110 + 50 + 160 -> 980

1. Untersuchungsraum → Moorverbreitung im Erzgebirge Wendel & Conrad (2007) Anteil der Moore am Naturraum: 2,3 % = ca. 8.500 ha Anteil geringmächtiger Moore (< 0,8 m): 87 %

2. Aktueller Moorzustand → Methodik Auswahl von 235 Vegetationsaufnahmen tiefe Gliederung in ranglose Vegetationstypen: nach floristischer Ähnlichkeit entlang hygrischer und tropischer Gradienten nur nach Bodenvegetation prov. Benennung: „Moor-“ bzw. „Feuchtwald“ Charakterisierung anhand Ellenbergscher Zeigerwerte und regionalspezifischer Artengruppen Einordnung in „ökologisch- phytozönologische Moortypen“ nach Succow (1986)

2. Aktueller Moorzustand → vegetationskundliche Charakteristik

2. Aktueller Moorzustand → ökologische Charakteristik Stickstoffzahl (gewichtet) frisch nass Feuchtezahl (gewichtet) mäßig stick-stoffreich stickstoffärmst Vegetations- typen (VT) Kalkung Charakteristik der Vegetationsaufnahmen und Vegetationstypen anhand Ellenbergscher Zeigerwerte

Einordnung der Vegetationstypen in die ökologisch-phytozönologischen Moortypen nach Succow (1986) Nc phKCl (Sauer-)Armmoor oligotroph-saures Moor Sauer-Zwischenmoor mesotroph-saures Moor Basen-Zwischenmoor mesotroph-schwach saures Moor Kalk-Zwischenmoor mesotroph-kalkhaltiges Moor Reichmoor eutrophes Moor Zahl d. Typen: waldfrei: 4 bewaldet: 11 waldfrei: 3 bewaldet: 6 waldfrei: 2 bewaldet: 2 waldfrei: 0 bewaldet: 0

feuchtebedingte Ausprägungen rangloser Vegetationstypen auf Armmooren Grundwasserstände beispielhaft einarbeiten - Neuhäusel Bult- und Schlenkengesellschaften (7110*) VT 3a: Rosmarienheide-Moorgehölz (91D3*) mit Carex limosa mit Sphagnum magellanicum, S. fuscum

VT 3b: Rosmarienheide-Moorwald (91D3*) VT 3c: Moosbeer-Moorwald (91D4*) mit Andromeda polifolia, Sphagnum cuspidatum mit Vaccinium oxycoccos, Molinia caerulea

VT 3f: Preiselbeer-Moorwald (kein Lebensraumtyp) mit Deschampsia flexuosa, Galium saxatile

2. Aktueller Moorzustand → Anteil gefährdeter Arten Waldfreie Moore Bewaldete Moore n eu meso oligo oligo Feuchte sinkt Trophie steigt Artenzahl (n) - Gesamt und Rote Liste in ausgewählten Vegetationstypen in Mooren des sächsischen Erzgebirges

3. Moore in FFH-Gebieten → landesspezifische Erfassungsergebnisse 7110* 7120 91D4* 91D3* 7140 91D1* 9410 91D3* 7110* Ersterfassung im SCI „Mothäuser Heide“ 290 ha Moor nur 71 ha Moor-Lebensraumtypen → stark fragmentiert und meist kleinflächig → kaum Moorarten + ungünstiger Erhaltungs- zustand

3. Moore in FFH-Gebieten → Beeinträchtigung durch Gräben Grabensysteme im SCI 250 km laut Archivalien 144 km aktuell nachgewiesen

3. Moore in FFH-Gebieten → landesspezifische Maßnahmenplanung Aktive Maßnahmen Schutzzonierung (Teil) SCI-Grenze Zone extensiver Bewirtschaftung Kernzone Hydrologische Schutzzone Moor 91D4* Grabenverbau Straße öffnen

Vegetationstypen der Erzgebirgsmoore FFH 10% Ø Wollreitgras-Fichtenwälder (9410) (Ø) Zustand erzgebirgischer Armmoore 7110* Fichten-Moorwälder (teils 91D4*) Gräben im sächsischen Erzgebirge: 4000 bis 6000 km geschätzt

4. Moorregeneration → Zur Theorie Diskrepanz historischer / aktueller Standort zu Lasten der Bäume Akrotelmneubildung „Transformationsstadium “  an Bäumen beobachtbar Hydraulische Durchlässigkeit der pedogenen Torfschicht (kf) Wasserstand Entwässerung „Initialphase“ „Aufrichtungsphase“ „Abstimmungsphase“ nach Edom (in Succow & Joosten 2001)

4. Moorregeneration → Methodik 2 Untersuchungsansätze: → Bäume als Indikatoren abgetorfte oder entwässerte und damit waldfähige Moore + autogene Wiedervernässung als Folge von Graben- oder Torfstichverlandung + autogenes Absterben der Baumschicht + Vorhandensein eines Nässegradienten → Dauerbeobachtungen (30 / 10 Jahre) 2 Ebenen: → „Groberfassung“ (Untersuchungs- raum / Untersuchungsgebiete) → Detailuntersuchungen (Mothhäuser Haide / Kriegswiese)

4. Moorregeneration → Überblick Nachweise für autogene Wiedervernässungen Nicht selten, aber kleinflächig und langwierig

4. Moorregeneration → Überblick Untersuchungsraum 41 Moore, oft mehrere Teil- bereiche auch Anmoor 31 ha = <1 % der Moorfläche Einzelflächen maximal 3 ha Untersuchungsgebiete: nahezu alle Offenmoore sind regenerationsbedingt 19 von 428 ha = 4,0 % (2 - 14 %) meist mesotroph Mothhäuser Haide

4. Moorregeneration → Indikatoren Deckungsgrad der Sphagnen Dauerflächen >60% >40% >20% >5% >80% Grabenverlandung ab 0,3 m Görkauer Straße Erneute Etablierung von Erio-phorum vaginatum, Vaccinium oxycoccos, Andromeda polifolia Görkauer Straße

4. Moorregeneration → Indikatoren Anteil von Pinus rotundata Sukzession von Pinus rotundata >90% >50% >20% >1% Görkauer Straße Grabenverlandung ab 0,3 m

4. Moorregeneration → Regenerationsprozesse → räumlich differenzierte Verlandung nach 130 Jahren auf 51 % → differenzierte Auflichtung + Entwaldung auf ~ 2,5 % (lokal Bewaldungsinitialen) → lokal Neubildung von Akrotelm prognostizierte Offenbereiche 17 % (Edom et al 2006) → bisher nur Bruchteil !!! Unsichtbare Vorstadien

4. Moorregeneration → Sukzession der FFH-Lebensraumtypen 9410 → Ø 91D4* → 91D3* 91D4* → 7120 91D3* → 7120 Unsichtbare Vorstadien

4. Moorregeneration → Schlussfolgerungen Autogene Wiedervernässung kann relativ schnell ablaufen. Sie wird von Verlandungsprozessen in Gräben und Torfstichen initiiert. → Moorregeneration ist auch in anthropogen veränderten Mooren nachweisbar. → Moor-Lebensräume sind dynamisch. Schutz und Management müssen das berücksichtigen. → Regenerationspotenziale werden durch moorkundliche und hydrologische Verfahren identifiziert. Autogene Entwaldung ist im Erzgebirge keine Seltenheit. Sie tritt aktuell kleinflächig auf, ist aber großflächiger möglich. → Eine Unterstützung durch Revitalisierungsmaßnahmen würde in vielen Fällen unterstützen. → Regenerationsbedingte Standortsdynamik ist aus Sicht der Forstwirtschaft ein Risikofaktor und mindert die Nutzbarkeit. Moorregeneration ist aus Sicht des Naturschutzes wertvoll und ein Schutzgut.

5. Moorschutz und NATURA 2000 → Konsequenzen Probleme: Die Erfassung und Planung erfolgt im Rahmen von NATURA 2000 fragmentarisch (Moorteile) und statisch (Orientierung auf den vorhandenen Lebensraumtyp) → Schutz bzw. Entwicklung sind fragmentarisch. → Die statische Betrachtung wird der Dynamik des Ökosystems nicht gerecht. Grad der Moordegradierung und des Umfanges an Grabensystemen erfordern hohe finanzielle und technische Aufwendungen. Konsequenzen: Die NATURA 2000-Richtlinie ist ein Anlass zum Moorschutz. Wirksamer Moor-schutz muss in einen breiteren Rahmen eingebunden werden (moorspezifische Strategien, Klimaschutz). Weitergehende Regelungen sind im Rahmen der NATURA 2000-Richtlinie nötig bzw. denkbar.

5. Moorschutz und NATURA 2000 → Konsequenzen Andromeda polifolia 7150* Scheuchzeria palustris Quelle: Hardtke & Ihl 2000 Möglich wäre eine hohe Gewichtung seltener, bewertungsrelevanter Indikatorarten im Sinne von normativen Arten. Die Erarbeitung eines „management manuals“ für Moore ist nötig, das komplexere Ansätze enthält.

merci beaucoup! Vielen Dank! Brummeisenmoor bei Sauersack