Ökologische Ökonomik. Grundlagen und Wachstumskritik

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 Präsentation transkript:

Ökologische Ökonomik. Grundlagen und Wachstumskritik Di, 15.15 – 17h, HG E 21 Dozentin: PD Dr. Irmi Seidl, irmi.seidl@wsl.ch Daten: 18.02.; 25.02.; 04.03.; 11.03.; 18.03.; 25.03.; 01.04.; 08.04.; 15.04.; 29.04.; 06.05.; 13.05.; 20.05.; 27.05. entfällt Methoden: Input durch Dozentin, Besprechung und Diskussion vorbereiteter Texte WSL-Informationsfilm, Umwelttaschenstatistik Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Programm 18.02. Was ist Ökologische Ökonomik (EcolEcon)? 25.02. Gegenstand und Grundlagen der EcolEcon 04.03. Ressourcenverbrauch, seine Entwicklung und Messung 11.03. Messung wirtschaftlicher Leistung und Wohlfahrt 16.03. Wirtschaftswachstum und Wachstumskritik 25.03. Konsum und seine Bedeutung für Wachstum 01.04. Konsum und seine Bedeutung für Wachstum 08.04. Geld und seine Bedeutung für Wachstum 15.04. Geld und seine Bedeutung für Wachstum 29.04. Unternehmen unter Wachstumszwang? 06.05. Arbeitsmarkt unter Wachstumszwang? 13.05. Weitere Ansatzpunkte für eine Postwachstumsgesellschaft 20.05. Zusammenfassung, Ausblick Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Leistungsnachweise 1 Protokoll einer Stunde mit Gegenlesen 2 Textzusammenfassungen mit Gegenlesen (Txte liegen vor) 1 Präsentation über ein Thema/Initiative/Projekt/Institution, die mit EcolEcon i.e.S. oder i.w.S. zu tun hat und Sie interessiert (10-12 Min. + 5 Min. Fragen) (z.B. grüne Investments, Regiogeld, Transition town) Vorbereiten der Texte für die Veranstaltungen Vorgehen und Inhalte der Leistungsnachweise: s. Extrablätter Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Was ist Ökologische Ökonomik?, 1. und 2. Veranstaltung Grundlegende Annahmen (pre-analytic vision) Erde – ein materiell geschlossenes System (Raumschiff) Ökonomie: Subsystem von Natur und Gesellschaft, Austauschbeziehungen, ökonomischer «Kreislauf» Von der leeren zur vollen Welt Entropie und Irreversibilität Scale, Distribution, Allokation Produktionsfunktion: Y = f(A, K, T, N) Begrenzte / fehlende Substituierbarkeit Knappheit versus Erschöpfbarkeit von Ressourcen Nachhaltigkeit als normatives Leitbild DVD The story of stuff Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Erde als materiell geschlossenes System (Raumschiff Erde) Sonnenstrahlung Wärme Vorrat an Energie und Materie ist begrenzt, nicht vermehrbar Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Austauschbeziehungen Natur - Ökonomie Quellen: Depots von Energie und Materie Senken: Aufnahme-medien für Abfälle, Emissionen Ökosystem und ökonomisches System (Daly, H. 1992, S. 333). Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Herkömmlicher Ökonomischer Kreislauf Preise/Zahlungen Produktionsfaktoren: Arbeit, Kapital, Boden Unternehmungen (ProduzentInnen) Haushalte (KonsumentInnen) Güter und Dienste Güterstrom Löhne, Zinsen, Grundrenten Geldstrom Aus: Dubs, R. 1987, Volkswirtschaftslehre, S. 26. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Ökonomie – Gesellschaft - Naturbeziehungen Natur/Umwelt Gesellschaft Ökonomie Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Von der leeren zur vollen Welt H. Daly: ökonomisches System dehnt sich auf Kosten des ökologischen Systems aus – d.h. zunehmend mehr Ressourcen und Energie im ökonomischen System genutzt und transformiert Indikatoren für Ausdehnung : ökol. Fussabdruck / Overshoot day, Aneignung von Biomasse (human consumption of net primary production*), Nutzung der Meere, Agrarflächen, Waldflächen etc. *Umwandlung anorganischer Substanz von Pflanzen in organische Substanz / Jahr Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Entropie und Irreversibilität = Konzept der Thermodynamik, Mass für Anteil zerstreuter, nicht mehr nutzbarer Energie (Entropie (griech): Umwandlung) Hauptsatz: Energie eines abgeschlossenen Systems bleibt unverändert; Energie kann aus Nichts weder ge- schaffen noch zerstört werden. => Perpetuum Mobile ist unmöglich Hauptsatz: Wärme geht nicht von selbst von Körpern niedriger Temperatur auf solche höherer Temperatur über, aber umgekehrt; Entropie kann nicht abnehmen, sie nimmt in der Regel zu. Alle spontan ablaufenden Prozesse sind irreversibel. Hauptsatz (von Georgescu-Roegen): Übertragung des Entropiegesetzes auf Materie Georgescu-Roegen 1906-1994 Energiezuständen 1..n, geg Gesamtenergie => viele verschiedene Möglichkeiten für die Verteilung dieser Energie auf die einzelnen Teilsysteme. N quantenmechanische Zustände des Gesamtsystems ''Makrozustand'‘, in dem jeweils Teilsysteme im Energie-Eigenzustand i; Anzahl der zugehörigen ''Mikrozustände'' beträgt dann … Wenn angenommen werden darf, daß das Gesamtsystem durch eine mikrokanonische Verteilung beschrieben wird, so ist jeder quantenmechanische Zustand innerhalb eines kleinen Energieintervalls gleich wahrscheinlich Die Anzahl der Mikrozustände ist in diesem Fall direkt proportional zum statistischen Gewicht des zugehörigen Makrozustandes, welcher gegeben ist durch Angabe von . Wenn man den Makrozustand mit dem größten statistischen Gewicht herausfindet, wird man Mittelwerte über die mikrokanonische Verteilung des Gesamtsystems annähern können durch Mittelwerte bezgl. dieses Makrozustandes. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Entropie -2- Folgen des Entropiegesetzes: => es gibt kein Marktgleichgewicht, keinen Wirtschaftskreislauf; Menschheit läuft auf „entropischen Tod“ zu => «There is no free recycling just as here is no wasteless industry» (Georgescu Roegen 1971, S. 83) Aufgabe: Lesen Sie bezeichnete Abschnitte aus «Vor uns der Niedergang» von N. Piper , 1996. Die Grossen Ökonomen, Stuttgart, S. 260-267. Weiterführende Literatur zu Entropie und Georgescu-Roegen: siehe Artikel von Piper. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Entropie -3- Was ist eine statistische Entropieanalyse??? Aus: Rechberger, H. 2010 Chancen und Grenzen des Recyclings von Metallen. Pusch Thema Umwelt, 3/2010, S.13. Dgl. Rechberger, H. and T. E. Graedel (2002). The contemporary European copper cycle: statistical entropy analysis. Ecological Economics 42(1–2): 59-72. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Entropie -4- Irreversibilität (Nichtumkehrbarkeit) von ökologischen Prozessen ergibt sich aus Entropie und irreversiblen ökologischen Prozessen (Komplexität, Emergenz, Evolution, Nichtlinearität, zufällige Ereignisse). Ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungen sind nicht umkehrbar – und sie sind nicht linear! Gleichgewichtsmodelle bilden nicht Realität ab (Gleichgewichtsmodelle für Abbilden von Tausch, Produktion, Konsum, Preise; sie fragen nach Existenz eines Gleichgewichts, Effizienz, Stabilität) Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Scale, Distribution, Allokation Drei zentrale Themen der Ökonomischen Ökonomie: 1. Festlegung von Scale (Grössenordnung des materiellen Durchsatzes): Wie viel Materialdurchsatz (inkl. Energie-verbrauch) ist akzeptabel? Bestimmungsgrössen von Scale: z.B. Absorptionskapazitäten, max. Emissionen, Carrying capacity, Verfügbarkeit nicht regenerierbarer Ressourcen, nachhaltige Nutzungs- und Bestandesgrössen (z.B.: CO2-ausstoss, Temperaturerhöhung, Reproduktions-raten (Fischbestände, Grundwasserbildung …), Fläche für Ernährungssicherung, ökologischer Fussabdruck; normative Ziele wie 400m2-Siedlungsfläche/cap in CH) Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Scale, Distribution, Allokation -2- Exkurs: Carrying Capacity (Tragfähigkeit) Konzept aus Demographie/Ökologie: dN dt = rN (K−N) K (N = Population; r = Wachstumsrate; K = carrying capacity) Exponentielles Wachstum Video Growth Busters 8:40 Aus: Seidl/Tisdell 1999 Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Scale, Distribution, Allokation -3- Drei zentrale Aufgaben von Ökonomie und Gesellschaft: 2. Bestimmung der Distribution (Verteilung von Konsum- und Produktionsgütern, von Einkommen und Vermögen) = normative Entscheidung. Welche Verteilung ist angemessen/fair/gerecht – für jetzt lebende Menschen, für künftige Generationen, national, international? Kriterien für Verteilungsentscheidungen: Grund- und Menschen-rechte, Kultur, Tradition, ethische Werte, Wohlergehen für alle, gesell-schaftlich-ökonomisches Selbstverständnis, Menschenbild etc. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Scale, Distribution, Allokation -4- Steuerungsgrössen: Steuerlast, Abgaben, Grad der Eigentums-garantie, Sozialwerke, Bildung, soziale Durchlässigkeit, Transparenz, Machtverhältnisse, internationale Vereinbarungen… Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Exkurs: Verteilung bestimmt soziale Situation einer Gesellschaft Scale, Distribution, Allokation -4- Exkurs: Verteilung bestimmt soziale Situation einer Gesellschaft Ähnlich: Wilkinson/Pickett , 2009. Gleichheit ist Glück, Berlin Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Exkurs: Gini-Koeffizient - Entwicklung Scale, Distribution, Allokation -5- Exkurs: Gini-Koeffizient - Entwicklung Daten oecd, eurostat; Einkommen nach Steuern und Transfer Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Exkurs Gini-Koeffizient; Lorenzkurve Scale, Distribution, Allokation -6- Exkurs Gini-Koeffizient; Lorenzkurve GUK = Ag− Aug Ag (GUK: Gini-Ungleichverteilungs- koeffizient) Ag Aug Andere Verteilungsindikatoren: 80:20 Verhältnis Armutsanteil Aus: Wikipedia, Gini-Koeffizient Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Scale, Distribution, Allokation -7- Exkurs Gini-Koeffizient; Ländervergleich Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

80/20-Relation: Über um wie viel mehr Einkommen verfügen die reichsten 20% gegenüber den ärmsten 20%? Schweiz: 4.5

Scale, Distribution, Allokation -8 - Drei zentrale Aufgaben von Ökonomie und Gesellschaft: 3. Allokation (Zuteilung von Konsum- und Produktionsgütern) … erfolgt in Marktwirtschaft durch Marktmechanismus, in Planwirtschaft durch Pläne etc. (in Realität meist Mischformen) Markt gilt (v.a. wenn unbeeinflusst) als effizienter Allokations- mechanismus; knappe Ressourcen und Güter werden dort verwendet, wo höchster Nutzen; Nutzen drückt sich im Preis aus (wobei Preis = Grenznutzen der letzten gehandelten Einheit; s. Wertparadoxon) Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Scale, Distribution, Allokation -9- Wertparadoxon (Wasser-Diamanten-Paradoxon): Wasser hat hohen Nutzen, aber meist geringen Preis; Diamanten geringen Nutzen, aber hohen Preis Angebot Wasser > Nachfrage, Angebot Diamanten < Nachfrage Grenznutzen der letzten gehandelten Einheit = Preis Marktmechanismus führt zu Pareto-optimaler Allokation, d.h. Situation, in der kein Individuum besser gestellt werden kann, ohne dass ein anderes schlechter gestellt wird (zu Pareto-optimum und Kritik siehe z.B. Rothschild 1993) Theorem der Umweltökonomie: wenn alle externen Kosten internalisiert sind, führt Markt zu (umwelt-)effizienter Allokation (=> Umweltprobleme gelöst) Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Scale, Distribution, Allokation -10 - Einschränkungen bzgl. Marktmechanismus: Markt bildet gegenwärtige Präferenzen ab! Georgescu-Roegen 1976: «The subject of economics, as has often been explained, is the administration of scarce resources; but to be exact, we should add that this administration regards only one generation . It could not be otherwise. … Future generations are not, simply because they cannot be, present on today’s market» (Energy and economic myths: S. xxx) => intergenerationelle Gerechtigkeit nicht durch Marktmechanismus herstellbar Pareto-Effizienz ist abhängig von Ausgangsverteilung Nutzenkonzept geht von Substituierbarkeit aus Georgescu-Roegen 1973: Man braucht nicht zu sagen, «die Leute bauchen mehr Schuhe», sondern «sie brauchen mehr Nutzen». => Aber: es gibt Hierarchien von Bedürfnissen und Ressourcen Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Rebound Erste Identifikation des R-effektes => Jevons’ Paradox (1866). Jevons stellte fest, dass mit Ablösung der New- comen Dampfmaschine durch die viel effizientere Watt- Dampfmaschine der Verbrauch von Kohle stark stieg, weil letztere für viele neue Nutzungen eingesetzt wurde Effizienzverbesserungen reduzieren nicht unbedingt Verbrauch Rebound-Effekt: Gesteigerte Energie- und Ressourcen-effizienz bewirkt, dass Produkt/DL stärker nachgefragt wird, so dass mögliche Einsparpotentiale nicht realisiert werden. Reboundeffekte mindestens 50% (Santarius 2012) Backfire: Rebound > 100% Jevons 1835-1882 Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Rebound -2- Direkter und indirekter Rebound in Konsum und Produktion Sorrell, S. 2011. Der Rebound-Effekt, in: Böll.Thema 2/2011: Grenzen des Wachstums - Wachstum der Grenzen, Berlin, S. 32-33.

Rebound -3- Madlener/Alcott 2011, S. 27 Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Rebound -4- Weiterführende Literatur: Santarius, T. (2012). Der Rebound-Effekt. Über die unerwünschten Folgen der erwünschten Energieeffizienz. Impulse. Wuppertal, Wuppertal Institut. Madlener, R. and B. Alcott (2011). "Herausforderungen für eine technisch-ökonomische Entkoppelung von Naturverbrauch und Wirtschaftswachstum." Deutscher Bundestag - Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" des Deutschen Bundestages M-17(26)13: 1-63. Sorrell, S., et al. (2009). "Empirical estimates of the direct rebound effect: A review." Energy Policy 37: 1356-1371. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Produktionsfunktion Klassische Produktionsfunktion: Y = f(A, K, T) A = Arbeit, K = Kapital, T = Technischer Fortschritt Unberücksichtigt: Natur! Y = f(A, K, T, N) Beispiele für Ausblenden von Natur: BIP, klass. Wachstumstheorie, nicht internalisierte externe Kosten, Mehrzahl ökonomischer Modelle /Erklärungsansätze (u.a. keine Energie- und Ressourcenpreise berücksichtigt); damit auch Reproduktion von Natur (und Mensch) ausgeblendet Preise/Zahlungen Produktionsfaktoren: Arbeit, Kapital, Boden Unternehmungen (ProduzentInnen) Haushalte (KonsumentInnen) Güter und Dienste Güterstrom Löhne, Zinsen, Grundrenten Geldstrom Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Weiterführende Literatur Georgescu-Roegen, N. (1976). The economics of production (1969). Energy and economic myths: institutional and analytical economic essays. New York, Pergamon Press: 61-69. O'Hara, S. U. (1997). "Toward a sustaining production theory." Ecological Economics 20(2): 141-154. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Substituierbarkeit „Die Geschichte lehrt uns die wichtige Tatsache, nämlich, dass Güter und Leistungen sich gegenüber ersetzen lassen. Wenn du eine Fischart nicht isst, kannst du eine andere Fischart essen. Ressourcen sind, um ein beliebtes Wort von Ökonomen zu benutzen, fungibel in einem gewissen Sinn. Sie können einander ersetzen.“Solow, R. 1993: Sustainability: an economist's perspective. In: Dorfman R., Dorfman N.S. Economics of the environment. New York: 179-187, S. 181. Hintergrund für diese Annahme: Nutzen! Ist quantifizierbar und vergleichbar! Aber Natur lässt sich nicht auf Nutzen reduzieren wg. Einmalig-keit, Eigenwert, Emergenz, Evolution etc. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Substituierbarkeit -2- Frage: Unter welchem Blickwinkel hat Solow recht haben? Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Knappheit – Erschöpfbarkeit Gemäss ökonomischer Theorie können Ressourcen knapp sein, aber nicht endlich/erschöpfbar «… Ökonomisch betrachtet gibt es keine endlichen, sondern nur mehr oder weniger knappe Ressourcen. Dies gilt auch für die Wind- oder Sonnenenergie, nur sind dort Ressourcen für die Umsetzung in konsumierbare Energie knapp. Knappheit ist kein physisches Phänomen eines nur in geringer Menge verfügbaren Gutes, sondern eine relative Grösse, nämlich das Verhältnis zwischen Angebots- und Nachfragemengen. Knappheit hat ihr (relatives) Mass auf freien Märkten im Preis, der sich aus diesem Verhältnis bildet… Der «Peak Oil» ist vom Erdölpreis abhängig: Bei hohem Preis lohnt es sich, Lagerstätten selbst zu höheren Kosten weiter auszubauen und in Technologie zu investieren.» Hans Rentsch (Avenir Suisse), NZZ 17.3.11, S. 25 Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Knappheit – Erschöpfbarkeit -2- Grundlage des Knappheitskonzepts: Bei knapper Menge steigt der Preis unendlich, so dass es nicht zu Erschöpfung kommt Preis Menge Frage: Welche Fakten können gleichwohl dazu führen, dass sich Ressourcen erschöpfen? Kennen Sie Beispiele, die die Aussage von Rentsch stützen/widerlegen? Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Nachhaltigkeit als normatives Leitbild «Sustainable development is development that meets the needs of the present without compormising the ability of future generations to meet their own needs. ..» World Commission on Environment and Development 1987, S. 43 Die Ökologische Ökonomik bekennt sich explizit zum Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, d.h. dieses Leitbild bestimmt Grundannahmen, Fragen, Theoriebildung, Forschungsziele, resultierende Instrumente. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Wurzeln und Entwicklung der Ökologischen Ökonomik Neo-classical Economics Agricultural Economics Resource Economics Environmental Economics and Ecology Environmental Economics Socialism Ecological Economics Political Theory Ecology (Political Ecology) Moral Philosophy (Environmental Ethics) Institutional Economics Social Psychology Spash, C.. 1999. The Development of Environmental Thinking in Economics. Environmental Values. 8: 413-435 Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Unterschiede EcolEcon vs Umwelt-/Ressourcenökonomie Ecological economics Traditional environmental and resource economics 1. Optimal scale 1. Optimal allocation and externalities 2. Priority to sustainability 2. Priority to efficiency 3. Needs fulfilled and equitable distribution 3. Optimal welfare or Pareto efficiency 4. Sustainable development, globally and North/S. 4. Sustainable growth in abstract models 5. Growth pessimism and difficult choices 5. Growth optimism and "win-win" options 6. Unpredictable co-evolution 6. Deterministic optimisation of intertemporal welfare 7. Long-term focus 7. Short- to medium-term focus 8. Complete, integrative and descriptive 8. Partial, monodisciplinary and analytical 9. Concrete and specific 9. Abstract and general 10. Physical and biological indicators 10. Monetary indicators 11. Systems analysis 11. External costs and economic valuation 12. Multidimensional evaluation 12. Cost-benefit analysis 13. Integrated models with cause-effect relationships 13. Applied general equilib. models with external costs 14. Bounded individual rationality and uncertainty 14. Maximisation of utility or profit 15. Local communities 15. Global market and isolated individuals 16. Environmental ethics 16. Utilitarianism and functionalism Aus: van den Bergh, 2001, S. 16 Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Literatur zur Entstehung und Gegenstand der EcolEcon: Costanza, R. (1989). "What is ecological economics?" Ecological Economics 1: 1-7. Daly, H. E. (1992). "Steady-State economics: Concepts, questions, policies." GAIA 1(6): 333-338. Daly, H. E. (2002). Ökologische Ökonomie: Konzepte, Analysen, Politik. Berlin, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH (WZB). Faber, M. (2008). "How to be an ecological economist." Ecological Economics 66(1): 1-7. Illge, L. and R. Schwarze (2009). "A matter of opinion - How ecological and neoclassical environmental economists and think about sustainability and economics." Ecological Economics 68(3): 594-604. Røpke, I. (2004). "The early history of modern ecological economics." Ecological Economics 50(3-4): 293-314. Røpke, I. (2005). "Trends in the development of ecological economics from the late 1980s to the early 2000s." Ecological Economics 55(2): 262-290. Spash, C. L. (1999). "The Development of Environmental Thinking in Economics." Environmental Values 8: 413-435. Spash, C. L. (2012). "New foundations for ecological economics." Ecological Economics 77: 36-47. van den Bergh, J. C. J. M. (2001). "Ecological economics: themes, approaches, and differences with environmental economics." Regional Environmental Change 2(1): 13-23. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Weiterführende /Zitierte Literatur Rothschild, K. W. (1993). Ethics and economic theory. Aldershot, Edward Elgar. Madlener, R. and B. Alcott (2011). "Herausforderungen für eine technisch-ökonomische Entkoppelung von Naturverbrauch und Wirtschaftswachstum." Deutscher Bundestag - Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" des Deutschen Bundestages M-17(26)13: 1-63. Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Aufgabe für 2. Veranstaltung Lesen Sie - Daly, H. (2002). Ökologische Ökonomie: Konzepte, Analysen, Politik, Übersetzung v. U.E. Simonis, Berlin, S. 3-7 (bis inkl 1. Abschnitt), S. 11-13. - van den Bergh, J.C.J.M. (2001). "Ecological economics: themes, approaches, and differences with environmental economics." Regional Environmental Change 2(1): 13-23, S. 13, 15-16. Fragen: Was ist das im Artikel vertretene Konzept des ökologisch-ökonomischen Systems? Welche Kapitalformen sind im Wirtschaftskreislauf involviert? Wie stehen sie zueinander?  Was sind die Aussagen von Daly zu Wirtschaftswachstum?  Kennen Sie Beispiele für ökologische Bestände und Dienstleistungen (stocks and services)?  Welche Indikatoren sagen etwas zur Grösse des ökonomischen Subsystems?  Was sind die 3 Ziele der ökologischen Ökonomie?  Was besagt die Gleichung auf S. 13 (Daly-Artikel) T = B * Y/B * T/Y und ist sie erschöpfend?  Welche Disziplinen sind in die Ökologische Ökonomie involviert? Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Aufgabe für 3. Veranstaltung 1) Errechnen Sie Ihren ökologischen Fussabdruck Ihren CO2-Ausstoss 2) Betrachten und analysieren Sie S. 4-8 der Umwelt Taschenstatistik 2013 3) Scannen* Sie den Text von C. Pfister, 1994. «Das 1950er Syndrom. Die Epochenschwelle der Mensch-Umwelt-Beziehung zwischen Industriegesellschaft und Konsumgesellschaft. GAIA 3(2): 71-90 und identifizieren Sie, was Pfister aufzeigt welche Gründe er für die genannten Entwicklungen nennt. *Scannen: kursorisch lesen, insbesondere Abstract, Einleitung, (Zwischen-)Titel, Legenden lesen, Graphiken anschauen … Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL