Verhandlungsführung & Abstimmungsverfahren

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 Präsentation transkript:

Verhandlungsführung & Abstimmungsverfahren 1. Für die sichere Verhandlungsführung ist Transparenz über die Abstimmungsvorgehensweise das Hilfsmittel. 2. Bereits beim Festlegen der Abstimmungsvorgehensweise kann das Resultat der Abstimmung vorbestimmt werden. 3. Das Abstimmungsverfahren ist nicht nur eine Frage der Logik, sondern eine Frage der politischen Akzeptanz . Es gibt kein „Richtig“, es gibt keine allgemeingültige Methode! 4. Unverfälschte Willenskundgabe ist der verfassungsmässige Ansatz. Überprüfen Sie immer, ob kein Zwischenentscheid einen nachfolgenden Entscheid präjudiziert oder obsolet macht. Ziel ist es, grösstmögliche Legitimation eines Entscheides im Rat herzustellen.

1. Abstimmungsverfahren in den Parlamenten der Schweiz Liegen 2 Anträge vor, die sich inhaltlich ausschliessen, dann sind sie gegeneinander auszumehren. Anträge zu unterschiedlichen Abstimmungsfragen müssen getrennt zur Abstimmung gebracht werden. Detailfragen sind vor den Hauptfragen zu klären: Der Rat muss am Schluss wissen, welchem Projekt oder welcher Vorlage mit welchen Auswirkungen er zustimmt oder nicht.

1. Antrag Minderheit II: ja/Nein Ausmehrung nach einer inhaltlichen Hierarchie (Detailfragen vor Hauptfragen) Mehrheit Art. 7 Rechtsgleichheit (eBV) 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. 2 Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. 3 ... Minderheit I 1 ... ... Gesetz gleich. Niemand darf diskriminiert werden. 2 streichen Minderheit II 2 Niemand darf diskrimiert werden, namentlich nicht wegen ... ... des Geschlechts, der geschlechtlichen Orientierung, der Sprache ... Minderheit III ... der Sprache, des Alters, der sozialen Stellung ... 1. Antrag Minderheit II: ja/Nein Resultat Minderheit I 2. Antrag Minderheit III: ja/Nein

Wenn 3 Anträge vorliegen, die sich inhaltlich ausschliessen: 1. Cup-System (3 Anträge in der gleichen Abstimmung) Antrag der Mehrheit Antrag RM Minderheit Antrag der Mehrheit Antrag RM Antrag RM Minderheit Die Abstimmungsreihenfolge ist Gegenstand eines Ratsentscheides.

2. Paarweise Ausmehrung der Anträge nach einer festgelegten Abstimmungsreihenfolge im Gesetz, bzw. Reglement oder gemäss Praxis Antrag RM Minderheit Resultat I Antrag der Mehrheit

Das Verfahren ist transparent und voraussehbar für jedes Ratsmitglied. Art. 79 Abs. 3 ParlG 3 Kann nach den Kriterien nach Absatz 2 eine klare Reihenfolge bestimmt werden, so werden mittels Eventual-abstimmung nacheinander die An-träge der Ratsmitglieder, dann die Anträge der Kommissionsminder-heiten und schliesslich der Antrag des Bundesrates gegeneinander ausge-mehrt. Das Resultat aus der letzten Abstimmung wird dem Antrag der Kommissionsmehrheit gegenüber-gestellt. art. 79 al. 3 Lparl 3 S’il est impossible d’établir un ordre précis répondant à l’al. 2, sont opposées successivement les propositions des députés, puis les propositions de minorité de la commission, puis la proposition du Conseil fédéral. La proposition qui l’a emporté est opposée à la proposition de la majorité de la commission. Das Verfahren ist transparent und voraussehbar für jedes Ratsmitglied.

2. Warum wird durch die Festlegung der Abstimmungsreihen-folge das Resultat vorbestimmt? Gruppe 1 (31 Personen ) 1 2 3 Gruppe 2 (31 Personen) Gruppe 3

CONDORCET-PARADOXON a 1 a 3 a 2 In solchen zyklischen Mehrheiten bestimmt nicht der politische Wille, sondern das Verfahren das Resultat der Abstimmung. Individuelle Präferenzen können insbesondere nicht mit dem Mehrheitsprinzip in einen konsistenten oder beständigen Entscheid überführt werden. Die Anträge, die am Schluss ausgemehrt werden, haben die grössten Erfolgschancen!

3. Warum gibt es kein richtig oder falsch? Exemplarisch: Abstimmung im Ständerat über das Rentenalter (1991): Zur Frage des Rentenalters lagen 5 Anträge vor: Mehrheit F 62/M 65 Minderheit I F/M 65 Minderheit II F 62/M 64 Minderheit III F/M flexibel Antrag Ratsmitglied F 63/ M 65 Inhaltliche Ordnung der Anträge: F 62/M 65 F/M 65 F/M flexibel F 62/M 64 F 63/ M 65

Wie wollte der damalige Präsident abstimmen? 1. Eventualabstimmung Minderheit III F/M flexibel: Ja/Nein 2. Eventualabstimmung Minderheit II F 62/M 64 Antrag Ratsmitglied F 63/ M 65 Mehrheit F 62/M 65 Resultat 1 Minderheit I F/M 65 Resultat 2

Über ein Antrag sollte (möglichst) nur einmal abgestimmt werden, bzw Über ein Antrag sollte (möglichst) nur einmal abgestimmt werden, bzw. kein Abstimmungsresultat sollte die nachfolgenden Resultate präjudizieren Jeder Antrag kann aus unterschiedlichen politischen Feldern unterstützt oder abgelehnt werden. Fallen die unterschiedlichen politischen Feldern in einer Abstimmungsfrage zusammen, dann ist grundsätzlich von gleichberechtigten Anträgen auszugehen. Unter dem Aspekt der Finanzpolitik, kann man am besten prüfen, ob eine inhaltliche Hierarchisierung vorliegt oder nicht. Die politische Einschätzung kann bedeutender sein als die inhaltliche Logik.

F 63/ M 65 Resultat 1 F/M 65 F 62/M 65 Resultat 2 Resultat 3 Antrag Ratsmitglied F 63/ M 65 Minderheit II F 62/M 64 Minderheit I F/M 65 Resultat 1 Mehrheit F 62/M 65 Resultat 2 Minderheit III F/M flexibel Resultat 3

F 63/ M 65 Resultat 1 F/M 65 F/M flexibel Resultat 2 Resultat 3 Antrag Ratsmitglied F 63/ M 65 Minderheit II F 62/M 64 Minderheit I F/M 65 Resultat 1 Minderheit III F/M flexibel Resultat 2 Mehrheit F 62/M 65 Resultat 3

5. Zusammenfassung: persönliche Vorgehensweise 1. Liegen aus politischen Gründen unterschiedliche Konzepte vor oder ist eine Trennung der Abstimmungsfrage notwendig? 2. Ist eine Hierarchische Ordnung zwischen den Anträgen festzustellen? 3. Ist das Abstimmungsvorgehen politisch nachvollziehbar? 4. Überprüfung: a. Kommen alle Anträge zur Abstimmung? b. Wird kein Antrag durch eine Abstimmung präjudiziert, d.h. obsolet? c. Entsprechen die Erfolgschancen der demokratischen Legitimation der Antragsstellenden oder spielt es in diesem Fall keine Rolle? Ev.: Ist die Vorgehensweise auch unter einem finanzpolitischen Aspekt gerechtfertigt?