Fertilitätsprotektion vor Chemo- /Radiotherapie

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 Präsentation transkript:

Fertilitätsprotektion vor Chemo- /Radiotherapie Dr. med. Cornelia Urech-Ruh Ph. .D. M. Fahy-Deshe Kinderwunschzentrum Baden 8.4.2013

Fertilitätsprotektion: Warum ? 8% aller Krebspatienten sind jünger als 40 Sinkende Sterblichkeit an Krebs Verschiebung des Kinderwunsches ins 4. Lebensjahrzehnt Kinderwunschzentrum Baden: Spermabank seit 1993 Erste Kryokonservierung Ovargewebe 2004 76% der Patienten vor Krebstherapie äusserten einen zukünftigen Kinderwunsch Tschudin at al Human Reprod 2009 Update

FertiSave ist eine Kommission der Schweizerischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin Ziele: Qualitätskontrolle (nationales Register) Prognose (Schwangerschaft, Langzeitrisiko) Multidisziplinarität Dokumentation, Einverständniserklärung Pat. Information für Ärzte und Pat. Weiterbildungsveranstaltungen Publikation von Empfehlungen

Fertilitätsprotektion beim Mann Häufigste Diagnosen: Hodentumoren 40% Lymphome 15% Leukämien 8% Knochentumoren 7% Andere Malignome 17% Benigne Erkrankungen 13%

Hodenfunktion Stammzellen = Spermatogonien = regenerative Reserve des Hodenepithels Ad (A-dark) Spermatogonien produzieren täglich bis 100 Mio Spermien Reifungsprozess von Spermatogonie bis zum motilen Spermium: 70-80 Tage

Samenqualität bei Diagnosestellung ! Hodentumoren: 63% Oligozoospermie 14% Azoospermie Lymphome: 45% Oligozoospermie Persistierende Azoospermie abhängig von Cytostatikum/Radiotherapie: Adriamycin Vincristin, Methothrexat 16% Cisplatin 33% Cyclophosphamid 68% „total body irradiation“ vor Knochenmarkstransplantation >80%

Kryokonservierung von männlichen Keimzellen Ejakulierte Spermien Testikuläres Gewebe Azoospermie Präpubertät (Stammzelltransplantation)

High Security Straw für Kryopreservation von Zygoten oder Spermien

KSB Installations

Samen Kryopreservation Samenanalyse Mischen mit Kryopreservation Lösung (SpermCryo allround)‏ Einfrieren in Stickstoff Vapour Lagerung in Flüssigstickstoff

Präparation von Hodengewebe für Kryopreservation

Therapie mit aufgetauten Spermien Abhängig von Qualität ⇒ Insemination ⇒ IVF ⇒ ICSI Therapie mit aufgetautem testikulärem Gewebe: ICSI

Fertilitätsprotektion bei der Frau Indikationen Chancen Risiken Methoden Kosten Psychologische Aspekte

Fertilitätsprotektion bei der Frau Die ovarielle Reserve als wichtigster Faktor ! Beurteilungskriterien: Alter AMH (FSH, AFC=antral follicle count zu Zyklusbeginn)

Überleben nach Krebs im fertilen Alter (Deutsches Krebsregister) Neudiagnosen / Jahr: 1‘800 Kinder < 15 J 74% überleben 5 J 10‘000 ♀+ ♂ 16 - 35 J 20‘000 ♀+ ♂ 36 - 45 J Überlebenswahrscheinlichkeit aller Altersgruppen: ca. 50% pro Jahr: 1‘300 überlebende Kinder 5‘000 Überlebende < 35 J 10‘000 Überlebende < 45 J

Häufigste Krebsdiagnosen Kinder < 15 J 34% Leukämien 21% ZNS-Tumoren 13% Lymphome Frauen im fertilen Alter: 26% Mamma-Ca ~ 15% Lymphome Autoimmunerkrankungen, rheumatologische Erkrankungen: - Systemischer Lupus erythematodes - Sjögren Syndrom - Chronische Polyarthritis

Chemotherapie und Gonadotoxizität Risiko einer prämaturen Ovarialinsuffizienz abhängig von: Chemotherapeutischer Substanz Dosis Therapiedauer ovarieller Reserve vor Therapie Bei Radiotherapie: Lokalisation Dauer

Ovarielle Funktion nach Chemotherapie (Meiron 1999) Diagnose Ovarialinsuffizienz Akute myeloische Leukämie 15% Hodgkin 32% Non Hodgkin 44% Mamma-Ca 50% Hochdosisradiotherapie vor Stammzelltransplantation 80-90%

Risikoabschätzung für die Gonadentoxizität verschiedener Chemothrapeutika Sonmezer et al Hum Reprod 2004 Risiko Hoch Mittel Niedrig Unklar Cyclophosphamid Chlorambucil Melphalan Busulfan Procarbazin Nitrourea Stickstoff-Lost Mustin Cytosinarabinosid Ifosophamid Cisplatin Adriamycin Epirubicin Methotrexat 5-Fluoruracil Vincristin Vinblastin Bleomycin Actinomycin Taxane Oxaliplatin Irinotecan Monoklonale Antikörper Tirosinkinase- Inhibitoren

Beratungsgespräch rasch an spezialisiertem Zentrum Evaluation der Gesamtsituation interdisziplinär: Carcinomtyp, Stadium AZ der Patientin Risiko einer Infertilität nach onkologischer Therapie Geplanter Therapiebeginn Reproduktionsmedizinische Therapie darf in keinem Fall die Prognose der Patientin gefährden ! Kinderwunschzentrum Baden Tel. 056 486 36 50 / 51 kinderwunsch@ksb.ch

Beratungsgespräch (w.m. mit Partner, Eltern) Dringlichkeit Kinderwunsch Partnerschaft Anamnese gyn. und allgemein Antikonzeption Alternativen (Eizellspende, Adoption) Risikoabschätzung Ovarialinsuffizienz Risiko Tumorbefall Ovar Erfolgschancen je nach Methode Risiko Hormontherapie, LSC Kombination operativer Eingriffe (Tumorchirurgie, Port-à-Cath, Ovarfreezing) Kosten (keine Pflichtleistung!) Psychologische Unterstützung

Beratungsgespräch Klinische Untersuchung: Ovargrösse, AFC Pathologie im kleinen Becken Labor: Hep. B, C, HIV, AMH ev. FSH Einverständniserklärungen: Kryokonservierung FertiSave Register

Fertilitätsprotektion bei der Frau Vor Menarche: Kryokonservierung Ovargewebe (OTB = Ovarian Tissue Banking) Nach Menarche: Vitrifikation Oozyten Kryokonservierung Zygoten / Embryonen OBT Kryokonservierung Ovargewebe GnRh – Analoge (Transposition der Ovarien vor Radiotherapie in Kombination mit OTB)

Kryokonservierung von Zygoten (Embryonen) Ovarielle Stimulation braucht Zeitfenster von mind. zwei Wochen Feste Partnerschaft nötig Risiken der hormonellen Stimulation Begrenzte Anzahl Zygoten Ev. Kombination mit OTB

Vitrifikation unbefruchteter Eizellen Zeitfenster mind. zwei Wochen für Stimulation Kein Partner nötig Tumorwachstum durch Stimulation? (HR-pos. Mamma-Ca) Begrenzte Anzahl reifer Eizellen (In-vitro-Maturation IVM experimentell) Ev. Kombination mit OTB

Eizelle Vitrification(ultraschnelles Einfrieren)‏

Kryokonservierung von Ovargewebe Ovar öffnen Stroma wegschneiden Kortex in Streifen schneiden (10x 5x 2mm)‏ Slow-freezing

Prepared ovarian cortex

Hormonelle Stimulation Beginn bei Zyklusbeginn 0.2 mg Triptorelin 10‘000 E HCG Tag 2/3 Antagonist 0.25 mg/Tag 150 – 300 E Gonadotropine / Tag * 5 mg Letrozol /Tag - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -- - - - -- - - - - - 36 h Follikelpunktion

Hormonelle Stimulation Beginn irgendwo im Zyklus 0.2 mg Triptorelin 10‘000 E HCG Antagonist 0.25 mg/Tag 150 – 300 E Gonadotropine / Tag * 5 mg Letrozol /Tag - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -- - - - -- - - - - - 36 h Follikelpunktion

Chemotherapie Beginn: 1-2 Tage nach Follikelpunktion Kombination OTB + Kryo Eizellen / Zygoten Beginn mit hormoneller Stimulation sofort nach Ovarbiopsie möglich

Effizienz Kryokonservierung Zygoten Beispiel: Reife Eizellen 10 Kryokonservierte Zygoten 7 (70% Fertilisierungsrate) Anzahl Embryonen 4 nach Auftau (~ 60%) Implantationsrate ~ 10% Kumulative SS-Rate ~ 40%

Effizienz Vitrifikation Eizellen Beispiel: Reife Eizellen 10 Aufgetaute Eizellen 8 (80%) Implantationsrate / aufgetaute Eizelle ~ 6% Kumulative SS-Rate 40-50% Erfolgschancen sind abhängig von: Alter, ovarieller Reserve, AMH (ev. FSH, AFC)

Medikamentöse Therapie mit GnRh-Analog Idee: Down-Regulation Hypophyse soll Teilungsaktivität der Keimzellen und damit Sensibilität gegen Zytostatika senken Metaanalyse Bedaiwy et al Fertil. Steril 2011 Tendenziell weniger Ovarinsuffizienz ! Kritische Punkte: Aktivierung der Primordialfollikel unabhängig von Gonadotropinen Atresierate relativ konstant (auch während Schwangerschaft und Stillzeit)

Medikamentöse Therapie mit GnRh-Analog Cave: Nebenwirkungen Könnte die hypophysäre Down-Regulation beim Hormonrezeptor-positivem Mamma-Ca die Ansprechbarkeit für Chemo senken?

Geburt nach Autotransplantation von kryokonserviertem Ovargewebe

Onkologisches Bild (August 2005)‏ Non-Hodgkin-Lymphom, Stadium IV Infiltration von Knochenmark Schädelkalotte Dura Epidura Therapie: Operation und Chemotherapie

Gynäkologische Interventionen (30.08.2005)‏ Schwangerschaftsabbruch Kryokonservierung des linken Ovar

Chemotherapie 6 Zyklen Chemotherapie (Sept-Dez 2005) Inklusive: Cyclophosphamid Isofamid Stammzell-Transplantation (31.01.2006) Komplette Remission

Patientin: 2008 Anovulation FSH 18.3 mU/ml AMH 0.2 g/L 10 Stimulationen 0 Schwangerschaft IVF 1 Eizelle ( atretisches Zytoplasma), 1 Embryo, keine Schwangerschaft

Ovargewebe Reimplantation (23.03.2010)‏ Auftau von 6 Gewebestücken Equilibration in 3 Stufen Patientin schon vorbereitet im OPS

Operation: Ovargewebe Reimplantation Drei V-förmig Inzisionen wurden an der antimesenterialen Grenze des rechten Ovars angebracht.

Operation: Ovargewebe Reimplantation Die Inzisionen wurden unter dem Operationsmikroskop verschlossen.

Operation: Ovargewebe Reimplantation Die Gewebestreifen waren sorgfältig in die Öffnungen eingesetzt, wobei der Kortex in die Ovaroberfläche präzise eingeebnet wurde.

Nachkontrolle Vier Wochen später Ein Follikel von 16 mm im Ultraschall Geschlechtsverkehr empfohlen Nach zwei Wochen HCG 295 U/L

Nachkontrollen…….. Normaler Schwangerschaftsverlauf 15.01.2011 Geburt eines gesunden Knaben (2930 g)

Drei Monate postpartal Ovulatorischer Zyklus FSH 9.7 mU/ml AMH 0.2 g/L 2012: Spontan schwanger Abort

Überlebensrate der Primordialfollikel Nach Kryokonservierung von Ovargewebe: 50-80% Nach Retransplantation: 5-50% Dauer der Ovarialfunktion nach Retranspl.: 9-36 Monate

Rezidivrisiko nach Retransplantation Theoretische Möglichkeit der Retransplantation von Tumorzellen Bisher kein Fall bekannt Vorsicht bei: Leukämien Borderlinetumor Ovar Tumor mit hohem Risiko für ovarielle Metastasierung

Kosten Kryokonservierung (geschätzt 2013) Spermien: ~ CHF 220.- / Probe Lagerpauschale CHF 600.- / 10 J Eizellen: Hormonelle Stimulation 2’900.- Follikelpunktion ~ 1’000.- Vitrifikation ~ 800.- Lagerpauschale / 10 J ~ 600.- Zygoten - zusätzlich: Laborpauschale IVF/ICSI ~ 900.- Spermaaufbereitung ~ 280.-

Kosten Kryokonservierung (geschätzt 2013) Ovargewebe: LSC mit Histo ~ CHF 2’400.- (falls nicht als Pflichtleistung deklarierbar) Laborpauschale intern CHF 800.- Laborpauschale extern CHF 1’000.- Lagerpauschale 10 J CHF 600.-

Fertilitätsprotektion: Psychologische Aspekte Krebs: Fruchtbarkeit: Lebensgefahr Todesangst Verlust Schmerz, Leiden Trauer Wut Zukunft Hoffnung Lebenssinn Weiterleben Freude