Referat für Betriebs-/ Personal-/ und Mitarbeiterversammlungen
Eckpunktepapier der Bundesregierung Im Dezember 2014 hat eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern Eckpunkte für eine Reform der Krankenhausfinanzierung vorgelegt: 106 mal kommt in diesem Papier das Wort Qualität vor
Unsere Forderungen vorher: Gesetzliche Personalbemessung jetzt Kein Verdrängungswettbewerb durch Selektivverträge Bedarfsplanung durch Länder statt Kassendiktat Verdoppelung der Investitionskostenfinanzierung
Was macht die Bundesregierung: Mini-Pflegeförderprogramm Noch mehr Markt und Wettbewerb durch Selektivverträge Stärkung der Macht der Krankenkassen Abwrackprämie Diverse Kleinkorrekturen am Vergütungssystem
Regierungspläne: Pflegeförderung 660 Mio. Euro in 3 Jahren (110 Mio. + 220 Mio. + 330 Mio.) ca. 1 Stelle pro Jahr und Krankenhaus 10% sollen Krankenhäuser selbst finanzieren Expertenkommission zur Frage ob danach Mittel als Zusatzentgelte (wie PKMS) oder als Bestandteil bestimmter DRGs Problem: Verbesserung der Vergütung einzelner Fälle führt immer zu relativem Absinken der anderen DRGs (auch bei ZE) Problem: keine Zweckbindung für die Mittelverwendung Problem: KHs mit niedrigeren Löhnen könnten sich mehr Personal leisten und umgekehrt
Die Realität: Personalnot ohne Ende 162.000 Vollkräfte fehlen in deutschen Krankenhäusern, davon über 70.000 in der Pflege (ver.di-Personalcheck) 87% der Pflegekräfte lehnen die Vorenthaltung von Leistungen aus Kostengründen ab. Nur 12% von ihnen arbeiten aber in Bereichen, wo es keine Rationierung gibt (Braun 2010) Überlastungsanzeigen nehmen immer mehr zu Überstunden, Holen aus dem Frei, …. Burnout, Berufsaufgabe, Nachwuchsmangel
Die Realität: Personalnot ohne Ende Belastungsziffern Patientenzahl Verweildauer Besch. ges. Pflegekräfte Fälle pro Pflegekraft 1996 16 165 019 10,8 880000 349423 46,3 2013 18 787 168 7,5 850099 316275 59,4 Diff 96-13 2 622 150 - 3 - 29 901 - 33 148 13 Veränderung % 16,2 -30,6 -3,4 -9,5 28,4 %
Die Realität: Personalnot ohne Ende Europa-Vergleich:
Die Realität: Personalnot ohne Ende Studie an 422730 chirurgische Patienten aus 300 Krankenhäusern in 9 europäischen Ländern Ein Patient mehr pro Pflegekraft (von 6 auf 7 Patienten) erhöht die Rate der Todesfälle im KH und bis 30 Tage nach Entlassung um 7%. „Nurse staffing and education and hospital mortality in nine European countries“ (Aiken 2014)
Was wirklich notwendig ist: Gesetzliche Personalbemessung Festlegung eines verbindlichen Soll-Wertes, Finanzierung der tatsächlichen Ist-Kosten im einzelnen Krankenhaus Zweckbindung Kontrolle der Verwendung Übergangsweise PPR mit 10% Zuschlag Danach Neuberechnung der Werte und Ausdehnung auf andere Berufsgruppen
Regierungspläne: Selektivverträge Zu-/Abschläge bei guter/schlechter Qualität frei verhandelbare Mengenabschläge zwischen Kassen und einzelnem KH „Qualitätsverträge“ bei 4 Diagnosen (Kassen entscheiden, mit welchem KH sie diese abschließen Noch mehr Bürokratie zur Qualitätskontrolle Absurd: bessere Qualität durch weniger Geld „Einstiegsdroge“ zum Selektivvertrag: Fallpauschalen gab es anfangs auch nur 16 Das jetzige DRG-System sind Festpreise. Sie sind zwar zu niedrig, aber verlässlich. Frei verhandelte Preise bedeuten Dumpingwettbewerb (Kassen haben ein Monopol) Kassen bekommen die Macht, die Landesplanung finanziell auszuhebeln
Die Realität: Noch mehr Konkurrenz und Wettbewerb 415 Krankenhäuser geschlossen (seit 1991) Über 165.000 Betten abgebaut (seit 1991) Zusammenlegungen und Privatisierungen Outsourcing und Lohndrückerei Personalabbau Immer mehr Behandlungen Mehr Wettbewerb = weniger Personal + schlechtere Versorgung
Exkurs: Mechanismen eines Preissystems Bei finanzieller Steuerung (Fallpauschalen, DRGs) handelt ökonomisch rational, wer möglichst wenige Kosten pro Fall produziert (dann ist der Gewinn am höchsten) möglichst viele Fälle behandelt, bei denen ein Gewinn sicher ist möglichst Fälle vermeidet, bei denen ein Verlust wahrscheinlich ist
Missbrauch des Qualitätsbegriffes Auch für Qualität gilt: Vom Wiegen wird die Sau nicht fett! Wer Qualität will, muss Geld für mehr Personal herausrücken Wer Qualität will, muss für eine gesetzliche Personalbemessung sein
Was wirklich notwendig ist: Einschränkung der DRG-Wirkungen Herausnahme von Bestandteilen der Vergütung aus der Preislogik Aufbau einer 2. Finanzierungsäule Ausbildung (auch Ärzte) Sicherstellungszuschläge Zuschläge für Maximalversorger Zuschläge für Hochkostenfälle Zuschläge für Vorhaltekosten Refinanzierung Preissteigerungen (incl. Tarife – aber nur die bezahlten) Und vor allem: gesetzliche Personalbemessung (nur die tatsächlich geschaffen Stellen mit den tatsächlichen Kosten)
Regierungspläne: Abwrackprämie Bund gibt 500 Mio. Euro für den Abbau von Überkapazitäten oder die Konzentration bzw. die Umwandlung von Krankenhäusern wenn die Länder den selben Betrag aufbringen Länder dürfen ihre Investitionsförderung nicht kürzen Finanzieller Anreiz für die Träger ihre Häuser zu schließen Das hat nichts mit einer Verbesserung der Investitionskostenfinanzierung zu tun Und schon gar nichts mit einer bedarfsorientierten Planung
Die Realität: Personalstellen für Baustellen 1 Mio. Abschreibungen = 20 Pflegestellen
Entwicklung Investitionskostenfinanzierung Es fehlen 3,3 Mrd. Euro ( 6 Mrd. notwendig, 2,7 Mrd. gegeben) entweder Krankenhäuser verrotten und Arbeitsbedingungen werden schlechter oder fehlende Mittel werden aus den Geldern der Krankenkassen für laufenden Kosten genommen und Jeder kann das Ausmaß in den Bilanzen (eAFA und Zinsen) sehen Schätzung: 5-10% des Personals sind in Abschreibungen umgewandelt
Entwicklung Investitionsfinanzierung Investitionen in der Wirtschaft Investitionsmittel für Krankenhäuser
Investitionsfinanzierung in Ba-Wü (Quelle: BWKG-Basisdaten 2013) Nur um den Stand von 1974 zu halten, wären heute 742 Mio. Euro nötig
Was wirklich notwendig ist: Investitionsmittel verdoppeln Bedarfsorientierte Landesplanung statt Verdrängungswettbewerb und Abwrackprämie
Was können wir tun: Deshalb müssen wir den Druck erhöhen Alles positiven Entwicklungen der letzten Jahre entstanden nur durch unsere Aktivitäten (Verbesserungen nach KH-Demo 2008 in Berlin, Verbesserung der Investitionskostenfinanzierung in Ba-Wü, Thematisierung der Überlastung der Pflege) Was im Eckpunktepapier an (kleinen) Verbesserungen steht, ist viel zu wenig Deshalb müssen wir den Druck erhöhen
Was können wir tun - Aktionsplan: 12. Mai 2015 Internat. Tag der Pflege Betriebliche Aktionen bundesweit in den Krankenhäusern Wir nehmen morgens gemeinsam unsere Pause und verbringen sie vor dem Krankenhaus. Auf den Stationen bleibt nur eine Nachtdienstbesetzung Transparente „Gesundheit braucht genug Personal!“ an den Fassaden von Krankenhäusern
Was können wir tun - Aktionsplan: 24. Juni 2015 Demonstration der 162.000 Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder tagt am 24./25.6.2015 in Bad Dürkheim (Rheinland-Pfalz) Bundesweite dezentrale Demonstration der 162.000. Für gesetzliche Personalbemessung und Krankenhausinvestitionen! 162.000 zehn Minuten vor der Klinik. In Berlin waren wir 2008 vor dem Brandenburger Tor 130.000. Ausgabe von 162.000 Nummernkarten in den Kliniken. Wer eine Nummernkarte übernimmt, sagt zu, dass sie/er am 24.6. dabei ist. So erreichen wir 162.000
Unsere Forderungen bleiben: Gesetzliche Personalbemessung jetzt Kein Verdrängungswettbewerb durch Selektivverträge Bedarfsplanung durch Länder statt Kassendiktat Verdoppelung der Investitionskostenfinanzierung Macht mit!