PROMOTION IN DER MEDIZIN Kritik und praktische Hinweise Abteilung für Allgemeinmedizin Institut für Community Medicine Potentielle Interessenkonflikte.

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PROMOTION IN DER MEDIZIN Kritik und praktische Hinweise Abteilung für Allgemeinmedizin Institut für Community Medicine Potentielle Interessenkonflikte Mitglied der DEGAM, DNebM und der AKDÄ, Kassenärztlich tätig Jean-François Chenot Tag der Wissenschaft 2016

Abteilung Allgemeinmedizin WARUM FORSCHEN WIR IN DER MEDIZIN? Erkrankung / Symptom Behandlungs- ergebnis Versorgungsprozess Was könnte Patienten nützlich sein? Forscher research skills Kliniker clinical skills Universitäts- medizin medical school

Abteilung Allgemeinmedizin DER DOKTOR GEHÖRT DAZU!? wikipedia/commons/1/1c/Guttenberg-800.jpg  Patienten verleihen sowieso den Dr. ehrenhalber  Dr. ist ein akademischer Grad, kein Titel!  In vielen Ländern gibt es ein Berufsdoktorat  Kaum strukturierte wissenschaftliche Qualifikation im Studium  Promotion in der Medizin meist studienbegleitend  Qualität medizinischer Promotionen niedrig Promotion = betreute wissenschaftliche Leistung Habilitation = selbstständige wissenschaftliche Leistung

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine Die Aufmerksamkeit für dieses Problem ist seit Gutenberg & Co. gestiegen

Abteilung Allgemeinmedizin QUALTÄT DER MEDIZINISCHEN PROMOTION

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine GROBGLIEDERUNG WISSENSCHAFTLICHER ARBEITEN IN DER MEDIZIN / NATURWISSENSCHAFTEN Mnemonic IMRaD Sollaci LB, Pereira MG. The introduction, methods, results, and discussion (IMRAD) structure: a fifty-year survey. J Med Libr Assoc. 2004; 92:

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine TITEL The title gives the first impression of a scientific article, and should accurately convey to a reader what the whole thesis is about.  Ein guter Titel ist kurz, informativ und attraktiv.  Ein guter Titel gibt den Studientyp an. Peh WC, Ng KH. Title and title page. Singapore Med J. 2008;49:607-8  Titel nicht als Frage formulieren  Im Regelfall keine Abkürzung  Ergebnis nicht formulieren

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine …JEDER ABSCHNITT BEANTWORTET EINE SCHLÜSSELGFRAGE  Warum haben wir das untersucht?Einleitung  Was haben wir gemacht?Methode  Was haben wir gefunden?Ergebnisse  Was bedeutet das?Diskussion

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine EINLEITUNG / HINTERGRUND  Erster Satz muss klar machen worum es gleich gehen soll!  Epidemiologie  Stand der Forschung Häufige Fehler:  Zu ausführliche Schilderung  Stoff für die Diskussion wird vorweggenommen Beispiel erster Satz Die chronische Herzinsuffizienz ist ein Krankheitsbild, das in den westlichen Industrienationen immer häufiger auftritt. Von den Herzinsuffizienzpatienten Befinden sich über 60% ausschließlich in hausärztlicher Behandlung. Jung, Hans Hermann 2008: Hausärztliches Vorgehen bei der medikamentösen Therapie der Herzinsuffizienz

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine FRAGESTELLUNG Interventionsstudien Population Intervention Comparison Outcome Timeframe Reichenbach S et al. Meta-analysis: chondroitin for osteoarthritis of the knee or hip. Ann Intern Med 2007; 146: „ Ist Chondroitinsulfat bei Patienten mit Knie- und Hüftarthrose im Vergleich zu Placebo effektiv zur Reduktion der Schmerzen?“ Keine ausformulierte Studienfrage

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine FRAGESTELLUNG Beobachtungsstudien Population Exposure Outcome Timeframe Chenot JF, et al. The impact of specialist care for low back pain on health service utilization in primary care patients: a prospective cohort study. Eur J Pain ;12: „ Ziel der Studie ist es den Einfluss von Orthopäden auf die Versorgung von Patienten mit Rückenschmerzen zu untersuchen“. Keine ausformulierte Studienfrage

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine METHODE RCT Querschnittstudie Kohortenstudie Qualitative Studie Tierexperimentelle Studie in vitro Studie Erster Satz Abschnitt Methoden Das ist eine Querschnittstudie retrospektive Beobachtungsstudie in Hausarztpraxen …….. Häufiger Fehler:  Studientyp nicht benannt Grimes DA, Schulz KF. An overview of clinical research: the lay of the land. Lancet 2002; 359:  Design Wie wurde die Studie gemacht?  (manchmal Studienregistrierung und Ethik)  Rekrutierung Wer hat an der Studie mitgemacht (Patienten, Ärzte, Setting) ?  Evtl. Welche Intervention?  Welches Material / Instrument wurde zur Datenerhebung (Endpunkte) benutzt?  Formalien  Ethikvotum und Datenschutz (Tierschutz)  Statistische Analyse

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine PRAXISTIP  Einleitung und Methoden schon währende der Datensammlung schreiben !  Schlüsselpublikationen und Experten im Gebiet identifizieren!  Eigenen Abschnitt Fragestellung  Fragestellung so präzise wie möglich formulieren und genau mit dem Betreuer festlegen! Am besten Bulletspoints  Haupt- und Nebenfragestellung trennen  Standards of reporting sofort besorgen!

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine STANDARDS OF REPORTING MethodeStatement Randomisiert Kontrollierte Studien extended version für cluster RCTs CONSORT Nicht-randomisierte StudienTREND Beobachtungsstudien extended version für Sekundärdaten STROBE RECCORD Diagnostische StudienSTARD Systematische Übersichtsarbeiten PRISMA MOOSE LeitlinienSQUIRE Qualitative ForschungCOREQ FallberichtCARE

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine STANDARDS OF REPORTING MethodeStatement Studien mit VersuchstierenARRIVE Quantitative PCRMIQE Genetische AssoziationenSTREGA  Standards of Reporting (SoR) sollten schon in der Studienplanung berücksichtigt werden  Einhalten oder die Orientierung an SoR sollte im Methodenteil erwähnt werden.  Checkliste im Anhang Wird von guten Fachjournalen sowieso gefordert

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine ERGEBNISSE  Beschreibung der Population  Patienten  Ärzte  (Studenten, Mäuse, Zellen, etc.)  Studienendpunkte am besten gegliedert nach primären und sekundären Endpunkten berichten  Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse der gezeigten Tabellen / Abbildungen Häufige Fehler  Tabellen werden komplett im Text wiedergegeben  Es wir nur auf die Tabellen verwiesen  Es wird bereits in den Ergebnissen diskutiert  Es werden Ergebnisse gezeigt die später nicht diskutiert werden

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine GRAPHISCHE DARSTELLUNG Sinnlose Abbildung, die keine Information enthält, die nicht im Text gut vermittelt werden kann.

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine GRAPHISCHE DARSTELLUNG & TABELLEN HÄUFIGSTE FEHLER  Keine Über – bzw. Unterschrift  Beschriftung unzureichend um die Tabelle / Abbildung zu verstehen  Abkürzungen nicht erläutert  Keine Angabe zur Anzahl der analysierten Subjekte  Darstellung von Ergebnissen die später gar nicht diskutiert werden  Schlechte Gliederung, zu viele Daten  Zu viele Nachkommastellen  Keine Angabe zu fehlenden Werten  Kein Hinweis im Text auf die Tabelle/ Graphik

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine GRAPHISCHE DARSTELLUNG Verzerrende manipulative Abbildung von Daten durch Wahl der Skalierung Stephen Few Show me the numbers: Designing Tables and Graphs to Enlighten. Analytics Pr; 2012

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine CHECKLISTE FÜR GRAPHIKEN  Ist die Graphik notwendig um die Daten darzustellen?   Macht die Graphik die Daten verständlicher?   Ist die Graphik ansprechend?   Ist die Graphik leicht zu interpretieren? (Achsenbeschreibung, Skalierung, Titel),   Ist diese Art der Graphik die beste Darstellungsweise?   Werden die gezeigten Daten diskutiert?   Ist die Graphik eine faire Darstellung meiner Ergebnisse? 

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine UNTERABSCHNITTE DER DISKUSSION  Zusammenfassung der Hauptergebnisse  Bedeutung der Ergebnisse  Vergleich mit der Literatur (Kontext)  Stärken und Schwächen der Studie (oder an zweiter Stelle)  Schlussfolgerungen

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine DISKUSSION Stärken und Schwächen Typische Stärken  Das ist die erste Studie...  Das ist die erste Studie in Deutschland  Das ist die größte Studie Typische Schwächen  Ein Selektionbias kann nicht ausgeschlossen werden  Niedrige Teilnehmerrate  Drop out rate  Fehlende Daten  Confounding Jede Studie ist anfällig für einen bestimmten Bias, der sollte benannt werden  selection bias  Hawthorne bias  recall bias  etc. Hier wird den Gutachtern der Wind aus den Segeln genommen Schwächen nicht diskutiert und relativiert

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine DISKUSSION Bedeutung der Ergebnisse und Kontext  Ergebnisse in der Reihenfolge der Präsentation im Ergebnisteil interpretieren  Hier darf man spekulieren muss dann auch so sagen  Ergebnisse die dazu passen zitieren  Widersprüchliche Ergebnisse zitieren und mögliche Gründe dafür überlegen Chenot et al.: Sex differences in presentation, course and management of low back pain in primary care Clin J Pain 2008; 24:

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine SCHLUSSFOLGERUNGEN  Oft das schwierigste  Üblicherweise nur wenige Sätze (maximal halbe Seite) Zwei Schlüsselfragen müssen beantwortet werden  Was bedeutet das für die Praxis /Lehre / etc.?  Was sind die nächsten Schritte in der Forschung? Häufiger Fehler:  Schlussfolgerungen beziehen sich nicht auf die eigenen Daten  Schlussfolgerungen gehen gehen zu weit (Studientyp erlaubt so starke Aussagen nicht)

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine LITERATUR Vorgaben der Zeitschrift beachten ! Häufige Fehler:  Grundsatzaussagen ohne Literaturbeleg  Abschreiben ohne Zitat  Uneinheitliche Zitierweise  Zitierte Arbeit nicht im Literaturverzeichnis  Arbeit im Literaturverzeichnis nicht im Manuskript zitiert  Zu viele Zitate  Potentielle Reviewer nicht zitiert!!!!!!!! Wenn keine Vorgabe in der Medizin am besten Vancouver-Stil

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine KISS PRINZIP Keep It  Simple  Short  Sexy Wenn es die Eltern verstehen worum es geht ist es perfekt!

Abteilung Allgemeinmedizin MEINE IDEALVORSTELLUNG  bewirbt sich  schreibt Kurzexposé  beteiligt am Ethikantrag  sammelt Daten  macht Literaturrecherche  erlernt Auswertungsmethode  wertet die Daten aus  stellt Daten auf eine nationalen Kongress vor  stellt Daten auf einem Internationalen Kongress vor  2015 publiziert  2016 verteidigt Promotion Dolezil D, Haase A, Jahnke K, Thonack J, Löffler C, Schmidt CO, Chenot JF. Motives and attitudes of older adults towards cancer screening- An explorative mixed-methods-study. (Meeting of the European General Practice Research Network, Barcelona 2014) Eur J Gen Pract 2014; 20; Dolezil D, Haase A, Jahnke K, Thonack J, Löffler C, Schmidt CO, Chenot JF. Einstellungen und Erfahrungen Älter mit Krebsfrüherkennungsuntersuchung. Z Gerontol Geriat 2015 (ahead of print) 2016;49:44-51

Abteilung Allgemeinmedizin, Institut für Community Medicine DIE PROMOTION SOLLTE …  … eine Change sein, etwas darüber zu lernen, wie man herausfindet, was für Patienten nützlich ist.  … helfen, die wissenschaftliche Basis für ärztliches Handeln zu bewerten und so die Patientenversorgung zu verbessern.  … so gut betreut sein, dass sie sich später nie dafür schämen müssen.  … Einige so begeistern, dass sie Wissenschaft zu ihrem Beruf machen. Viel Erfolg