Textproduktion und Textrezeption 09.05.2016. Textproduktion - Begriffsbestimmung Komplexe kognitive und kommunikative Aktivitäten beim Verfassen von Texten.

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 Präsentation transkript:

Textproduktion und Textrezeption

Textproduktion - Begriffsbestimmung Komplexe kognitive und kommunikative Aktivitäten beim Verfassen von Texten (H. Bußmann) "Für alle gezielten Aktivitäten, die Schreiben als mentalen und sprachlichen Prozess charakterisieren, wurde der Begriff Textproduktion eingeführt." (Molitor-Lübbert (1996: 1005) Andere Aspekte: Sprachproduktion (Psycholinguistik) und Schreibforschung (Didaktik) Besonders auf Herstellung schriftlicher Texte bezogen (Thema, Autor, Rezeption) Textproduktion ist ein gezielter Prozess des konstruktiven sprachlichen Handelns auf der Basis einer Situationsanalyse (zum Zweck der Situationsbeeinflussung – intentions- und interessengeleitet, mit der Intention, das Textthema in einem kohärenten Text zu entfalten, ziel- und adressatenorientiert (Antizipation der Rezeptionssituation) Textproduktion ist ein aktiver Prozess der Wissensverarbeitung, ein Komplex kognitiver Prozeduren zur Auswahl, Integration und Verarbeitung internen und externen Wissens – schema- und konzeptgeleitet, ein Problemlösungsprozess mit Ergänzung, Umstrukturierung, Veränderung, "Transformation" bestehender kognitiver Strukturen; Wissen ist Voraussetzung und Ergebnis der Textproduktion

Modelle der Textproduktion 1.Sequentielles Textmodell – Prozess von aufeinander folgenden und aufeinander aufbauenden Stufen (Pläne... ... Buchstaben). Zuerst pragmatische Planung, dann semantische, syntaktische und lexikalische Entscheidungen, die schließlich phonemisch-graphemisch umgesetzt werden. 2.Schreiben als Problemlöseprozess – Formulieren von Zielen und Problemen, vorwärtsgerichtete Suchprozesse nach einer geeigneten Vorgehensweise zur Erreichung dieser Ziele, sowie Analyse und Bewertung der Lösungswege beim Auftreten von Schwierigkeiten im Lösungsvorgang.

1. Beaugrande 1982; 2. Hayes&Flower 1980

Flower&Hayes 1980 – das „Urmodell“; Problem: Schreibaufgabe Prozesse: Planen, Formulieren, Überarbeiten – sind interaktiv miteinander verbunden und werden durch eine Kontroll- und Steuerungsinstanz (Monitor = Schreibstrategie) reguliert. Alle Prozesse werden beeinflusst durch: Langzeitgedächtnis des Autors (Wissen zu Thema und Adressat) und die Schreibsituation. Keine feste Abfolge zwischen den Prozessen, beliebig oft wiederholbar Teilprozesse werden auch einzeln modelliert: PLANUNG besteht aus den Teilprozessen GENERIEREN (Abruf von Informationen aus dem LZG), STRUKTURIEREN (die nützlichsten Informationen werden ausgesucht  Plan bestehend aus Inhalten und Gütekriterien) und ZIELSETZUNGEN (Identifikation und Fixierung der Gütekriterien) GENERIEREN / STRUKTURIEREN – empirisch: lautes Denken, Notizen; gute Ideen werden niedergeschrieben, schlechte verworfen... Brauchbare Elemente werden als Anfangs oder Schlusspunkte bewertet, alle Elemente werden hierarchisch geordnet, in wiss. Texten  numerisch gestaltete Gliederung (1.1. – – – )

Ludwig 1983

Beaugrande 1982, 1984

Ludwig 1983 Neue Elemente: Motivation wird stärker betont, motorische Handlungen, Schreiben ist nicht nur ein rein kognitiver Prozess Fünf Komponenten: motivationale Basis, konzeptionelle Prozesse (≈Monitor), innersprachliche Prozesse, motorische Prozesse und redigierende Aktivitäten Beaugrande 1982, 1984 Interaktives Parallel-Prozess-Modell Abrufprozesse – ideation; Linearisierungsprozesse - linearization; Verbalisierungsprozesse – expression Abstrakt (Pläne, Ziele, Inhalte)  konkret, sprachliche Realisierung Prozesse überlappen sich, aus konzeptionellen Prozessen werden Formulierungsprozesse Kritik: Vermischung von Prozess und Produkt, Beaugrandes Anliegen ist die Identifizierung jener Stellen im zeitlichen Verlauf des Schreibprozesses, an denen die Informationsverarbeitungskapazität besonders strapaziert wird

Textrezeption Was macht einen verständlichen Text aus? Kann man Textverständlichkeit messen? Leserlichkeit (legibility) Graphische und typographische Gestaltung von Texten: Schriftart, Schriftgröße, Zeilenlänge, Zeilenumbruch, Wortabstände, Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund, Druckqualität. Lesbarkeit (readability) – Teilaspekt der Verständlichkeit. Sprachlich- stilistischer Bereich. Textoptimierungen. Lesbarkeitsformeln: Wort- und Satzschwierigkeit, durchschnittliche Wortlänge, Anzahl der Silben, Anzahl der Wörter pro Satz). Vorkommenshäufigkeit der im Text verwendeten Wörter.

Lesbarkeitsformeln berücksichtigen viele Aspekte nicht, die für das Textverstehen wesentlich sind: inhaltliche Aspekte, Textfunktion und Textsorte, Vorwissen und Interesse der Adressaten. Verstehen ist nicht ein ausschließlich (text)datengeleiteter Prozess (auch bottom—up—Prozess genannt). Es kommt zu einer Wechselwirkung dieser Daten mit dem Vorwissen des Rezipienten. Ein Text besitzt Sinn nicht inhärent, sondern der Leser muss im Verstehensprozess diesen Sinn, durch Einbringen seines Wissens (top-down-Prozesse), erst aktiv konstruieren.  kognitiver Konstruktivismus / „Leser-Text-Interaktion“

Kommunikative Funktion: Zweck, Adressaten, Sender Textproduktions-Eckdaten: Mentales Denotatsmodell (die im Text behandelten Gegenstände und Sachverhalte) Mentales Konventionsmodell (Textsorte) Konventionsverstöße, Heckenausdrücke Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir uns für einen anderen Kandidaten entschieden haben. vs. Wir stellen Sie nicht ein. Vermittlungsmedium – Medium wird durch Konventionen determiniert und umgekehrt (Kündigung; Brief, ) Juristische und redaktionelle Richtlinien: firmen- und institutionsspezifische Redaktionsleitfäden, Style Guides, Mindestinhalte. Sind i.d.R. schriftlich fixiert.

Verständlichkeitsdimensionen Struktur, Gliederung, Prägnanz, Motivation, Simplizität, Korrektheit, Perzipierbarkeit. Prägnanz – Mentales Denotatsmodell und dessen Kodierung im Text Verstöße: Details, Formulierungen, Tautologien, Redundanzen Korrektheit – Verstöße: Fehleinschätzungen des Vorwissens etc. Motivation – von außen und von innen (vom Text geschaffen). Weckt Interesse des Adressaten. Beispiele im Text. Anrede mit wir anstatt Passivkonstruktionen etc. Struktur – inhaltliche Strukturierung, Makro- und Mikroebenenstruktur, inhaltliche Struktur, metakommunikative Struktur. Verschiedene Strategien. Simplizität – nur auf Kodierung bezogen. Wortwahl und Satzbau, illokutionäre Ebene, Vermeidung von Ambiguität, Konsistenzgrad Perzipierbarkeit – nur auf Kodierung bezogen. Auch nonverbale Informationsträger. Übersichtliche Gestaltung, etwa durch Numerierung einzelner Arbeitsvorgänge.