He rausforderung Demenz: Zünder an der demographischen Zeitbombe? H. Bickel Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität.

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 Präsentation transkript:

He rausforderung Demenz: Zünder an der demographischen Zeitbombe? H. Bickel Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München „Leben mit Demenz“ Evangelische Akademie Tutzing, Oktober 2006

Demographische Eckpunkte I - Die Bevölkerung schrumpft; bei Wanderungssaldo von pro Jahr von derzeit 82 Mio. auf 68 Mio. in Es kommt zu starken Veränderungen der Altersstruktur: bis zum Jahr 2050 nehmen die über 60-jährigen um 10 Mio. zu, die jährigen nehmen um 16 Mio. ab (nicht bundesweit gleichförmig: Bayern dank seiner Wanderungs- überschüsse mit Zuwachs noch bis 2020; in neuen Ländern droht hingegen Entvölkerung)

Demographische Eckpunkte II - Hauptursache der Alterung ist nicht die steigende Lebenserwartung, sondern der Rückgang der Nachwachsenden: Seit 100 Jahren decken die Geburtsraten den „Bedarf“ nicht mehr, seit 1972 gibt es mehr Sterbefälle als Geburten - Heute wäre eine Reproduktionsrate von 2,1 pro Frau zum „Bestandserhalt“ erforderlich : Rate liegt in Deutschland mit 1,3 bis 1,4 seit 1975 relativ konstant bei zwei Dritteln des nötigen Wertes; angehoben durch höhere Rate unter Zuwanderern (1,9), bei Deutschstämmigen lediglich Rate von 1,0, was einer Halbierung der Folgegenerationen entspricht - Ein Drittel bleibt kinderlos

Demographische Eckpunkte III - Abwärtsspirale der Bevölkerungszahl: Alterung ist nicht zu stoppen, weil die potenziellen Eltern fehlen; selbst Anstieg der Reproduktionsrate auf 2,1 kann keine Trendumkehr bewirken, da eine Lücke von drei Jahrzehnten klafft und die Elterngeneration bereits dezimiert ist; durch gesteigerte Zuwanderung ließe sich lediglich die Bevölkerungszahl erhalten, nicht aber die zunehmende Alterung stoppen

Demographische Eckpunkte IV - Alterung: Alterungsprozesse haben schon im 19. Jahrhundert eingesetzt; Lebenserwartung seit Beginn der Aufzeichnungen bei Gründung des Deutschen Reiches kontinuierlich um etwa 3 Jahre pro Jahrzehnt gestiegen; Anzahl der über 65-jährigen in letzten 100 Jahren verfünffacht, Anzahl der über 80-jährigen verzwölffacht; nach gegenwärtiger Sterblichkeit erreichen mehr als 90 % der Frauen ein Alter von 65 Jahren, zwei Drittel werden älter als 80, ein Viertel über 90 Anteil der über 65-jährigen an der Bevölkerung beträgt 17,5 % (15 % bei den Männern und bereits 21 % bei den Frauen)

Veränderungen der Lebenserwartung in Deutschland von 1871 bis 2004

Die Altenbevölkerung Deutschlands vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2050 * * nach der mittleren Variante (5) der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (2003) 13,7 16,6 18,2 21,6 22,8 22,2 (in Mio.) Altersgruppen

Wieviele Jährige kommen in den Jahren 2000 bis 2050 auf einen über 80-Jährigen ? (Quelle: 10. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (2003), Variante 5)

Hypothetische Beziehungen zwischen Alter und Krankheit Fries (1980): „Compression of morbidity“ Es gibt eine biologische Obergrenze der menschlichen Lebenserwartung; wenn sie erreicht ist, verlängern medizinische Fortschritte nicht mehr das Leben, sondern führen zu Aufschub oder völliger Vermeidung von Krankheit und damit zur Komprimierung von Krankheiten in immer kürzere Zeitabschnitte vor dem natürlichen Lebensende Gruenberg (1977): „Failure of success“ Bekämpfung tödlicher Krankheiten erfolgreich; dadurch gelangen immer mehr in ein Alter, in dem chronische Erkrankungen auftreten; diese Kranken können dank medizinischer Fortschritte immer länger am Leben erhalten werden, doch bessert sich nicht ihr Gesundheitszustand, sondern es verlängert sich lediglich die Dauer ihrer Erkrankung; dadurch steigt die Zahl von kranken und behinderten Alten beständig an Kramer (1980) sah in den Demenzen ein Beispiel für die „Expansion der Morbidität“

Alterungsbezogene Gesundheitsrisiken Das Alter von Individuen nimmt mit dem Ablauf der Zeit linear zu, (der 60jährige wird nach Ablauf eines Jahres 61, der 90jährige 91) viele Gesundheitsrisiken wie Sterblichkeit, Pflegebedürftigkeit, chronische Erkrankungen nehmen hingegen exponentiell zu (die Wahrscheinlichkeit verdoppelt sich nach konstanten Zeitintervallen; Sterblichkeit ist hingegen mit 68 Jahren doppelt so hoch wie mit 60 und nach weiteren acht Jahren mit 76 doppelt so hoch wie mit 68). Diese Gesetzmäßigkeit wurde erstmals beschrieben von Benjamin Gompertz ( ) „force of mortality“

Sterbewahrscheinlichkeit p.a. für Männer und Frauen in Deutschland (Sterbetafel 2002/2004)

Sterbewahrscheinlichkeit p.a. für Männer und Frauen in Deutschland (Sterbetafel 2002/2004): Semilogarithmische Darstellung

Sterbewahrscheinlichkeit und Pflegerisiko in Deutschland: Männer

Sterbewahrscheinlichkeit und Pflegerisiko in Deutschland: Frauen

Prävalenz von Demenzen und kognitiven Defiziten in der Altenbevölkerung (65 +) Unbeeinträchtigt (75,2 %) Leichte kognitive Störung, keine Demenz (16,8 %) Demenz, mittelschwer oder schwer (5,7 %) Demenz, leicht (2,3 %) Quelle: Canadian Study of Health and Aging

Altersspezifische Prävalenz von Demenzen nach Feldstudien und Meta-Analysen

Demenzprävalenz bei über 100-Jährigen Ebly et al. (1994) Sobel et al. (1995) Asada et al. (1996) Ravaglia et al. (1999) Blansjaar et al. (2000) Silver et al. (2001) Andersen-Ranberg et al. (2001) Prävalenz (%) Kanada Finnland Japan Italien Niederlande USA Dänemark (Studien an über 95-Jährigen in München und Leipzig ermittelten Prävalenz von 57 %; Kliegel et al. (2004) fanden bei über 100-Jährigen in Heidelberg in 59 % GDS > 3 )

Geschätzte Zahl von demenzkranken älteren Menschen in Deutschland 2002 (Angaben in 1.000) Berechnungsbasis: Altersspezifische Prävalenzraten aus Feldstudien und Meta- Analysen Alterszusammensetzung der über 65jährigen in Deutschland Ende des Jahres 2002 Nicht berücksichtigt sind präsenile Demenzen (Prävalenz von etwa 0,1 % im Alter zwischen 45 und 64 Jahren; Krankenbestand von ca Patienten ) Schweregrad der Demenz: Rot = mittelschwer + Gelb = leicht/mittelschwer + Grün = leicht +

Geschätzte Verteilung der Demenzkranken in Deutschland zum Ende des Jahres 2002 nach Geschlecht und Alter * Altersgruppe Krankenzahl in * EURODEM-Daten; Lobo et al. (2000) Neurology 54, Suppl. 5: 4-9

Anzahl von Demenzkranken in Deutschland vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2050 * * nach der mittleren Variante der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (2003) unter Annahme gleich bleibender Erkrankungsraten (Bickel 2002) (in 1.000) Altersgruppen 

Altersspezifische Inzidenz (Neuerkrankungsrate) von Demenzen nach Feldstudien und Meta-Analysen

Altersspezifische Inzidenz von Demenzen nach Feldstudien und Meta-Analysen (semi-logarithmische Darstellung)

Geschätzte Zahl der jährlichen Neuerkrankungen an Demenz in Deutschland (in 1.000) Berechnungsbasis: Altenbevölkerung (65 Jahre und älter) zum Ende des Jahres 2002 Inzidenzstudien: Riedel-Heller et al (Leipzig) Fratiglioni et al (Europa) CSHA 2000 (Kanada) Launer et al (Europa) Gao et al (Meta-Analyse) Jorm/Jolley 1999 (Meta-Analyse) Bickel 1996 (Mannheim) 75 + Schweregrad der Demenz: Rot = mittelschwer + Grün = leicht +

Geschätzte Verteilung der jährlichen Neuerkrankungen in Deutschland nach Geschlecht und Alter * Altersgruppe Neuerkrankungen in * EURODEM-Daten; Fratiglioni et al. (2000) Neurology 54, Suppl. 5: standardisiert auf die Altenbevölkerung Ende 2002

Wohnform und gesundheitliche Lage im letzten Lebensjahr: Verteilung in % (Bickel 1996) Pflege- bedürftig Nicht pflege- bedürftig Dement Nicht dement Dement Nicht dement Alten- oder Pflegeheim20,44,70,67,4 Privat- haushalt 9,99,61,545,9 30,3 14,3 2,1 53,3 33,1 66,9

Pflegebedürftigkeit am Lebensende (Oberbayern)

Welcher Anteil der Bevölkerung würde bis zum Alter X erkranken, wenn es keine vorzeitigen Todesfälle gäbe ? Schätzungen nach Feldstudien

Krankheitsdauer: Allgemeine Resultate (I) Demenzen verkürzen die verbleibende Lebenserwartung; die Sterberaten sind im Schnitt um das 2-3-fache erhöht. Krankheitsdauer kann wenige Monate bis mehr als 20 Jahre betragen. Im Einzelfall ist eine Vorhersage der Dauer nicht möglich; spezifische Symptome sind ohne hohe Vorhersagekraft; prognostisch bedeutsam sind die selben Faktoren wie in der Allgemeinbevölkerung (höheres Alter, männliches Geschlecht, somatische Begleiterkrankungen).

Krankheitsdauer: Allgemeine Resultate (II) Die häufig genannte Durchschnittsdauer von 6-9 Jahren trifft vor allem auf relativ frühe Erkrankungen zu, überschätzt aber die Dauer der großen Mehrheit von Demenzen Faustregel: Mittlere Überlebenszeit verringert sich mit jedem Jahrzehnt Unterschied im Erkrankungsalter um etwa 2 Jahre: 10 Jahre bei präsenilem Beginn 8 Jahre mit 65 6 Jahre mit 75 4 Jahre mit 85 2 Jahre mit über 90

Krankheitsfolgen: Versorgung in Alten- und Pflegeheimen (I) Demenzen sind an rund der Hälfte der Fälle von Autonomieverlust und Pflegebedürftigkeit im Alter beteiligt % aller Kranken mit fortgeschrittener Demenz verbringen ihre letzte Lebenszeit in einem Heim; nur durchschnittlich ein Viertel kann bis zum Lebensende im Privathaushalt versorgt werden Sowohl Merkmale des sozialen Umfelds als auch Merkmale der Erkrankung (Verhaltensstörungen, Aggressivität, Inkontinenz) wirken sich auf die Wahrscheinlichkeit einer Heimunterbringung aus

Krankheitsfolgen: Versorgung in Alten- und Pflegeheimen (II) Rund zwei Drittel der Pflegeheimbewohner in Deutschland leiden an einer Demenz In den letzten Jahrzehnten hat dieser Anteil dementer Heimbewohner kontinuierlich zugenommen Die mittlere Aufenthaltsdauer eines Demenzkranken im Heim beträgt etwa 3 Jahre Der Versorgungsbeitrag der Heime steigt mit zunehmendem Schweregrad der Demenz

Anteil (%) der in Heimen versorgten Demenzkranken nach dem Schweregrad

Kostenschätzungen

Resultate internationaler Kostenschätzungen zur Demenz Spanne der Kostenschätzungen reicht von bis US-Dollar pro Jahr und Patient Mit steigendem Schweregrad der Demenz nehmen die Kosten steil zu Indirekte Kosten machen den größten Teil der Gesamtkosten aus (Betreuungsaufwand der Angehörigen) Der Löwenanteil der direkten Kosten (55-75%) entfällt auf die institutionelle Langzeitversorgung; Kosten für Diagnostik und medikamentöse Behandlung belaufen sich auf 2-3 % der Gesamtkosten

Durchschnittliche Gesamtkosten pro Jahr für einen Patienten mit Alzheimer-Krankheit (nach Hallauer et al. 2000) Krankenversicherung EUR 1.100,- Pflegeversicherung EUR ,- Aufwendungen der Familie EUR ,- davon direkte Kosten ca. EUR 1.890,- indirekte Kosten (Zeitaufwand) EUR ,- Gesamtkosten EUR ,- Ausgabenwirksame Gesamtkosten EUR ,-

Krankheitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes für das Jahr ,5 Mrd. EUR an Krankheitskosten entfielen auf Diagnosen F00-F03 und G30-G32 Kostenverteilung: % -Arztpraxen 2,2 -Apotheken 3,6 -Krankenhäuser 4,9 -Ambulante Pflege 13,0 -Stationäre, teilstationäre Pflege 62,1

Gesundheitsausgaben für die niederländische Altenbevölkerung nach Diagnosegruppen (Meerding et al. (1998) British Medical Journal 317, ) % der Gesamtkosten

Zusammenfassung (I) Mehr als 1 Mio. Demenzkranke derzeit in Deutschland Jährlich mehr als Ersterkrankungen Jeder dritte ältere Mensch entwickelt eine Demenz, Tendenz steigend aufgrund zunehmender Lebenserwartung Steil zunehmender Krankenbestand in Folge der demographischen Entwicklung (Zunahme um > Fälle pro Jahr) Teuerste Krankheitsgruppe im höheren Lebensalter Wichtigste Ursache von Pflegebedürftigkeit und Heimeintritt

Zusammenfassung (II) 90 % der häuslich Pflegenden sind Kinder oder Ehepartner; Wegfall von Pflegepersonen droht aufgrund von Kinderlosigkeit, geringerer Kinderzahl, wachsender Mobilität der Nachkommen, steigenden Scheidungsraten Steigender Bedarf an kostenintensiver stationärer Pflege Bisher keine Hinweise auf rückläufiges Erkrankungsrisiko Möglicherweise sogar Anstieg der Krankheitsdauer und dadurch Anstieg der Zahl von zu versorgenden Kranken

Ausblick Es bedarf eines Prozesses der Bewußtwerdung; die schwierigen Jahrzehnte stehen uns noch bevor Demenzen spielen eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der zahlreichen Alterungsprobleme unserer Gesellschaft Belastungen werden nicht explosionsartig auftreten, sondern in der Form einer kontinuierlichen Zunahme

Ausblick Fortschritte in Prävention und Behandlung sind dringend erforderlich Weitere Personenkreise müssen an die Pflege und Betreuung herangeführt werden (soziales Jahr, evtl. Einbindung älterer Menschen in die Versorgung)

Ausblick Bedarf an professioneller Hilfe wird steigen; Ausbildung von Pflegekräften muss forciert werden; Wachsamkeit gegenüber einem Absinken der Pflegequalität ist geboten In 10 bis 15 Jahren wird wieder ein Schub von Neuerkrankungen erfolgen; die verbleibende Zeit muss genutzt werden; Rahmenbedingungen werden eher ungünstiger werden (können wir z.B. auf Kosten von Pflegerinnen aus Osteuropa unsere Pflegeprobleme lösen?) Staat und Kommunen dürfen sich keinesfalls ihrer Verantwortung durch Privatisierungen entledigen

Ausblick Verteilungsauseinandersetzungen werden schärfer werden Konflikte entlang der Bruchlinien: Alt – Jung Kinderlose – Ältere mit Nachkommen Arm – Reich Deutschstämmige - Zuwanderer

Ausblick Bewältigung setzt materielle und gedankliche Vorbereitung auf die kommenden Belastungen voraus Wir benötigen - wirtschaftliche Stabilität - medizinischen Fortschritt - und die Fähigkeit, das eigene Alter mit seinen Zumutungen und Gebrechen zu antizipieren, wenn wir die kommenden Herausforderungen erfolgreich bestehen wollen