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Odenwald-Akademie, 17.2.2011 Bundesrepublik Deutschland und Israel: Einschränkungen politischer Freiheit im Vergleich 27. März 2017 | Institut für Politikwissenschaft.

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1 Odenwald-Akademie, Bundesrepublik Deutschland und Israel: Einschränkungen politischer Freiheit im Vergleich 27. März 2017 | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen| 1 27. März 2017 |

2 I. Äußerungs- und Parteiverbote: Paradoxien der Demokratie
Gliederung I. Äußerungs- und Parteiverbote: Paradoxien der Demokratie II. Entwicklung von Parteiverboten in der Bundesrepublik: 3 Paradigmen III. Entwicklung von Parteiverboten in Israel: 3 Gründe IV. Vergleich Eine kurze Vorbemerkung. Ich freue mich, dass ich heute vor diesem Kreis einige Forschungsergebnisse vortragen darf, und danke Andreas Hoppe und Dirk Reitz sehr herzlich für die freundliche Einladung. Gleichzeitig muss ich gleich zu Anfang versuchen, Ihre Erwartungen zu dämpfen, denn ich bin keineswegs ein Kenner des Nahostkonflikts. Das Thema, das ich Ihnen heute vorstelle, resultiert aus einer mehrjährigen Beschäftigung mit Grenzen politischer Freiheit, insbesondere mit Verboten politischer Parteien. Ich habe mich aber bisher nicht speziell mit dem Nahen Osten beschäftigt und werde dies erst, falls ein eingereichter Forschungsantrag erfolgreich ist, ab dem kommenden Jahr tun können. Dennoch habe ich die Gelegenheit gern ergriffen, um eine explorative Studie zu Einschränkungen der Assoziationsfreiheit in Israel, wie vorläufig auch immer zu erstellen, die ich Ihnen heute vorstellen möchte. 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 2 27. März 2017 |

3 Freie und gleiche Beteiligung an der Gesetzgebung
I. Demokratie Freie und gleiche Beteiligung an der Gesetzgebung Politische Gleichheit Politische Freiheit (Autonomie) In modernen Staaten: vermittelt durch Parteien und die politische Öffentlichkeit, daher: Fundamentaler Status von politischer Rede- und Assoziationsfreiheit Keine themen- und standpunktbasierten Einschränkungen der Redefreiheit Recht, Parteien zu gründen und ihnen beizutreten Chancengleichheit politischer Parteien 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 3 27. März 2017 |

4 Verfassungsgrundlagen im Westen
U.S.-amerikanisches libertäres Modell „Congress shall make no law ... abridging the freedom of speech and of the press“ (1. Zusatzartikel zur U.S.-Verf.) vs. Kontinentaleuropäisch-protektionistisches Modell Grundgesetz und Verfassungsrechtsprechung der BRD Grundgesetz und Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Israel Europäische Menschenrechtskonvention UN-Menschenrechtserklärung UN-Pakt über bürgerliche und soziale Rechte 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 4 27. März 2017 |

5 Einschränkungen politischer Freiheit als Paradoxien der Demokratie:
Wo das Verfassungsrecht politische Äußerungs- und Assoziationsfreiheit beschränkt, „beschneidet es die Möglichkeit, die von der Demokratie geforderte Offenheit der Zukunft mitzugestalten. In dem Ausmaß, wie das Recht festlegt, wie die Zukunft aussehen soll, reduziert es autonome Bürger zu heteronomen Untertanen.“ (Post 2003) 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 5 27. März 2017 |

6 II. Bundesrepublik Deutschland, Grundgesetz Art. 21
(1) ... innere Ordnung [der Parteien] muss demokratischen Grundsätzen entsprechen ... (2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Außerdem gefordert: Die innere Ordnung der Parteien muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. (Art. 21.1) 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 6 27. März 2017 |

7 Fälle in der Bundesrepublik
Verbot der Sozialistischen Reichspartei (SRP) 1952 Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) 1956 Verbotsantrag gegen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD), abgewiesen 2003 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 7

8 Paradigmen des Parteiverbots in der Bundesrepublik
Anti-Extremismus Verbot der früheren Regierungspartei Zivile Gesellschaft (Niesen 2002) 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 8

9 1. Paradigma: Anti-Extremismus
Schaltet Parteien aus, die auf legalem Weg an die Macht kommen, um dann den demokratischen Prozess des Machtwechsels anzuhalten Links-rechts-Symmetrie. „Äquidistanz“ zwischen Links- und Rechtsextremismus KPD-Verbot identifiziert substantielle Merkmale der Demokratie (fdGO) Politikwissenschaftliche Extremismusforschung übernimmt diese Kriterien Prinzipielle Unabhängigkeit von „realer Gefahr“ Problem: Demokratieschutz gegen kleine Parteien (<1,5 %) unplausibel 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 9 27. März 2017 |

10 2. Paradigma: Verbot der früheren Regierungspartei
SRP-Urteil beruht auf der „Wesensverwandtschaft“ der Partei mit der NSDAP (-> NPD??) (Leggewie/Meier 1995) Analogien mit anderen Fällen demokratischer Transformation. Italien 1948, Polen 1997, Ruanda 2003 Prinzipielle Unabhängigkeit von „realer Gefahr“ für das politische System Eng umschriebene Ausnahme von „offener Zukunft“ (Post) Kommentar zu Italien: Neofaschistische MSI, heute Alleanza Nazionale, nie verboten: nicht identisch im Sinn der Wesensverwandtschaft. 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 10 27. März 2017 |

11 3. Paradigma: Zivile Gesellschaft
NPD-Verbotsantrag des Dt. Bundestages 2001 „Klima der Angst“ „Aufruf zum Hass“ Aufruf zur Diskriminierung; Herabwürdigung, Missachtung „reale Gefahr“ liegt in der Zerstörung ziviler Beziehungen zwischen den Bürgern 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 11 27. März 2017 |

12 Parteiverbote heute, weltweit: Empirische Trends
Terror und Militanz (Batasuna (Spanien)) Sezession (MAIB (Äquatorialguinea), SCNC (Kamerun)) Islamismus (Refah (Türkei), Vereinsverbot Kalifatstaat (BRD), Muslimbruderschaft (Ägypten), ...) Kriminelles Vorgängerregime (Baath (Irak), MDR (Ruanda)) Verbote ethnischer und anderer partikularistischer Parteien (MASSOB (Nigeria), MDR (Ruanda)) (Thyssen-Projekt „Parteiverbote in Afrika“ an der TUD, , Lehrforschungsprojekt TUD , Basedau et al. 2007, Niesen 2008, Rosenblum 2007/8) Afrika in einem Projekt der Thyssen-Stiftung, global Lehrforschungsprojekt des Bachelorjahrgangs 2005 Sezession: ethnische oder linguistische Basis. Ethnisch: The MAIB in the island of Bioko, who want to secede from Equatorial Guinea represent the ethnic Bubi group. They were banned in 1994 and, again, in The MASSOB in Nigeria, who aim at the independence of Biafra and were banned in 2004, understand themselves as an Igbo group.[1] Sometimes separatist parties operate on a linguistic basis, like the SCNC in English speaking South Cameroon. The party was refused registration in [1] Another example, though a less clear one, is the ban on the United Democratic Party (UDP), founded in the Caprivi region, Namibia, 2006, for secessionist agitation. 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 12 27. März 2017 |

13 Vorbemerkung: Nichtregistrierung als Parteiverbot
III. Israels „defensive Demokratie“ I: Existenzrecht als Staat des jüdischen Volkes Vorbemerkung: Nichtregistrierung als Parteiverbot Zweistufiges Verfahren: Wahlkommission Oberster Gerichtshof Unabhängigkeitserklärung (1948): Gründung Israels als Staat des jüdischen Volkes 1965 „Sozialistische Liste“/El-Ard Nicht registriert wegen staatsfeindlicher Kandidaten, die „das Existenzrecht Israels bestreiten“; Oberster Gerichtshof bestätigt die Nichtregistrierung „defensive Demokratie“ ist kein wohldefinierter Ausdruck, im Gegensatz zur „streitbaren Demokratie“, für die das deutsche Modell steht, und die durch die Vorverlegung des Demokratieschutzes gegenüber nicht-gewalttätige Parteien gekennzeichnet ist, die Wahlen und parlamentarische Aktivitäten für ihre anti-demokratischen Ziele verwenden. El-Ard verbotener Verein, der subversiv gegen den Staat Israel tätig war. Wahlkommission registriert nicht wegen Mitgliedschaft der Kandidaten in der El-Ard (ohne gesetzliche Grundlage dafür zu haben); Oberster Gerichtshof bestätigt diese Entscheidung (im Rekurs auf überpositives ungeschriebenes Recht). Dennoch Ausnahmecharakter: ganze Liste von Staatsfeinden. „terroristische Aktivitäten unterstützen“, genauer: „bewaffneten Kampf eines feindlichen Staates oder einer terroristischen Organisation gegen Israel unterstützen“ 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 13 27. März 2017 |

14 1985 Grundgesetzänderung (Knesset)
Israels „defensive Demokratie“ II: Rassismus, Verfolgung anti-demokratischer Ziele 1984 Kach-Partei Zunächst nicht registriert wegen rassistischem Wahlprogramm (Deportation arab. Israelis); Oberster Gerichtshof macht die Entscheidung rückgängig: Nichtregistrierung nur in Fällen sehr wahrscheinlicher Gefahr. 1985 Grundgesetzänderung (Knesset) Abschnitt 7A: An Parlamentswahlen dürfen Listen nicht teilnehmen, deren Ziele und Handlungen den Charakter des Staates Israel als jüdischer Staat oder den Charakter des Staates Israel als demokratischer Staat bestreiten oder Aufstachelung zum Rassenhass (Volksverhetzung) betreiben. Dass eine Liste nicht registriert werden kann, wenn sie „den Charakter des Staates Israel als jüdischer Staat bestreitet“ hieß zumindest laut dem im Jahr 2001 Vorsitzenden der Wahlkommission, Richter Mishael Heshin, nicht, dass eine Arabische Liste, die den Staat Israel in einen Staat für alle seine Bürger umwandeln will, nicht zu Wahlen zugelassen würde. Ami Pedazhur, The Israeli Response to Jewish extremism and violence 172. Aufstachelung zum Rassenhass erschöpft sich nicht in „predigen“ oder „befürworten“ (Cohen-Almagor 1997, 92) #Ziele der Kach-Partei: Deportation aller nichtjüdischen Israeli. 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 14 27. März 2017 |

15 Hebron-Massaker 1994: Verbot der Kach-Organisation und Kahane Chai
Israels „defensive Demokratie“ II: Rassismus, Verfolgung anti-demokratischer Ziele 1988/1992 Kach-Partei und Splittergruppe Kahane Chai von der Registrierung ausgeschlossen (rassistisch, anti-demokratisch). „Demokratische“ Ultrarechte Modelet nicht ausgeschlossen. Hebron-Massaker 1994: Verbot der Kach-Organisation und Kahane Chai Hebron-Massaker folgt den Osloer Verhandlungen zwischen Israel und der PLO. Am 25. Februar 1994 drang Dr. Baruch Goldstein, 3. auf der Kandidatenliste der Kach-Partei für die bevorstehende Knesset-Wahl, in eine Moschee in Hebron ein und erschoss kaltblütig 29 Menschen. Am 13. September 1994 verbot die Regierung auf der Basis einer Anti-Terror-Verordnung die Kach-Partei und Kach lebt. Das richtet sich eindeutig gegen die Kach als gewaltanwendende Organisation und ist als strafrechtliche Maßnahme, nicht als eine der politischen Justiz. 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 15 27. März 2017 |

16 Kontroverse Rechtsprechung: „reale Gefahr“ spielt eine Rolle für das Kriterium „Bestreitung des demokratischen Charakters des Staates Israel“, nicht aber für das Kriterium „Aufstachelung zum Rassenhass“ Literatur: sollte keine Rolle spielen. „[T]he issue of defending democracy is a matter of moral principle rather than contingent on the level or the proximity of the danger.“ (Cohen-Almagor 1997, 75) 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 16

17 Israels „defensive Demokratie“ III: Unterstützung des Terrorismus
Zweite Intifada Dr. Azmi Bishara, MdK, spricht sich 2001 in Syrien für den bewaffneten Kampf der Hisbollah aus. 2002 Grundgesetzänderung (Knesset) Abschnitt 7A: An Parlamentswahlen dürfen Listen nicht teilnehmen, deren Ziele und Handlungen 4. (Ergänzung:) terroristische Aktivitäten unterstützen 2003 Balad-Partei „Nichtanerkennung des Staates Israel und Unterstützung militärischer Feinde oder terroristischer Organisationen“ Oberster Gerichtshof verwirft die Nichtregistrierung (aus Mangel an Beweisen) Unterscheidung „militärischen“ und „terroristischen“ Vorgehens: militärische Gewalt versucht, die Systemveränderung durch Gewalt herbeizuführen. Terroristische Gewalt versucht, Angst zu schüren und dadurch die Systemveränderung herbeizuführen. 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 17 27. März 2017 |

18 Israels „defensive Demokratie“ III/2: Unterstützung des Terrorismus
2009 Balad, Vereinigte Arabische Liste (Ra'am Ta'al) Ausschluss von der Parlamentswahl am 10. Februar. Die Parteien „seien nicht bereit, den israelischen Nationalstaat anzuerkennen, sie würden zudem zu einem ‚bewaffneten Kampf‘ gegen Israel aufrufen.“ (FAZ v ) Oberster Gerichtshof verwirft Nichtregistrierung. Auch Vertreter der Arbeiterpartei haben der Nichtregistrierung am zugestimmt. Die Staatsanwaltschaft riet der Wahlkommission ab: die Beweislage sei noch dünner als 2003. 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 18 27. März 2017 |

19 Was heißt „Unterstützung“?
Spanien (lex Batasuna) Gewaltanwendung ermutigen oder dazu beitragen Finanzielle und logistische Hilfe für Terrororganisationen Ausdrückliche oder stillschweigende Legitimation, z.B. durch Gebrauch von Symbolen terrorist. Organisationen Erzeugung eines Klimas der Konfrontation und Einschüchterung Nichtverurteilung von terroristischen Aktivitäten Israel Im Verfassungsrecht: starke Nachweise für Kollaboration erforderlich Im Strafrecht: Unterstützung kann auch durch Billigung erfolgen -> Inkriminierung von Äußerungen. (Navot 2008) Verfassungsrechtsprechung zur „Unterstützung“ Wahlprogramm hat Beweiskraft (wie in der BRD) Aktivitäten, die Ziele tatsächlich umzusetzen, müssen nachweisbar sein (keine bloß „philosophische“ Feindschaft, analog der „aggressiv kämpferischen“ Haltung, die in der BRD notwendig ist): „defensive Demokratie“ wendet sich nur gegen Handlungen, nicht Meinungen (Navot) Beteiligung an terroristischen (gewaltsamen) Aktivitäten hinreichender Grund „Unterstützung: finanziell oder politisch (Legitimationstätigkeit) „Unterstützung“ im strafrechtlichen Sinn liegt bereits vor, wenn man öffentlich eine feindliche Fahne schwenkt 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 19 27. März 2017 |

20 Exkurs: Parteiverbot in Palästina
Hamas 2003: Internationale Ächtung auch des politischen Zweigs der Hamas (EU, USA, etc.) „Terroristische Organisation“ Einfrieren von Konten Verbot von Werbung und Unterstützung (BRD: al-Aqsa 2002) – weicht auf in Bezug auf die Verwendung von Symbolen bei Demonstrationen, Hamas 6/2007: Präsident Abbas verbietet den militärischen (nicht den politischen) Arm (Notstandsregierung) Theoretisch zunächst uninteressant, weil eindeutiger Gewalteinsatz der Hamas in der innenpolitischen Auseinandersetzung. Verbot natürlich berechtigt. Frage, ob alle Verbote gewaltsam agierender Parteien klug sind; Beispiel Sinn Fein (deren Bezug zum militärischen Arm der IRA nicht ganz so unmittelbar ist wie in der Hamas). Hier wäre es im Friedensprozess möglicherweise kontraproduktiv gewesen, die Sinn Fein zu verbieten (und auch die Forderung nach Abgabe aller Waffen der IRA durch die Unionisten drohte den Prozess zum Scheitern zu bringen). Unklug wäre es vor allem gewesen, weil die katholische Bevölkerung keine alternative Repräsentation hatte. Dies scheint für die Palästinenser auf den ersten Blick nicht zuzutreffen, aber ich bin kein Experte. 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 20 27. März 2017 |

21 Ende des Exkurses. Zusammenfassung:
Gründe für Parteiverbote in Israel El-Ard: illegale Organisation, bestreitet das Existenzrecht Israels Kach-Partei 1988ff.: Rassismus, theokratische Orientierung Balad-Partei 2003: Unterstützung terroristischer Organisationen (aufgehoben) Balad-Partei, Ra‘am Ta‘al 2009: Bestreitung des Status Israels als jüdischer Staat, Aufruf zur Gewalt, Unterstützung von Terrorismus (aufgehoben) 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 21

22 Klassifikationsvorschlag (Rosenblum 2007) und die israelischen Fälle
Unterstützung von Terrorismus (Balad, Kach) Volksverhetzung (incitement to hate/racism) (Kach) Gefahr für die politische Identität (El-Ard, zahlreiche Anträge gg. arabische Parteien) Steuerung aus dem Ausland (Balad) 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 22 27. März 2017 |

23 IV. Vergleich Israel – BRD 1/4
Nichtregistrierung statt Auflösung Bei Teilnahme an Wahlen Bei der Gründung (Parteigesetz v. 1992) Verbot nur als illegale Organisation (Strafrecht) 2. Keine Notwendigkeit einer intern demokratischen Organisation in Israel Nichtregistrierung nur letztes Mittel; Israel ist defensive Demokratie „nur auf dem Papier“ (Navot 759) Nachweis von Tätigkeiten erforderlich, nicht nur Meinungen -> Respektierung der Assoziationsfreiheit bei gleichzeitiger Einschränkungsfähigkeit der Partizipationsfreiheit (Fox/Nolte 1995) „theoretically there is no significant difference between the approaches adopted by the Israeli Supreme Court, the Spanish Court and the German Court – and even by the European Court of Human Rights“ Navot 758 Falsch auf mehreren Ebenen. Europäischer Gerichtshof unterscheidet sich vom dt. Fall durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip (u.a. muss ein Verbot „notwendig in einer demokratischen Gesellschaft“ sein, was KPD-Verbot und NPD-Verbot wohl nicht waren/gewesen wären). Auch Pedazhur sieht Israel, was die rechtliche Reaktion auf Extremismus angeht, auf dem Weg von der streitbaren zu einer „immunisierten“ Demokratie Israel lässt in der Knesset repräsentierte Parteien nicht beobachten (Pedazhur 182) Strukturelle Nachteile kleiner Parteien: 5 % vs. 1,5 % Klausel 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 23 27. März 2017 |

24 3. Politisierung der Erstentscheidung
Vergleich 2/4 3. Politisierung der Erstentscheidung Israel: Verbotsanträge und –entscheidungen aus politischen Gründen im Vorfeld von Wahlen wahrscheinlich. Ad hoc-Entscheidungen wenige Tage vor der Wahl. Bundesrepublik: Verbotsanträge aus politischen Gründen nicht unwahrscheinlich, aber sehr langfristige Bearbeitung, ungewisser Erfolg, hohe Reputationskosten. 4. Verwerfung politisch motivierter Anträge vor dem Obersten/Verfassungsgericht wahrscheinlich In beiden Staaten 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 24

25 5. Vorgehen gegen kleine (<1,5%) Parteien
Vergleich 3/4 5. Vorgehen gegen kleine (<1,5%) Parteien unwahrscheinlich in Israel nicht unwahrscheinlich in der BRD trotz 5%-Klausel 6. Beobachtung durch den Verfassungsschutz/Geheimdienst In der BRD stets möglich, auch in Kombination mit Verbotsverfahren: rechtsstaatlich problematisch In Israel illegal im Falle von Parlamentsangehörigen. Dennoch starke Aktivität des Staatsschutzes. Links/Rechts-“Äquidistanz“ (Anti-Extremismus) Israel: Taktische Komplementarität von Verbotsanträgen. BRD: Bundesregierung beantragt innerhalb von 3 Tagen SRP-Verbot und KPD-Verbot (1951) Ad 1: Wahlkommission lässt Kach-Partei (religiöse Ultrarechte) und PLP (PLO-nah) nicht zu. . Für die BRD gilt es zumindest in der Frühphase. Ad 2: Scheitern des NPD-Verbotsverfahrens 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 25 27. März 2017 |

26 8. Modernisierung gegen neue Herausforderungen
Vergleich 4/4 8. Modernisierung gegen neue Herausforderungen BRD: Wiederbelebung des anti-extremistischen Paradigmas gegen islamistische Gruppen. Israel I: „Extremismus“-Idee spielt eine wichtige Rolle in der Bekämpfung von Parteien, die den demokratischen Charakter des Staats Israel bedrohen. Israel II: Idee des Verbots einer vormals dominanten Partei nicht nachzuweisen. Stattdessen spielt die Anerkennung Israels als jüdischer Staat eine (potentiell) repressive Rolle Israel III: Rassismus, Unterstützung von Terrorismus: gleichzeitig sparsamere, genauere und aktuellere Zielvorgabe. Keine Politik auf der Basis von Herabwürdigung und Angst (->Zivile Gesellschaft) Anti-Totalitarismu Im Gegensatz zur BRD spielt tatsächliches Bedrohungspotential eine entscheidende Rolle 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 26 27. März 2017 |

27 Demokratie, Autonomie und offene Zukunft
BRD und Israel: keine gewaltsame/ auf die Erzeugung von Angst gegründete Veränderung des politischen Systems BRD: substantielles Demokratiekonzept (fdGO) Israel: weniger substantielles Demokratiekonzept mit zwei Ausnahmen Charakter Israels als jüdischer Staat (bisher nur potentiell restriktiv) Antirassismus (restriktiv) „Staat Israel als jüdischer Staat“ hat bisher keine Rolle gespielt in Parteiverboten (Ausnahme: Nichtregistrierung der El-Ard). 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 27 27. März 2017 |

28 Literatur 1/2 Basedau, Matthias, Matthijs Bogaards, Christof Hartmann und Peter Niesen (2007), „Ethnic Party Bans in Africa: A Research Agenda“, German Law Journal 8, 617–34. Cohen-Almagor, Raphael (1997), „Disqualification of Political Parties in Israel“, Emory International Law Review 11, Fox, Gregory H./Georg Nolte (1995), “Intolerant Democracies", Harvard International Law Journal 36, 1, 1-70. Leggewie, Claus/Horst Meier (1995), Republikschutz. Hamburg. Navot, Suzie (2008), “Fighting Terrorism in the Political Arena: The Banning of Political Parties”, Party Politics 14, Niesen, Peter (2002), “Anti-Extremism, Negative Republicanism, Civic Society: Three Paradigms for Banning Political Parties”. German Law Journal 3, 6, 1-46. Niesen, Peter (2008), „Demokratieerhalt durch Parteiverbot? Das Fallbeispiel Ruanda“, Zeitschrift für Menschenrechte 2,1, 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 28

29 Literatur 2/2 Pedahzur, Ami (2002), The Israeli Response to Jewish extremism and violence, Manchester. Post, Robert C. (2003), „Redefreiheit, Menschenwürde und Demokratie“, in G. Frankenberg/P. Niesen (Hg.), Bilderverbot. Münster. Rosenblum, Nancy L. (2007), “Banning Parties: Religious and Ethnic Partisanship in Multicultural Democracies”, Journal of Law & Ethics of Human Rights 1, 1, 17-75 Rosenblum, Nancy L. (2008), On the Side of the Angels. An Appreciation of Parties and Partisanship, Princeton. 27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 29

30 Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
27. März | Institut für Politikwissenschaft | Prof. Dr. Peter Niesen | 30 27. März 2017 |


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