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HS Iberoromanische Prosodie
Selting, Margret: „Prosodie im Gespräch“ Manuela Kolb Sommersemester 2004
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Margret Selting Uni Bielefeld: Studium der Linguistik, Anglistik, Sozialwissenschaften, Philosophie und Pädagogik Dissertation: empirische Analyse von Verständigungsproblemen zwischen Klienten und Sachbearbeitern in der Bürger-Verwaltungs-Kommunikation Habitilationsprojekt: empirische Untersuchung der Rolle der Prosodie, insbesondere der Intonation, für die Organisation von Alltagsgesprächen Seit 1994 Professorin für Germanistik mit dem Schwerpunkt Kommunikationstheorie und Linguistik an der Uni Potsdam
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Prosodie im Gespräch Gegenstand: Prosodie in Alltagsgesprächen
Basiert auf der empirischen Analyse eines Korpus „echter“ natürlicher Alltagsgespräche Nordwestdeutsche Varietäten des Deutschen Ziel: Analyse der Rolle der Prosodie bei der Organisation der alltäglichen Konversation
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Prosodie Oberbegriff für diejenigen Aspekte der Rede, die sich aus dem Zusammenspiel der akustischen Parameter Grundfrequenz (F0), Intensität und Dauer in silbengroßen oder größeren Domänen ergeben.
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Prosodie Dazu gehören auditive Phänomene wie Intonation, d.h. der Tonhöhenverlauf gesprochener Sprache in der Zeit, Lautstärke, Länge, Pause, sowie die damit zusammenhängenden komplexeren Phänomene Sprechgeschwindigkeit/Tempo und Rhythmus
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Prosodie im Gespräch Methodische Analyse basiert auf dem Verfahren der ethnomethodologischen Konversationsanalyse Verbindung von phonologischer Analyse und interpretativer/interaktionistischer Methodologie interaktionale „Phonologie der Konversation“
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Inhalt der Arbeit 1. Kapitel: Zielsetzung und Methodologie der interaktionalen Phonologie der Konversation 2. Kapitel: Untersuchung der prosodischen Struktur der Turnkonstruktionseinheit und des Turns (Fortsetzung, Abbruch+Neubeginn, …) 3. Kapitel: „Prosodie konversationeller Fragen“ – Untersuchung der Beziehung zwischen Grammatik und Prosodie 4. Kapitel: Prosodie des Erzählens und Argumentierens in Alltagsgesprächen
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Definition: „Turn“ turn = Gesprächsbeitrag
> Grundeinheit des Geprächs turn-taking = Sprecherwechsel > grundlegende Organisationsgröße
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Ziele und Aufgaben Gegenstand: Prosodie im Gespräch
Prosodie = Aspekte aus dem Zusammenspiel der akustischen Parameter Grundfrequenz, Intensität und Dauer Auditive Phänomene: Intonation, Lautstärke, Länge von Segmenten, Sprechgeschwindigkeit, bzw. Tempo, Rhythmus und Pausen Ziel: Analyse der Rolle der Prosodie bei der Organisation der alltäglichen Konversation
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Wichtigste Kennzeichen sprachlicher Äußerungen in Gesprächen
Sie sind an Turns gebunden, in denen sie vorkommen Sie sind von vorangegangenen Äußerungen geprägt, haben sequentielle Implikationen für nächste Äußerungen, treten also nicht isoliert auf Sie sind immer im Hinblick auf die Bedürfnisse ihres konkreten Empfängers gestaltet Sie sind Produkte eines störanfälligen Systems, das Reparaturen an Ort und Stelle erforderlich machen kann
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Ziel einer interaktional-phonologischen Analyse
Beschreibung der prosodischen Parameter, die in natürlichen Gesprächen zur Turnkonstruktion und zur Gesprächsorganisation verwendet werden.
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Interaktive Aufgaben Konstruktion von Turnkonstruktionseinheiten und Turns Organisation des Sprecherwechsels Konstitution interaktiv relevanter Aktivitätsgruppen Analyse der Rolle der Prosodie für die Signalisierung kohäsiver Beziehungen zwischen Aktivitätsteilen und Aktivitäten und für die Herstellung von Interaktionsstilen
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Prosodische Parameter
Diese werden als Kontextualisierungshinweise aufgefasst, d.h. als Signale, die die für die Interpretation einer gegebenen Aktivität relevanten Interpretationsrahmen verfügbar machen und nahelegen Die durch prosodische Signale nahegelegten Interpretationsrahmen beziehen sich auf die „Schemata auf 5 Ebenen“ (vgl. Auer)
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Schemata auf 5 Ebenen Generelles Schema des fokussierten Interagierens
Schemata des „turn-taking“ (Rezipient, Zuhörer, Sprecher, Adressat) Handlungsschemata Thematische Schemata Beziehungsschemata
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Interaktive Problemstellungen
Reden wir (gerade) miteinander? Wer spricht (gerade) mit wem? Was tun wir (gerade)? Worüber sprechen wir (gerade)? Wie stehen wir (gerade) zueinander?
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Untersuchung von M. Selting
Gesprächsdaten in Tonstudioqualität (allerdings reduzierte „Natürlichkeit“ der Gespräche) 4 Gespräche à 2 Stunden mit drei Teilnehmenden im Tonstudio der Uni Oldenburg Gesprächsteilnehmer sind gebürtige Norddeutsche SprecherInnen verwenden eine nordwestdeutsche Varietät des Deutschen Zwei TeilnehmerInnen kennen sich und sollen die dritte Person, bzw. sich gegenseitig beim Kaffee trinken kennenlernen
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Beschreibungskategorien
Auswahl der Beschreibungskategorien: Akzentprototypen: fallend, steigend und gleichbleibend Problem der Wahrnehmung und Interpretation Jede Einzeltranskription wurde entweder 2x unabhängig voneinander von Fr. Selting oder von Fr. Selting und einer anderen Transkribentin unabhängig voneinander transkribiert + 3. Durchgang für die Endversion
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Struktur der Intonationskontur
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Vorläufe (immer vor der „( )“ Klammer)
\ = fallend / = steigend – = gleichbleibend <u> = upstep beim Beginn einer neuen Einheit <d> = downstep beim Beginn einer neuen Einheit <c> = continuance, d.h. Tonhöhenfortsetzung <h> = hoher Vorlauf <t> = tiefer Vorlauf = = schneller Anschluß der Folgeeinheit
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Globaltonhöhenverläufe (immer vor der „( )“ Klammer notiert
F, S, H, M, T ( ) = Angabe des globalen Tonhöhenverlaufs (F=fallend, S=steigend, H=hoch, M=mittel, T=tief) H,F ( ) = Kombination von globalen Angaben [ ( ) ( ) ] = zusammengesetzte Kontur mit nur schwachen/keinen internen Grenzen zwischen unterschiedlichen Globalverläufen ( < > ) = „eingefügte“ Kontur/Redepassage, nach der die vorherige Kontur wiederaufgenommen wird
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Akzent(proto)typen \ = fallender Akzent, bei dem ein Tonhöhengipfel im Silbenkern, bzw. kurz davor liegt und die Tonhöhe im Rest der Silbe, bzw. des Wortes und der restlichen Akzenteinheit fällt / = steigender Akzent, bei dem ein Tonhöhental im Silbenkern, bzw. kurz davor liegt und der Rest der Silbe, bzw. des Wortes und der restlichen Akzenteinheit steigt \/ = fallend-steigender Akzent /\ = steigend-fallender Akzent
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Akzentmodifikationen
↑\ = lokal größere Tonhöhenbewegung bei einem Akzent, höherer Gipfel als bei den umliegenden Akzenten ↓ = lokal kleinere Tonhöhenbewegung ↑– = lokale Tonhöhensprünge zu hohen gleichbleibenden Akzenten ↓– = lokale Tonhöhensprünge zu tiefen gleichbleibenden Akzenten \_ = nach ganz tief fallende Tonhöhenbewegung … = Folge von schwachen Akzenten, bzw. unakzentuierten Silben
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Sonstige Parameter ( ) = geben die Länge der Akzentsequenz an
Akzente können unterschiedlich stark sein und sie können durch lokale Tonhöhenvariationen modifiziert und markiert werden: - Akzentnotation mit FETTEN GROSSBUCHSTABEN in der Textzeile zeigt primäre Akzente einer Einheit an, nur GROSSBUCHSTABEN hingegen schwächere sekundäre Akzente
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Prosodische Parameter
<f> = forte, laut; <ff> = sehr laut <p> = piano, leise; <pp> = sehr leise <all> = allegro, schnell <l> = lento, langsam <cresc> = crescendo, lauter werdend <dim> = diminuendo, leiser werdend <accel> = accelerando, schneller werdend <rall> = rallentando, langsamer werdend * * = Glottalverschluß, der über eine Pause gehalten wird
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Tonhöhenverlauf einer Aussage (fallend)
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Tonhöhenverlauf einer Aussage (mittel)
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Tonhöhenverlauf einer Aussage (steigend)
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Turnkonstruktionseinheit
Die Einheiten mit * haben vom ersten Akzent an einen einheitlichen globalen Tonhöhenverlauf !
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Turnkonstruktionseinheit
Prosodie der Konstruktion einzelner Turnkonstruktionseinheiten lässt sich am einfachsten analysieren anhand von Turnkonstruktionseinheiten, die mit einem Satz zusammenfallen
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Störung und Fortsetzung von Einheiten
Nach Störungen und Pausen wird jeweils der vor der Pause begonnene Satz weitergeführt Auch prosodisch wird die begonnene Einheit weitergeführt: Nach der Pause wird mit derselben Tonhöhe wie vor der Pause fortgesetzt und die globale Tonhöhenbewegung wiederaufgenommen und weitergeführt
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Störung und Fortsetzung von Einheiten
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Störung und Fortsetzung von Einheiten
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Störung und Selbstkorrektur
Der Sprecher macht einen Fehler, verbessert diesen (erkennbar an einem Downstep <d>) und kehrt unmittelbar danach wieder zu seiner Tonhöhe zurück
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Neustart einer Turnkonstruktionseinheit
Als wichtigste Signale für den Beginn einer neuen Einheit fungieren Tonhöhensprünge, v.a. nach oben (<u> für Upstep), aber auch nach unten (<d> für Downstep) und/oder ein schneller Vorlauf (<all> für anakrustische schnelle Vorlaufsilben)
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Neustart einer Turnkonstruktionseinheit
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Sätze als Turnkonstruktionseinheiten
Das Ende eines Satzes ist nur retrospektiv feststellbar Interaktionsteilnehmer orientieren sich nicht an Satzenden, sondern an möglichen Satzenden Das Rezeptionssignal „mhm“ findet sich genau am Ende einer syntaktisch möglichen Satzkonstruktion die Rezipienten nutzen die Struktur möglicher Sätze für die Platzierung ihrer Reaktion aus
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Sätze als Turnkonstruktionseinheiten
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Sätze als Turnkonstruktionseinheiten
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Nachträge zu vorhergehenden Sätzen / Einheiten
Typisch für Nachträge ist, dass in ihnen immer derselbe Akzenttyp, bzw. derselbe lokale Tonhöhenverlauf wiedergewählt wird wie am Ende der vorausgegangenen Einheit, zu denen sie die Nachträge sind. Ebenso enden die Nachträge mit derselben Tonhöhe wie ihre Bezugseinheiten
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Pausen
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Pausen (1) Die Sprecher signalisieren, wie sie die Pause vom Rezipienten verstanden haben wollen: 1) Als einheiten-interne Pause zu Beginn, bzw. mitten in einer noch nicht beendeten syntaktischen Einheit, nach der die projektierte Einheit fortgesetzt werden wird
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Pausen (2) Die Sprecher signalisieren, wie sie die Pause vom Rezipienten verstanden haben wollen: 2) Als einheiten-beendende Pause nach einer abgeschlossenen syntaktischen Struktur, nach der entweder eine neue Einheit beginnt, die vom Aktivitätstyp her bereits projektiert ist, oder aber ein Sprecherwechsel erfolgen kann
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Mehr-Einheiten-Turns
Beim Anschluss neuer Einheiten in Mehr-Einheiten-Turns werden dieselben Signale verwendet wie beim Neustart neuer Einheiten, nämlich die Art des Tonhöhenanschlusses der neuen Einheit und die Sprechgeschwindigkeit v.a. im Vorlauf der neuen Kontur. (Vorlauf = die unakzentuierten Silben vor der erste Akzentsilbe der Einheit)
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Mehr-Einheiten-Turns
Die Tonhöhenanschlüsse beim Beginn sind i.d.R. : - Tonhöhensprünge nach oben (<u>) - Tonhöhensprünge nach unten (<d>) - Tonhöhenanschluss ohne Tonhöhensprung (<c>) - weitgehend gleichbleibender Tonhöhenverlauf bis zur ersten Akzentsilbe Diese Signale signalisieren retrospektiv das Ende der vorangegangenen Einheit und prospektiv die Art des Anschlusses der neuen Einheit
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Mehr-Einheiten-Turns
Neue Einheiten mit <u> als Abgrenzungssignal <u> lenkt die Aufmerksamkeit auf den Neubeginn einer Aktivität
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Mehr-Einheiten-Turns
Neue Einheiten mit <d> als Abgrenzungssignal <d> projektiert die unterordnende Fortführung einer bisherigen thematischen Fokussierung
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Mehr-Einheiten-Turns
Neue Einheiten mit <c> als Abgrenzungssignal <c> signalisiert einen gleichrangig fortführenden Anschluss der neuen Einheit
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Sprechtempo und „Durchhecheln“
Neue Einheiten werden oft mit schnellem Anschluss begonnen um sich das Rederecht für zumindest diese so angeschlossene Einheit zu sichern
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Akzentuierte Silben der Turnkonstruktionseinheit
Akzentuierung / Akzent = Hervorhebung, Betonung oder Prominenz einer Silbe gegenüber den umliegenden unakzentuierten Silben Viele Akzente werden durch eine Tonhöhenbewegung UND erhöhte Lautstärke, oft auch zusätzliche Länge, bei einer akzentuierbaren Silbe konstituiert
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Akzentuierte Silben der Turnkonstruktionseinheit
I.d.R. haben Turnkonstruktionseinheiten wenigstens nur eine , meistens jedoch zwei oder drei akzentuierte Silben und darauf folgend mehrere unakzentuierte Silben Turnkonstruktionseinheiten mit einer akzentuierten Silbe
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Akzentuierte Silben der Turnkonstruktionseinheit
I.d.R. haben Turnkonstruktionseinheiten wenigstens nur eine , meistens jedoch zwei oder drei akzentuierte Silben und darauf folgend mehrere unakzentuierte Silben Turnkonstruktionseinheit mit zwei akzentuierten Silben
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Gesprächsausschnitt In dem Gespräch „Uniwechsel“ unterhalten sich die drei Gesprächspartner Nat, Ida und Ron über das Studienfach Kunst. Hörbeispiel
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