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Veröffentlicht von:Judith Geisler Geändert vor über 10 Jahren
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Aktuelle Entwicklungen beim Freizeitlärmschutz
Vortrag von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schrödter, Wedemark, auf der wissenschaftlichen Fachtagung – Aktuelle Fach- und Rechtsfragen des Lärmschutzes – Bauleitplanung, Fachplanung und Zulassung von Bauvorhaben an der TU Berlin am 16./17. März 2009
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Einleitung Neben ca traditionellen Volksfesten wird die Bevölkerung in der Freizeitgesellschaft immer stärker durch lärmerzeugende Freizeitgestaltungen besonderer Art unterhalten. Das Spektrum reicht vom dreiwöchigen Maschseefest in Hannover bis zu Konzerten mit Tina Turner, auf denen z. T. gesundheitsgefährdende Grenzwerte für Lärm überschritten werden. Die umweltbewusste Freizeitgesellschaft „genießt“ Veranstaltungen, die mit dem Umweltschutz nur bedingt vereinbar sind. Zur Bedeutung von Volksfesten BT - Drucks. 14/3786 und BT - 205/06.
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I. Rechtsgrundlagen für die Beurteilung des Freizeitlärms
1. Grundpflichten des § 22 Abs. 1 S. 1 BImSchG a) zwei Grundpflichten aa) Nr. 1: Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen nach dem Stand der Technik bb) Nr. 2: Beschränkung unvermeidlicher Umwelteinwirkungen auf das zumutbare Mindestmaß b) Anwendung dieser Bestimmung in allen Genehmigungsverfahren sowie im Rahmen der Bauleitplanung
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2. LAI-Hinweise zum Freizeitlärm (aktuelle Fassung in NVwZ 1997, 469
ff. mit Modifikationen in den Ländern – Anlage) a) Rechtsqualität der LAI-Hinweise aa) „Entscheidungshilfe mit Indizcharakter“, so deutlich BVerwG BRS 64 Nr. 181 - Bürgerhaus, Sporthalle, Jugendzentrum und BVerwG NVwZ 2008, 426 für die TA-Lärm - Zumindest im Genehmigungsverfahren sind verbindlich die den Gebietsarten zugeordnete Werte, Tageszeiten, das Verfahren zur Messung (Spielraum bei Kann-Vorschriften/Beurteilungsspielraum) bb) Beschränkte Verbindlichkeit in Planungs- und Genehmigungs- verfahren, soweit die Länder für die Genehmigung keine Verbindlichkeit festsetzen
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cc) „Orientierungshilfe“ in der Bauleitplanung
dd) Würdigung des Einzelfalles unter Berücksichtigung der folgenden Gesichtspunkte: - Schutzwürdigkeit des Gebietes - Soziale Akzeptanz - Güterabwägung - Prioritätsprinzip - Vorrang der Nachtruhe
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b) Geltungsbereich der LAI-Hinweise; Abgrenzungsfragen
aa) Betriebsstätten/ortsfeste Einrichtungen nach § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG i.V.m. Nr. 1 Abs 1 LAI-Hinweise mit Beispielen bb) Zur Einordnung des Motorsportes vgl. Nr Spalte 1 und 2 des Anhangs zum 4. BImSchV (§§ 10, 19 BImSchG i.V.m. der TA-Lärm); es gilt die TA-Lärm cc) Grundstücke mit der Zweckbestimmung für Freizeitaktivitäten (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 BImSchG); Beispiele: Nutzung einer Straße für ein Altstadtfest oder für ein Rennen, Voraussetzung dürfte aber eine Nutzung an mindestens fünf Tagen im Jahr sein
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c) Nicht erfasst werden - Sportanlagen (Anwendung der 18. BImSchV)
- Gaststätten (TA-Lärm) - Private Partys (Baurecht, Ordnungsrecht der Länder, § 117 OWiG) etwa AG Bonn C 545/06 (Grillen)
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3. Abgrenzung zum Sportlärm nach der 18. BImSchV
a) Keine Geltung für Sportanlagen, Gastwirtschaften und Spielplätze (Nr. 1 Abs. 3) b) Praktische Bedeutung: LAI-Hinweise sind strenger, etwa hinsichtlich - seltener Ereignisse im Sinne von Nr. 7.2 TA-Lärm (Sport: 18 Ereignisse, LAI-Hinweise: 10 Ereignisse) - kein Impulszuschlag für Stimmen bei Sportanlagen - niedrigere Ruhezeitenwerte an Sonn- und Feiertagen
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c) Beispiele für die schwierige Abgrenzung
aa) Bolzplätze für Kinder bis 14: abgeschwächte Anwendung der 18. BImSchV (ähnliche Beurteilung dürfte für Basketballspielplätze und Skaterplätze gelten, dazu etwa OVG NW (Skateranlage) und VG Mainz (Basketball)) bb) Kinderspielplätze: Grundsätzlich ist der „Kinderlärm“ hinzunehmen aus Gründen der sozialen Akzeptanz
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4. Gaststätten, insbesondere Biergärten
Es gilt in der Regel die TA-Lärm mit bestimmten Ausnahmen für Biergärten, dazu Nr. 1 Abs. 2b TA-Lärm und bei BayVGH in BauR 2005, 1886 sowie VG Augsburg Au K (Freischankfläche); anderer Ansicht Nds. OVG NordÖR 2008, 493 (TA-Lärm gilt auch für Biergärten).
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5. Hinweise zur Ermittlung und Beurteilung des Freizeitlärms
a) Richtwerte außerhalb von Gebäuden aa) Bestimmung nach den Baugebietstypen der BauNVO auf der Grundlage des Bebauungsplanes (Nr. 2 Abs. 3 LAI- Hinweise) bb) Im Innenbereich gilt § 34 Abs. 2 BauGB sinngemäß cc) Im Außenbereich Anwendung der Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete
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b) Kurzfristige Geräuschspitzen sind auf 70 dBA tags und 30 dBA
nachts beschränkt c) Beachte: Die Werte sind nicht strikt anzuwenden, der Einzelfall ist zu prüfen (soziale Akzeptanz, Dauer der Veranstaltung, Tradition usw.) d) In „Gemengelagen“ kommt eine Mittelwertbildung in Betracht im Sinne eines Zwischenwertes, der nicht mathematisch bestimmt wird
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aa) Regel: Keine Summation von Geräuschen, die aus
verschiedenen Lärmquellen stammen bb) Ausnahme 1: Geräusche werden durch verschiedene Freizeitanlagen verursacht Ausnahme 2: Freizeitanlage und Sportanlagen sind eine Einheit cc) Empfehlung für die Praxis: Sonderfallprüfung nach Nr. TA-Lärm; Abwägung bei der Bauleitplanung.
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6. Das „seltene Ereignis“ beim Freizeitlärm als schwieriges Problem
a) Grundlage: Nr LAI-Hinweise und 18. BImSchV, Anhang 1.5 in Anlehnung an Nr. 7.2/6.3 der TA-Lärm - Überschreitung der Richtwerte nach Nr. 6.1 und Nr. 6.2 ist grundsätzlich zulässig - Messung außerhalb von Gebäuden - Beachte: Nr. 6 Satz 4 LAI-Hinweise: Messung in Gebäuden - Begriff der anderen Anlagen nach Nr. 7.2 Abs. 2 Satz 3 TA-Lärm
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b) Stand der Lärmminderungstechnik ist in jedem Fall einzuhalten
c) Begriff des seltenen Ereignisses: 10 Tage oder Nächte gilt auch für saisonale Nutzung (OVG NordÖR 2008, 493 (Stadtstrand) und RdL 2005, 11 (Ernte)) d) Geltung auch bei Summation durch mehrere Freizeitanlagen e) Zur Anwendung in der Praxis
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7. Hinweise zum „sehr seltenen Ereignis“
a) Rechtskonstruktion der modernen Rechtsprechung vgl. etwa - BGH in DVBl. 2004, 376 NVwZ 2004, 510 = NJW 2003, 3699 (Rockkonzert) - Hess. VGH NVwZ-RR 2006, 531 (Volksfest) - Nds. OVG I KN 127/07, juris (Festplatz) b) Rechtsfolge: Überschreitung der Zahl der seltenen Ereignisse um maximal fünf besonders seltene Ereignisse (!). - hohe Akzeptanz der Freizeitveranstaltung muss bestehen (Beispiel: Fußballweltmeisterschaft) - Nachtruhe ist ab Uhr wohl zu gewährleisten - lauteste Stunde: auch hier nicht mehr als 55 dbA
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II. Instrumente zur Durchsetzung der LAI-Hinweise für
Freizeitlärm in der Praxis 1. Anwendung im baurechtlichen oder gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren – Allgemeines a) LAI-Hinweise sind über § 3 Abs. 1 BImSchG als öffentlich- rechtliche Vorschriften zu beachten, auch im Baugenehmigungs- verfahren b) Anwendung bei der Genehmigung von Volksfesten oder Jahrmärkten nach den §§ 60b, 68 Abs. 2 und 69a GewO)
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c) Anordnungen nach § 24 BImSchG sind auch gegen die öffentliche
Hand zulässig d) Stilllegung des Festes als Ultima Ratio (Nr. 2.5 LAI-Hinweise) e) Überwachung im Rahmen des Ermessens nach § 52 BImSchG - zum Anspruch auf Einschreiten der Immissionsschutzbehörde BayVGH B , juris
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2. Auflagen zur Lärmminderung bei Freizeitveranstaltungen
a) Festsetzung von Nutzungszeiten b) Festsetzung von Lärmobergrenzen mit Überwachung c) Einbau von Schallpegelbegrenzern nach Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der LAI-Hinweise, Einschaltung von Sachverständigen im Rahmen der Zumutbarkeit d) Vorlage von Gutachten nach Nr. 5 Abs. 2 Satz 3 LAI-Hinweise i.V.m. Bauordnungsrecht (Schalltechnische Untersuchung hat Prognosecharakter, kann aus Vorjahr ermittelt werden) e) Rechtsprechung zur Überwachung von Freizeitveranstaltungen f) Weitere Bsp.: Vertragsstrafen, Kürzung der Künstlergage, Schweizer Modell
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3. Anwendung im Rahmen der Bauleitplanung
a) Keine strikte Bindung der LAI-Hinweise, der TA-Lärm und der 18. BImSchV in der Bauleitplanung; Abwägung mit hohem Rang der Gesundheit, Beachtung des Trennungsgrundsatzes nach § 50 BImSchG, sorgfältige Erörterung im Umweltbericht b) Festsetzungen mit Beispielen aa) Festsetzung von Benutzungszeiten strittig, dafür, VGH BW DVBl. 1997, 239 f. (Sportanlage) und VGH BW VGH BW Ls. 325/95 (Holzbearbeitungs- maschine) bb) Weitergehende Regelungen über Verträge nach § 11 BauGB oder über einen VEP nach § 12 BauGB
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4. Rechtsschutz im Rahmen der Freizeitlärmrichtlinie
a) Normenkontrollverfahren gegen Bebauungsplan (Beispiel: OVG NW Bebauungsplan für eine Skateranlage) b) Umweltverbandsklage gegen den Bebauungsplan nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, dazu Schrödter LKV 2008, 391 und unter c) Rechtsschutz nach § 906 BGB d) Zur vorbeugenden Unterlassungsklage Hess. VGH NVwZ/RR 2006, 531 und VG Hannover /06 (Festplatz)
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Viel Spaß bei der nächsten LOVE-Parade –
Aber bitte Grenzwerte für Freizeitlärm einhalten!
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