Präsentation herunterladen
Die Präsentation wird geladen. Bitte warten
Veröffentlicht von:Jakob Helbing Geändert vor über 10 Jahren
1
Einführung in die Volkswirtschaftslehre Prof. Dr. Jürgen Morlok Merkur IFH Karlsruhe
2
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 2 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Übersicht Kapitel 1Ökonomische Fragestellungen Kapitel 2Kreislaufanalyse und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen Kapitel 3Hauptgebiete der Ökonomie Kapitel 4Wirtschaftsordnungen
3
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 3 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Gliederung 1Ökonomische Fragestellungen 2Kreislaufanalyse und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 2.1Kreislaufanalyse 2.1.1Grundgedanken der Kreislaufanalyse 2.1.2Geschlossene stationäre Wirtschaft ohne staatliche Aktivitäten 2.1.3Geschlossene Wirtschaft ohne staatliche Aktivitäten (Zwei-Sektoren-Modell) 2.1.4Geschlossene Wirtschaft mit staatlichen Aktivitäten (Drei-Sektoren-Modell) 2.1.5Die offene Volkswirtschaft (Vier-Sektoren-Modell) 2.2Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) 2.2.1Sozialprodukt und Inlandsprodukt 2.2.2Die Entstehungs-, Verwendungs- und Verteilungsrechnung 3Hauptgebiete der Ökonomie 3.1Klassische Theorie 3.1.1Das Saysche Theorem 3.1.2Der neaklassische Arbeitsmarkt 3.2Die Keynesianische Revolution 3.3Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht und die Multiplikationsanalyse 3.3.1Das Modell einer geschlossenen Volkswirtschaft ohne Staat 3.3.2Das Modell einer geschlossenen Volkswirtschaft mit Staat
4
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 4 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Gliederung 4Wirtschaftsordnungen 4.1Wirtschaftsordnung als Teil der Gesellschaftsordnung 4.1.1Individualistischer Ansatz 4.1.2Kollektivistischer Ansatz 4.2Polare Grundformen von Wirtschaftsordnungen 4.2.1Das Zentralverwaltungsmodell 4.2.2Das Marktwirtschaftliche Modell 4.3Die Wirtschaftsordnung in Deutschland 4.3.1Die Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft 4.3.2Der gesetzliche Rahmen in Deutschland 4.4Grundlagen der Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland 4.4.1Arten der Wirtschaftspolitik 4.4.2Träger der Wirtschaftspolitik 4.4.3Institutionen mit wirtschaftspolitischem Einfluss 4.4.4Ziele der Wirtschaftspolitik
5
Einführung in die Volkswirtschaftslehre Kapitel 1 Ökonomische Fragestellungen
6
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 6 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Menschen haben Bedürfnisse, die sie durch den Verbrauch von Gütern (inkl. Dienstleistungen) befriedigen können. Die Produktion von Gütern erfordert den Einsatz von Ressourcen. Im Verhältnis zu den praktisch unbegrenzten Bedürfnissen sind die Ressourcen und Güter aber knapp. Damit stellt sich die Aufgabe, aus vielerlei konkurrierenden Verwendungsmöglichkeiten für die Ressourcen und die produzierten Güter eine Auswahl zu treffen. Die Ökonomie beschäftigt sich mit den Fragen und Problemen in diesem Kontext. Ökonomische Fragestellungen
7
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 7 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Was heißt wirtschaften Zentrale Aufgabe: Die Lösung des Knappheitsproblems Knappheit: Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen der Menschen Mitteln, die zu ihrer Befriedigung zur Verfügung stehen Lösung des Knappheitsproblems erfordert ständig Entscheidung darüber welche Güter in welcher Menge von wem und für wen wann und wo womit hergestellt werden, so dass ein optimales Ergebnis erzielt wird. Ökonomische Fragestellungen
8
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 8 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Der Wirtschaftlichkeitsbegriff Ökonomische Fragestellungen Ökonomisches Prinzip: Handle so, dass mit vorgegebenen Mitteln ein möglichst hohes Ergebnis erreicht wird (Maximalprinzip). Handle so, dass mit minimalem Mitteleinsatz ein vorgegebenes Ergebnis erreicht wird (Minimalprinzip).
9
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 9 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Produktionsfaktor Arbeit Unter Arbeit versteht man jede menschliche Tätigkeit, die darauf abzielt, Mittel zur Bedürfnisbefriedigung bereit zu stellen. Das Arbeitskräftepotenzial wird begrenzt durch die Bevölkerungszahl. Produktionsfaktor Kapital Bestand an Produktionsmitteln, die während mehrerer Perioden im Produktionsprozess eingesetzt werden. Im Rahmen der Produktionsmöglichkeiten unbeschränkt vermehrbar. Produktionsfaktor Boden Umfasst alle natürlichen Ressourcen, von Land über Bodenschätze bis zu natürlichen Energiequellen. Nicht vermehrbar, nur beschränkt regenerierbar. Ökonomische Fragestellungen Die verfügbaren Mittel (Ressourcen) zum Wirtschaften: Produktionsfaktoren
10
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 10 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Was soll produziert werden? Welche und wie viele Güter sollen mit den knappen Ressourcen erzeugt werden? Wie soll produziert werden? Unter Einsatz welcher Produktionsfaktoren und unter Zuhilfenahme welcher Produktionstechnologie sollen die Güter produziert werden? Für wen soll produziert werden? Wie soll die knappe Menge der Güter auf die Menschen in einer Wirtschaftsgesellschaft verteilt werden? Ökonomische Fragestellungen Die zentralen Probleme des Wirtschaftens Allokationsproblem Effizienzproblem Verteilungsproblem
11
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 11 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ökonomische Fragestellungen Lösung des Allokationsproblems Es wird so produziert, dass die Menschen zur rechten Zeit an für sie erreichbarem Ort die Güter vorfinden, die sie am dringlichsten zu kaufen wünschen. Dafür sorgt in einer marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung der Marktmechanismus. Er koordiniert die dezentral aufgestellten Wirtschaftspläne der Wirtschaftssubjekte auf dem Gütermarkt. Die Preise bilden sich alleine durch Angebot und Nachfrage und sind dadurch u.a. von den Produktionskosten und von der Dringlichkeit der Bedürfnisse abhängig. Lösung des Effizienzproblems Der Marktmechanismus sorgt dafür, dass die Ressourcen in die richtige Verwendung gelenkt werden, indem kostenminimierende Produktionsmethoden ausgewählt werden. Lösung des Verteilungsproblems Die Ressourcenausstattung und der Marktmechanismus (durch den sich die Preise für die Ressourcen und Güter ergeben) beantworten diese Frage.
12
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 12 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Der Systembegriff Gesamtheit aus einer Menge von Elementen und aus Beziehungen zwischen diesen Elementen ist ein System. Das Wirtschaftssystem Die Wirtschaft eines räumlich abgegrenzten Gebiets bildet ein System (die Volkswirtschaft), dessen Elemente die Wirtschaftssubjekte sind. Die Wirtschaftssubjekte Die kleinsten Einheiten einer Wirtschaft, denen ein Wirtschaftsplan zugeordnet werden kann sind die Wirtschaftssubjekte. Die Wirtschaftsordnung Regelt die prinzipiell möglichen Beziehungen zwischen den Wirtschaftssubjekten. Ökonomische Fragestellungen Die Wirtschaft als System Haushalte, Unternehmen, Staat
13
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 13 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ökonomische Fragestellungen Ordnende Klassifikation: Beispiel Güter Güter = Mittel zur Bedürfnis- befriedigung Gebrauchsgüter / Verbrauchsgüter Materielle Güter / Immaterielle Güter Invesitionsgüter / Konsumgüter Sachgüter / Dienstleistungen / Rechte
14
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 14 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Zwei Erklärungsansätze in der Literatur Ausschlussprinzip wird nicht praktiziert Nichtrivalität im Konsum Warum haben Güter einen Preis von Null?
15
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 15 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Die sogenannten Öffentlichen Güter bestehen bei genauerer Betrachtung also aus zwei Gruppen Definition Kollektivgüter: Es ist nicht möglich, Wirtschaftssubjekte von der Nutzung des Gutes auszuschließen. Deshalb werden diese nicht dazu bereit sein, einen Preis dafür zu bezahlen, sondern verhalten sich als Trittbrettfahrer. Es kommt kein privates Angebot zustande (z.B. Deich, innere und äußere Sicherheit; funktionierendes Rechtssystem) Definition Öffentliche Güter (im engeren Sinn): Nichtrivalität im Konsum, d.h. das Gut kann von mehreren oder allen Wirtschaftssubjekten konsumiert werden, ohne dass die Qualität des Konsums beeinträchtigt wird. Kollektivgüter und öffentliche Güter
16
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 16 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Meritorische Güter sind staatlich stärker gewünschte Güter (z.B. Bildung, Gesundheitsvorsorge). Sie werden gefördert bzw. subventioniert. Demeritorische Güter sind staatlich unerwünschte Güter (z.B. Drogen, Alkohol, Tabak). Sie werden verboten oder besteuert. Die Zuordnung der Güter zu den Gruppen Meritorische und Demeritorische Güter beinhaltet stets ein Werturteil, ist also normativ. Allokative Eingriffe des Staates aus anderen Gründen Definition Meritorische und Demeritorische Güter
17
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 17 Einführung in die Volkswirtschaftslehre VWL befasst sich damit, wie Märkte funktionieren. Sie zeigt, wie effizient der Marktmechanismus in vielen Bereichen ist. Sie verdeutlicht aber auch, welche Schwächen der Markt aufweist. VWL als Marktwirtschaftslehre
18
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 18 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ich kaufe Brötchen beim Bäcker Gütermarkt Ich buche eine Reise in den Süden Dienstleistungsmarkt Ich lege mein Geld in Aktien an Aktienmarkt Ich miete eine Wohnung Immobilienmarkt Ich suche einen Ferienjob Arbeitsmarkt Wir haben ständig mit Märkten zu tun
19
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 19 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Hohe Verfügbarkeit von Gütern. Starke Leistungs- und Innovationsanreize für die Anbieter. Sparsamer Umgang mit Ressourcen durch Anbieter. Güter werden von den Menschen erworben, die ihnen den höchsten Wert beimessen. Freundliche Verkäufer („Käufermarkt“). Märkte sind in der Regel sehr effizient
20
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 20 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Adam Smith (1776) „Nicht vom Wohlwollen des Metzgers, Brauers und Bäckers erwarten wir das, was wir zum Essen brauchen, sondern davon, dass sie ihre eigenen Interessen wahrnehmen. Wir wenden uns nicht an ihre Menschen-, sondern an ihre Eigenliebe und wir erwähnen nicht die eigenen Bedürfnisse, sondern sprechen von ihrem Vorteil.“
21
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 21 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Schwächen des Marktes („Marktversagen“) Menschen mit sehr geringer Leistungsfähigkeit können ihr Existenzminimum nicht sichern. Güter, für die es keinen Preis gibt, („Umwelt“) werden verschwendet. Unternehmen versuchen sich dem Wettbewerb durch Kartelle und Monopole zu entziehen. Es kann zu Arbeitslosigkeit und/oder Inflation kommen.
22
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 22 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Rolle des Staates im Marktprozess Dort in den Markt eingreifen, wo ein Marktversagen diagnostiziert wird. Ordnungspolitik: Setzen von Rahmenbedingungen (z.B. Kartellrecht) Prozesspolitik: Direkter Eingriff, z.B. durch Zinspolitik der EZB Grundproblem: Richtige Balance finden Zuviel Eingriffe: Geringe Leistungsbereitschaft Zuwenig Eingriffe: Instabile Konjunktur, hohe Kriminalität, Umweltverschmutzung
23
Einführung in die Volkswirtschaftslehre Kapitel 2 Kreislaufanalyse und Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen
24
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 24 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Grundlage der Kreislaufanalyse Francois Quesnay entwickelte im 18. Jahrhundert als erster ein Schema der Güter- und Geldströme, die zwischen den einzelnen Bereichen der Volkswirtschaft hin und her fließen. Er war von Beruf eigentlich Arzt und ließ sich vom Blutkreislauf zu seiner Sichtweise der Wirtschaft inspirieren. Sein Kreislaufmodell war geprägt durch Erkenntnis von Quesnay: Die Summe der einen Sektor verlassenden Ströme muss wertmäßig gleich der Summe der einem Sektor zufließenden Ströme sein.
25
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 25 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Abkürzungen der Kreislaufanalyse und VGR BIP M =Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen C h =Konsumausgaben der Haushalte C st = Konsumausgaben des Staates D = Abschreibungen Ex = Exporte Ex-Im = Außenbeitrag G = Güterkäufe des Staates am Markt (Konsumgüter und Investitionsgüter) I br = Bruttoinvestitionen Im = Importe I n = Nettoinvestitionen I r = Reinvestitionen NIP F = Nettoinlandsprodukt zu Faktoreinkommen NIP M =Nettoinlandsprodukt zu Marktpreisen S a =Ersparnis des Auslands S h =Ersparnis der Haushalte S st =Sparen des Staates S u =Ersparnis der Unternehmen (nicht ausgeschüttete Gewinne) T h dir =Einkommens- und Vermögensabgaben einschließlich Sozialversicherungsbeiträge der Haushalte an den Staat T u dir =Direkte Einkommens- und Vermögensabgaben der Unternehmen an den Staat (z.B. Körperschaftssteuer) T u ind –Z u =Nettoproduktionsabgaben der Unternehmen an den Staat T u ind =Indirekte Einkommens- und Vermögensabgaben der Unternehmen an den Staat (z.B. Umsatzsteuer) Y h st =Faktoreinkommen der Haushalte vom Staat (Löhne und Gehälter, Beamtenpensionen, Zinsen u.ä) Y h u =Faktoreinkommen der Haushalte durch Tätigkeit in Unternehmen Z h =vom Staat an die Haushalte geleistete Transfer- zahlungen Z u =Subventionen des Staates an die Unternehmen
26
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 26 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ein einfaches Kreislaufmodell Wir betrachten zunächst nur den Sektor „Unternehmen“ und den Sektor „Haushalte“, wobei wir vorläufig annehmen, dass keine Ersparnis stattfindet. Wir entdecken dann folgende monetäre und reale Ströme: Unternehmen Haushalte Realer Strom: Konsumgüter (25 ME) Realer Strom: Faktorleistungen (20 ME) Monetärer Strom: Konsumausgaben (C h =100GE) Monetärer Strom: Faktoreinkommen (Y h u =100GE)
27
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 27 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Unternehmen und Haushalte sparen Die Haushalte stellen den Unternehmen Faktorleistungen zur Verfügung, dafür erhalten Sie Faktorentgelte. Diese verwenden Sie für Konsumzwecke, d.h. sie tätigen Konsumausgaben und erhalten dafür von den Unternehmen Güter. Wir betrachten im Folgenden nur noch die monetären Ströme. Wir beziehen Vermögensänderungen in die Betrachtung mit ein: Haushalte sparen, indem sie einen Teil des Einkommens nicht für Konsumzwecke verwenden (S h ). Die Güter, die im Produktionsbereich verbleiben, werden Investitionen genannt. Die Summe aus Vorratsveränderungen und Anlageinvestitionen wird Bruttoinvestition (I br ) genannt. Die Wertminderung von Produktionsanlagen wird Abschreibungen (D) genannt. Bruttoinvestitionen abzüglich der Abschreibungen nennt man Nettoinvestitionen (I n ). Bruttoinvestitionen bis zur Höhe der Abschreibungen nennt man Reinvestitionen (I r ).
28
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 28 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Modell mit Veränderung der Vermögensposition Neben dem Sparen der Haushalte können auch Unternehmen sparen, indem Sie Gewinn nicht ausschütten: S u Es ergibt sich dadurch die Position „Vermögensänderungen“; zufließende Ströme stellen eine Vermögensbildung dar; abfließende Ströme stellen eine Vermögensverwendung dar. Vermögens- änderung Unternehmen Haushalte C h = 80 GE Y h u = 100 GE S h = 20 GEI br = 30 GE S u + D = 10 GE
29
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 29 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Die Identität von Sparen und Investieren im Modell Die Summe des Sparens der Wirtschaft (S h + S u ) ist immer gleich den Nettoinvestitionen (I n = I br – D)! Damit herrscht in der Kreislaufbetrachtung ex post ein Gleichgewicht. Ex ante können jedoch Ungleichgewichte entstehen. Wenn die Unternehmen beispielsweise planen, in dieser Periode nicht neu zu investieren, sondern alle Produkte an die Haushalte als Konsumgüter zu verkaufen, die Haushalte in der Periode aber 20 GE sparen wollen, dann stimmen Produktions- und Absatzwünsche nicht überein. Es entsprechen die geplanten Investitionen nicht den geplanten Ersparnissen. In diesem Fall entstehen ungeplante Investitionen in Form von Lagerhaltung (Lageraufbau von 20 GE). Dadurch stimmen ex post Ersparnisse und Investitionen wieder überein, jedoch nur dadurch, dass die Unternehmen zum Lageraufbau gezwungen wurden.
30
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 30 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Der Staat im Wirtschaftskreislauf Beziehen wir den Staat mit in die Betrachtung ein, so müssen noch folgende Aspekte berücksichtigt werden: Faktoreinkommen der Haushalte vom Sektor Staat (Löhne und Gehälter, Beamtenpensionen, Zinsen u.ä.): Y h st Einkommens- und Vermögensabgaben einschließlich Sozialversicherungsbeiträge der Haushalte an den Staat abzüglich der vom Staat an sie geleisteten Transferzahlungen: T h dir - Z h Einkommens- und Vermögensabgaben zuzüglich Nettoproduktionsabgaben der Unternehmen an den Staat: T u dir + (T u ind – Z u ) Güterkäufe des Staates am Markt: G S st : Sparen des Staates
31
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 31 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Modell mit Staat und Vermögensänderung Es ergibt sich unter Einbeziehung des Staates folgende Kreislaufdarstellung: Vermögens- änderung Unternehmen Haushalte C h = 70 GE Y h u = 100 GE S h = 23 GEI br = 30 GE S u + D = 10 GE G = 25 GE T u dir + T u ind – Z u = 15 GE Y h st = 22 GE T h dir – Z h = 29 GE S st = - 3 Staat
32
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 32 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Der Einbezug des Auslands Wir beziehen nun noch das Ausland in die Betrachtung mit ein. Dazu sind zunächst Exporte und Importe zu berücksichtigen, die über den Sektor Unternehmen fließen. Bei Exporten (Ex) fließen reale Güterströme vom Inland in das Ausland, während der monetäre Strom in die umgekehrte Richtung fließt. Für Importe (Im) gelten die analogen Überlegungen: Ein realer Strom vom Ausland ins Inland, ein monetärer Strom in umgekehrter Richtung. Die Differenz zwischen Exporten und Importen wird als Außenbeitrag bezeichnet. Ein negativer Außenbeitrag (Importe überwiegen die Exporte) stellt Ersparnis des Auslands (S a ) dar.
33
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 33 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Modell einer Offenen Volkswirtschaft Vermögens- änderung Unternehmen Haushalte C h = 70 GE Y h u = 100 GE S h = 23 GEI br = 30 GE S u + D = 10 GE G = 25 GE T u dir + T u ind – Z u = 15 GE Y h st = 22 GE T h dir – Z h = 29 GE S st = - 3 Staat Ausland S a = - 2 Ex = 7 GE Im = 5 GE
34
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 34 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Auf der Basis der kreislauftheoretischen Überlegungen lassen sich nun die Wirtschaftsprozesse einer Volkswirtschaft zahlenmäßig erfassen. Statt der Kreislaufdarstellung, die hier bisher dargestellt wurde, wird in der Statistik eine kontenmässige Darstellung verwendet, d.h. es werden Konten für die Sektoren Unternehmen, Haushalte, Staat usw. geführt und die monetären Ströme soll- und habenseitig festgehalten. Die Einkommensbegriffe der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen lassen sich von der Verwendungsseite, von der Entstehungsseite und von der Verteilungsseite her betrachten.
35
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 35 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ausgangspunkt ist das Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen (BIP M ). Es bildet den Gegenwert der in einer Periode erzeugten Güter und Dienstleistungen. Sie können zusammen mit den importierten Gütern (Im) für den privaten Konsum (C h ), den staatlichen Konsum (C st ) sowie die privaten und staatlichen Bruttoinvestitionen (I br ) verwendet oder exportiert (Ex) werden: BIP M = C h + C st + I br + (Ex-Im) Subtrahiert man davon die Abschreibungen, dann erhält man das Nettoinlandsprodukt zu Marktpreisen (NIP M ): NIP M = C h + C st + I n + (Ex-Im) Das Inlandsprodukt
36
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 36 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Inlandskonzept und Inländerkonzept Subtrahiert man vom NIP M die Nettoproduktionsabgaben (T u ind -Z u ) dann erhält man das Nettoinlandsprodukt zu Faktorkosten (NIP F ): NIP F = NIP M – (T u ind – Z u ) Den Nettoproduktionsabgaben stehen keine Faktorleistungen gegenüber; das NIP F repräsentiert deshalb das gesamte Einkommen, das die Wirtschaftssubjekte als Faktoreinkommen erhalten. Man unterscheidet nun noch weiter nach dem Inlands- und dem Inländerkonzept. Beim Inlandskonzept fragt man, welche Faktorleistungen im Inland erbracht wurden. Das Inlandskonzept führt zu den Inlandsprodukten (BIP, NIP, s.o.).
37
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 37 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Das Sozialprodukt Beim Inländerkonzept ist entscheidend, welche Faktoreinkommen Inländern zugeflossen sind. Das Inländerkonzept führt zum Sozialprodukt, dem sog. Nationaleinkommen. Es ergibt sich dabei folgender Zusammenhang: Inlandsprodukt -Faktoreinkommen, die im Inland entstanden sind, aber an ausländische Wirtschaftssubjekte gezahlt werden Faktoreinkommen, die im Ausland entstanden sind, aber an inländische Wirtschaftssubjekte gezahlt werden Nationaleinkommen Das Nationaleinkommen zu Faktorkosten wird auch als Volkseinkommen (Y) bezeichnet.
38
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 38 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Nominales und Reales Inlandsprodukt Eine weitere Unterscheidung ist relevant: Die zwischen nominalen und realen Einkommenskategorien. Man spricht z.B. vom nominalen Inlandsprodukt, wenn die Gütermengen zu laufenden Preisen bewertet werden, d.h. die Gütermenge des Jahres 2005 wird mit Preisen des Jahres 2005 bewertet. Beim realen Inlandsprodukt werden die Gütermengen eines Jahres hingegen mit den Preisen eines Basisjahres bewertet. Dadurch werden Preiseinflüsse ausgeschaltet und nur die rein güterwirtschaftliche Entwicklung betrachtet. Die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen betrachten die wirtschaftliche Entwicklung dabei aus drei verschiedenen Blickrichtungen: Von der Verwendungsseite, von der Entstehungsseite und von der Verteilungsseite.
39
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 39 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Entstehung, Verwendung und Verteilung 1. Entstehungsrechnung: Produktionswert -Vorleistungen = Bruttowertschöfung + Gütersteuern - Gütersubventionen 2. Verwendungsrechnung: Private Konsumausgaben +Konsumausgaben des Staates +Ausrüstungsinvestitionen +Bauinvestitionen +sonstige Anlagen +Vorratsveränderungen +Exporte -Importe 3. Verteilungsrechnung: =Nettonationaleinkommen -Produktions- und Importabgaben an den Staat +Subventionen vom Staat =Volkseinkommen -Arbeitnehmerentgelt =Unternehmens- und Vermögenseinkommen Bruttoinlands- produkt (BIP) +Saldo der Primäreinkommen mit der übrigen Welt =Bruttonationaleinkommen -Abschreibungen
40
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 40 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Wie hoch ist das Inlandsprodukt der BRD? Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen Bundesrepublik Deutschland 2004 in Mrd. EUR Ch: 1270,77 58 % 114,07 5 % Ex-Im: 385,48 18 % Ibr: 406,68 19 % Cst.
41
Einführung in die Volkswirtschaftslehre Kapitel 3 Hauptgebiete der Ökonomie
42
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 42 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Klassische Theorie Mikroökonomie: Analyse der Märkte für einzelne Güter Z. B.: Wie kommt der Preis für ein Glas Bier in der Kneipe zustande Makroökonomie: Analyse der Volkswirtschaft im Ganzen Z. B.: Warum wächst die deutsche Wirtschaft derzeit kaum noch?
43
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 43 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Das Saysche Theorem Jedes Angebot schafft sich seine eigene Nachfrage. Niemand bietet Güter an, wenn er nicht selber Güter nachfragen möchte. Güter werden letztendlich immer mit anderen Gütern bezahlt. Das gesamte durch Produktion entstandene Einkommen wird voll nachfragewirksam. Der Zins bestimmt die Aufteilung der Gesamtnachfrage in Konsum- und Investitionsgüternachfrage. Ersparnis findet insbesondere nur in verzinslicher Anlage statt und fließt somit in voller Höhe in den Kreislauf zurück. Geld wird ausschließlich in seiner Tauschmittelfunktion betrachtet. Nach klassischer Lehrmeinung ist es nicht rational, Geld als Vermögensaktivum zu halten, da das liquide Halten von Geld mit den Opportunitätskosten eines entgangenen Zinseinkommens belastet ist. Die Geldmenge bestimmt lediglich das Preisniveau.
44
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 44 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Der klassische Geldmarkt P bezeichnet das Preisniveau, M ist das Geldangebot und L die Geldnach- frage. Die Geldnachfrage ist eine Funktion des realen Sozialprodukts. Unterstellen wir nun gemäß der klassischen Theorie, dass die betrachtete Volkswirtschaft bei gegebenem Bestand an Produktionsfaktoren das Vollbeschäftigungseinkommen realisiert, so ergibt sich hieraus die reale Geldnachfrage L 0. Die Zentralbank stellt exogen eine bestimmte nominale Geldmenge M zur Verfügung. Der reale Wert dieses Geldangebots, mit anderen Worten die Kaufkraft des Geldes, ergibt sich als Quotient aus Geldmenge und Preisniveau. P M1M1 M M, L L P1P1 P0P0 M 0 = L 0
45
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 45 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Der klassische Geldmarkt Mit steigendem Preisniveau nimmt selbstverständlich der Wert einer bestimmten Menge Geldes ab und umgekehrt. Damit erhält man die reale Geldmenge als die in der Abbildung gezeichneten Hyperbel. Das Marktgleichgewicht liegt im Schnittpunkt der Kurven L und M zu einem bestimmten Preisniveau P 0. Eine Ausdehnung der nominalen Geldmenge führt bei zunächst gegebenem Preisniveau zu einem höheren realen Geldangebot. In der Abbildung verschiebt sich die Kurve M nach rechts. Ein neues Gleichgewicht kann sich also nur bei einem höheren Preisniveau einstellen. Dies heißt: Jedes Volkseinkommen kann mit jeder Geldmenge finanziert werden, es ist alles nur eine Frage des Preisniveaus! Einen unmittelbaren Einfluss auf das reale Wirtschaftsgeschehen hat die Geldmenge nicht.
46
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 46 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Der klassische Gütermarkt Am Gütermarkt wird der Zins (i) bestimmt. Ersparnisbildung (S) und Investitionen (I) sind nach klassischer Lehrmeinung zinsabhängige Größen. Die Ersparnis ändert sich cet. par. gleichgerichtet mit dem Zins, die Investitionen reagieren gegenläufig auf Zinsänderungen. Das Angebot von Sparkapital und die Nachfrage nach Investitionsmitteln bestimmen dann den Gleichgewichtszins. i I 0 = S 0 i0i0 i1i1 S, I S(i) I (i) I1I1
47
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 47 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Der klassische Gütermarkt Der Zins i 0 ist der Gleichgewichtszins, der das Sparangebot und die Nachfrage nach Kapital für Investitionszwecke zum Ausgleich bringt. Sollte die Ersparnis cet. par. steigen, so wird der Wettbewerb der Kapitalanbieter zu sinkenden Zinsen führen, bis ein neuer unter dem alten liegender Gleichgewichtszins erreicht wird. Der durch die höhere Nachfrage bewirkte Konsumausfall wird also durch höhere Investitionsgüternachfrage kompensiert. Es ändert sich nur die Zusammensetzung des Volkseinkommens, nicht dagegen seine Höhe. Daraus folgt: Der Geld- und der Gütermarkt sind unverbundene Märkte. Dies ist eine der Prämissen des klassischen Modells, die später von Keynes verworfen wird.
48
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 48 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Der neaklassische Arbeitsmarkt I I1I1 I0I0 A A0A0 A1A1 A max I min AsAs Ad1Ad1 AdAd
49
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 49 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Klassische Arbeitslosigkeit I I eff I0I0 A A0A0 A1A1 A eff I min AsAs AdAd
50
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 50 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Die Keynesianische Revolution Die Weltwirtschaftskrise von 1929 ließ Zweifel an der Gültigkeit der klassischen Wirtschaftstheorie und insbesondere des Sayschen Theorems aufkommen. Der herausragende Kritiker war der englische Ökonom JOHN MAYNARD KEYNES (1883 – 1946), der mit seinem 1936 veröffentlichten Buch „The General Theory of Employment, Interest and Money“ eine neue gesamtwirtschaftliche Lehre begründete. Kenyes versuchte nachzuweisen, dass das Saysche Theorem falsch sei. Er lieferte eine Erklärung für die Entstehung der Krise und setzte klare wirtschaftspolitische Vorgaben, sie zu beenden.
51
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 51 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Die Keynesianische Revolution Es kann ein durchaus rationales Verhalten sein, Geld zu horten, denn Geld ist nicht nur ein Tauschmittel, es ist ein echtes Vermögensaktivum. Die klassische Dichotomie, d.h. die Trennung von Geld- und Gütermarkt ist falsch; der Geld- und der Gütermarkt stehen in enger Beziehung zueinander. Geld ist nicht neutral für den Gütermarkt. Die Voraussetzungen der Klassiker bezüglich des funktionierenden Wettbewerbs auf allen Märkten sind längst nicht mehr gegeben. Auf den Gütermärkten verhindern Konzentrationstendenzen flexible Preisanpassungen (nach unten); der Arbeitsmarkt ist seit der Zunahme der Stärke der Gewerkschaften kein reiner Wettbewerbsmarkt mehr. Die wichtigsten Kritikpunkte am Sayschen Theorem:
52
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 52 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Die Keynesianische Revolution Nicht das Angebot bestimmt die Nachfrage, sondern die effektive Nachfrage bestimmt die Höhe des Angebots und damit die Nachfrage nach Arbeitskräften. Keynes versucht nachzuweisen, dass eine Volkswirtschaft im Gleichgewicht sein kann und gleichzeitig auch längerfristig Unterbeschäftigung herrschen kann, d.h. die von der Klassik unterstellte immanente Tendenz zur Vollbeschäftigung ist nicht allgemein gültig.
53
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 53 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Unterschied zwischen Mikro- und Makro- Betrachtung Bei der Analyse einzelner Märkte wird das Einkommen der Verbraucher als exogen betrachtet. Bei der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung wird das Einkommen im Marktprozess bestimmt. Es ist eine endogene Größe. Vorgehen in diesem Kapitel Sehr einfaches Modell („Einkommen-Ausgaben-Modell“), bei dem nur Mengen-Größen vorkommen Preise, Zinsen und Löhne werden als konstant angenommen Herleitung des gesamtwirtschaftlichen Angebots Herleitung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage
54
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 54 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Herleitung des Angebots Zwei Konzepte: Angebot, das bei Vollbeschäftigung am Arbeitsmarkt möglich wäre (Produktionspotential). Angebot, das von den Unternehmen tatsächlich auf den Markt gebracht wird (kurzfristiges Angebot). Vollbeschäftigungsangebot Wird aus dem Modell für den Arbeitsmarkt hergeleitet, wobei unterstellt wird, dass es sich jetzt um den Arbeitsmarkt für die gesamte Volkswirtschaft handelt. Verlauf von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage identisch wie bei einzelwirtschaftlicher Betrachtung.
55
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 55 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Herleitung des Vollbeschäftigungsangebots Am Arbeitsmarkt werden durch Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage Reallohn (w/P) und Beschäftigung N* bestimmt Diese Beschäftigung wird in eine gesamtwirtschaftliche Produktionsfunktion eingesetzt Der so ermittelte Output ist das Vollbeschäftigungsangebot Y*
56
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 56 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Determinanten des Vollbeschäftigungsangebots Präferenzen der Arbeitnehmer für Arbeit und Freizeit Produktionstechnologie der Unternehmen Kapitalstock Vollbeschäftigungsangebot ist rein mikroökonomisch determiniert unabhängig von der aktuellen Nachfragesituation
57
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 57 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Determinanten des kurzfristigen Angebots Unternehmen lassen sich bei ihren Angebotsentscheidungen stark von der aktuellen Nachfragesituation leiten extrapolative Erwartungen (reines Fortschreiben der Vergangenheit) oder adaptive Erwartungen (Erwartungen werden nach Maßgabe der Erwartungsfehler korrigiert) rein vorausschauende Erwartungen (rationale Erwartungen)
58
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 58 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Extrem vereinfachte Herleitung des kurzfristigen Angebots Unternehmen bieten die Menge an, von der sie erwarten, dass sie nachgefragt wird Unternehmen können Nachfrage richtig antizipieren Angebot wird also nur von der (erwarteten) Nachfrage bestimmt
59
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 59 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Kurzfristiges Angebot und Vollbeschäftigungsangebot
60
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 60 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Determinanten des Konsums Konsumausgaben (C) werden vom laufenden Einkommen (Y) bestimmt absolute Einkommenshypothese Dazu kommen autonome Konsumausgaben (a), die unabhängig von der Höhe des Einkommens getätigt werden. Andere Determinanten wie Zinsen erwartete Einkommen (permanente Einkommenshypothese) bleiben hier unberücksichtigt.
61
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 61 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Konsumfunktion C t = a + b Y t b = marginale Konsumquote Da das Einkommen vollständig aus der laufenden Produktion stammt gilt auch Y t = Y a t oder C t = a + b Y a t
62
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 62 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Konsum, Ersparnis und Investitionen S = Y – C Sparfunktion S = Y – (a + bY) = -a + (1-b) Y Investitionsfunktion (sehr vereinfacht) I = Gesamtwirtschaftliche Nachfrage Y n = a + b Ya +
63
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 63 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Graphische Darstellung
64
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 64 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Wie kommt es zu Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage? Gleichgewicht heißt: Pläne von Anbietern und Nachfragern sind miteinander kompatibel In dem hier dargestellten Modell kommt es stets zu einem Gleichgewicht von kurzfristigem Angebot und Nachfrage Schnittpunkt von Y n mit 45°-Linie (= kurzfristiges Angebot) Dieser liegt nicht immer bei Y V Determinanten der Lage des Gleichgewichts Autonomer Konsum marginale Konsumneigung Investitionsneigung Ob es zu einem Vollbeschäftigungsangebot kommt, hängt von den konkreten Werten dieser Größen ab.
65
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 65 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Beispiel Yn und Ya schneiden sich unterhalb von Yv
66
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 66 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Drei denkbare Konstellationen für das Gleichgewicht A. Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung: Schnittpunkt links von Y V B. Gleichgewicht bei Vollbeschäftigung: Schnittpunkt bei Y V C. Gleichgewicht bei Inflation: Schnittpunkt rechts von Y V
67
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 67 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ist ein Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung überhaupt möglich? Ökonomen vor Keynes: Jedes Angebot schafft sich selbst eine ausreichende Nachfrage („Say‘s Law“, „Saysches Gesetz“) Keynes: Wirtschaft kann aus eigener Kraft nicht mehr aus Unterbeschäftigung herauskommen.
68
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 68 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ein kleines Zahlenbeispiel Konkrete Werte für I = 1 Mio, a = 2 Mio, b = 0,5, Y a = 6 Mio Y n = 1 Mio + 2 Mio + 0,5 Y a Gleichgewicht: Y 0 = Y n = Y a Y 0 = 6 Mio Was geschieht, wenn Unternehmen an das Saysche Gesetz glauben und Y a = 8 Mio produzieren? C = 2 Mio + 0,5 8 Mio = 6 Mio; Y n = 7 Y n < Y a Unternehmen bleiben auf Gütern sitzen
69
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 69 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Problem des Unterbeschäftigungsgleichgewichts Geplante Ersparnis (S) der Haushalte: S ex ante = 8 Mio – 6 Mio = 2 Mio Geplante Investitionen (I) der Unternehmen: I ex ante = 1 Mio S ex ante > I ex ante Resultat dieser Konstellation sind ungeplante Investitionen der Unternehmen in Form von Lagerhaltung Damit stimmt ex post wieder die Aussage, dass S = I
70
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 70 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt Wenn Y 0 < Y v Unternehmen fragen maximal soviel Arbeit nach, wie sie zur Produktion von Y 0 benötigen Rationierung am Arbeitsmarkt, die mit Arbeitslosigkeit einhergeht
71
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 71 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Rationierung auf dem Arbeitsmarkt
72
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 72 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Keynesianische Arbeitslosigkeit
73
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 73 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Klassische Arbeitslosigkeit
74
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 74 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Entscheidender Unterschied zur Klassischen Arbeitslosigkeit Keynesianische Arbeitslosigkeit kann nur durch zusätzliche Nachfrage abgebaut werden (Real-) Lohnsenkungen sind wirkungslos Bei Klassischer Arbeitslosigkeit hilft (Real-) Lohnsenkung Das Problem besteht darin, in der Praxis zwischen beiden Formen der Arbeitslosigkeit zu unterscheiden.
75
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 75 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Annahmen des keynesianischen Modells Selbstheilungskräfte des Marktes sind begrenzt: Wirtschaft kann in ein Gleichgewicht bei Unterbeschäftigung geraten Potenzielle Auslöser: Rückgang der Investitionen Erhöhte Sparneigung der Privaten Rückgang der Auslandsnachfrage
76
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 76 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Anforderung an den Staat § 1 Stabilitäts- und Wachstumsgesetz „Bund und Länder haben bei ihren finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten.“ Mindestanforderung: keine Destabilisierung durch Fiskalpolitik („prozyklische Politik“) Ideale Rolle: Fiskalpolitik kompensiert die Schwankungen der anderen Nachfragekomponenten („antizyklische Politik“)
77
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 77 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Die Rolle des Staats im Modell Instrumente der Fiskalpolitik Staatsausgaben (G) Steuern (T) bzw. Steuersatz (t) Y n = a + bY a + + G(gesamtwirtschaftliche Nachfrage) Y a = Y n (gesamtwirtschaftliches Angebot) Y 0 = 1/(1-b) [a + + G](Gleichgewicht) Die Lage des Gleichgewichts kann also durch Staatsausgaben bestimmt werden.
78
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 78 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Staatsausgaben können zu Vollbeschäftigung führen
79
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 79 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Prinzip des Multiplikators Erhöhung der Staatsausgaben um 1 Million erhöht Gleichgewichtsoutput um 2 Millionen Grund: Bei der Zunahme des Einkommens von 6 auf 8 Millionen entstehen auch zusätzliche Konsumausgaben von 1 Million (= b Y) Multiplikator allgemein:
80
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 80 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Extreme Sicht von Keynes „Wenn sich das Finanzministerium entscheiden würde, alte Flaschen mit Banknoten zu füllen, diese in ausreichender Tiefe in nicht mehr benutzten Kohlenminen vergraben ließe, das Ganze mit Müll auffüllte und dann ein privates Unternehmen beauftragte, die Banknoten wieder auszugraben, bräuchte es keine Arbeitslosigkeit mehr zu geben. Durch die dadurch ausgelösten Effekte wäre das Realeinkommen der Menschen und auch ihr Vermögen um einiges höher als es derzeit ist. Es wäre natürlich sehr viel sinnvoller, Häuser und ähnliches zu bauen. Aber wenn es dabei politische oder praktische Hindernisse gäbe, wäre die oben genannte Lösung besser als nichts.“
81
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 81 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Das Instrument der Steuern Annahme: Steuern werden als fester Betrag festgelegt (T) Netto-Einkommen: Y N = Y – T Konsumfunktion: C = a + b Y N = a + b (Y – T) Gesamtwirtschaftliche Nachfrage: Y n = a + b (Y – T) + G + I Gleichgewicht: Y 0 =
82
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 82 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Fortführung des Zahlenbeispiels von Seite 64 Für a = 2 Mio, I = 1 Mio, b = 0,5, G = 1 Mio und T = 1 Mio Y 0 = 7 Mio (< Y V ) Beheben der deflatorischen Lücke durch Steuersenkung auf Null Volkseinkommen steigt durch Steuersenkung Y 0 = 8 (= Y V ) Frage: Was passiert im Modell, wenn der Staat anstatt der Steuersenkung um 1 Million eine Steigerung seiner Ausgaben um 1 Million beschließt?
83
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 83 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Das Modell mit Staatsausgaben und Steuern in der grafischen Darstellung
84
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 84 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Vergleich Staatsausgaben und Steuer- senkung im keynesianischen Modell 1 Mio. Staatsausgaben schafft 2 Mio. zusätzliche Nachfrage 1 Mio. Steuersenkung schafft nur 1 Mio. zusätzliche Nachfrage Multiplikator der Staatsausgaben ist höher als der der Steuern Multiplikator der Staatsausgaben: 1/(1- b ) Multiplikator der Staatsausgaben ist höher, da diese in vollem Umfang zu zusätzlicher Nachfrage führen, während bei Steuersenkung stets ein Teil gespart wird
85
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 85 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Automatische Stabilisatoren Steuereinnahmen und Staatsausgaben hängen wesentlich von der konjunkturellen Entwicklung ab Bei guter Konjunktur: geringe Defizite oder Überschüsse im Haushalt Schlechte Konjunktur: hohe Defizite
86
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 86 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Probleme der antizyklischen Fiskalpolitik Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung ist mit hoher Unsicherheit behaftet Antizyklik ist in der Rezession leichter zu praktizieren als in Boom- Jahren: Gefahr einer steigenden Staatsverschuldung
87
Einführung in die Volkswirtschaftslehre Kapitel 4 Wirtschaftsordnungen
88
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 88 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Polare Grundformen von Wirtschaftsordnungen Systembeeinflussende Grundelemente sind: die Eigentumsordnung: Wie sind die Eigentumsverhältnisse geregelt? der Koordinationsmechanismus: Wie werden die unterschiedlichen Pläne der Haushalte, der Unternehmen und des Staates aufeinander abgestimmt? die Ordnungsfunktion des Staates: Wie sind die ökonomischen Beziehungen zwischen den Individuen und dem Staat gestaltet?
89
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 89 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Grundlegende Probleme einer Zentralverwaltungswirtschaft Systemimmanente falsche Bedarfs- und Produktionsangaben Demotivierende Impulse Ressourcenverschwendung Starrheit der Pläne
90
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 90 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Exkurs: Das Cobweb-Theorem A N0N0 N1N1 p A0 qAqA q A0 p A1 q A1 pA´pA´ p A ´´ qA´qA´q A ´´ p A ´´´ Preisbildungsprozess und Marktgleichgewicht nach Störung Wie der Markt nach einer Störung wieder zum Gleichgewicht kommt, zeigt das Cobweb-Theorem:
91
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 91 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Grundlegende Probleme der Marktwirtschaft Machtkonzentration und Wettbewerbsbeschränkung Ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung Konjunkturschwankungen
92
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 92 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Wirtschaftsordnung in Deutschland Die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland ist die „soziale Marktwirtschaft“. Die theoretischen Grundlagen liefert der „Ordoliberalismus der Freiburger Schule“: Walter Eucken, Wilhelm Röpke, Franz Böhm, Friedrich August von Hayek. Die Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik ist eng mit den Namen Ludwig Erhard (Bundeswirtschaftsminister von 1949 – 1963, Bundeskanzler von 1963 – 1966) und Alfred Müller-Armack (Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium von 1958 – 1963) verbunden. Das Prinzip der Freiheit auf dem Markt soll mit sozialem Ausgleich verbunden werden. Die wirtschaftliche Koordination erfolgt primär über den Markt, der Staat greift aber korrigierend ein, wenn der Marktprozess sozial unerwünschte oder als ungerecht empfundene Ergebnisse hervorbringt. Es gilt das Subsidiaritätsprinzip (Hilfe zur Selbsthilfe).
93
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 93 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Gestaltungselemente der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland Wettbewerbsordnung: Marktwirtschaftlicher Wettbewerb gilt als ordnungspolitische Basis. Wettbewerb ist dynamisch, schafft Wachstum, sichert den technischen Fortschritt und verhindert Machtzusammenballungen. Allerdings muss der Staat Wettbewerbsregeln schaffen und deren Einhaltung kontrollieren. Sozialstaatsprinzip: Der Staat nimmt sich der sozialen Sicherung und dem sozialen Ausgleich an. Konjunkturpolitische Verantwortung: Die Beeinflussung des Konjunkturverlaufs soll eher zurückhaltend erfolgen. Der Stabilität der Währung als Grundlage für die Funktionsfähigkeit des Marktes soll Vorrang gewährt werden. Das Prinzip der Marktkonformität: Die Marktprozesse, insbesondere die Marktpreisbildung, soll in ihrer Funktionsfähigkeit durch die staatlichen Eingriffe möglichst wenig gestört werden.
94
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 94 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ordnungselemente der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland (1) Regelungen zum ordnungspolitischen Rahmen Das Grundgesetz: Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit, Berufsfreiheit, Recht auf Privateigentum, Sozialverpflichtung des Eigentums, Bezeichnung der Bundesrepublik als Sozialstaat, Verpflichtung, wonach Bund und Länder „bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes Rechnung zu tragen“ haben. „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ (GWB) Fusionskontrolle Missbrauchsaufsicht Kartellverbot Außenwirtschaftsgesetz: „Der Waren-, Dienstleistungs-, Kapital-, Zahlungs- und sonstige Wirtschaftsverkehr mit fremden Wirtschaftsgebieten sowie der Verkehr mit Auslandswerten und Gold zwischen Gebietsansässigen ist grundsätzlich frei.“ Aber: Viele Ausnahmen.
95
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 95 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ordnungselemente der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland (2) Regelungen zum ordnungspolitischen Rahmen Arbeits- und Sozialordnung: Wesentliche Regelungen: Die Tarifautonomie und die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz) Systeme der sozialen Sicherung (Rentenversicherung, Krankenver- sicherung, Arbeitslosenversicherung, gesetzliche Unfallversicherung und Pflegeversicherung) (Sozialgesetzbücher) Sozialhilfe (Bundessozialhilfegesetz) Das „Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb“ Zur Wahrung der Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher und der Allgemeinheit werden den Unternehmen rechtliche Regelungen zum Verhalten im Wettbewerb gegeben.
96
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 96 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ordnungselemente der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland (3) Regelungen zum ordnungspolitischen Rahmen Haushaltsordnungen der Gebietskörperschaften: „Einnahmen aus Krediten dürfen nur bis zur Höhe der Summe der Ausgaben für Investitionen in den Haushaltsplan eingestellt werden; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.“ (Bundeshaushaltsordnung; § 18, (1)) Gesetz zur „Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft“ von 1967 (StWG). Dort heißt es in § 1: „Bund und Länder haben bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu treffen, dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenen Wirtschaftswachstum beitragen“.
97
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 97 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ergebnisse der sozialen Marktwirtschaft Deutschland war bis Ende der achtziger Jahre wirtschaftlich sehr erfolgreich durch eine Kombination von umfassender sozialer Sicherung und einer hohen Leistungsbereitschaft des einzelnen. Seit der deutschen Vereinigung sind die sozialen Sicherungs- systeme überlastet, da sie zur Finanzierung der Vereinigung missbraucht wurden. Die hohen Sozialkosten schlagen sich in hohen Lohnkosten nieder, die wiederum für eine rückläufige Beschäftigung sorgen. Als Folge der hohen Arbeitslosigkeit entstehen wieder hohe Finanzierungsanforderungen für die sozialen Sicherungssysteme. Damit befindet sich das System in einer Dauerkrise, die nur langsam überwunden werden kann.
98
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 98 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Arten der Wirtschaftspolitik Ordnungspolitik Prozesspolitik Strukturpolitik Verteilungspolitik
99
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 99 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Träger der Wirtschaftspolitik Staatliche Träger Gebietskörperschaften Körperschafen des öffentlichen Rechts Internationale Organisationen Tarifpartner Institutionen mit wirtschaftspolitischem Einfluss Private Interessenverbände Parteien
100
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 100 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Ziele der Wirtschaftspolitik in Deutschland „Magisches Viereck“ der Wirtschaftspolitik gemäß Stabilitäts- und Wachstumsgesetz Marktwirt- schaftliche Ordnung Preis- Stabilität Hohe Beschäftigung Außen- wirtschaftliches Gleichgewicht Wirtschafts- wachstum
101
Einführung in die Volkswirtschaftslehre Literaturhinweise
102
Merkur IFH Karlsruhe, Prof. Dr. Jürgen Morlok, Seite 102 Einführung in die Volkswirtschaftslehre Literaturhinweise Czogalla, Christian; Koch, Walter A.S. Grundlagen der Wirtschaftspolitik, 2. Auflage, Stuttgart 2004 Krugman, Paul.: Schmalspurökonomie – Die 27 populärsten Irrtümer über Wirtschaft, Frankfurt/New York, 2000. Guckelsberger, U., Kronenberger, S.: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre – Lehr- und Übungsbuch, 3. Auflage, Ludwigshafen 2002 Bofinger, Peter: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, München 2003
Ähnliche Präsentationen
© 2025 SlidePlayer.org Inc.
All rights reserved.