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o. Univ.-Prof. Dr. Franz Schrank HRBC Salzburg,

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Präsentation zum Thema: "o. Univ.-Prof. Dr. Franz Schrank HRBC Salzburg,"—  Präsentation transkript:

1 o. Univ.-Prof. Dr. Franz Schrank HRBC Salzburg, 17.2.2015
Gesetzliche Neuerungen im und betriebswichtiges Judikatur-Update zum Arbeitsrecht o. Univ.-Prof. Dr. Franz Schrank HRBC Salzburg,

2 Schrank, AR-Neuerungen
„Lohndumping-“ bzw.Unterzahlungsverbot Verschärfungen ASRÄG 2014, BGBl. I 2014/94 Novelle zum AVRAG, v.a. dessen § 7i Abs. 5, per Wichtig v.a. auch für heimische Unternehmen. Nur die gut organisierte Expertise ihrer Personal(verrechnungs)-abteilungen vermeidet massive Lohndumpingstrafen! Schrank, AR-Neuerungen

3 Schrank, AR-Neuerungen
Teure Irrtümer ... Lohndumpingstrafen gelten nur für aus dem Ausland vorübergehend nach Österreich entsandte AN ... Was haben wir mit Lohndumping zu tun? Wir sind ein redliches Unternehmen ... Wer mehr als den Kollektivvertrag zahlt und/oder gute Sachbezüge leistet, dem kann LD nichts anhaben ... Solange die AN mit dem Unternehmen und der Arbeit(s-bezahlung) zufrieden sind, kann nichts passieren. Überstunden-Unterentlohnung: Mit dem kollektiv-vertraglichen Verfall ist auch das LD-Risiko weg ... Mit Nachzahlungen auf den KV entfallen die Strafen ... Voll-Nachzahlungen machen immer straffrei ... Verantwortliche Beauftragungen (§ 9 VStG) sind das „Ei des Kolumbus“ ... Schrank, AR-Neuerungen

4 Neues zum Unterzahlungsverbot (1)
Wann strafbares Lohndumping? Ab nicht erst Grundlohnunterschreitungen, sondern schon jede Unterschreitung des nach Gesetz, VO oder Kollektivvertrag zustehenden „Entgelts“, also neben dem Einstufungsentgelt auch der Sonderzahlungen und aller entgelthaften Zulagen und Zuschläge, ausgenommen sozialversicherungs-freie Entgeltteile (§ 49 Abs. 3 ASVG) Überzahlungen „bei den nach ... KV gebührenden Entgeltbestandteilen sind auf allf. Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen“. Hinsichtlich Sonderzahlungen liegt Strafbarkeit erst vor, wenn sie nicht oder nicht vollständig bis spätestens des jeweiligen Kalenderjahres geleistet werden. Schrank, AR-Neuerungen

5 Neues zum Unterzahlungsverbot (2)
Straffreiheit neu, wenn AG vor Erhebung durch Abgabenbehörden, KV-Träger oder BUAK die Differenz zwischen dem geleisteten und gebührenden Entgelt nachweislich leistet. Keine Strafverhängung auch, wenn AG die offene Differenz bei Aufforderung durch die Strafbehör-de in der gesetzten Frist nachweislich leistet und -- die Unterschreitung gering ist oder -- das Verschulden des Verantwortlichen leichte Fahrlässigkeit nicht übersteigt. Ansonsten sind Diff.-Nachzahlungen nur strafmildernd. GKKs haben bei Lohndumping-Strafbescheiden der BH die vom LD betroffenen AN zu informieren. Schrank, AR-Neuerungen

6 Neues zum Unterzahlungsverbot (3)
Strafhöhen: Bei Lohndumping wie bisher je AN zum ersten Mal € bis je AN bzw. bei mehr als 3 AN € bis , bei Behördenbehinderungen verdoppelt auf bis bzw bis , bei Verweigerung der Einsichtnahme in die Lohnunter-lagen Strafsatz erhöht wie bei Lohndumping und nun kumuliert je AN! Auch das Nichtbereithalten der Lohnunterlagen (bei grenzüberschreitender Arbeit) kostet je AN gleich viel wie Lohndumping! Beginn und Frist der Verfolgungsverjährung: -- Neu drei Jahre ab Fälligkeit, -- bei durchgehender Unterbezahlung erst ab Fälligkeit der letzten Unterbezahlung, hier Strafverjährung sogar erst nach 5 Jahren. -- Bei Sonderzahlungen Fristbeginn erst mit Schrank, AR-Neuerungen

7 Neues zum Unterzahlungsverbot (4)
Bestellung verantwortlich Beauftragter (§ 9 VStG): Erst rechtswirksam ab Einlangen der Mel-dung über die Bestellung samt Zustimmungsnachweis -- bei der zentralen KIAB durch AG oder Überlasser mit Sitz im Ausland, oder -- für Inlandsfälle bei der zuständigen GKK. Verantwortlich Beauftragte müssen auch die für die richtigen Zahlungen erforderlichen Befugnisse haben! Wichtiger, effizienter und sinnvoller ist aber mE ein von der Unternehmensspitze organisiertes Vorbeuge- und Kontrollsystem, welches nach menschlichem Ermessen unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund schuldhafte Unterschreitungen der KV-Mindestentgelte nicht erwarten lässt! Schrank, AR-Neuerungen

8 Zusätzliches für nach Ö. Entsandte (5)
Österr. Entgelt (§ 7a, 7b AVRAG) mit Haftung unter-nehmerischen Auftraggebers nicht erst bei fortgesetzter Arbeitsleistung in Ö., sondern bei jeder Arbeit, ausgenommen folgende kurzfristige Arbeiten in geringem Umfang -- geschäftliche Besprechungen ohne weitere Arbeit -- Messen oder messeähnliche Veranstaltungen bis max. 10 aufeinanderfolgende Tage; nicht aber für Auf- und Abbau der Ausstellungseinrichtungen und An- und Ablieferung des Messegutes -- Besuch von oder Teilnahme an Kongressen -- kulturelle Veranstaltungen im Rahmen einer Tournee mit untergeordneter Österreich-“Teil“ des AN -- internationale Sportmeisterschaften analog Messen, mit Ausnahme der Verabreichung Speisen u. Ausschank Schrank, AR-Neuerungen

9 Zusätzliches für Ö.-Entsandte (6)
Teilausnahme Montagearbeiten bei Lieferung von Anlagen bleibt aber erhalten, erweitert auf Schulungen und Reparaturen. Die Ausnahme erfasst weiterhin Bauarbeiten iwS nicht! All dies gilt auch für EU- bzw. EWR-Entsendungen, wobei in diesen Fällen die Meldungen an die zentrale KIAB – spätestens 1 Woche vor Arbeitsaufnahme (in Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und kurzfristigen Aufträgen unverzüglich vor Arbeitsauf-nahme) – künftig immer über die elektronischen Formulare zu erfolgen haben, mit zusätzlichen Angaben wie österr. KV und ausl. Ausländerbe-schäftigungsgenehmigung, falls im Sitzstaat erforderlich, und Bereithaltung ausl. SV-Unterlagen. Schrank, AR-Neuerungen

10 Zusätzliches für Ö.-Entsandte (7)
Wie bisher verwaltungsstrafbare Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen in deutscher Sprache durch den AG bzw. bei grenzüberschreitenden Überlassungen Beschäftiger im Inland: -- Präzisierung der Unterlagen auf Arbeitsvertrag/ Dienstzettel, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen und Arbeitszeitaufzeichnungen (zur Überprüfung des gebührenden Ö-Entgelts). Sicherheitsleistungen des Auftraggebers/Beschäf-tigers, neu uU mit behördlichem Zahlungsstopp: Künftig auch bei Melde- und Unterlagendelikten! Schrank, AR-Neuerungen

11 Schrank, AR-Neuerungen
Genaueres zum erweiterten Lohndumpingbegriff: Die wichtigsten Fragen und Antworten Schrank, AR-Neuerungen

12 Schrank, AR-Neuerungen
§ 7i. (5) AVRAG: Wer als Arbeitgeber/in ein/en Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten, begeht § 7e. (4) letzter Satz AVRAG: Aufwandersätze und Sachbezüge dürfen, soweit der Kollektivvertrag nicht anderes bestimmt, für die Zwecke der Bestimmung des kollektivvertraglichen Engelts nicht aufgerechnet werden. Schrank, AR-Neuerungen

13 SV-Anspruchsprinzip – Dumpingschutz?
§ 49 Abs. 1 ASVG Umfasst alle Anspruchs-grundlagen, auch aus Arbeitsverträgen Endet bei Höchst-BGl Umfasst auch KV-Ist-lohnklauseln Führt zu SV-Differenzbei-trägen (zugunsten AN), BZ oder Verzugszinsen, Verwaltungsstrafen nur über Umweg von Melde-verstößen (eher selten) § 7i Abs. 5 AVRAG Umfasst nur Entgelte aus KV (Satzung) und MLT, gesetzliche nur, wo Ge-setz auf KV abstellt (§§ 7-7b AVRAG, § 10 AÜG) Schützt einzelvertrag-liche Entgelte nicht, erfasst daher keine Istlohnklauseln Von Verwaltungsstrafen hat AN unmittelbar nichts, Strafrahmen auch viel höher Schrank, AR-Neuerungen

14 Bezugnahme auf Gesetz, VO und KollV?
Gesetz? Meint nur direkte gesetz-liche Arbeitsentgelte (öff. Dienst, soweit er von AVRAG erfasst ist), be-sondere gesetzliche Ver-weisungen auf KollV (§§ 7, 7a, 7b AVRAG, §§ 10 Abs. 1 Satz 3 und 10a Abs. 3 AÜG), gesetzliche Entgeltfortzahlungen mE nur im Umfang des KV-Niveaus der Entgeltfort-zahlungen/Durchschnitte Verordnung? Meint in der Privatwirt-schaft nur gesatzte Kollektivverträge sowie Mindestlohntarife Kollektivertrag? Meint den auf das jeweilige AV normativ anzuwendenden KollV, nicht auch vertraglich oder durch Übung angewendete KollV (insoweit ja nur Vertragsschablonen) Schrank, AR-Neuerungen

15 Typische LD-KollV-Entgeltfehler (1)
Außer ausreichende anrechenbare Überzahlung Unrichtiger Kollektivvertrag, dessen Tabellenwert unter jener des richtigen KV liegt Richtiger KV, falsche Tabelle (z.B. BAGS oder Handel oder Lohntafeln z.B. Nahrungsmittelindustrie) Zeitlich unrichtige KV-Tabelle (KV-Mindest-Erhöhungen) Tätigkeitsbezogen zu niedrige Einstufung: Unrichtige vorwiegende Tätigkeit: Überwiegende (zeitlich/wertigkeitsmäßig) höherwertige Tätigkeit (oft bloß schlüssige) Tätigkeitsaufwertung übersehen Vordienstzeitbezogen zu niedrige Einstufung Zeitvorrückung übersehen oder zu spät vorgenommen Dienst- bzw. Vordienstzeitenanrechungspflichten (KV, MLT, EG-FreizügigkeitsVO, Betriebsübergang) verkannt Schrank, AR-Neuerungen

16 Typische LD-KollV-Entgeltfehler (2)
Außer ausreichende, anrechenbare Überzahlung Nichtanwendung begünstigter ÜStd.-Divisoren Unzulässige Anrechung eines Sachbezugs oder von Diäten auf den Grundlohn! Fixa unter KV-Gehalt, zumindest dann, wenn Fixum samt Provisionen (gerechnet im 12-Monatsdurchschnitt oder mit Differenz-Vorschüssen?) letztlich unter KV-Gehältern liegt Kollektivvertragliche entgelthafte Zulagen (Vorarbeiterzuschläge udgl., Nachtarbeitszulagen, Schichtzulagen, Erschwernis- oder Gefahrenzulagen, allenfalls auch sv-pflichtige Schmutzzulagen, Überstundenzuschläge) falsch angewendet, zu niedrig berechnet oder überhaupt übersehen Schrank, AR-Neuerungen

17 Fehler Nichtleistungs-Durchschnitte?
Außer ausreichende, anrechenbare Überzahlung bei der jeweiligen EF Entgeltfortzahlungen (Urlaubsentgelt, Krankenentgelt, Feiertagsentgelt) unter jenen Durchschnitten, die sich auf Basis des für die ausfallende Arbeitszeit weiterzuzahlenden kollektivvertraglichen Entgelts samt der relevanten entgelthaften KV-Zulagen ergeben Wichtig: Aktiventgelt-Überzahlungen sind wohl auch hier wegen des erforderlichen sog. Gruppenvergleichs nach § 3 Abs. 2 ArbVG nicht anrechenbar (siehe die stRsp zum Ausfallsprinzip) Schrank, AR-Neuerungen

18 Grundsatzfehler mit KV-Auswirkungen
Außer ausreichende, anrechenbare Überzahlung Praktikant, Ferial- oder sonstiger Volontär mit bloßem Taschengeld ist letztlich Arbeitnehmer Freier DN oder Werkvertragsnehmer ist letztlich AN Arbeitskräfteüberlassung unter KV-Tabelle des jeweiligen Beschäftigers (Strafbarkeit nur des AG = Ü) Grenzüberschreitende Konzernentsendung aus Ausland unter vergleichbarem österr. KV-Entgelt (strafbar AG) Nicht nur vorübergehende inländische Konzern-überlassung unter KV-Tabelle des Beschäftigers Konzernüberlassung aus dem Ausland unter dem österreichischen KV-Entgelt (strafbar wäre nur ausl. AG, doch könnte österr. Unternehmen mit Sicherheits-leistung belastet werden) Schrank, AR-Neuerungen

19 Keine LD-Anwendungsfälle sind (unbeschadet SV-Folgen)
Nicht berücksichtigte Istlohn-Klauseln des KV, also übersehene Istlohn- bzw. Istgehaltserhöhungen Missachtung einer begünstigenden Ist-Erhöhungsübung Fehler bei Entgelten iSd § 49 Abs. 3 ASVG: SV-freie Krankengeldzuschüsse und EF unter 50%, sv-freie Jubiläumsgelder und Abfertigungen Alt Fehler bei pauschalen Diäten oder km-Geldern (geschuldeter echter Auslagenersatz kann aber mangels wirtschaftlichen Ankommens des Entgelts beim AN möglicherweise Istentgelt kürzen und so allenfalls indirekt zu LD führen!) Schrank, AR-Neuerungen

20 Sonderzahlungsfehler
Außer ausreichende, anrechenbare Überzahlung oder Differenznachzahlung spätestens am Nicht oder nicht spätestens per im kollektiv-vertraglich normierten Umfang geleistete SZ (UZ, WR) KV-widrige zu niedrige SZ Bemessungsgrundlage, z.B. Nichteinbezug bestimmter Durchschnitte Unberechtigte Kürzungen, z.B. bei langen Kranken-ständen, wenn KollV die Nichtkürzung normiert Nicht- bzw. Unterzahlung bei Ein- oder Austritten (Wartezeitfehler, Aliquotierungsfehler, kollektiv-vertragsunberechtigter Entfall) Zu hohe Überhangsrückverrechnungen, soweit sie zur Anspruchsunterschreitung führen Schrank, AR-Neuerungen

21 Arbeitszeit und Lohndumping?
Aus dem AV-Synallagma ergibt sich: Auch kollektivvertragliches Arbeitsentgelt steht für geleistete, dem Arbeitgeber zurechenbare Arbeit und damit Arbeitszeit immer zu. Rechtlich gibt es insoweit keine unbezahlte Arbeit oder Arbeitszeit. Dessen Höhe richtet sich daher ebenfalls nach Ausmaß und zeitlicher Lage der Arbeitszeit. Dies bestätigen die Differenzierungen des AZG zur Normalarbeitszeit, TZ-Mehrarbeit, AZV-Mehrarbeit und Überstundenarbeit ebenso wie der üblichen KollVe. Insofern gewinnt auch das Arbeitszeitrecht für die LD-Problematik besonderes Gewicht und eine neue, zusätzliche Dimension! Schrank, AR-Neuerungen

22 Arbeitszeitbezogene LD-Fälle
Außer ausreichende, anrechenbare Überzahlung oder ausreichende All-In-Vereinbarung Zeiten nicht als Arbeitszeiten erkannt (de-facto-Arbeits-bereitschaften statt Pausen? Arbeitsessen? Teamklau-suren? Reisebewegungszeiten?) Unbezahlte / unterbezahlte Mehr- bzw. Überstunden). Insoweit zählen v.a. AZ-Aufzeichnungen, Arbeitsnach-weise, aber auch Schätzung ist denkbar... Gegenüber KollV zu hohe Divisoren für Überstunden führen zur Unterschreitung des KV Zu niedrige KollV-Zuschläge, sei es durch Missachtung der gemäß KollV maßgeblichen zeitlichen Lage, sei es durch Berechnungsfehler ieS Bloße 1:1-Zeitausgleiche für Überstunden, außer die Zuschläge werden rechtzeitig tatsächlich ausbezahlt Schrank, AR-Neuerungen

23 NAZ-Durchrechnungen und LD?
Außer ausreichende, anrechenbare Überzahlung oder ausreichende All-In-Vereinbarung AZG-widrige flexiblere Normalarbeitszeitgestaltungen (z.B. Durchrechnungen ohne KV-Zulassung) und daher fehlende Zuschläge für TZ-MA, AZV-MA, Überstunden Gleitzeiten oder formal ausreichende Gleitzeit-Betriebs- bzw. (bei Fehlen eines BR oder bei allen geschützten Elternarbeitszeiten) schriftliche Einzelvereinbarung Schlichtes Nichterkennen solcher oder anderer fehlerhafter Normalarbeitszeitgestaltungen (z.B. 10. Tagesstunde ohne gültige Gleitregelung oder KV-Zu-lassung oder ohne zugelassene regelmäßige 4-Tage-Woche oder ohne gesetzl. Einarbeiten iVm Feiertagen) Schrank, AR-Neuerungen

24 Was tun bei zu vielen Überstunden?
Auch AZG-widrige Überstunden sind grundsätzlich entgeltpflichtig, soweit sie dem AG zurechenbar sind Das Problem zu vieler Überstunden kann daher entgelt-mäßig nicht durch bloße Hinweise, solche künftig nicht zu bezahlen oder Ä., gelöst werden! Erforderlich sind klare und ernsthafte Anweisungen an die entsprechenden AN, dass diese bzw. ab welchem Umfang Mehr- oder Überstunden betrieblich weder er-forderlich sind noch geduldet werden, sowie die regel-mäßige Überwachung auch der Einhaltung dieser Klarstellungen durch AG und Vorgesetzte! Insofern sind auch Zeitabschneidungen bzw. systemi-sche Kappungen sinnvoll und im Ergebnis auch zulässig, außer bei konträrem Vorgesetztenverhalten! Bloßes Kappen genügt aber für die Unentgeltlichkeit nicht! Beweissicherung durch Kurz-AV nicht vergessen! Schrank, AR-Neuerungen

25 Schrank, AR-Neuerungen
Zu viele Plussalden? Gleiten berechtigt nur zur begrenzten Selbsteinteilung des vertragliche vorgesehenen Arbeitszeitausmaßes innerhalb des Gleitzeitrahmens, nicht aber zu dessen Überschreitung oder überhöhtem Zeitsammeln inner-halb des Gleitzeitrahmens: Insofern sind wie sonst (siehe vorherige Folie) auch systemische Kappungsklauseln in den Gleitzeitrege-lungen vorbeugend sinnvoll und tatsächliche Kappungen im Ergebnis auch zulässig, außer insbesondere bei konträrem Vorgesetztenverhalten! Bloßes überraschendes Kappen genügt aber auch bei Gleitzeiten für die Unentgeltlichkeit nicht! Für Ausnahmesituationen berechtigten, dem AG zure-chenbaren Überschreitens der Übertragbarkeitssalden ist jedoch die Bezahlung vorzunehmen. Schrank, AR-Neuerungen

26 LD-Bestandteilbezogenheit? (1)
„ .... Überzahlungen bei den gebührenden Entgelt-bestandteilen sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen.“ Mit diesem Text in § 7i Abs. 5 AVRAG ist das Risiko sehr hoch, dass generelle Überzahlungen nicht genügen! Ohne ausreichend-spezifische Anrechnungsvereinbarung – was arbeitsrechtlich infolge Günstigkeit erlaubt ist, kann nicht Lohndumping sein! – ist daher die Anrechnung nur in jenen Fällen (bestandteilbezogen) gesichert, die gemäß Gruppen-Günstigkeitsvergleich (§ 3 Abs. 2 ArbVG) typischerweise oder üblich ergebnisbe-zogen als „Einheit“ gesehen werden. Schrank, AR-Neuerungen

27 LD-Bestandteilbezogenheit? (2)
In allen anderen Fällen bedarf es ausdrücklicher bestand-teilspezifischer Anrechungs- oder Pauschalierungsverein-barungen! Solche sicherheitshalber, sofern man die „Übersicht“ bewahren kann (uU ist hier weniger mehr). Anrechnungsvereinbarungen helfen aber nur insoweit, als sie rechtlich erlaubt sind. Ausdrücklich verboten ist die Anrechung von Sachbe-zügen oder Diäten auf das kollektivvertragliche Entgelt! Unwirksam ist auch die vereinbarte Anrechnung höheren Arbeitsentgelts auf Entgeltfortzahlungsansprüche (schei-tert an Gruppenbezogenheit des Günstigkeitsvergleichs, das Nichtarbeitsentgelt andere sozialpolitische Zwecke hat als das Arbeitsentgelt), daher auch auf KV-EF Schrank, AR-Neuerungen

28 Zahlungszeitraumbezogenheit?
„Überzahlungen sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen.“ Daher ist zusätzlich das Risiko sehr hoch, dass Überzah-lungen in bestimmten Lohnzahlungszeiträumen Unter-zahlungen in anderen Zeiträumen nicht egalisieren! Es bedarf also objektiv günstigerer zeitraumüberschrei-tender Anrechnungsvereinbarungen bei Ist-Entgelten, die so schwanken, dass einzelne Monate unter KV liegen. Maximaler Anrechnungsausgleich: 12 Monate. Schlüssig vereinbart ist diese durchschnittliche Zeitraum-bezogenheit bei Überstundenpauschalvereinbarungen oder wohl auch bei Provisionen, die zur Erreichung des KV-Entgelts erforderlich sind, weil sie typischerweise oder üblich ergebnisbezogen als „Einheit“ gesehen werden (Akontozahlungen sind aber sicherer!!!). Schrank, AR-Neuerungen

29 Zeitraum-Fallen der Praxis?
Fixums- und Provisionsvereinbarungen bei Fixum unter Kollektivvertrag Nur einmal jährliche nachträgliche Ausgleichszahlungen bei EF-Durchschnitten, die gemessen an der zu fingierenden Arbeitszeit vorläufig unter KV-Niveau sind Offene Zeitausgleiche ohne grundsätzliche und glaubwürdige ZA-Vereinbarung (ohne diese sind ja Üstd.entgelte abhängig von Leistung spätestens im Folgemonat fällig. Überstundenentgelt-Nachträge, ohne vorher Zeitaus-gleich vereinbart zu haben (ZA-Vereinbarung und Rück-umwandlung dokumentieren) Chance nicht genutzt, allfällige Sonderzahlungsausgleiche noch vor zu leisten (insofern sind SZ LD-mäßig immer Zahlungen für Kalenderjahreszeitraum) Schrank, AR-Neuerungen

30 Auch tatsächliches „Ankommen“
Da der Lohndumpingstraftatbestand auf das „Leisten“ des kollektivvertraglich zustehenden Entgelts abstellt, genügen perfekt richtige Berechnungen nicht, Zustehendes muss auch (rechtzeitig) beim AN ankom-men, ihm also tatsächlich zufließen (wobei Verspätun-gen bei Ankommen vor Kontrollen als noch freiwillige Nachzahlungen strafbefreiend wirken). Daher auf Zahlungsnachweise samt Widmung achten! Typische Leistungsfehler: Missachtung der periodischen Fälligkeiten, nicht entsprechend gewidmete Prämien etc., unberechtigte Abzüge oder Aufrechnungen (z.B. Ausbildungskostenverrechnungen, die zur Unterschrei-tung des „Existenzminimums“ führen, oder einseitige Aufrechnungen mit Schadenersatzansprüchen des AG) Schrank, AR-Neuerungen

31 Schrank, AR-Neuerungen
Entgeltzahlung: Schadenersatzansprüche des AG aus Diensterbringung aufrechenbar? LE-AS Nr.4, § 391 Abs.3 ZPO, §§ 1438, 1440 ABGB   1.       Zwischen Entgeltansprüchen des Arbeitnehmers und einer eingewendeten Schadenersatz-forderung des Arbeitgebers besteht selbst dann, wenn diese aus einem Verhalten des Arbeitnehmers bei Erbringung seiner Arbeitsleistung und Verstoß gegen den Arbeitsvertrag resultiert, kein rechtlicher Zusammenhang iSd § 391 Abs. 3 ZPO. 2.       Über die Entgeltansprüche kann daher bei Entscheidungsreife durch Teilurteil erkannt werden.   OGH , 9 ObA 98/13x OLG Wien , 9 Ra 19/13z-24 Schrank, AR-Neuerungen

32 Schrank, AR-Neuerungen
Ausbildungskostenrückersatz: Aufrechnung nur mit pfändbarem Entgeltteil? LE-AS Nr.3, § 2d Abs. 1 AVRAG § 293 Abs. 3 EO   1.       Eine Aufrechnung des Rückersatzes von Ausbildungskosten mit Arbeitseinkommen ist nur mit dessen pfändbarem Teil zulässig (§ 293 EO). 2.       Einer Aufrechnung mit dem (als Existenzminimum) pfändungsfreien Teil stünde überdies der Zweck der Rückersatzbeschränkungen des § 2d AVRAG entgegen.   OGH , 9 ObA 97/13z OLG Graz , 7 Ra 2/13p-28 LG Graz , 32 Cga 48/12w-19 Schrank, AR-Neuerungen

33 Schrank, AR-Neuerungen
Strafbarkeit und Nachzahlungsdruck wie reduzieren bzw. vermeiden? Keine Problemlösung sind höhere Bezüge, dies v.a. wegen der bestandteil- und lohnzahlungs-zeitraumbezogenen Anrechenbarkeit von Überzahlungen Schrank, AR-Neuerungen

34 Organisationsverantwortung wahrnehmen
Das Personalwesen gehört zum Kernbereich des Arbeit-gebers und damit seiner Geschäftsführung. Dies gilt für die wirtschaftlich sinnvolle Bezahlung ebenso wie deren rechtlicher Richtigkeit. Auch im AVRAG liegt daher die Strafverantwortlichkeit grundsätzlich bei den gesetzlich Vertretungsbefugten = bei der Geschäftsführung. Auch das Gesetz geht aber nicht davon aus, dass die GF alle komplexen Einzelheiten des Arbeitsrechts und der Kollektivverträge beherrscht. Ihre Verantwortlichkeit ist daher eine Organisationsverantwortung: Sie muss die organisatorisch-personellen Voraussetzungen für die effektive Einhaltung im Unternehmen durch ein geeignetes Maßnahmenbündel schaffen und system. Überwachungsmaßnahmen setzen (Kontrollsystem). Schrank, AR-Neuerungen

35 Wirksames Vorbeuge-/Kontrollsystem!
Welche konkreten Maßnahmen (1)? -- Qualitativ/quantitativ ausreichende Personal-, Technik- und Unterlagenausstattung, nach Evaluierung des Bedarfs (unter Bedachtnahme auf erforderliche Zusatzarbeiten wie Routine-Kontrollchecks, Entschei-dung schwieriger Fälle etc.) -- MA-Anforderungsprofile des Personalwesens und Weiterbildungsanforderungen erstellen, -- Übereinstimmung bei Besetzungsentscheidungen und Weiterbildung prüfen, kontrollieren und dokumentieren -- den Einhaltewillen in Bezug auf die richtige Bezahlung den MA des Personalwesens gegenüber bekunden, zu Rückfragen und Abstimmung von Zweifelsfällen auffor-dern und all dies auch nachvollziehbar dokumentieren Schrank, AR-Neuerungen

36 Wirksames Vorbeuge-/Kontrollsystem!
Welche konkreten Maßnahmen (2)? - Identifizieren eventueller konkreter LD-Schwachstellen - Konkrete Abhilfemaßnahmen festlegen - Zwingende Routine-Checks anweisen, z.B rechtzeitige Deckungsprüfungskontrollen Vordienstzeitenanrechnungsvorgangsweisen Arbeitszeitaufzeichnungen, wo besonders sensibel? periodisches Abfragen Beschäftigungsprofile Umstufungserfordernisse prüfen und umsetzen Bei jeder generellen KV-Erhöhung in Grenzfällen – ist neues Mindestentgelt noch gedeckt? Teilpauschalierungsvereinbarungen vorhanden oder sinnvoll? Schrank, AR-Neuerungen

37 Schrank, AR-Neuerungen
Zusammenfassend: Was ist Aufgabe der Geschäftsführung, was der Fachexperten? Aufgabe der GF ist es daher, den Personal- bzw. Personalverrechnungsbereich quantitativ und qualitativ personell, unterlagenmäßig und auch technisch so auszustatten, dass diese Einheit(en) die Entgelte auch real jeweils richtig (sei es in heiklen Fällen auch durch Zuziehung externer Expertise) und rechtzeitig berech-nen und anweisen können, aber auch zumutbare Vor-kehrungen für die erforderlichen Kontrollen zu präzisie-ren/schaffen und die Einhaltung sowohl der Entgelte als auch der Kontrollen, Unterlagen- bzw. Wissensaktuali-sierungen und Dokumentation relevanter Vorgänge selbst bzw. durch Geeignete sicherzustellen. Aufgabe der Fachexperten (PL, PV-L, PV) ist die fachli-che Umsetzung (Berechnungen, AZ-Gestaltung, Checks) Schrank, AR-Neuerungen

38 Verantwortlichkeiten wie organisieren?
Das Unternehmen selbst wird zwar nicht bestraft, haftet aber für die Geldstrafen in vollem Umfang (wenn Verantwortlicher nicht zahlen kann) Angesichts der gerade beim LD-Thema ersichtlichen Schwächen verantwortlicher Beauftragung erscheint es auch daher (und wegen des Risikos aus nicht ausrei-chenden Befugnissen) sinnvoll, Beauftragungen nur im Kreise der GF (bei mehreren nur einer) vorzunehmen und auf verantwortliche Beauftragungen nach unten zu verzichten, auch wegen der Sensibilität des Einlangenserfordernisses bei der GKK Interne arbeitsrechtliche Verantwortungen insbes. der Personal- oder PV-Leitung sind davon ja unabhängig. Auch daher wird die konsequente Entwicklung und Nutzung deren fachlichen Know-How genügen. Schrank, AR-Neuerungen

39 Abschlussbetrachtung
Niemand, auch ich nicht, ist für Lohndumping. Was unter diesem Titel nunmehr gesetzlich läuft, geht aber weit über Lohndumping hinaus. Seine auch für gut zahlende heimische Betriebe realen Kosten- und Strafrisiken sind groß bis unverhältnis-mäßig. Wer sich diesen nicht ausliefern (und aufgeben) will, muss sein Personal(verrechnungs)wesen organisa-torisch und inhaltlich noch besser aufstellen als bisher. Dieser interne „Bürokratieschub“ bedarf Sorgfalt und Verlässlichkeit der Personalmitarbeiter, aber auch deren besonderer Qualifizierung im Arbeitsrecht samt laufen-der Ajourhaltung des Wissens (Ausstattung mit aktueller AR-Literatur und Weiterbildung). Beides hat die reale Chance, per Saldo ohne Mehrkosten auszukommen. Schrank, AR-Neuerungen

40 Schrank, AR-Neuerungen
Bürokratie-Entlastungen (im ASRÄG 2014) 1. Arbeitszeitaufzeichnungen (AZG, ARG) Erleichterungen per Sonstiges: ASchG-Vereinfachungen Schrank, AR-Neuerungen

41 1. Arbeitszeitaufzeichnungen (1)
Erweiterung der Möglichkeit bloßer täglicher Saldoaufzeichnungen: § 26 Abs. 3 "(3) Für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, die die Lage ihrer Arbeitszeit und ihren Arbeitsort weitgehend selbst bestimmen können oder ihre Tätigkeit über-wiegend in ihrer Wohnung ausüben, sind ausschließlich Aufzeichnungen über die Dauer der Tagesarbeitszeit zu führen." Schrank, AR-Neuerungen

42 1. Arbeitszeitaufzeichnungen (2)
2. Erleichterungen bei den Pausenaufzeichnungen (§ 26 Abs. 5): "(5) Die Verpflichtung zur Führung von Aufzeichnun-gen über die Ruhepausen gemäß § 11 entfällt, wenn 1. durch Betriebsvereinbarung, in Betrieben ohne Betriebsrat durch schriftliche Einzelvereinbarung a) Beginn und Ende der Ruhepausen festgelegt werden oder b) es den Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen über-lassen wird, innerhalb eines festgelegten Zeitraumes die Ruhepausen zu nehmen, und 2. von dieser Vereinbarung nicht abgewichen wird." Schrank, AR-Neuerungen

43 1. Arbeitszeitaufzeichnungen (3)
3. Vereinfachungen bei schriftlich fixen Arbeitszeit-einteilungen: § 26 Abs. 5a AZG: "(5a) Bei Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern mit einer schriftlich festgehaltenen fixen Arbeitszeiteinteilung haben die Arbeitgeberinnen/Arbeitgeber lediglich deren Einhaltung zumindest am Ende jeder Entgelt-zahlungsperiode sowie auf Verlangen des Arbeitsin-spektorates zu bestätigen und sind nur Abweichungen von dieser Einteilung laufend aufzuzeichnen." Schrank, AR-Neuerungen

44 1. Arbeitszeitaufzeichnungen (4)
Übermittlung Arbeitszeitnachweise an AN und Ergänzung der Verfallsfolgen in § 26 AZG: "(8) AN haben einmal monatlich Anspruch auf kosten-freie Übermittlung ihrer Arbeitszeitaufzeichnungen, wenn sie nachweislich verlangt werden. (9) Verfallsfristen werden gehemmt, 1. solange den Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern die Übermittlung gemäß Abs. 8 verwehrt wird, oder 2. wenn wegen des Fehlens von Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unzumutbar ist.“ Schrank, AR-Neuerungen

45 2. ASchG-Vereinfachungen
Sicherheitsfachkräfte dürfen gleichzeitig auch als SVP bestellt werden (§ 10 Abs. 10) Entfall Brandschutzgruppe (§ 25 Abs. 5) Arbeitsschutzausschuss: Mindestsitzungsanzahl 1 statt bisher 2 pro KJ (§ 88 Abs. 5) Schrank, AR-Neuerungen

46 Teil 2: Praktisch wichtige neue Höchstgerichts-Judikatur
Schrank, AR-Neuerungen

47 Schrank, AR-Neuerungen
Nachfolgende Leitsätze   finden Sie zusammen mit den o       Sachverhalten, o       Prozessverläufen, o       Volltexten der Entscheidungsgründe o       sowie Anmerkungen zu Bedeutung und Auswirkungen   in LE-AS: Leitentscheidungen der Höchstgerichte zum Arbeits- und Sozialrecht   Aufbereitet und kommentiert für die Praxis von F. Schrank   Grundwerk inkl. Ergänzungen in derzeit sechzehn DIN A-5 Bänden, Stand Ergänzungslieferungen Feber, Juni und Oktober    seit 2015 im Verlag LexisNexis Wien Schrank, AR-Neuerungen

48 Schrank, AR-Neuerungen
Vertragsfragen Schrank, AR-Neuerungen

49 Schrank, AR-Neuerungen
Anspruchs- bzw. Unverbindlichkeitsvorbehalt: Auch bei im Vertrag in Aussicht gestellter Jahresprämie? LE-AS Nr.3, §§ 879, 914, 915 ABGB   1.       Hält Pkt des Dienstvertrags fest, dass die Prämie eine freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch ist, wird in Pk.t 4.5. die Prämie in Aussicht gestellt und ist es nach Pkt von einer gesonderten Beschlussfassung bzw. Entscheidung des Dienstgebers abhängig, ob und in welcher Höhe eine Prämie zur Auszahlung gelangt, begründen weder der Sinn der Worte „in Aussicht gestellt“ noch die Regelungen über die Voraussetzungen und Auszahlungsmodalitäten Zweifel am klar vereinbarten Unverbindlichkeits-vorbehalt (arg „Prämien ... sind freiwillige Leistungen ... kein Rechtsanspruch“). 2.       Kam ein von diesem eindeutigen Wortlaut abweichender Wille im Verfahren nicht hervor, besteht für die Anwendung des § 915 zweiter Fall ABGB kein Raum. 3.       In einem solchen Fall durfte der Arbeitnehmer trotz Erreichen der vereinbarten Ziele nicht damit rechnen, die in Aussicht gestellte Prämie in jedem Fall, also auch ohne gesonderte Entscheidung der Arbeitgeberin zu erhalten. 4.       Auf einen aus unsachlichen Motiven überschrittenen Ermessensspielraum lässt sich ein Prämien-anspruch nicht stützen, wenn – wie hier – ein derartiger Ermessensspielraum nicht vereinbart wurde und jegliche Anhaltspunkte für eine willkürliche und völlig unsachliche Behandlung fehlen.   OGH , 9 ObA 132/13x OLG Linz , 11 Ra 51/13v-16, LG Salzburg , 32 Cga 46/12y-12 Schrank, AR-Neuerungen

50 Schrank, AR-Neuerungen
Verschlechterungsvereinbarungen: Einvernehmliche Versetzung unter Kündigungsdruck? LE-AS Nr.7, § 870 ABGB   1.       Wurde eine Kündigung infolge Einigung über eine örtliche Versetzung zurückgenommen, geht es bei dieser Einigung nur darum, ob durch die Kündigung ein ungerechtfertigter Druck auf die Zustimmung zur Versetzung ausgeübt wurde. 2.       Für die Beurteilung iSd § 870 ABGB kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber plausible und objektiv ausreichende Gründe für die von ihm angedrohte Maßnahme haben konnte. 3.       Besteht diese in einer Kündigung und ist nicht ersichtlich, dass die für die Kündigung ins Treffen geführten Gründe nicht einmal plausibel und objektiv ausreichend erscheinen konnten, ist nicht entscheidend, ob die Gründe für die Kündigung tatsächlich ausgereicht hätten. 4.       Allgemein werden Vereinbarungen wie Versetzungen ja gerade zur Vermeidung von Risken für beide Seiten getroffen. 5.       Die Einschätzung der Berechtigung davor getroffener einseitiger Maßnahme des einen oder anderen Vertragspartners stellt nur ein Motiv für den Vertragsabschluss dar. 6.       Eine nachfolgende Versetzungsvereinbarung ist daher nicht er­folg­reich wegen ungerechtfertigten Drucks anfechtbar.   OGH , 9 ObA 3/14b OLG Linz , 12 Ra 79/13v-37 Schrank, AR-Neuerungen

51 Schrank, AR-Neuerungen
Vertragsansprüche aus Eingabe-Fehler? Vorziehung Biennium um 1 Jahr auch für künftige Biennien? LE-AS Nr.1, § 863 ABGB   1.       Liegt der um ein Jahr vorzeitigen Auszahlung einer Biennal-Erhöhung ein bloßer Eingabefehler zugrunde, mangelt es an einer Willenserklärung des Arbeitgebers, welche die Annah­me rechtfertigen könnte, er habe eine „außerordentliche Vorrückung“ gewährt. 2.       Eine aufgrund eines Eingabefehlers einmalig bereits um ein Jahr zu früh (und damit um ein Jahr länger) erfolgte Auszahlung der nächsten Biennal-Bezugserhöhung begründet keinen Anspruch, auch alle zukünftigen Erhöhungen jeweils um ein Jahr früher zu erhalten. 3.       Dies auch dann, wenn der anlässlich der (irrtümlichen) Erhöhung ausgefolgte Gehaltszettel den nächsten Biennalsprung für das übernächste Jahr ankündigte. 4.       Eine (solche) bloße Wissenserklärung begründet vertretbar auch kein wie immer geartetes Anerkenntnis.   OGH , 8 ObA 27/13y OLG Wien , 10 Ra 113/12d-22 Schrank, AR-Neuerungen

52 Schrank, AR-Neuerungen
Langjährige Betriebsübungen: Vertrauensschutz aus 30 Jahren irrtümlichem Schwerarbeitszusatzurlaub? LE-AS Nr.25, § 863 ABGB, § 502 Abs. 1 ZPO   1.       Ob eine Betriebsübung besteht und zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge wurde, kann stets nur anhand der konkreten Umstände beurteilt werden. 2.       Für das Entstehen eines Anspruchs ist entscheidend, welchen Eindruck die Arbeitnehmer bei sorgfältiger Überlegung vom Erklärungsverhalten des Arbeitnehmers haben durften. 3.       Es ist objektiv zu prüfen, ob die AN auf die Verbindlichkeit der Vergünstigung vertrauen durften. 4.       Auf das Vorhandensein eines Erklärungswillens auf Seiten des Arbeitgebers kommt es nicht an. 5.       Stellt das Gericht lediglich fest, dass die Flugleiter darauf vertrauten, im Fall von Nachtdiensten Zusatzurlaubstage nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz zu erhalten, ist damit nicht festgestellt, dieses Vertrauen sei auf einen vermeintlichen gesetzlichen Anspruch zurückzuführen. 6.       Selbst wenn im Verhalten des Arbeitgebers bloß eine Wissenserklärung zum Ausdruck kommt, ist das Vertrauen des Arbeitnehmers zu schützen, wenn eine Wissenserklärung über die Rechtslage vorliegt, diese Erklärung dem Arbeitgeber zuzurechnen ist, der Arbeitnehmer bezüglich dieser Erklärung im guten Glauben ist und eine nachhaltige „Vertrauensposition“ aufgrund dieser Erklärung vorliegt. 7.       Hiebei wird geringeres Gewicht des einen Gesichtspunkts durch das größere Gewicht des anderen aufgewogen. 8.       Hat der Arbeitgeber über einen – gegenüber 15 Jahren noch viel längeren – Zeitraum von nahezu 30 Jahren NSchG-Zusatzurlaubstage gewährt, kann er sich daher nicht mehr erfolgreich darauf berufen, im Irrtum über die Anwendbarkeit des NSchG gewesen zu sein.   OGH , 9 ObA 142/13t OLG Wien , 10 Ra 44/13h-13, ASG Wien , 1 Cga 72/12g-9 Schrank, AR-Neuerungen

53 Schrank, AR-Neuerungen
Betriebs(teil)versammlungen: Entgeltfortzahlung für AN-Teilnahme aus betrieblicher Übung? (1) LE-AS Nr.27, §§ 860, 863 ABGB §§ 43, 44 Abs. 1, 47 Abs. 1 ArbVG, § 6 Abs. 1 und 2 BRGO   1.       Begründet der Arbeitgeber durch regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung bestimmter Leistungen an die Gesamtheit seiner Arbeitnehmer eine betriebliche Übung, die seinen Willen, sich diesbezüglich auch für die Zukunft zu verpflichten, unzweideutig zum Ausdruck bringt, wird diese Übung durch – gleichfalls schlüssige (§ 863 ABGB) – Zustimmung der Arbeitnehmer zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge. 2.       Dies gilt auch für die regelmäßige Übung der Entgeltfortzahlung bei Betriebsversammlungen. 3.       Dabei muss ein Arbeitnehmer nicht nach der Form ihrer Durchführung, sei es als Voll- oder Teilversammlung, unterscheiden, zumal die Entgeltfortzahlungsansprüche allein durch die Aufspaltung in Teilversammlungen prinzipiell auch nicht vergrößert werden und die Entscheidung über die Abhaltung einer Voll- oder Teilversammlung ausschließlich dem Betriebsrat obliegt und weder der Betriebsinhaber noch die Arbeitnehmer Einfluss darauf haben. 4.       Auch die Teilnahme an (erstmaligen) Teilversammlungen ist daher von der Betriebsübung erfasst. 5.       Da die Deutung der betriebliche Übung einer Entgeltfortzahlung als widerrufliche Auslobung deren öffentliche Bekanntmachung voraussetzt (§ 860 ABGB), vermag ohne solche ein Aushang vor den Teilversammlungen keinen wirksamen (einseitigen) Widerruf der Betriebsübung der Entgeltfortzahlung zu begründen. Schrank, AR-Neuerungen

54 Schrank, AR-Neuerungen
Betriebs(teil)versammlungen: Entgeltfortzahlung für AN-Teilnahme aus betrieblicher Übung? (2) LE-AS Nr.27,   6.       Für das Teilnahmerecht und die Anwendbarkeit der Betriebsübung der Entgeltfortzahlung kommt es auf die Zumutbarkeit der Abhaltung während der Arbeitszeit für den Arbeitgeber nicht an. 7.       Da die Zumutbarkeitsprüfung dem Einberufer und nicht dem einzelnen teilnahmeberechtigten Arbeitnehmer obliegt, ist der Anspruch auf Freistellung gegeben, solange nicht ein Gericht die Abhaltung während der Arbeitszeit untersagt oder der Einberufer die Versammlung absagt. 8.       Ein Einberufer, der sich nicht auf einen iSd § 6 Abs. 1 BRGO 1974 abgegrenzten Teilnehmerkreis berufen kann, mag daher zwar rechtswidrig handeln. 9.       Nach dem Zweck dieser Bestimmung kann aber nicht angenommen werden, dass mit einer nicht ordnungsgemäßen Einberufung auch der Freistellungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers entfallen soll, der im Glauben, zur Teilnahme an einer angekündigten Teilversammlung berechtigt zu sein, der (auch) ihn betreffenden Einberufung folgt. 10.   Ebenso wenig, wie ihm die Prüfung der Zumutbarkeit der Abhaltung in der Arbeitszeit obliegt, ist ihm daher eine nicht ordnungsgemäße Einberufung zur Last zu legen. 11.   Für eine Aussetzung der Entgeltfortzahlungsübung kann sich der Arbeitgeber daher nicht darauf berufen, dass die Teilversammlungen ohne Abgrenzung der Kreise der jeweils teilnahme- und stimmberechtigten Arbeitnehmer erfolgten.   OGH , 9 ObA 27/14g OLG Linz , 11 Ra 83/13z-18 LG Linz , 36 Cga 55/12z-14 Schrank, AR-Neuerungen

55 Arbeitszeit-, Entgelt- und Ausbildungskostenfragen
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56 Schrank, AR-Neuerungen
Arbeitszeit: Leitende Angestellte – auch Abteilungsleiter? LE-AS Nr.4, §§ 1 Abs. 2 Z 8, 28 Abs. 2 AZG, § 1 Abs. 2 Z 5 ARG   1.       Es besteht gegenständlich kein Anlass, von der ständigen Rechtsprechung abzugehen, wie sie im Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 97/11/0188, zusammengefasst ist. 2.       Leitende Angestellten müssen keine strategischen Entscheidungen für das gesamte Unternehmen treffen und dieses auch nicht nach außen vertreten können. 3.       Es genügt, dass der einzelne leitende Angestellte „wesentliche Teilbereiche“ eines Betriebes eigen-verantwortlich leitet, und – hierdurch – auf den Bestand und die Entwicklung des gesamten Unternehmens „Einfluss nimmt“. 4.       Unterstehen Abteilungsleitern einer Therme etwa das Restaurant, der Küchenbetrieb sowie der Empfang und sind in einzelnen Abteilungen sogar 40 bis 50 Arbeitnehmer beschäftigt, bedarf es näherer Begründung, warum nur der Sales- und Marketingdirektor und nicht auch diese Einfluss auf den Bestand und die Entwicklung des gesamten Thermenbetriebes nehmen. 5.       Ein leitender Angestellter muss sich nicht aus dem Kreis der „übrigen Abteilungsleiter“ herausheben, sondern aufgrund seiner einflussreichen Position nur aus der „gesamten Angestelltenschaft“. 6.       Die Behörde muss sich in ihrer rechtlichen Beurteilung damit auseinander setzen, weshalb sie Abteilungsleitern die Stellung als leitende Angestellte abspricht, obwohl diese Abteilungsleiter jeweils über ein entsprechendes Budget verfügen, die Diensteinteilung ihrer Mitarbeiter vorzunehmen haben und sogar über deren Aufnahme entscheiden. 8.       Nicht zuletzt spricht auch das Kriterium, in welchem Umfang bei der Einteilung der eigenen Arbeits-zeit eine Bindung an Vorgaben besteht, für die Qualifikation der Abteilungsleiter als „leitende Angestellte“ iSd § 1 Abs. 2 Z. 8 AZG, wenn ihnen die Einteilung ihrer eigenen Arbeitszeit selbst überlassen ist. 9.       Gleiches gilt für die (als Indiz ebenfalls zu berücksichtigende) Höhe des Entgelts, wenn die Abtei-lungsleiter ein (gegenüber den anderen Arbeitnehmern [Nicht-Abteilungsleitern]) überdurchschnittlich hohes Gehalt beziehen und sich auch insoweit aus der Angestelltenschaft herausheben.   VwGH , 2013/11/0116 UVS NÖ , Senat-MI Schrank, AR-Neuerungen

57 Schrank, AR-Neuerungen
Arbeitszeit: Wesen? KV-lich unzulässige Ruhezeiten? (1) LE-AS Nr.7, §§ 2 Abs. 1, 11 AZG, §§ 1152, 1155 ABGB, Pkt. 2 f, g Arbeiter-KollV Hotellerie und Gastronomie   1.       Allgemein entfällt das Arbeitsentgelt, soweit der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht leistet und kein Entgeltfortzahlungstatbestand vorliegt. 2.       Der Begriff der Arbeitszeit nach dem AZG steht mit diesem Grundsatz im systematischen Einklang. 3.       Demnach ist Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne Ruhepausen. 4.       Die Arbeitszeit beginnt mit der Aufnahme der vereinbarten Arbeit bzw. mit dem Zeitpunkt, ab dem der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vereinbarungsgemäß zur Verfügung steht. 5.       Für arbeitsrechtlich besondere arbeitsfreie Zeiträume wie vor allem Urlaub, Krankenstand und Feiertage ist gesetzlich oder kollektivvertraglich Entgeltfortzahlung angeordnet. 6.       Bei diesen Zeiträumen handelt es sich nicht um Arbeitszeit, sondern um entgeltpflichtige Zeiten ohne Arbeitspflicht. 7.       Demgegenüber ist eine Ruhepause unbezahlte Freizeit. 8.       Es handelt sich um Unterbrechungen der Arbeitszeit, die der Erholung und den sonstigen Lebensbedürfnissen dienen. 9.       Sie müssen daher im Voraus umfangmäßig feststehen und für den Dienstnehmer vorhersehbar sein. 10.   Zudem muss es sich um echte Freizeit handeln, das heißt, der Arbeitnehmer muss über diese Zeit nach seinem Belieben verfügen können. 11.   Das AZG regelt nicht, welches Entgelt dem Arbeitnehmer für die verschiedenen Formen der Inanspruchnahme der Arbeitskraft zusteht. 12.   Dies ist in erster Linie Sache des Kollektivvertrags und – im Rahmen des Günstigkeitsprinzips – der individuellen Vereinbarung. 13.   So kann etwa auch zur Bezahlung der Ruhepausen eine entsprechende Regelung getroffen werden. 14.   Das AZG erfasst als Ruhepausen nicht bloß die vorgeschriebenen Mindestpausen (§ 11 AZG), sondern auch zusätzlich vereinbarte Pausen. Schrank, AR-Neuerungen

58 Schrank, AR-Neuerungen
Arbeitszeit: Wesen? KV-lich unzulässige Ruhezeiten? (2) LE-AS Nr.7, §§ 2 Abs. 1, 11 AZG, §§ 1152, 1155 ABGB Pkt. 2 f, g Arbeiter-KollV Hotellerie und Gastronomie   14.   Das AZG erfasst als Ruhepausen nicht bloß die vorgeschriebenen Mindest­pausen (§ 11 AZG), sondern auch zusätzlich vereinbarte Pausen. 15.   Von diesem synallagmatischen System weichen die Arbeitszeit- und Pausenregelungen des Kollektiv-vertrags der Hotellerie und Gastronomie nicht ab, wie sich aus dessen Punkten 2 lit. a und lit f ergibt. 16.   Insbesondere qualifiziert dieser Kollektivvertrag nicht nur die Essenspausen als Ruhepausen. 17.   Allein der Umstand, dass eine vereinbarte zweite tägliche Ruhepause (hier 14:00 Uhr bis 19:30 Uhr) nach Pkt 2 lit. g des Kollektivvertrags unzulässig ist, macht die Zeit dieser Ruhepause noch nicht entgeltpflichtig. 18.   Vielmehr müsste die Entgeltpflicht für diese echte Freizeit im Kollektivvertrag ausdrücklich vorgesehen sein. 19.   Dies ist aber nach dem Kollektivvertrag Hotellerie und Gastronomie nicht der Fall. 20.   Die entgeltliche Sanktion des Verstoßes gegen Pkt. 2 lit. g dieses KollV ist keineswegs die logische Konsequenz der Interpretation des Kollektivvertrages, wenn weder Arbeitsbereitschaft oder eine „Zurverfü-gunghaltung im Betrieb des Arbeitgebers“ noch sonst Arbeitszeit im Sinne des KollV vorliegt. 21.   Vereinbarte unzulässige Unterbrechungen der Arbeitszeit sind daher bei echter Freizeit nicht entgeltpflichtig.   OGH , 8 ObA 61/13y OLG Innsbruck , 15 Ra 31/13s-36 LG Innsbruck , 16 Cga 133/10d-28 Schrank, AR-Neuerungen

59 Schrank, AR-Neuerungen
Wochenendruhe: Kollektivvertraglich freie Samstage Ruhetagsentschädigung bei Nichtgewährung? LE-AS Nr.1, §§ 6, 7 ABGB, § 22d Abs. 2 und 3 bzw. 22f Abs. 3 ARG Abschnitt VI C Z 2.1 KollV Handelsangestellte   1.       Die KV-Bestimmungen, wonach Angestellte und Lehrlinge in Verkaufsstellen zwar an Samstagen nach Uhr beschäftigt werden dürfen, in diesem Fall aber der jeweils folgende Samstag zur Gänze arbeitsfrei zu bleiben hat, gewähren keine bezahlte Freizeit, sondern schreiben lediglich eine bestimmte Verteilung der Normalarbeitszeit vor. 2.       Wurde die Leistung an den (unzulässig) aufeinanderfolgenden Samstagen ohnedies bezahlt, besteht für eine „Ruhetagsentschädigung“ keine Anspruchsgrundlage, da die Angestellte die Arbeitsleistung, hätte sie nicht an diesen Tagen gearbeitet, an anderen Werktagen hätte verrichten müssen.   OGH , 9 ObA 25/14p OLG Graz , 7 Ra 60/13t-14 LG Klagenfurt , 34 Cga 17/13w-9 Schrank, AR-Neuerungen

60 Schrank, AR-Neuerungen
Arbeitszeitausmaß: Teilzeit mit wiederholt befristetem Vollzeitausmaß? LE-AS Nr.5, § 19d Abs. 2 Satz 1 und 2 AZG, §§ 4 Abs. 2 Z 6, Abs. 4, 4a VBG   1.       § 4 Abs. 4 VBG, wonach ein befristetes DV auf bestimmte Zeit einmal verlängert werden kann, soll Kettenverträge und die damit verbundene Umgehung von Schutzbestimmungen verhindern. 2.       Da diese Bestimmung mit dem Ausmaß der Beschäftigung im befristeten oder unbefristeten DV nichts zu tun hat, ist sie bei ohnedies unbefristetem DV für die Frage der Zulässigkeit befristeter Erhöhungen bloß des Beschäftigungsausmaßes – hier von Teil- auf Vollzeit – ohne jede Bedeutung. 3.       Gleiches gilt auch § 4a Abs. 4 VBG. 4.       Zum Beschäftigungsausmaß hat hingegen, so § 4 Abs. 2 Z 6 VBG, der Dienstvertrag Bestimmungen darüber zu enthalten, „in welchem Ausmaß der Vertragsbedienstete beschäftigt wird (Vollbeschäftigung oder Teilbeschäftigung)“. 5.       Daher ist die Vereinbarung eines beliebigen Beschäftigungsausmaßes, die dem Dienstgeber die jederzeitige einseitige Änderung des Ausmaßes ermöglicht, nicht zulässig. 6.       Eine Vertragsgestaltung, die bei fest vereinbartem Teilzeitausmaß mehrfach zeitlich befristet das Ausmaß auf Vollzeit anhebt, widerspricht jedoch dem § 4 Abs. 2 Z 6 VBG nicht. 7.       Sie gibt dem DG nicht die Möglichkeit, das Beschäftigungsausmaß jederzeit einseitig zu ändern, und führt weder hinsichtlich des Ausmaßes der Arbeitszeit noch der grundsätzlichen Ausrichtung auf eine Teilbeschäftigung zu Unklarheiten für die Bedienstete. 8.       Einer Vertragsgestaltung, wonach lediglich – allerdings jeweils befristet – weitere 20 Wochenstunden zuerkannt wurden, wobei immer klar war, dass sie (ohne Unterfertigung eines weiteren Vertrags) nach Ablauf des jeweils vereinbarten Zeitraums bzw. nach Ende der Karenz ihrer Arbeitskollegin wieder mit 20 Wochenstunden teilbeschäftigt sein sollte, steht das Gesetz nicht entgegen. 9.       Wurde missbräuchliches Verhalten des Dienstgebers, das allenfalls eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte, weder konkret behauptet noch ist derartiges nach den Feststellungen anzunehmen, ist daher der Standpunkt, in Wahrheit vollbeschäftigt zu sein, nicht berechtigt.   OGH , 8 ObA 59/13d Schrank, AR-Neuerungen

61 Schrank, AR-Neuerungen
Durchrechenbare Normalarbeitszeit: Wirksame Betriebsvereinbarung? Betriebsübung bei Teilzeit? LE-AS Nr.4, § 863 ABGB §§ 1a, 4 Abs. 6 und 7 AZG, § 4 Abs. 9 Z 2 AZG aF   1.       Ist in einer Betriebsvereinbarung aus Zeiten vor den AZG-Novellen 1997 und 2007 nur festgehalten, dass die „Abrechnung der Arbeitsstunden auf monatlicher Basis“ erfolgt, die durchschnittlichen Tagessollstunden acht Stunden betragen, für über das monatliche Soll hinaus erbrachte Überstunden die Abgeltung gemäß dem AZG mit dem entsprechenden Überstundenzuschlag erfolgt, die Überstunden ein­vernehmlich als Zeitausgleich abgegolten werden können, wobei die Auszahlung eines Überstundenzuschlags anzustreben ist, und Minusstunden auf den Folgemonat vorzutragen sind, geht aus ihr kein Regelungswille iSd § 4 Abs. 6 AZG hervor. 2.       Auf die Frage, ob die Betriebsvereinbarung aufgrund der Änderungen der Gesetzeslage Gültigkeit erlangt hat, kommt es diesfalls nicht an, zumal bezüglich der Überstunden nicht erkennbar ist, woraus sich eine Berechtigung der Betriebsvereinbarung zur Festlegung eines einmonatigen Durchrechnungszeitraumes ergeben sollte. 3.       Soweit die Arbeitszeit in den Wochen 40 Stunden überschritten hat, gebührt daher Überstundenentgelt samt Überstundenzuschlag. 4.       Nicht zu beanstanden ist jedoch für die Ermittlung der zuschlagspflichtigen Mehrarbeitsstunden die sich aus einer entsprechenden Betriebsübung ergebende Annahme einer den Arbeitsvertrag schlüssig ergänzende Vereinbarung eines einmonatigen Durchrechnungszeitraums. OGH , 9 ObA 59/14p OLG Wien , 9 Ra 72/13v-47 Schrank, AR-Neuerungen

62 Schrank, AR-Neuerungen
Einstufung: Höhere Gruppe schon bei nicht mehr bloß geringfügiger höherwertiger Tätigkeit? LE-AS Nr.29, §§ 6, 7 ABGB KollV Diakonie Österreichs   1.       Für die Einstufung in eine Verwendungsgruppe kommt es auf die Tätigkeitsmerkmale, den Inhalt der Arbeit und die vorwiegend ausgeübte Tätigkeit an. 2.       Dass eine geistig anspruchsvolle höherwertige Tätigkeiten schon „mehr als bloß nur geringfügig“ ausgeübt wird, genügt für die höhere Verwendungsgruppe nicht.   OGH , 9 ObA 156/13a OLG Wien , 9 Ra 12/13w-18 Schrank, AR-Neuerungen

63 Schrank, AR-Neuerungen
Mindestentgelt-Einstufungen: Kriterien Außendienst Versicherungsvermittlung (Handel)? LE-AS Nr.32, KollV Handelsangestellte, Gehaltsordnung Beschäftigungsgruppen 2 und 3   1.       Wird die Außendiensttätigkeit für eine Versicherungsvermittlung grundsätzlich selbständig ausgeführt und werden insbesondere die Gespräche mit den aufgesuchten Kunden allein geführt, ist die Einstufung in die Beschäftigungsgruppe 3 des KollV jedenfalls vertretbar. 2.       Verfügt die Angestellte über berufliche Vorerfahrung im Außendienst einer Versicherung, ändert auch die bloße Einschulungsphase nichts an dieser Einstufung.   OGH , 8 ObA 5/14i OLG Graz , 7 Ra 56/13d-24 Schrank, AR-Neuerungen

64 Schrank, AR-Neuerungen
Mindestentgelt-Einstufungen: Kriterien Turnusärztin – ab jus practicandi Höherstufung? LE-AS Nr.33, Schema IV KAV A 3 BO Wien, § 17 Wiener VBO 1995, § 3 Abs. 2 ÄrzteG   1.       Entscheidend ist, welches Verständnis dem gesetzlichen Entlohnungsschema zugrunde liegt. 2.       Sind in der Verwendungsgruppe A1 bestimmte ärztliche Leitungspositionen (ärztlicher Direktor) erfasst und in die Verwendungsgruppe A2 unter anderem Institutsvorstände eingereiht, spricht dies dafür, dass in der nächsten – hier maßgeblichen Verwendungsgruppe – A3 die nächste Ebene erfasst sein sollen, also Ärzte, die selbständig ihre Tätigkeit als Arzt ausüben. 3.       Gegen die Auffassung, bloß auf die Befähigung und nicht die konkret vereinbarte und erfolgte Verwendung abzustellen, spricht auch die ständige Rechtsprechung zu den Einstufungsvoraussetzungen. 4.       Dabei wird regelmäßig – auch im öffentlichen Bereich, soweit nicht zusätzliche Einstufungserfordernisse festgelegt sind – auf die tatsächlich zu erbringenden Leistungen abgestellt. 5.       Kann trotz erlangtem jus practicandi die iSd § 3 Abs. 2 ÄrzteG selbständige Ausübung der Tätigkeit als Arzt im Krankenhaus nicht nachgewiesen werden, steht die Höherstufung in die Gruppe A3 nicht zu.   OGH , 9 ObA 140/13y OLG Wien , 9 Ra 51/13f-41 ASG Wien , 42 Cga 2/12i-36 Schrank, AR-Neuerungen

65 Schrank, AR-Neuerungen
Mindestentgelt-Einstufungen: Vordienstzeiten „Praktische Angestelltentätigkeit“ branchenunabhängig? LE-AS Nr.10, §§ 6, 7 ABGB KollV Handelsangestellte, Pkt. 6 Allg. Teil Gehaltsordnung   1.       Als Berufsjahre für die Einstufung in die Gehaltstafel des Kollektivvertrags für kaufmännische Angestellte bei Zeitschriftenverlagen sind nach Punkt A 6 der Gehaltsordnung als „Jahre der praktischen Angestelltentätigkeit“ alle Jahre einer praktischen Angestelltentätigkeit, unabhängig von der konkreten Branche, in der die Angestelltentätigkeit ausgeübt wurde, heranzuziehen. 2.       Dies entspricht dem Begriffsverständnis, das zur weitgehend ähnlichen Bestimmung des Handels-KV entwickelt wurde, bei dem ebenfalls nicht nur auf Angestelltentätigkeiten in einem Handelsbetrieb abgestellt wird. 3.       Dafür spricht aber auch die Breite der insgesamt im Kollektivvertrag geregelten Tätigkeiten, die teilweise überhaupt keinen Zusammenhang mit konkreten verlagsspezifischen Tätigkeiten haben. 4.       Auch die völlig ohne Bezug auf eine konkrete Tätigkeit im Verlagswesen von KV vorgenommene Anrechnung von Wehrdienstzeiten, wenn davor nur irgendein Angestellten- oder Lehrverhältnis lag, unterstützt dieses Ergebnis.   OGH , 9 ObA 147/13b OLG Linz , 11 Ra 55/13g-16 LG Salzburg , 20 Cga 227/12b-12 Schrank, AR-Neuerungen

66 Schrank, AR-Neuerungen
Teilzeitbenachteiligungsverbot: Außendienst-Entgeltzulage - Proportionalität? LE-AS Nr.8, §§ 19d Abs. 6, 19g AZG, §§ 3 Z 2, 5 Abs. 2 GlBG Das Teilzeitbenachteiligungsverbot bindet jedenfalls die Arbeitsvertragspartner und erfasst grundsätz-lich die gesamten Entgelt- und Arbeitsbedingungen Es erlaubt bei unternehmensinternen Zulagen, umgerechnet auf die Arbeitszeit, keine Schlechter-stellung Verboten ist die unterschiedliche Behandlung „wegen der Teilzeitarbeit“. Differenzierungen aus anderen Gründen sind erlaubt Dabei sind nur solche Regelungsziele anzuerkennen, die die Gleichwertigkeit von Teilzeitbeschäftigung und Vollzeitbeschäftigung respektieren. Die diesbezügliche Maßnahme muss durch objektive Faktoren gerechtfertigt sein Bei einer Außendienstzulage wie jener der DO.A, der vornehmlich Entgeltcharakter durch Abgeltung der mit dem Außendienst verbundenen Unbequemlichkeit zukommt, indiziert eine Dienstanweisung, wonach Teilzeitbeschäftigte im Verhältnis zu ihrem Beschäftigungsausmaß an mehr Tagen Außendienststunden leisten müssen als Vollzeitbeschäftigte, um die Zulage zu erhalten, einen Verstoß gegen § 19d Abs. 6 AZG 6. Zur erforderlichen sachlichen Rechtfertigung genügt es nicht, ohne Untermauerung mit weiteren Sachargumenten nur darauf zu verweisen, dass es zur Unannehmlichkeiten-Mehrbelastung nicht auf die Proportionalität zum Beschäftigungsausmaß ankomme, sondern auf die absoluten Tages- und Stunden-zahlen im Außendienst Wird also nicht konkret dargetan, dass erst bestimmte Kombinationen von Tages- und Stundenbelas-tungen eine Intensität erreichten, die durch die Außendienstzulage abgeltenswert sei, nicht aber bereits Außendiensttätigkeiten an jeweils der Hälfte dieser Arbeitstage, ist der Arbeitgeber seiner Beweispflicht zur sachlichen Rechtfertigung der Differenzierung nicht nachgekommen Auf Überlegungen zu einer mittelbaren geschlechtlichen Diskriminierung nach § 3 Z 2 iVm § 5 Abs. 2 GlBG muss diesfalls nicht eingegangen werden. OGH , 9 ObA 58/13i Schrank, AR-Neuerungen

67 Schrank, AR-Neuerungen
Ausbildungskostenrückersatz: Aufrechnung nur mit pfändbarem Entgeltteil? LE-AS Nr.3, § 2d Abs. 1 AVRAG § 293 Abs. 3 EO   1.       Eine Aufrechnung des Rückersatzes von Ausbildungskosten mit Arbeitseinkommen ist nur mit dessen pfändbarem Teil zulässig (§ 293 EO). 2.       Einer Aufrechnung mit dem (als Existenzminimum) pfändungsfreien Teil stünde überdies der Zweck der Rückersatzbeschränkungen des § 2d AVRAG entgegen.   OGH , 9 ObA 97/13z OLG Graz , 7 Ra 2/13p-28 LG Graz , 32 Cga 48/12w-19 Schrank, AR-Neuerungen

68 Schrank, AR-Neuerungen
Ausbildungskostenrückersatz und Mutterschaftsaustritt LE-AS Nr.18, RdW 2015/40, § 2d Abs. 4 Z 3 AVRAG, § 15r MSchG   1.       Bei Mutterschafts- bzw. Karenzaustritt ist die Rückforderung von Ausbildungskosten ausgeschlossen. 2.       Dies gebietet ein Analogieschluss zu § 2d Abs. 4 Z 3 AVRAG.   OGH , 8 ObA 57/14m Schrank, AR-Neuerungen

69 Schrank, AR-Neuerungen
Ausbildungskosten: Nageldesign, Wimperntechnik Erfolgreicher Abschluss ohne Prüfungserfordernis? LE-AS Nr.17, § 2d Abs. 1 AVRAG, § 293 Abs. 3 EO   1.       Für die Frage, ob rückerstattungsfähige Ausbildungskosten iSd § 2d AVRAG vorliegen, ist ausschlaggebend, ob die dem Arbeitnehmer vermittelten Kenntnisse auf dem Arbeitsmarkt verwertbar sind bzw. ob er dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt, weil seine Fähigkeiten zunehmen und seine Berufschancen auf dem Arbeitsmarkt steigen. 2.       Ob die Ausbildung dabei extern oder firmenintern angeboten wird, kann keinen grundsätzlichen Unterschied machen. Der Arbeitgeber kann die Vermittlung von Spezialkenntnissen durch Fremd- oder Eigenpersonal durchführen lassen. 4.       Eine Ausbildung kann auch ohne Qualifikationsprüfung „erfolgreich absolviert“ sein. 5.       Wird die Vermittlung des Wissens und der Fähigkeiten am Ausbildungsende einer Prüfung unterzogen, so ist für die Beurteilung des Ausbildungserfolges in der Regel das positive Absolvieren der Prüfung maßgeblich. 6.       Eine Prüfung oder ein Zeugnis muss aber nicht immer vorgesehen sein, da der Erfolg auch an den neuen Kenntnissen und Fähigkeiten ersehen und gemessen werden kann. 7.       Dass der Auszubildende nach Abschluss der Ausbildung nicht von Beginn an völlig mängelfrei arbeitet und noch nicht die gleichen Fertigkeiten haben muss wie ein Mitarbeiter, der seit längerem mit der entsprechenden Aufgabe befasst ist, kann dabei nicht schaden, weil auch eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung den Wert von Routine und Erfahrung nicht zu ersetzen vermag. 8.       Es besteht kein Zweifel, dass auch ohne Prüfungsnachweis erworbene Spezialkenntnisse am allgemeinen Arbeitsmarkt nachgefragt und bewertet werden können. 9.       Für den „erfolgreichen Abschluss“ist daher eine Prüfung oder ein Zeugnis nicht erforderlich.   OGH , 9 ObA 97/13z OLG Graz , 7 Ra 2/13p-28, LG Graz , 32 Cga 48/12w-19 Schrank, AR-Neuerungen

70 Krankenstands- und Urlaubsfragen
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71 Schrank, AR-Neuerungen
Treuepflicht: Arbeitsbezogene Auskunftspflichten im Krankenstand – Voraussetzungen und Grenzen LE-AS Nr.1, § 27 Z 1 dritter Fall AngG   Allgemein verpflichtet die Treuepflicht die AN dazu, die betrieblichen Interessen zu wahren An Arbeitnehmer in gehobener Position – im Anlassfall nicht zutreffend – sind auch hinsichtlich der Treuepflicht strengere Anforderungen zu stellen Geht es im Wesentlichen nicht um die Einhaltung der während des Krankenstandes zur Erlangung der Arbeitsfähigkeit gebotenen Schonung, sondern genau gegenteilig darum, inwieweit Arbeitnehmer auch während des Krankenstandes verpflichtet sind, dem Arbeitgeber für bestimmte Auskünfte zur Verfügung zu stehen, hängt es unter dem Aspekt der Treuepflicht zunächst vom Krankheitsbild ab, also davon, dass die dringliche – etwa telefonische – Auskunftserteilung den Genesungsprozess nicht beeinträchtigt Weitere Voraussetzungen für die Auskunftserteilungsverpflichtung während des Krankenstandes sind unbedingt erforderliche Informationen, deren Vorenthaltung zu einem wirtschaftlichen Schaden des Arbeitgebers führen würde Dies erfordert jedoch, dass gegenüber dem Arbeitnehmer konkretisiert wird, um welche Informationen es sich handelt, warum diese nicht anderweitig beschafft werden können und warum aus dem Fehlen der Information ein schwerer wirtschaftlicher Schaden entstehen würde Mangelt es an diesen Voraussetzungen und ist infolge eines festgestellten Burn-out-Syndroms nicht nur das Erscheinen im Büro, sondern jeglicher persönlicher Kontakt mit einem bestimmten Gesellschafter aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar, ist die Weigerung, einer konkreten schriftlichen Aufforderung zu einem solchen persönlichen Kontakt nachzukommen, kein Entlassungsgrund. OGH , 9 ObA 115/13x OLG Wien , 7 Ra 60/13i-43, LG St. Pölten , 22 Cga 67/10x-39 Schrank, AR-Neuerungen

72 Schrank, AR-Neuerungen
Krankenstand: Genesungsbeeinträchtigendes Verhalten Weite Automitfahrt am letzten Krankenstandstag? LE-AS Nr.21, § 82 lit. f zweiter Fall GewO 1859, § 27 Z 1 dritter Fall AngG   1.       Verstößt eine Maschinenarbeiterin durch Antritt einer mehrstündigen anstrengenden Autoreise am letzten Tag ihres Krankenstandes wegen eitriger Pharyngitis gegen die ärztliche Anordnung, sich körper-lich zu schonen, missachtet sie außerdem die ihr erlaubten Ausgehzeiten, musste ihr auch als (bloße) Beifahrerin dieser Verstoß klar sein und war er ihr auch tatsächlich bewusst, zumal sie sich durch die sie schon in Ungarn erreichenden Anrufe des Produktionsleiters ertappt fühlte und darauf zunächst mit einer Lüge reagierte, hat sie damit in eklatanter Weise sowohl gegen eine ausdrückliche ärztliche Anordnung verstoßen als auch die bei eitriger Pharyngitis nach der allgemeinen Lebenserfahrung üblichen Verhaltensweisen verletzt. 2.       Eine pflichtbewusste Arbeitnehmerin wäre gehalten gewesen, ihr Vorhaben dem behandelnden Arzt mitzuteilen, zu dem sie sich gerade in der (nach Nichtgenehmigung früheren Urlaubsantritts) Absicht bege-ben hatte, die Urlaubsreise verkehrsbedingt bereits früher anzutreten. In diesem Fall hätte sie der Arzt auf das Fehlverhalten hingewiesen. 3.       Jeder AN muss wissen, dass man sich bei eitriger Pharyngitis keiner mehrstündigen Autofahrt aus-setzen darf, ohne eine Verschlechterung des Zustands zu riskieren und den Heilungsprozess negativ zu beeinflussen. Dieser Wissensstand ist auch ohne genaue ärztliche Anweisung allgemein geläufig. 5.       Hat das Fehlverhalten zudem nicht nur den Reisetag betroffen, wenn sie selbst davon ausging, dass ihr Gesundheitszustand trotz ausgelaufener Krankschreibung noch beeinträchtigt war, kann keine Rede davon sein, dass dieses Fehlverhalten subjektiv (noch) nicht vorwerfbar sei.   OGH , 8 ObA 47/14s OLG Wien Ra 41/14m-37, LG Wr. Neustadt , 6 Cga 100/12b-25 Schrank, AR-Neuerungen

73 Schrank, AR-Neuerungen
Erst nachträglicher Krankenstand bei Grund zur Annahme unberechtigt einseitigen Urlaubs: Mitverschulden an ungerechtfertigter Entlassung? LE-AS Nr.14, § 32 AngG, § 1162c ABGB   1.       Die Mitverschuldensregel kann nach stRsp bei ungerechtfertigter vorzeitiger Auflösung nur dort greifen, wo der Erklärungsempfänger ein Verhalten gesetzt hat, das zusätzlich bzw. unabhängig von dem für die vorzeitige Auflösung nicht ausreichenden Verhalten für die Auflösung kausal im Sinn der Verursachung eines Informationsmangels des die Auflösung unberechtigt Erklärenden war. 2.       In diesem Sinn ist ein Mitverschulden des unberechtigt entlassenen Arbeitnehmers anzunehmen, der dem Arbeitgeber einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund für ein an sich pflichtwidriges Verhalten schuldhaft nicht bekannt gibt, wenn der Arbeitgeber bei Kenntnis des Rechtfertigungsgrunds die Entlassung nicht ausgesprochen hätte. 3.       Dies ist der Fall, wenn der AN bei einem telefonischen Versuch in der Früh, Urlaub bewilligt zu erhalten, seine (dann nachträglich bescheinigte) Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit nicht bekannt gibt und so mit seinem Nichterscheinen zur Arbeit den Anschein erweckt, den Urlaub eigenmächtig angetreten zu haben.   OGH , 9 ObA 39/14x OLG Linz , 12 Ra 4/14s-42 Schrank, AR-Neuerungen

74 Schrank, AR-Neuerungen
Urlaubsausmaß und Wechsel von Voll- auf Teilzeit: Bestätigung und Bedeutung des kalendarisches Systems (1) LE-AS Nr.6, §§ 2 Abs. 1 und 2, 4 Abs. 1 und 3, 6 Abs. 1 bis 3, 10 Abs. 1 und 4, 12 UrlG § 19d Abs. 6 AZG, Art. 7 Abs. 1 Arbeitszeit-RL 2003/88/EG, Art. 31 Abs. 2 GRC   1.       Wie im Unionsrecht ist auch nach dem österr. UrlG das Wesen des Urlaubs der Entfall der Leistungspflicht des Arbeitnehmers unter Fortzahlung des Entgelts. 2.       Das UrlG geht aber – anders als das Unionsrecht in den bisher vom EuGH entschiedenen Fällen – klar von einem grundsätzlich in ganzen Wochen zu verbrauchenden „kalendarischen“ Urlaubsanspruch im Sinne eines Erholungszeitraums (vom ersten Kalendertag nach Arbeitsende bis zum letzten Kalendertag vor Arbeitsantritt) aus (8 ObA 35/12y). 3.       Dieser ist völlig unabhängig vom jeweiligen Beschäftigungsausmaß, sodass einerseits bei einem geringeren Beschäftigungsausmaß der Urlaubsanspruch auch nicht aliquot, sondern zu Gänze entsteht, und sich andererseits bei einer Veränderung des Beschäftigungsausmaßes auch nichts am Urlaubsanspruch ändert. 4.       Die nähere Analyse der §§ 2 Abs. 1 und 2, 4 Abs. 1 und 3, 6 Abs. 1 bis 3 und 10 Abs. 1 und 4 UrlG bestätigt, dass der kalendarische Urlaubsbegriff aus dem Wortlaut (Begriff Werktag), der Systematik, der Zielrichtung und der historischen Entwicklung des UrlG eindeutig abzuleiten ist. 5.       Für diesen kalendarischen Urlaubsbegriff spricht auch, dass der Urlaubsanspruch in der Fürsorgepflicht wurzelt, es also um die Erhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmer durch eine bestimmte – längere – arbeitsfreie Periode geht. 6.       Der Urlaubsanspruch ist primär kein Geldanspruch für erbrachte Arbeitsleistungen, sondern ein höchstpersönliches Recht auf Erholung, das durch die Fortzahlung des Entgelts effektuiert wird. 7.       Die Umstellung auf Arbeitstage kann daher nur im Rahmen einer für den Arbeitnehmer günstigeren Regelung erfolgen. Schrank, AR-Neuerungen

75 Schrank, AR-Neuerungen
Urlaubsausmaß und Wechsel von Voll- auf Teilzeit: (2) LE-AS Nr.6, 8.       Bei unregelmäßig Beschäftigten ist für die Günstigkeit der Umstellung auf Arbeits-tage festzustellen, wie viele Tage der AN durchschnittlich in einem Zeitraum von fünf (bzw sechs) Wochen arbeitet. 9.       Bei der Festlegung der Lage des Urlaubsverbrauchs muss in den 30 als Urlaub konsumierten Werk-tagen tatsächlich auch jenes Ausmaß an Arbeitszeit (entgeltpflichtig) ausfallen, das einem durchschnitt-lichen Arbeitszeitverlauf durch fünf Arbeitswochen entspricht, weshalb etwa bei einer Schichtarbeitszeit, die auch eine Freischichtwoche inkludiert, die Ermittlung des fünfwöchigen Durchschnitts mit einer Arbeitswoche zu beginnen hat. 10.   Die Herabsetzung der Arbeitszeit berechtigt aber nicht zu einer Reduktion des Urlaubsanspruchs. 11.   Vielmehr können die Arbeitnehmer darauf bestehen, dass der Arbeitgeber von der Umrechnung auf Arbeitstage oder Arbeitsstunden Abstand nimmt und mit ihnen einen Urlaub vereinbart, der zwei Urlaubsperioden im Ausmaß von insgesamt 30 bzw. 36 Werktagen zu umfassen hat. 12.   Inwieweit der unionsrechtliche Urlaubsbegriff tatsächlich einem kalendarisch bestimmten Urlaubs-anspruch entgegensteht, ist ungeklärt, bestand doch in den bisherigen EuGH-Fällen ein auf Arbeitsstunden bzw. Arbeitstage abstellender Urlaubsanspruch, der schon in der Entstehung aliquotiert war. 13.   Eine erneute Vorabentscheidung ist im Hinblick auf den klaren Wortlaut des UrlG, dessen Systematik und Zielrichtung nicht geboten, zumal das österreichische System wohl jedenfalls als für die Arbeitnehmer im Regelfall günstiger und insoweit zulässig anzusehen ist, legt die Arbeitszeit-RL doch nur einen vier-wöchigen Mindesturlaubsanspruch fest. 14.   Zwar treten auch beim kalendarischen Urlaubsmodell bei flexiblen Arbeitszeitgestaltungen – gerade auch bei der vom europäischen Gesetzgeber angestrebten Flexibilität beim Wechsel zwischen Vollzeit und Teilzeit – Schwierigkeiten bei den in der Praxis geübten Umrechnungen auf Arbeitstage auf, doch können diese regelmäßig einer wertungsmäßig konsistenten Lösung zugeführt werden, weil der AN begehren kann, seinen Urlaub in zwei geschlossenen Teilen, die insgesamt 30 Werktage umfassen, zu verbrauchen, und zwar in einem Zeitraum (Lagerung), der dem durchschnittlichen Arbeitsverlauf entspricht. Schrank, AR-Neuerungen

76 Schrank, AR-Neuerungen
Urlaubsausmaß und Wechsel von Voll- auf Teilzeit: (3) LE-AS Nr.6,   15.   Dass vor dem Hintergrund des Verbots der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten eine Reduktion eines stunden- oder entgeltmäßig definierten Anspruchs nicht zulässig ist, besagt noch nicht, dass es unzulässig wäre, einen Urlaubsanspruch völlig unabhängig vom jeweiligen Arbeitszeitausmaß festzulegen. 16.   Teilzeitbeschäftigte diskriminierende und bedenkliche Effekte sind im kalendarischen Urlaubssystem nicht erkennbar, ist doch der entscheidende Wert in diesem System die Freistellung von Arbeitsleistung zu Erholungszwecken, die von Entgeltfortzahlung begleitet wird, und nicht das Horten von erarbeitetem Urlaubsentgelt. 17.   Hinzu kommt, dass es letztlich beim Arbeitnehmer liegt, wann er seinen Urlaub verbrauchen möchte und dies im Rahmen des § 4 UrlG durchsetzt. 18.   Der Arbeitgeber hat betriebsorganisatorisch die Rahmenbedingungen dafür zu bieten, dass der Urlaubsverbrauch im jeweiligen Urlaubsjahr möglich ist. 19.   Welche Rechtsfolgen aus einem Verstoß des Arbeitgebers gegen diese Verpflichtung abzuleiten sind, ist im Anlassfall nicht zu erörtern. 20.   Zur Höhe des Urlaubsentgelts gilt das sogenannte Ausfallsprinzip, wonach der Arbeitnehmer während seines Urlaubs grundsätzlich jenes Entgelt zu erhalten hat, das er verdient hätte, wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte. 21.   Auch die insofern maßgeblichen Bestimmungen des § 6 UrlG stellen klar nicht auf das Entgelt in früheren Zeiträumen der Entstehung des Urlaubsanspruchs ab.   OGH , 9 ObA 20/14b OLG Linz , 11 Ra 78/13i-13 LG Steyr , 8 Cga 23/13k-9 Schrank, AR-Neuerungen

77 Schrank, AR-Neuerungen
Urlaubsvereinbarung zur selbstgewählten Fortbildung? LE-AS Nr.7, § 4 Abs. 1 UrlG   1.       Die Vereinbarung eines Urlaubs für eine selbstgewählte Fortbildung des Arbeitnehmers ist nicht sittenwidrig. 2.       Im Rahmen einer Interessenabwägung können nicht nur die Erholungsmöglichkeit, sondern ua auch Fortbildungsinteressen des Arbeitnehmers beachtlich sein.   OGH , 9 ObA 32/14t OLG Graz , 7 Ra 58/13y-83 Schrank, AR-Neuerungen

78 Schrank, AR-Neuerungen
Urlaubsverjährung: Hemmung bei Karenzierung? LE-AS Nr.10, § 1496 ABGB, §§ 65, 67, 70, 163 L-DBR Stmk, § 4 Abs. 5 UrlG   1.       Hat der Gesetzgeber – so in § 65 L-DBR – zwar für den Fall der Krankheit, Unfall oder Gebrechen sowie das Beschäftigungsverbot und die Karenz nach dem Mutterschutzgesetz aber auch für dienstliche Verbrauchshindernisse Vorsorge getroffen, um einen Verfall mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres zu verhindern, nicht aber für den Fall der allgemeinen Karenz nach § 70 L-DBR, kann nicht davon ausgegan-gen werden, dass er ganz allgemein die Hemmung der Verjährung ungeregelt gelassen hat und insoweit die Bestimmungen des ABGB über die Hemmung der Verjährung zur Anwendung kommen könnten. 2.       Schon dies spricht nun gegen eine unmittelbare Anwendung des § 1496 ABGB, der für die „Abwesenheit in Zivil- oder Kriegsdienst“ die Hemmung der Verjährung vorsieht. 3.       Inwieweit für Zivil- oder Kriegsdienste als zwingendes Verbrauchshindernis nicht § 65 L-DBR selbst insoweit eine Lücke aufweisen könnte, die es erfordert, diesen Hinderungsgrund jenen der Krankheit, Unfall, Gebrechen oder der dienstlichen Verhinderung gleichzustellen, bedarf es nicht bei Karenzen, die auf freier Entscheidung und Vereinbarung beruhen, wenn Gründe, die ohne freien Entschluss am recht­zeitigen Verbrauch des Urlaubs gehindert haben, fehlen bzw. nicht geltend gemacht wurden. 4.       Sieht das Gesetz für dienstliche Verbrauchshindernisse ohne­hin eine Hemmung vor, bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit der Durchsetzung des Urlaubsanspruchs. 5.       Damit kann die Vereinbarung eines nur auf Antrag zu gewährenden Karenzurlaubs jedenfalls alleine nicht den Gründen für die Hemmung des Verfalls gleichgehalten werden.   OGH , 9 ObA 67/13p OLG Graz , 7 Ra 100/12y-20, LG Graz , 36 Cga 76/12t-15 Schrank, AR-Neuerungen

79 Schrank, AR-Neuerungen
Urlaubsverbrauch bei fallweiser Bechäftigung: Auch stundenweiser Naturalverbrauch? LE-AS Nr.6, §§ 4, 7, 10 UrlG, § 471b ASVG   1.       Auch fallweisen Beschäftigten im Sinn des § 471b ASVG steht Urlaub zu. 2.       Dieser kann (zugunsten des Arbeitnehmers) auch stundenweise in Anspruch genommen werden. 3.       Anteilige Urlaubsersatzleistung steht mangels Urlaubsverbrauchs auch für die Dauer der fallweise befristeten Dienstverhältnisse zu.   OGH , 8 ObA 50/13f OLG Graz , 6 Ra 19/13f-19 LG Graz , 38 Cga 90/12s-13 Schrank, AR-Neuerungen

80 Schrank, AR-Neuerungen
Urlaubsersatzleistung: Auch bei fallweiser Beschäftigung? LE-AS Nr.8, §§ 4, 7, 10 UrlG, § 471b ASVG, § 879 ABGB   1.       Der Begriff der „fallweise beschäftigten“ Personen stammt aus dem Sozialversicherungsrecht. 2.       Arbeitsrechtlich liegen bei solchen fall­weisen Beschäftigungen aufeinanderfolgende befristete Dienstverhältnisse vor. 3.       Verstoßen diese im Hinblick auf das Fehlen von Dauerverpflichtungen nach Durchführung der erforderlichen Interessenabwägung nicht gegen die guten Sitten, sind sie daher auch für die Anspruchsbeurteilung wirksam. 4.       Auch fallweisen Beschäftigten im Sinn des § 471b ASVG steht Urlaub zu, der (zugunsten des Arbeitnehmers) auch stundenweise in Anspruch genommen werden kann. 5.       Eine Einbeziehung der Urlaubsersatzleistung in eine „All-In-Vereinbarung“ verstößt gegen das Ablöseverbot des § 7 UrlG und ist nichtig. 6.       Anteilige Urlaubsersatzleistung steht mangels Urlaubsverbrauchs daher auch für die Dauer der fallweise befristeten Dienstverhältnisse zu.   OGH , 8 ObA 50/13f OLG Graz , 6 Ra 19/13f-19 LG Graz , 38 Cga 90/12s-13 Schrank, AR-Neuerungen

81 Schrank, AR-Neuerungen
Elternschutz, Diskriminierungs-, Behinderten- und Fürsorgepflichtfragen Schrank, AR-Neuerungen

82 Schrank, AR-Neuerungen
Urlaubsersatzleistung: Bemessungsgrundlage bei Karenzaustritt und vorangehender Elternteilzeit? LE-AS Nr.7, Nr.4, §§ 15j Abs. 9, 15r MSchG, § 8b Abs. 9 VKG, § 10 Abs. 1, 3 und 4 UrlG   1.       Die Urlaubsersatzleistung berechnet sich nach dem Ausfallprinzip. 2.       Der Arbeitnehmer hat grundsätzlich jenes Entgelt zu erhalten, das er aus der Perspektive des Urlaubsbeginns verdient hätte, wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte. 3.       Das in § 15j Abs. 9 MSchG normierte Enden der Teilzeitbeschäftigung der Dienstnehmerin bei Inanspruchnahme einer Karenz für ein weiteres Kind bedeutet lediglich die Beendigung des nach Maßgabe der Teilzeitbeschäftigung bestehenden Arbeitszeitausmaßes. 4.       Aus dem eindeutigen Normtext dieser Bestimmung resultiert zwangsläufig, dass das Arbeits-verhältnis mit Inanspruchnahme der Karenz fortgesetzt wird, und zwar auf Basis jenes Arbeitszeit-ausmaßes, das ohne die Elternteilzeit gegolten hatte. 5.       Daher ist in solchen Fällen das frühere volle Arbeitszeitausmaß für die Bemessung der Urlaubsersatzleistung heranzuziehen. 6.       Eine Karenz wird damit nicht automatisch, sondern nur dann einer Vollzeitbeschäftigung gleichgestellt, wenn die Karenz iSd § 15j Abs. 9 MSchG eine Elternteilzeit beendet (was etwa bei der Karenzierung von einer regulären Teilzeitarbeit nicht der Fall wäre). 7.       Hat das Arbeitsverhältnis während einer Karenz und nicht „während einer Teilzeitbeschäftigung“ gemäß MSchG, geendet, ist § 10 Abs. 4 UrlG (Maßgeblichkeit der im Urlaubsjahr überwiegend geleisteten Arbeitszeit) nicht anwendbar.   OGH , 9 ObA 62/14d OLG Wien , 10 Ra 17/14i-15 ASG Wien , 33 Cga 57/13p-11 Schrank, AR-Neuerungen

83 Schrank, AR-Neuerungen
Mutter- und Väterschutz: Rückkehrrecht nach Karenzen und „besetzter“ veränderter Arbeitsplatz – Kündigung? Vorrang? LE-AS Nr.7, RdW 2014/9, § 10 Abs. 4 zweiter Fall MSchG   1.       Der Arbeitsvertrag wird durch die Karenz nur insofern abgeändert, als für einen befristete Zeitraum die Arbeits- und Entgeltpflicht ruhen. 2.       Auch wenn ein zwar vergrößerter, aber im Wesentlichen unveränderter früherer Arbeitsplatz nach einer oder auch zwei Karenzen durch eine unbefristete Ersatzkraft besetzt ist und sich diese mehrere Jahre in dieser Position hervorragend bewährt hat, ist der Arbeitsplatz nicht weggefallen und der Arbeitgeber verpflichtet, die ANin nach Rückkehr aus der Elternkarenz in der gleichen Verwendung weiter zu beschäf-tigten, zu der sie seinerzeit vertraglich aufgenommen und auch tatsächlich eingesetzt worden war. 3.       Warum dem AG eine nur interimistische Besetzung der Stelle nicht zumutbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich, kann er doch auch für ein für eine höhere Position begründetes DV mit einer Ersatzkraft so abschließen, dass es mit der Rückkehr der karenzbedingt vorübergehend abwesenden DNin beendet (Befristung oder Kündigung) oder gegebenenfalls in seinem zeitlichen Ausmaß auf die Ergänzung der Teilzeitbeschäftigung eingeschränkt wird Der Argumentation, dass mehrfache Mutterschutz- und Karenzphasen zu problematischen Ketten-befristungen (für Vertretungskräfte) führen können, steht entgegen, dass Kettenbefristungen an der Rsp zur Rechtmäßigkeit sozial und wirtschaftlich gerechtfertigter Kettenarbeitsverträge zu messen sind. 5.       Es widerspräche dem Zweck des MSchG, könnte der Dienstgeber selbst den Kündigungsgrund alleine durch die unbefristete Nachbesetzung der Stelle herstellen. 6.       Die Zustimmung zur Kündigung einer nach der Karenz teilzeitbeschäftigten AN ist daher mangels Vorliegens des Kündigungsgrundes betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung entgegen stehen und die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses unzumutbar machen, nicht zu erteilen.   OGH , 9 ObA 50/14i Schrank, AR-Neuerungen

84 Schrank, AR-Neuerungen
Diskriminierende Versetzung bei Elternarbeitszeit LE-AS Nr.6, §§ 3 Z 6, 5 Abs. 2, 12 Abs. 6 GlBG, §§ 15k Abs. 3, 15p MSchG, § 101 ArbVG   1.       Wird im Rahmen eines objektiven Gesamtvergleichs die teilweise Besserstellung durch bessere Arbeitsbedingungen im weiter entfernten Werk berücksichtigt, ist die Beurteilung, dass die besseren Arbeitsbedingungen im Werk selbst nicht durch die mit den erheblich verlängerten Arbeitswegen verbundenen Nachteile aufgewogen werden, als konkrete Einzelfallbeurteilung nicht zu beanstanden. 2.       Mangelt es einer dauernden verschlechternden Versetzung an der erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats, ist die Versetzung in das andere Werk unwirksam. 3.       Eine – auch unwirksame – Versetzung kann eine Diskriminierung bei den sonstigen Arbeits-bedingungen darstellen. 4.       Ob die Versetzung eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bewirkt, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. 5.       Stehen betriebliche Erfordernisse der Erfüllung einer Elternarbeitszeit im Rahmen ausschließlicher Frühschichten am bisherigen Arbeitsplatz entgegen (und ist eine solche Arbeitszeitverteilung nur in einem anderen Werk möglich), muss vom Arbeitgeber im Verfahren gemäß §§ 15k Abs. 3 iVm 15p MSchG geltend gemacht werden. 6.       Liegt eine diskriminierende Versetzung vor, gebührt eine Entschädigung für erlittene persönliche Beeinträchtigung (im Anlassfall EUR 1.000).   OGH , 9 ObA 2/14f OLG Wien , 10 Ra 59/13i-17 ASG Wien , 19 Cga92/12f-13 Schrank, AR-Neuerungen

85 Schrank, AR-Neuerungen
Diskriminierende Reduzierung des Arbeitszeitausmaßes nach Mitteilung der Schwangerschaft LE-AS Nr.10, Nr.11, § 3 Z 6, 12 Abs. 1 Z 2 und 14 GlBG   1.       Wird das vereinbarte Stundenausmaß bei Teilzeit nach Bekanntwerden der Schwangerschaft vorübergehend reduziert und vom Vorgesetzten mitgeteilt, dass die in Aussicht gestellte Vollzeitbeschäf-tigung wegen der Schwangerschaft nun nicht mehr in Frage komme, liegt eine unzulässige Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen vor. 2.      Diese verpflichtet zu Verdienstentgang und Entschädigung für erlittene persönliche Beeinträchtigung. 2.       Im Allgemeinen ist bei der Entschädigung für eine erlittene Diskriminierung insbesondere auf deren Dauer und die Erheblichkeit der Beeinträchtigung Bedacht zu nehmen. 3.       Die Höhe der Entschädigung für die erlittene psychische Beeinträchtigung ist nach § 12 Abs. 14 GlBG so zu bemessen, dass diese tatsächlich und wirksam ausgeglichen wird, die Entschädigung der erlittenen Beeinträchtigung angemessen ist und Diskriminierungen verhindert. 4.       Die Einzelfall-Bemessung des Schadenersatzes für die erlittene psychische Beeinträchtigung mit dem Doppelten des nach § 12 Abs. 1 Z 2 GlBG normierten Höchstbetrags – also mit EUR – bedarf auch im Lichte der Verschärfungen der GlBG-Novellen der letzten Zeit keiner Korrektur.   OGH , 8 ObA 23/14m OLG Graz , 7 Ra 70/13p-20 LG Graz , 33 Cga 18/13t-16 Schrank, AR-Neuerungen

86 Schrank, AR-Neuerungen
Diskriminierungsschutz Geschlecht: Kündigung wegen bevorstehender Schwangerschaft? LE-AS Nr.1, Nr.7, §§ 3 Z 7, 5 Abs. 1, 12 Abs. 7 und 12 GlBG   1.       Werden für eine Benachteiligung Kriterien herangezogen, die nur von einem Geschlecht erfüllt werden können, wie etwa eine Schwangerschaft, stellt dies eine unmittelbare Diskriminierung dar. 2.       Es liegt daher eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn der maßgebliche Grund für eine Kündigung in der konkreten Annahme des Arbeitgebers liegt, dass eine Arbeitnehmerin bald schwanger werde. 3.       Die Miteinbeziehung bloß „möglicher Schwangerschaften“ führt zu keiner unabsehbaren Ausuferung des Kündigungsschutzes, da die Anfechtung nach dem Gleichbehandlungsgesetz erfordert, dass das konkrete verpönte Motiv des Arbeitgebers für die Kündigung glaubhaft gemacht wird. 4.       Die Glaubhaftmachung ist dabei nur dem durch die Herabminderung des Beweismaßes erleichterten Indizienbeweis, nicht aber dem Anscheinsbeweis zugänglich. 5.       Wird die diskriminierende Kündigung nicht angefochten, kann auf Vermögensschaden und Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung geklagt werden.   OGH , 8 ObA 81/13i OLG Wien , 7 Ra 73/13a-27 LG St. Pölten , 8 Cga 20/12k-21 Schrank, AR-Neuerungen

87 Schrank, AR-Neuerungen
Höchstbefristung mit dem Pensionsalter? Unmittelbare Geschlechtsdiskriminierung auch in Altfällen LE-AS Nr.6, Art. 3 Abs. 1 lit. c RL 76/207/EWG idF RL 2002/73/EG § 3 Abs. 7 GlBG, § 19 Abs. 1 AngG, § 65 DBO NÖ LWK   1.       Eine nationale Dienstordnung, die Bestandteil eines vor Beitritt des Mitgliedstaats zur EU geschlossenen Arbeitsvertrags ist und vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis durch Erreichen des Pensionsantrittsalters endet, das nach dem Geschlecht des Arbeitnehmers unterschiedlich festgesetzt ist, begründet eine nach der RL verbotene unmittelbare Diskriminierung, wenn der betreffende Arbeitnehmer das Pensionsantrittsalter nach diesem Beitritt erreicht. 2.       Die RL 76/207 ist für die Republik Österreich vom Zeitpunkt ihres Beitritts zur Union an verbindlich, so dass sie für zukünftige Auswirkungen vor dem Beitritt dieses Mitgliedstaats zur Union entstandener Sachverhalte gilt. 3.       Dem steht auch kein Vertrauensschutz entgegen. 4.       Art. 3 RL 76/207 ist unbedingt und hinreichend genau. 5.       Einzelne können sich gegenüber dem Staat darauf berufen. 6.       Die Nichterneuerung eines befristeten Arbeitsvertrags zum Zeitpunkt seiner regulären Beendigung ist im Bereich der Gleichbehandlung einer Kündigung gleichzustellen.   EuGH , C-614/11 Schrank, AR-Neuerungen

88 Schrank, AR-Neuerungen
Befristung: Schwangerschaftsbedingte Nichtfortsetzung trotz Zufriedenheit mit Arbeitsleistung? (1) LE-AS Nr.8, Nr.1, Nr.1, §§ 3 Z 7, 12 Abs. 7 und 12, 15 Abs. 1a und 2 GlBG § 10a MSchG, Art. 18 GleichbehandlungsRL 2006/54/EG   1.       § 10a MSchG verdrängt nicht die Rechtsfolgen des GlBG beim Zusammentreffen eines befristeten Dienstverhältnisses mit dem Eintritt einer Schwangerschaft; sie ist insofern keine speziellere und abschließende Norm. 2.       Wurde einer Kinderbetreuerin zu Beginn erklärt, dass die (10-monatige) Befristung eine reine Formsache sei und der befristete Vertrag, wenn alles passen würde, in einen unbefristeten umgewandelt werde, berechtigt die Nichtübernahme wegen Schwangerschaft zur Feststellung eines unbefristeten Dienstverhältnisses. 3.       Dass nach Zeitablauf nicht mehr auf Feststellung des unbefristeten Bestehens nach § 12 Abs. 7 GlBG geklagt werden könne, widerspricht § 15 Abs. 1a GlBG, wonach erst der Zeitablauf die Klagefrist auslöst. 4.       Auch führt ein Prüfungsantrag bei der Gleichbehandlungskommission zur Fristenhemmung nach § 15 Abs. 2 GlBG. 5.       Ist im Streitfall ein Diskriminierungstatbestand glaubhaft gemacht, obliegt es der Arbeitgeberin zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war (§ 12 Abs. 12 GlBG). Schrank, AR-Neuerungen

89 Schrank, AR-Neuerungen
Befristung: Schwangerschaftsbedingte Nichtfortsetzung trotz Zufriedenheit mit Arbeitsleistung? (2) LE-AS Nr.8, Nr.1, Nr.1, 6.       Damit dieser Beweis gelingen kann, muss die Arbeitgeberin zunächst geeignete Tatsachen behaupten, die einer Überprüfung durch das Gericht zugänglich sind. 7.       Hat sie sich in erster Instanz in Kenntnis des ihr allenfalls dadurch entstehenden Nachteils und trotz ausdrücklicher Rechtsbelehrung durch das Gericht ausdrücklich geweigert, die Gründe für die Unterlas-sung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses darzutun, kann auch ihre erstmals im Berufungsverfahren vorgetragene Behauptung, die Einschätzung der Eignung einer Dienstnehmerin im Betreuungsbereich sei nicht immer vollständig objektivierbar, nicht von der sie treffenden Beweislast entheben. 8.       Dies gilt auch für die Behauptung, außerdem müsste sie ihre gegenüber Eltern und betreuten Kindern bestehende Verschwiegenheitspflicht verletzen, wäre ansonsten die diskriminierte Person genau jenen Beweisschwierigkeiten ausgesetzt, die § 12 Abs. 12 GlBG gerade verhindern will. 9.       Ausgehend vom insoweit klaren Gesetzeswortlaut (arg. „Lässt ... die Beendigung gegen sich gelten, so hat er/sie Anspruch ... auf eine Entschädigung ...“), der die Grenze zwischen objektiver Auslegung und ergänzender Rechtsfortbildung darstellt, und dem damit übereinstimmenden Wahlrechtswillen des Gesetzgebers steht jedoch ein Schadenersatzanspruch nur bei Nichtanfechtung zu. 10.   Bei Fortbestand gebührt daher keine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.   OGH , 9 ObA 5/14x OLG Wien , 10 Ra 42/13i-15 ASG Wien , 12 Cga 138/12v-9 Schrank, AR-Neuerungen

90 Schrank, AR-Neuerungen
Befristungen: Beweislast – Schwangerschafts- bzw. karenzbedingte Nichtfortsetzung immer zu vermuten? LE-AS Nr.9, §§ 5 Abs. 2, 12 Abs. 7 GlBG   1.       Beruht die Abweisung begehrten Schadenersatzes wegen schwangerschafts- oder karenz-diskriminierender Nichtverlängerung einer Befristung vertretbar darauf, die Arbeitnehmerin habe nicht bescheinigt, dass ihre Schwangerschaft oder die Inanspruchnahme von Karenz das Motiv für die Nichtverlängerung ihres Dienstverhältnisses war, kommt es auf die Frage, ob das befristetes Arbeitsverhältnis überhaupt auf Verlängerung „angelegt“ war, nicht an. 2.       Allein dass das Dienstverhältnis einer schwangeren oder einer in Karenz befindlichen Arbeitnehmerin beendet bzw. nicht verlängert wird, bedeutet nämlich nicht zwingend, dass die Schwangerschaft bzw. die Karenz das Motiv ist. 3.       Derartiges hätte die Arbeitnehmerin im Prozess behaupten und glaubhaft machen müssen. 4.       Dies gilt umso mehr, wenn feststeht, dass die Schwangerschaft und ihre Absicht, für einige Monate in Karenz zu gehen, an den zunächst bestandenen gemeinsamen Plänen der Parteien über eine Fortsetzung (nahtlos oder nach mehrmonatiger Unterbrechung ist im Anlassfall nicht klar) nichts geändert hat.   OGH , 8 ObA 52/13z OLG Wien , 8 Ra 73/12g-26 ASG Wien , 29 Cga 102/11y-16 Schrank, AR-Neuerungen

91 Schrank, AR-Neuerungen
GlBG: Sexuelle Belästigungen – Berührungen, Anstarren, In-den-Weg-Stellen, Anzüglichkeiten LE-AS Nr.3, § 6 Abs. 2 GlBG, § 502 Abs. 1 ZP   1.       Ob ein bestimmtes Verhalten die Kriterien der sexuellen Belästigung nach § 6 Abs. 2 GlBG erfüllt, ist einzelfallbezogen und begründet in der Regel, außer bei krasser Fehlbeurteilung, keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs. 1 ZPO. 2.       Dass unerwünschte körperliche Berührungen unter anderem an Oberschenkel und Gesäß, demonstratives Anstarren der Brüste mit anzüglicher Bemerkung, In-den-Weg-Stellen sowie geschlechtsbezogene verbale Anzüglichkeiten von einer Arbeitnehmerin als demütigend empfunden werden und ihr die Freude an der Arbeit verleiden, eine sexuelle Belästigung iSd § 6 Abs. 2 GlBG verwirklichen, ist keineswegs unvertretbar. 3.       Hat sich der Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren darauf beschränkt, diese Handlungen überhaupt abzustreiten, müssen spätere Ausführungen, er habe mangels Abwehrreaktion gar nicht erkennen können, dass die Arbeitnehmerin sein Verhalten nicht wünscht, muss ein derartiger Rechtsmitteleinwand schon deswegen erfolglos bleiben. 4.       Auch darauf, ob das Verhalten das Gewicht eines Kündigungs- oder Entlassungsgrundes hat, kommt es bei bloßem immateriellem Schadenersatz nicht an.   OGH , 8 ObA 73/13p OLG Wien , 10 Ra 62/13f-30 Schrank, AR-Neuerungen

92 Schrank, AR-Neuerungen
GlBG: Sexuelle Belästigungen – fristlose Entlassung? LE-AS Nr.7, §§ 6 Abs. 2, 12 Abs. 11 GlBG § 106 Abs. 2 ArbVG § 27 Z 6 AngG, § 82 lit. g GewO 1859   1.       Eine sexuelle Belästigung anderer Mitarbeiter kann einen wichtigen Grund darstellen, der den Arbeitgeber im Einzelfall auch zur Entlassung berechtigen kann. 2.       Ob eine Belästigung bereits als entlassungswürdig zu qualifizieren ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. 3.       Verstößt der Arbeitnehmer wiederholt gegen die geschlechtliche Selbstbestimmung, sexuelle Integrität und Intimsphäre von Mitarbeiterinnen und wurde er bei einem dieser Vorfälle vom Vorgesetzten auf die Unzulässigkeit seines Verhaltens hingewiesen, ist die Beurteilung neuerlicher massiver, auch beleidigender Äußerungen und Verhaltensweisen als Entlassungsgrund jedenfalls vertretbar.   OGH , 9 ObA 172/13d OLG Graz , 6 Ra 67/13i-20 Schrank, AR-Neuerungen

93 Schrank, AR-Neuerungen
Sexuelle Belästigungen – wissentlich unrichtige Vorwürfe als Auflösungsgrund: Beweislast für Unrichtigkeit? LE-AS Nr.8, §§ 7, 12 Abs. 7, 13 GlBG, §§ 7, 18 Abs. 4 W-GlBG § 27 Z 6 AngG, § 82 Abs. 1 lit. g GewO 1859, §§ 4c Abs. 3 Z 2 und 3, 45 Abs. 2 Z 1, 2 und 5 Wr. VBO   1.       Bei den Entlassungsgründen erheblicher Ehrverletzung muss der AG lediglich die ehrverletzende Behauptung beweisen. 2.       Sofern diese ihrer Natur nach einem Wahrheitsbeweis zugänglich ist, trifft indessen den Arbeitnehmer die Beweislast für die Wahrheit der erhobenen Beschuldigung bzw. dafür, dass er hinreichende Gründe hatte, sie für wahr zu halten. 3.       Diese Rsp kommt für Behauptungen, Opfer sexueller Belästigung zu sein, nicht zum Tragen: 4.       Klare Tendenz der Rechtsentwicklung der letzten Jahre ist es, sexuelle Belästigungen im Arbeitsverhältnis zu bekämpfen und den Opfern derartiger Belästigung die Durchsetzung ihrer Rechte so weit wie möglich zu erleichtern. 5.       Gerade im Falle der Behauptung sexueller Belästigung besteht im besonderen Maß das Risiko der mangelnden Beweisbarkeit einer Anschuldigung. 6.       Im Zusammenhang mit einem Entlassungs- oder Kündigungsgrund dieses Beweisbarkeitsrisiko uneingeschränkt der die Anschuldigung erhebenden Person zuzuweisen, würde das Risiko, derartige Behauptungen vorzubringen und Abhilfe zu suchen, enorm erhöhen, der gesetzgeberischen Tendenz klar zuwiderlaufen und dem Grundsatz widersprechen, dass nationale Rege-lungen die Durchsetzung der durch Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen. 7.       Die Beweislast für einen wissentlich unwahren Vorwurf sexueller Belästigung und damit des entsprechenden Auflösungsgrundes trifft daher den Arbeitgeber. 8.       Gelingt dem Arbeitgeber dieser Beweis nicht – so auch bei bloß fehlende Feststellbarkeit der behaupteten sexuellen Belästigung(en) – , ist die Auflösung ungerechtfertigt.   OGH , 8 ObA 55/13s OLG Wien , 8 Ra 1/13w-55, ASG Wien , 13 Cga 142/08h-51 Schrank, AR-Neuerungen

94 Schrank, AR-Neuerungen
GlBG: Belästigung wegen sexueller Orientierung – immaterieller Schadenersatz auch bei einmaliger Äußerung? LE-AS Nr.1, §§ 21 Abs. 2 Z 3, 26 Abs. 11 GlBG, Art. 10 MRK, Art. 13 StGG 1.       Belästigungen am Arbeitsplatz sind inakzeptabel, denn sie beeinträchtigen die Menschenwürde. 2.       Verhaltensweisen der Belästigung iSd § 21 GlBG können verschiedene Formen annehmen, angefangen bei verbalen Äußerungen (zB Witzen) und Gesten bis hin zum Verfassen, Zeigen und Verbreiten von schriftlichen Äußerungen, s, SMS, Zeichnungen (zB Karikaturen), Bildern oder sonstigem Material. 3.       In bestimmten Fällen kann daher das Recht auf freie Meinungsäußerung in einem gewissen Spannungsverhältnis zu den Rechten nach dem Gleichbehandlungsgesetz stehen. 4.       Das Recht auf freie Meinungsäußerung findet jedenfalls dort seine Grenze, wo in die dem Belästigten nach dem Gleichbehandlungsgesetz gewährten Rechte eingegriffen wird. 5.       Die Schaffung eines für den Arbeitnehmer negativen Umfelds durch eine Belästigung iSd § 21 Abs. 2 Z 3 GlBG wird schon dadurch unterstrichen, dass er der Belästigerin während der restlichen Zeit seiner Beschäftigung aus dem Weg ging, weil er sich aufgrund ihrer Äußerungen unwohl fühlte und eine feindselige Umgebung empfand. 6.       Abgesehen davon genügt es seit der Novellierung des § 21 GlBG, dass die Verletzung der Würde bezweckt ist. 7.       Dies trifft zu, wenn die diskriminierenden Aussagen bewusst aufgrund der Homosexualität des Arbeitnehmers getätigt wurden, ihn auch treffen sollten, für ihn unerwünscht waren, er sich in seiner Würde verletzt fühlte, getroffen und gekränkt war. 8.       Überschreiten bereits einmalige Äußerungen das Mindestmaß an Intensität belästigender Verhaltensweisen objektiv, ist der Zuspruch des Mindestbetrags nicht zu beanstanden. OGH , 9 ObA 110/13m OLG Wien , 9 Ra 37/13x-14 Schrank, AR-Neuerungen

95 Schrank, AR-Neuerungen
Besonderer Behinderten-Kündigungsschutz: Neue Wartezeit Schutz schon in den ersten 4 Jahren erlangbar? LE-AS Nr.4, §§ 2, 8 Abs. 2, 6 lit. b, 14 Abs. 2, 27 Abs. 8 BEinstG idF   1.       Die neue Rechtslage differenziert danach, ob die Begünstigtenstellung iSd BEinstG vor oder nach Beginn des Arbeitsverhältnisses erfolgt. 2.       Der Novellierungsgedanke, für Arbeitgeber einen Anreiz zu schaffen, Menschen mit Behinderung verstärkt zu beschäftigen, lässt deutlich erkennen, dass es für Arbeitnehmer ohne schon bei Beginn des Arbeitsverhältnisses festgestellter Behinderung bei der bisherigen Rechtslage bleiben sollte. 3.       Dabei wurde die bisherige grundsätzliche sechsmonatige Wartefrist für den besonderen Kündigungsschutz aus dem alten Recht in die neue Fassung des § 8 Abs. 6 lit. b BEinstG übernommen. 4.       Erfolgt der Kündigungsausspruch (Zugang) erst nach Ablauf der ersten sechs Monate des Dienst-verhältnisses und ist zu diesem Zeitpunkt die Behinderteneigenschaft durch Bescheid des Bundessozial-amts bereits rechtskräftig festgestellt, greift daher zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs der besondere Kündigungsschutz (auch wenn bei Einstellung noch keine vier Jahre verstrichen sind). 5.       Auf Überlegungen, ob die Behinderteneigenschaft innerhalb der ersten sechs Monate des DV oder erst später festgestellt wurde, kommt es bei Kündigungsausspruch erst nach diesen 6 Monaten nicht an. 6.       Eine ohne vorherige Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist daher rechtsunwirksam (§ 8 Abs. 2 BEinstG), sodass dem Begehren auf aufrechten Fortbestand des Arbeitsverhältnisse stattzugeben ist.   OGH , 9 ObA 96/13b OLG Graz , 6 Ra 18/13h-10, LG Leoben , 33 Cga 115/12x-6 Schrank, AR-Neuerungen

96 Schrank, AR-Neuerungen
Behindertendiskriminierung: Kündigungen wegen Krankenständen/Dienstunfähigkeit? Förderpflicht? (1) LE-AS Nr.2, §§ 6 Abs. 1 7c Abs. 4, 7f, 7p BEinstG, § 27 Z 2 AngG, § 82 lit. b GewO 1859 Art. 2 Abs. 2 lit. b sublit. I, Art. 5 RL 2000/78   1.       Gemäß EuGH sind „Krankheit“ und „Behinderung“ vor dem Hintergrund der RL 2000/78 nicht schlicht und einfach gleichzusetzen, jedoch kann eine undifferenzierte Berechnung krankheitsbedingter Fehlzeiten, bei der solche mit einer Behinderung im Zusammenhang stehenden Krankheit Zeiten allgemeiner „schlichter“ Krankheiten gleichgesetzt werden, auch eine mittelbare Diskriminierung bewirken, außer wenn ua das Beurteilungskriterium oder die Maßnahme sachlich gerechtfertigt sind (Art. 2 Abs. 2 lit. b sublit i RL 2000/78; § 7c BEinstG), was durch das nationale Gericht zu beurteilen ist (EuGH C-335, 337 Rn 90). 2.       Der nicht näher umschriebene Begriff der „angemessenen Maßnahmen“ ist gemäß EuGH jedenfalls weit auszulegen und nicht abschließend geregelt, jedoch sind im 17. Erwägungsgrund der RL 2000/78 die Einstellung, der berufliche Aufstieg oder die Weiterbeschäftigung einer Person, wenn diese für die Erfüllung der wesentlichen Funktionen des Arbeitsplatzes nicht kompetent, fähig oder verfügbar ist, als Beispiele nicht angemessener Maßnahmen angeführt. 3.       Kann eine 30%-Behinderte in der vereinbarten Tätigkeit als Pflegehelferin (oder einer verwertbaren Teiltätigkeit) nicht mehr arbeiten, weil sie generell als Pflegehelferin nicht mehr einsetzbar und nur mehr in der Lage ist, einen kleinen Ausschnitt der vertraglich vereinbarten Tätigkeit auszuüben, ist sie auch bei zumutbarem Entgegenkommen in diesem Teilbereich nicht mehr einsetzbar, wenn der Arbeitgeber über keine Arbeitsplätze mit nur diesem Ausschnitt verfügt. 4.       Fehlt es damit an einer zumutbaren Möglichkeit, im Rahmen der dienstvertraglich vereinbarten Arbeitstätigkeit eine Arbeit zuzuweisen, die das verbliebene Leistungskalkül nicht überschreitet, stellt sich, ausgehend von einem weiten Verständnis der „angemessenen Maßnahmen“, die – durch das nationale Gericht zu prüfende – Frage, ob der AG allenfalls verpflichtet ist, eine Beschäftigung außerhalb des dienstvertraglich vereinbarten Rahmens als Pflegehelferin an einem anderen Arbeitsplatz zu verschaffen. Schrank, AR-Neuerungen

97 Schrank, AR-Neuerungen
Behindertendiskriminierung: Kündigungen wegen Krankenständen/Dienstunfähigkeit? (2) LE-AS Nr.2,   5.       Weder im nationalen Recht noch in der RL 2000/78 ist eine solche Verpflichtung ausdrücklich vorgesehen. 6.       Ob der Arbeitgeber zur Zuweisung einer Verweisungstätigkeit außerhalb der vereinbarten dienstvertraglichen Tätigkeit, ist daher nach Wertungen der RL zu beurteilen. 7.       Den Begründungserwägungen der RL lässt sich die Intention der RL, die Gleichbehandlung Behinderter durch Veränderungen an ihrem Arbeitsplatz zu verwirklichen. 8.       Auch nach dem 17. Erwägungsgrund zur RL 2000/78 verlangt diese nicht die Weiterbeschäftigung, wenn die Person für die Erfüllung der wesentlichen Funktionen ihres Arbeitsplatzes nicht mehr fähig ist. 9.       Auch bei Anlegung des vom EuGH geforderten weiten Maßstabs des Begriffs einer „Maßnahme“ iSd Art. 5 RL 2000/78, besteht daher keine gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung, einen Arbeitnehmer, der seine dienstvertraglich vereinbarte Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, außerhalb dieser Tätigkeit weiterzubeschäftigen. 10.   Mangels Beschäftigungspflicht außerhalb der dienstvertraglichen Tätigkeiten liegt bei Vorliegen der als Kündigungsgrund allgemein vorgesehenen Dienstunfähigkeit für diese auch unter Beachtung der Förderpflicht im konkreten Einzelfall kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vor. 11.   Dies daher auch dann nicht, wenn eine vertraglich die Dienste einer Pflegehelferin schuldende Behinderte nach dem Leistungskalkül noch im Bürobereich, als Portierin, oder in einem Callcenter im Bereich des Arbeitgebers tätig sein könnte und auch in der Lage ist, allgemeine Sekretariatstätigkeiten oder administrative Tätigkeiten auszuüben, und ihm dieser Einsatz auch möglich wäre.   OGH , 9 ObA 165/13z OLG Wien , 7 Ra 85/13s-57, ASG Wien , 15 Cga 46/11k-47 Schrank, AR-Neuerungen

98 Schrank, AR-Neuerungen
Behindertendiskriminierung: Abmeldepflicht bei längerer Abwesenheit vom Arbeitsplatz? LE-AS Nr.4, §§ 7d Abs. 2, 7i Abs. 1 BEinstG   Verlangt ein Teamleiter generell von allen Mitarbeitern, sich abmelden zu müssen, wenn sie längere Zeit nicht an ihrem Arbeitsplatz seien, ohne dass nach dem Grund für das Verlassen des Zimmers unterschieden wurde, und erklärt er dies konkret auch einer behinderten Arbeitnehmerin aus Anlass einer längeren Abwesenheit, bei der sie gesucht wurde, ist es selbst unter Berücksichtigung eines weit zu verstehenden Zusammenhangs zwischen einer belästigenden Verhaltensweise und dem geschützten Merkmal der Behinderung vertretbar, darin kein Fehlverhalten des Teamleiters zu sehen, zumal ein Teamleiter auch für die Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs zu sorgen hat. Auch ist in der allgemeinen Anweisung, längere Abwesenheiten vom Arbeitsplatz zu melden, keine Verletzung der Menschenwürde erkennbar, wenn nicht hervorkam, dass eine derartige Verletzung bezweckt gewesen wäre. Das dargestellte Verlangen des Teamleiters stellt daher mangels Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen keine Behindertenbelästigung iSd § 7d BEinstG dar.   OGH , 9 ObA 167/13v OLG Wien , 7 Ra 103/13p-66 Schrank, AR-Neuerungen

99 Schrank, AR-Neuerungen
Fürsorgepflicht: Herausgabe Beschwerdeschreiben durch Vorgesetzten an Betroffene? LE-AS Nr.27, § § 1157 ABGB § 7d Abs. 1 und 2 BEinstG   1.       Ein Arbeitnehmer hat grundsätzlich – ohne Hinzutreten besonderer Umstände – keinen privatrechtlichen Anspruch auf Herausgabe eines an seinen Vorgesetzten gerichteten Beschwerdeschreibens anderer Mitarbeiter. 2.       Verweigert der Vorgesetzte einer Behinderten die Herausgabe eines Beschwerdeschreibens ihm ebenfalls unterstellter Mitarbeiter, in dem sich nach den Behauptungen der Behinderten gegen sie gerichtete „Beleidigungen“ und „Untergriffe“ fänden, stellt diese Verweigerung auch keine Belästigung iSd § 7d Abs. 1 BEinstG dar, wenn der Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür bietet, dass bezüglich der Nicht-Herausgabe jeglicher Bezug zur Behinderung bzw. den damit in Verbindung stehenden Eigenschaften fehlt. 3.       Richtet sich die Schadenersatzklage gegen einen anderen Dienstnehmer (hier den Vorgesetzten), ist aus dem Umstand, dass eine Diskriminierung auch dann vorliegt, wenn es der Dienstgeber schuldhaft unterlässt, im Falle einer Belästigung durch Dritte angemessene Abhilfe zu schaffen, nichts zu gewinnen, weil es dabei um eine aus der Fürsorgepflicht des Dienstgebers abgeleitete Haftung handelt.   OGH , 9 ObA 65/13v OLG Wien , 7 Ra 112/12k-36 Schrank, AR-Neuerungen

100 Schrank, AR-Neuerungen
Fürsorgepflicht: Schadenersatzansprüche wegen Mobbing ohne konkretes Mobbingverhalten? LE-AS Nr.28, §§ 1157, 1295 ABGB, § 18 AngG   1.       Liegt bei einer Stationsleiterin einer Pflegestation zwar eine auch durch ihren Umgangston und vermutete Pflegeverfehlungen verursachte emotional belastete Situation vor, in der sie das Gefühl empfand, unter Druck gesetzt und mundtot gemacht zu werden, lassen sich dafür aber keine objektive Grundlage und auch keine Anhaltspunkte für konkrete Mobbinghandlungen feststellen und wurde auf die Befindlichkeiten und Beanstandungen in geeigneter Weise reagiert, mangelt es Schadenersatzbegegehren an der notwendigen Rechtsgrundlage für einen Zuspruch. 2.       War die emotional belastende Situation durch die Versetzung des früheren Stationsleiters als ihre Bezugsperson bedingt und stand dies mit dem Tod ihres Ehegatten im Zusammenhang, der ihr psychisch zu schaffen machte, mangelt es einem geltend gemachten Schadenersatzanspruch letztlich auch an der Kausalität eines dem Arbeitgeber zurechenbaren (Fehl-)Verhaltens.   OGH , 8 ObA 30/14s OLG Wien , 7 Ra 3/14h-87 Schrank, AR-Neuerungen

101 Betriebsrätewesen und Betriebsvereinbarungen
Schrank, AR-Neuerungen

102 Schrank, AR-Neuerungen
Unzulässige Betriebsratswahl: Zweigniederlassung ohne einheitlichen Betriebszweck und Standortleiter LE-AS Nr.3, §§ 34 Abs. 1 und 2, 35, 59 Abs. 2 ArbVG   1.       (Auch) der Betriebsinhaber ist zur Anfechtung einer Betriebsratswahl insbesondere dann berechtigt, wenn die Wahl ihrer Art nach nicht durchzuführen gewesen wäre. 2.       Dies ist ua der Fall, wenn ein Betriebsrat für eine Abteilung oder eine sonstige Arbeitsstätte gewählt wurde, die kein selbständiger (§§ 34, 134, 134b ArbVG) oder gleichgestellter Betrieb (§ 35 ArbVG) ist 3.       Besteht eine Zweigniederlassung zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl aus den drei Bereichen Verkauf, Distribution und Technischer Service und verfolgen diese schon von den Aufgaben unterschiedlichen Bereiche keinen einheitlichen Betriebszweck, weil jeder Abteilung ein eigener Leiter vorsteht, der aus-schließlich für seinen Bereich und seine Mitarbeiter die Verantwortung hat und wiederum einen eigenen Vorgesetzten in der Zentrale hat, kann ein – sämtliche drei Bereiche umfassendes – eigenständiges Ar-beitsergebnis dieses Standorts mangels struktureller Verbindung dieser drei Bereiche nicht erzielt werden. 4.       Gibt es zudem keinen „Standortleiter“, unter dessen Leitung allenfalls ein einheitlicher Betriebszweck verfolgt wird, kann die Vertretungsbefugnis nach außen (Prokura), die der Regionsleiter für zwei Zweig-niederlassungen innehat, die fehlende organisatorische Einheit innerhalb der verschiedenen Bereiche am Standort weder begründen noch ersetzen. 5.       Werden zudem alle wesentlichen, jedenfalls die Bereiche Verkauf und Technischer Service betref-fenden, Agenden, wie etwa Budgeterstellung, Personalangelegenheiten, Vertragsvorgaben, Einkauf und Öffentlichkeitsarbeit zum weitaus überwiegenden Teil in der Zentrale in Wien wahrgenommen, kommt der räumlichen Entfernung zur Zentrale keine entscheidende Bedeutung zu.   OGH , 9 ObA 51/14m OLG Graz , 6 Ra 86/13h-13, LG Klagenfurt , 35 Cga 88/13v-9 Schrank, AR-Neuerungen

103 Schrank, AR-Neuerungen
Betriebsverfassung: Wann Betriebszugehörigkeit von in Töchter Entsandten? LE-AS Nr.3, §§ 36 Abs. 1, 105 Abs. 1 ArbVG   1.       Bezüglich entsandter Mitarbeiter ist zu § 36 Abs. 1 ArbVG zu prüfen, ob der Arbeitnehmer in einer so engen Beziehung zum Betrieb steht, dass er als diesem noch zugehörig zu betrachten ist und ob er ungeachtet seiner außerhalb der Betriebsstätte verrichteten Tätigkeit noch als Glied der betrieblichen Organisation gesehen werden kann. 2.       Es genügt aber auch, wenn die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen beim entsendenden Betrieb verbleiben. 3.       Speziell beim arbeitsverfassungsrechtlichen Kündigungsschutz der §§ 105 ff ArbVG ändert die betriebsverfassungsrechtliche Qualifikation eines überlassenen Arbeitnehmers als Arbeitnehmer des Beschäftigers nichts daran, dass der arbeitsvertragliche Arbeitgeber Adressat des in § 105 Abs. 1 und 2 ArbVG normierten Kündigungsschutzes ist. 4.       Kommen dem vertraglichen Arbeitgeber nach Übernahme der Geschäftsführertätigkeit bei einer ausländischen Tochtergesellschaft weiterhin die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen zu), bleibt er betriebsverfassungsrechtlich „im Rahmen des Betriebes“ des Arbeitgebers beschäftigter Arbeitnehmer iSd § 36 Abs. 1 ArbVG und diese Adressat des in § 105 ArbVG normierten Kündigungsschutzes. 5.       Für diese wesentlichen Arbeitgeberfunktionen sprechen ein Entsendungsvorbehalt durch jederzeitige Widerrufbarkeit des Auftrags zur Ausübung der Geschäftsführertätigkeit, das Recht, den Angestellten auch andernorts oder für andere Organfunktionen in Konzern- und Beteiligungsunternehmen im Konzern einzusetzen, die Lohnzahlung durch die Arbeitgeberin sowie Erholungsurlaub nach UrlaubsG ua. 6.       Nach beide Ansätzen ist der betriebsverfassungsrechtliche Kündigungsschutz gegenüber dem Arbeitgeber nicht aufgrund der Entsendung zur Tochtergesellschaft zu versagen. OGH , 9 ObA 79/13b OLG Linz , 11 Ra 13/13f.15, LG Linz , 7 Cga 70/12t-11 Schrank, AR-Neuerungen

104 Schrank, AR-Neuerungen
BR-Mitbestimmung bei Verwarnungen? LE-AS Nr.7, § 102 ArbVG, § 228 ZPO   1.       Die (allfällige) Unwirksamkeit einer Verwarnung ist nur dann durch ein Feststellungsbegehren bekämpfbar, wenn die konkrete schriftliche Verwarnung nicht eine bloße „schlichte“ Abmahnung, sondern (bereits) eine Disziplinarmaßnahme iSd § 102 ArbVG ist bzw. wäre Zur Abgrenzung gilt: 2.       Die „schlichte“ Abmahnung ist schwergewichtig zukunftsbezogen gestaltet. 3.       Der Arbeitgeber übt damit (nur) seine vertraglichen Rügerechte aus, den Arbeitnehmer zu vertrags­gerechtem zukünftigen Verhalten anzuhalten und vor Konsequenzen für den Bestand oder Inhalt des Arbeitsverhältnisses bei weiteren Verletzungen zu warnen. 4.       Indessen ist eine Disziplinarmaßnahme bereits auf die Sanktionierung des beanstandeten Verhaltens selbst gerichtet. 5.       Aus der Androhung verschärfter disziplinärer Maßnahmen ergibt sich noch nicht zwingend, dass die Intention der Verwarnung jedenfalls eine Bestrafung sei. 6.       Der Ausspruch einer schriftlichen Verwarnung anstatt einer mündlichen dient im Wesentlichen Beweiszwecken. 7.       Selbst wenn eine schriftliche Verwarnung mit der mündlichen Aussage verbunden wäre, dass die Verwarnung den Arbeitnehmer die nächsten 35 Jahre begleiten würde, läge noch keine abschließende Sanktionierung des beanstandeten Verhaltens vor. 8.       Auch eine solche Aussage ließe erkennen, dass die Abmahnung zukunftsbezogen gestaltet ist.   OGH , 9 ObA 59/13m OLG Wien , 6 Cga 143/11h-14, ASG Wien , 6 Cga 143/11h-14 Schrank, AR-Neuerungen

105 Schrank, AR-Neuerungen
BR-Mitbestimmung bei Disziplinarmaßnahmen: Abgrenzung zu schlichten Verwarnungen? LE-AS Nr.8, § 102 ArbVG   1.       Das Abgrenzungskriterium zwischen Disziplinarmaßnahmen und schlichten Verwarnungen liegt im gegenüber der Verwarnung zusätzlichen Sanktionscharakter der Disziplinarmaßnahme, der über die individualrechtlich zulässige Reaktion hinausgeht. 2.       Ausschlaggebend ist dabei der verfolgte Zweck. 3.       Ob eine Beanstandung als schlichte Verwarnung oder als Sanktion zu werten ist, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. 4.       Bei Vertretbarkeit der ausführlichen Begründung, es handle sich bloß um eine „schlichte“ Verwarnung, nach der Formulierung des Schreibens ist diese Beurteilung daher auch nicht korrekturbedürftig.   OGH , 8 ObA 48/13m OLG , 8 Ra 19/13t-10 Schrank, AR-Neuerungen

106 Schrank, AR-Neuerungen
Betriebsvereinbarungen: Kollektivvertraglich ermächtigte – Determinierungsgrad? Extensive Interpretation? LE-AS Nr.12, § 29 ArbVG, §§ 6, 7, 863 ABGB KollV befristete Sonntagsarbeit gemäß § 12a ARG   1.       Behalten die KollV-Partner Angelegenheiten, die in ihre Regelungsbefugnis fallen, der Betriebsver-einbarung vor (§ 29 ArbVG), müssen sie diese Angelegenheiten ausdrücklich und konkret bezeichnen. 2.       Der Vorrang des Kollektivvertrags steht einer extensiven Interpretation solcher KollV-Bestimmung entgegen. 3.       Die im Text enthaltenen bloßen Wörter „zumindest“ und „mindestens“ werden dem Anspruch einer ausreichenden Determinierung nicht gerecht, wenn die KollV-Parteien die Betriebsparteien dazu ermächtigen wollten, alle den Betriebsparteien relevant erscheinenden Regelungen, auch Entgeltfragen, im Zusammenhang mit der Schichtarbeit und Sonntagsarbeit vereinbaren zu können.   OGH , 9 ObA 150/13v OLG Wien , 7 Ra 72/13d-18 Schrank, AR-Neuerungen

107 Schrank, AR-Neuerungen
Arbeitszeitverteilungs-Betriebsvereinbarungen: Auch Sonderprämie für Bereitschaft zur Schichtabdeckung? Was gilt bei „gemischten“ Betriebsvereinbarungen? LE-AS Nr.19, §§ 29, 97 Abs. 1 Z 2 und 16 ArbVG, §§ 6, 7, 863 ABGB KollV befristete Sonntagsarbeit gemäß § 12a ARG   1.       Eine laufende feste Sonderprämie für die Bereitschaft zur Schichtabdeckung ist kein finanzieller Effekt bloß mittelbarer Art und daher auch kein nach § 97 Abs. 1 Z 2 ArbVG zulässiger Inhalt einer Betriebsvereinbarung. 2.       Eine Sonderprämie für die Bereitschaft zur Schichtabdeckung, die nicht vom jeweiligen Arbeitseinsatz abhängig ist und keine messbare Leistung bzw. keinen messbaren Erfolg honoriert, fällt auch nicht unter § 97 Abs. 1 Z 16 ArbVG. 3.       Die Sonderprämienbestimmung in der Arbeitszeit-Betriebsvereinbarung entfaltet daher keine normative Wirkung. 4.       Sie ist samt Kündigungsklausel durch ihre Anwendung konkludent zum Inhalt der Einzelarbeitsverträge geworden. 5.       Liegt somit im Ergebnis eine (unkündbare) erzwingbare Betriebsvereinbarung iSd § 97 Abs. 1 Z 2 ArbVG (20-Schichtenmodell ohne Prämienvereinbarung) und daneben eine einzelvertragliche Regelung (Sonderprämie) vor, stellt sich die Frage unzulässiger Teilkündigung einer Betriebsvereinbarung nicht.   OGH , 9 ObA 150/13v OLG Wien , 7 Ra 72/13d-18 Schrank, AR-Neuerungen

108 Schrank, AR-Neuerungen
BR-Mitglieder: Mobiltelefonierverbot am Arbeitsplatz aus Gründen der Arbeitssicherheit – Verstoß gegen Beschränkungsverbot? (1) LE-AS Nr.2, §§ 72, 115 Abs. 3 und 4, 116, 117 ArbVG   1.       Eine Beschränkung der Betriebsratstätigkeit besteht in jedem Eingriff in das vom Mitglied ge­wünschte bzw. in Aussicht genommene Interessenvertretungsverhalten. 2.       Daher steht auch nicht Freigestellten im Prinzip das Recht zu, zur Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit Mobiltelefone zu verwenden. 3.       Auch die Betriebsratstätigkeit beschränkende Maßnahmen des Arbeitgebers können im Einzelfall durch betriebliche Gründe gerechtfertigt werden. 4.       Ist es aufgrund der Lärmsituation in den Produktionshallen faktisch nicht möglich, das Läuten oder Vibrieren eines Mobiltelefons wahrzunehmen, können derartige faktische Gegebenheiten ein Verbot der Verwendung von Mobiltelefonen allerdings nicht rechtfertigen, da die Betriebsratsmitglieder im Fall eines Anrufs in der Regel zeitverzögert reagieren. 5.       Zwar besteht ein objektives Gefahrenpotential im Zusammenhang mit der Verwendung von Mobil-telefonen im Heißeinsatzbereich (Gießereibereich), was sich auch aus dem Schreiben des Arbeitsin-spektors ergibt, jedoch haben die Betriebsratsmitglieder, die dort arbeiten und dort nicht telefonieren können, grundsätzlich auch das Recht, zum Telefonieren den Gefahrenbereich zu verlassen        Eine Überprüfung der vom Betriebsrat geführten Telefongespräche, etwa durch Überprüfung der einzelnen angerufenen Telefonnummern, ist nicht zulässig. 7.       Ist zur Mandatsausübung eine Kontaktaufnahme mit einem Mitarbeiter während der Arbeitszeit erforderlich, so darf das Mitglied zu diesem Zweck auch den Arbeitsplatz verlassen. Schrank, AR-Neuerungen

109 Schrank, AR-Neuerungen
BR-Mitglieder: Mobiltelefonierverbot am Arbeitsplatz aus Gründen der Arbeitssicherheit? (2) LE-AS Nr.2, §§ 72, 115 Abs. 3 und 4, 116, 117 ArbVG   8.       Diese Entscheidung hat das Betriebsratsmitglied anhand einer Interessenabwägung zunächst selbst zu treffen. 9.       Nach diesen Grundsätzen stellt ein vom Arbeitgeber ausgesprochenes generelles Verbot für aktive, nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder, ihre Mobiltelefone zur Betriebsratstätigkeit während der Arbeits-zeit zu verwenden, einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Ausübung der betriebsverfassungsrecht-lichen Interessenvertretung dar und verstößt daher gegen das Beschränkungsverbot (§ 115 Abs. 3). 10.   Eine permanente Freistellung nach § 117 ArbVG darf nicht dazu führen, dass die anderen Mitglieder nur auf die Mitwirkung in den Sitzungen des Betriebsrats beschränkt werden. 11.   Auch ihnen kann der Kontakt insbesondere zu den Mitarbeitern oder den überbetrieblichen Inter-essenvertretungen nicht generell verwehrt werden. 12.   Selbst wenn bei Vorhandensein permanent freigestellter Betriebsratsmitglieder „die Erforderlichkeit“ nach § 116 ArbVG strenger zu prüfen ist, sind die Arbeitnehmer nicht gehalten, nur mit den freigestellten Mitgliedern in Kon­takt zu treten.   OGH , 8 ObA 58/13g OLG Wien , 7 Ra 27/13m-10, LG St. Pölten , 27 Cga 131/12y-6 Schrank, AR-Neuerungen

110 Betriebsübergänge, Überlassungen
Schrank, AR-Neuerungen

111 Schrank, AR-Neuerungen
Betriebs(teil)übergang bei Krankenhaus-Schließung auf verstärkt in Anspruch genommenes anderes Krankenhaus? LE-AS Nr.5, § 3 Abs. 1 AVRAG   1.       Wechseln nur einige wenige Mitarbeiter eines geschlossenen Krankenhauses zu dem von einem anderen Träger betriebenen Krankenhaus, werden nur in geringfügigem Umfang Verbrauchsgüter des geschlossenen Krankenhauses gekauft, jedoch weder Güter des Anlagevermögens (wie etwa stationäre medizinische Geräte) noch Betriebsliegenschaften des geschlossenen Krankenhauses übernommen, entspricht die – zum Zweck der medizinischen Versorgung der Bevölkerung erforderliche – Aufstockung der Betten im anderen Krankenhaus nicht zur Gänze der Bettenanzahl im geschlossenen Krankenhaus, werden Patientenakten und -dateien nach der Schließung nicht weitergegeben und wandert nur die Hälfte der stationär betreuten Patienten und nur rund ein Drittel der ambulant betreuten Patienten nach der Schließung zum anderen Krankenhaus ab, liegt bei einer Gesamtbetrachtung kein Betriebsübergang vor. 2.       Daran ändert auch eine spätere Zuordnung der Gemeinde des geschlossenen Krankenhauses zum Gemeindeverband des weiterbetriebenen Krankenhauses nichts.   OGH , 8 ObA 11/14x OLG Innsbruck , 13 Ra 40/13z-39 Schrank, AR-Neuerungen

112 Schrank, AR-Neuerungen
Betriebs(teil)übergänge: Nachwirkung gekündigter Kollektivverträge (1) LE-AS Nr.1, §§ 8 Z 1 und 2, 13 ArbVG, § 4 Abs. 1 AVRAG, Art. 3 Abs. 3 RL 2001/23/EG   1.       Im Sinne von Art. 3 Abs. 3 der Betriebsübergangs-Richtlinie sind „in einem Kollektivvertrag verein-barte Arbeitsbedingungen“ auch solche mit einem Kollektivvertrag festgelegten Arbeitsbedingungen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats trotz Kündigung dieses Vertrags weiter auf Arbeitsverhältnisse, die unmittelbar vor seinem Erlöschen durch ihn erfasst waren, nachwirken, solange für diese Arbeitsverhält-nisse nicht ein neuer Kollektivvertrag wirksam oder mit den betroffenen Arbeitnehmern nicht eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird. 2.       Die Richtlinie 2001/23 nimmt nur eine teilweise Harmonisierung vor, indem sie hauptsächlich den Schutz, der den Arbeitnehmern durch die Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten selbst bereits gewährt wird, auch auf den Fall des Unternehmensübergangs ausdehnt. 3.       Sie will kein für die gesamte Union aufgrund gemeinsamer Kriterien einheitliches Schutzniveau schaffen. 4.       Ferner bezweckt Art. 3 Abs. 3 nicht die Weitergeltung eines Kollektivvertrags als solchem, sondern die der in einem solchen Vertrag vereinbarten „Arbeitsbedingungen“. 5.       Daher gebietet er die Aufrechterhaltung der kollektivvertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen, ohne dass es auf den spezifischen Ursprung ihrer Geltung ankäme. 6.       Diese Arbeitsbedingungen fallen daher unabhängig davon, mit welcher Technik ihre Geltung für die Beteiligten erreicht wird, grundsätzlich unter Art. 3 Abs        Insoweit genügt es, dass Arbeitsbedingungen in einem Kollektivvertrag vereinbart wurden und den Erwerber und die übergegangenen Arbeitnehmer tatsächlich binden. Schrank, AR-Neuerungen

113 Schrank, AR-Neuerungen
Betriebs(teil)übergänge: Nachwirkung gekündigter Kollektivverträge (2) LE-AS Nr.1, 8.       Diese Auslegung wird durch das mit der RL 2001/23 verfolgte Ziel bestätigt, das darin besteht, zu verhindern, dass sich die Lage der übergegangenen AN allein aufgrund dieses Übergangs verschlechtert. 9.       § 13 ArbVG über die Nachwirkung von Kollektivverträgen, soll nämlich im Interesse der Arbeitnehmer verhindern, dass es zu einem plötzlichen Bruch des für das Arbeitsverhältnis geltenden kollektivvertraglichen Rahmens kommt. 10.       Ferner entspricht die Anwendbarkeit dieser Nachwirkungsvorschrift dem Ziel der Richtlinie 2001/23, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitnehmer einerseits und denen des Erwerbers andererseits zu gewährleisten, und aus dem sich insbesondere ergibt, dass der Erwerber in der Lage sein muss, die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit erforderlichen Anpassungen vorzunehmen. 11.       Die Vorschrift über die Nachwirkung von Kollektivverträgen hat nämlich begrenzte Auswirkungen, da die Rechtswirkungen eines Kollektivvertrags nur für die Arbeitsverhältnisse aufrechterhalten werden, die unmittelbar vor seiner Kündigung von ihm erfasst wurden, und nur so lange, wie für diese Arbeitsverhältnisse nicht ein neuer Kollektivvertrag wirksam oder mit den betroffenen Arbeitnehmern nicht eine neue Einzelvereinbarung abgeschlossen wird. 12.       Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass eine solche Vorschrift den Erwerber daran hindern würde, die für die Fortsetzung seiner Tätigkeit erforderlichen Anpassungen vorzunehmen.   EuGH , C-328/13 (ÖGB) Vorlageantrag OGH , 8 ObA 40/12h Schrank, AR-Neuerungen

114 Schrank, AR-Neuerungen
Überlassungsentgelt: Auch Ist-Erhöhungen des Beschäftiger-Kollektivvertrags? LE-AS Nr.20, § 10 Abs. 1 Satz 3 und 4, Abs. 3 AÜG, Art. 5 Abs. 1, 2 und 3 Leiharbeits-RL 2008/104/EG   1.       „Kollektivvertragliches Entgelt“ nach § 10 Abs. 1 Satz 3 AÜG ist nur das kollektivvertragliche Mindestentgelt. 2.       Diese Bestimmung sieht für die Dauer der Überlassung keine Angleichung an im Beschäftigerbetrieb gezahlte überkollektivvertragliche Ist-Löhne vor. 3.       Aus diesem Grund fallen auch jährliche Ist-Lohn-Erhöhungen auf den überkollektivvertraglichen Lohn laut Beschäftiger-Kollektivvertrag nicht in den Schutzbereich des § 10 Abs. 1 Satz 3 AÜG. 4.       Auf sogenannte Referenzzuschläge kommt es bei der neuen Ausnahme- bzw. Abweichungsbestim-mung des § 10 Abs. 1 letzter Satz AÜG nicht zwingend an. 5.       Auch unter dem Gesichtspunkt der Leiharbeits-Richtlinie 2008/104/EG ergibt sich kein anderes Ergebnis. 6.       Bei der in Art. 5 Abs. 3 (vgl Erwägungsgrund 16) der Leiharbeits-Richtlinie angesprochenen Achtung des Gesamtschutzes der Leiharbeitnehmer kommt den Sozialpartnern ein großer Ermessensspielraum zu. 7.       Da während der Überlassung in Bezug auf Arbeitszeit und Urlaub die für den Beschäftigerbetrieb maßgebenden allgemeinen Regelungen gelten und in Bezug auf das Entgelt jedenfalls das für den Beschäftigerbetrieb festgesetzte kollektivvertragliche Mindestentgelt zur Verfügung steht, ist eine Missachtung des in der Leiharbeits-Richtlinie nur allgemein beschriebenen Gesamtschutzes durch die Abweichungsklausel nicht zu erkennen.   OGH , 8 ObA 18/14a OLG Wien , 10 Ra 77/13m-16, ASG Wien , 39 Cga 152/12a-12 Schrank, AR-Neuerungen

115 Schrank, AR-Neuerungen
Arbeitskräfteüberlassung: Bürgschaftshaftung – Ausfall-bürgschaft? Vorbringenslast, sonstige Sicherheiten LE-AS Nr.2, § 14 Abs. 2 AÜG, § 1356 ABGB   1.       Der Begriff des Ausfallsbürgen ist nicht gesetzlich definiert; dieser Bürgschaftstyp ist auch nicht allgemein geregelt. 2.       Ausfallsbürgschaft liegt bei Einschränkung der Bürgschaft auf den Fall der Uneinbringlichkeit der Hauptschuld vor. 3.       Der Gläubiger kann erst dann auf den Bürgen greifen, wenn er gegen den Hauptschuldner geklagt und vergeblich Exekution geführt hat, oder wenn der Schuldner (hier der Überlasser) unbekannten Aufenthalts ist. 4.       Setzt sich die Revision mit dem Argument, der Beschäftiger habe nicht dargelegt, auf welche sonstigen Sicherheiten die klagende BUAK noch greifen hätte können, gar nicht auseinandersetzt, fehlt es insoweit an einer gesetzmäßigen Ausführung der Rechtsrüge.   OGH , 9 ObA 127/13m OLG Wien , 9 Ra 66/13m-44 Schrank, AR-Neuerungen

116 Schrank, AR-Neuerungen
Arbeitskräfteüberlassung: Klagslegitimation des Überlasserbetriebsrats? LE-AS Nr.1, §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 und 2, 54 Abs. 1 ASGG § 41 Abs. 6 Tir KAG, § 29 Abs. 4 Z 1 UG 2002   1.       Der Wirkungsbereich des Betriebsrats ist beschränkt auf den Betrieb, für den er gewählt wurde. 2.       In Angelegenheit einer Arbeitskräfteüberlassung fallen nur Feststellungsklagen, welche die aufrecht bleibenden arbeitsvertraglichen Beziehungen der überlassenen Arbeitnehmer zum Überlasser betreffen, in den Wirkungsbereich des Betriebsrats des Überlasserbetriebs. 3.       Feststellungsklagen, welche die Rechtsbeziehungen überlassener Arbeitnehmer zum Beschäftiger betreffen, sind vom Betriebsrat des Beschäftigerbetriebs einzubringen.   OGH , 9 ObA 101/13p OLG Innsbruck , 15 Ra 30/13v-42 Schrank, AR-Neuerungen

117 Beendigungs- und Bestandschutzfragen
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118 Schrank, AR-Neuerungen
Befristungen: Zulässige Kettenverträge – Fallweise Beschäftigungen von Aushilfskellner? LE-AS Nr.12, § 879 ABGB, § 471b ASVG, § 2b AVRAG Punkt 14 lit. a Arbeiter-KollV Gastgewerbe   1.       Orientiert sich bei fallweisen Beschäftigungen die Vertrags­gestaltung an den Interessen des Arbeitnehmers, hat er keine generelle Arbeitspflicht, kann er selbst bestimmen, ob er Dienste übernehmen will oder nicht und kann er selbst einen bereits zugesagten Dienst sanktionslos wieder absa­gen, sind diese jeweils kurzfristigen Kettenarbeitsverträge zulässig und nicht sittenwidrig. 2.       Auch eine Anwesenheitspflicht bei monatlichen Dienstplanbesprechungen führt zu keiner anderen Beurteilung, wenn sie nur bedeutet, dass bei Fernbleiben keine Dienstzuteilungen an diesen Arbeitnehmer vorgenommen werden können. 3.       Eine arbeitsvertragliche Verpflichtung, an den Besprechungen teilzunehmen, geht daraus nicht hervor; aus ihnen ist daher kein unzulässiger Kettenarbeitsvertrag abzuleiten.   OGH , 9 ObA 153/13k OLG Graz , 7 Ra 57/13a-17, LG Graz , 29 Cga 33/12t-13 Schrank, AR-Neuerungen

119 Schrank, AR-Neuerungen
Unzulässige Kettenverträge: Aushilfskellnerin bei fehlendem Entgegenkommen und Arbeit an mehr als 2/3 der Öffnungstage – fallweise oder durchlaufende Beschäftigung? LE-AS Nr.10, § 879 ABGB, § 471 ASVG, Pkt. 14 Arbeiter-KollV Hotel- und Gastgewerbe 1.       Eine Rahmenvereinbarung, die für den Arbeitnehmer noch keine Arbeitspflicht begründet und auch keinen Anspruch auf Beschäftigung zu bestimmten Zeiten oder in einem bestimmten Mindestausmaß verschafft, ist für sich allein nicht als durchgehenden Arbeitsvertrag zu qualifizieren. 2.       Die Vertragsgestaltung einer Serie befristeter Arbeitsverträge ist jedoch wegen der immanenten Ge-fahr einer Beeinträchtigung wesentlicher AN-Interessen grundsätzlich sehr restriktiv zu beurteilen. 3.       Kettenarbeitsverträge sind nur dann rechtmäßig, wenn die Aneinanderreihung einzelner auf be-stimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge im Einzelfall durch besondere soziale, wirtschaftliche Gründe bzw. organisatorische oder technische Gründe gerechtfertigt ist. 4.       Dazu bedarf es einer Interessenabwägung im Sinne des beweglichen Systems, bei der nicht nur das Ausmaß der Unterbrechungszeiten, sondern auch jenes der Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen ist. 5.       Übersteigt zwar die Dauer der Unterbrechungszeiten erheblich jene der Beschäftigung, wird aber im Rahmen der Befristungen regelmäßig an zumindest rund zwei Dritteln bis hin zu nahezu sämtlichen Öffnungstagen Arbeit erbracht, gleicht die Arbeitstätigkeit weit eher jener eines teilzeitbeschäftigten als eines bloß fallweise beschäftigten Arbeitnehmers. 6.       Fehlen zudem Anhaltspunkte dafür, dass (auch) AN-Interessen für die Vertragsgestaltung nur befristeter AV anstelle eines durchgehenden AV maßgebend waren, führt die Interessenabwägung zum unzulässigen Kettenarbeitsvertrag. 7.       Damit ist von einem einheitlichen, ununterbrochenen Arbeitsverhältnis auszugehen. 8.       Auf die daher wegen Erfüllung der zweimonatigen Wartezeit gebührende Jahresremuneration ist jedoch auch ohne ausdrückliche Vereinbarung der für fallweise Beschäftigte geltende Zuschlag zum Mindestlohn in Anschlag zu bringen. OGH , 8 ObA 13/14s Schrank, AR-Neuerungen

120 Schrank, AR-Neuerungen
Befristungen:Karenz- und Teilzeitvertretungen Auch für höhere Positionen? Zulässige Kette? LE-AS Nr.14, §§ 10 Abs Fall, 15, 15n Abs. 1 MSchG § 19 Abs. 1 AngG, §§ 879 Abs. 1, 1158 Abs. 1 ABGB   1.       Mit einer Ersatzkraft kann ein Dienstverhältnis auch für eine höhere Position so abgeschlossen werden, dass es mit der Rückkehr der karenzbedingt vorübergehend abwesenden Dienstnehmerin beendet (Befristung oder Kündigung) oder gegebenenfalls in seinem zeitlichen Ausmaß auf die Ergänzung der Teilzeitbeschäftigung eingeschränkt wird. 2.       Die Problematik, dass sich die Ersatzkraft uU über einen Zeitraum von mehreren Jahren in der neuen Position „hervorragend bewährt“ hat, jene Arbeitnehmerin, die karenzbedingt abwesend war, aber ihr Recht auf Teilzeitbeschäftigung in Anspruch nehmen will, hat der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen und generell zu Gunsten von Teilzeitbeschäftigten entschieden. 3.       Es widerspräche daher dem Zweck des Mutterschutzes, könnte der Dienstgeber selbst den Kündigungsgrund alleine durch eine unbefristete Nachbesetzung der Stelle herstellen. 4.       Dass mehrfache Mutterschutz- und Karenzphasen zu problematischen Kettenbefristungen führen könnten, ist an der Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit sozial oder wirtschaftlich gerechtfertigter Kettenarbeitsverträge zu messen.   OGH , 9 ObA 50/14i OLG Wien , 8 Ra 112/13v-26 Schrank, AR-Neuerungen

121 Schrank, AR-Neuerungen
Befristungen und Zeitablauf: Vorrang Diskriminierungs-schutz vor der Ablaufshemmung wegen Schwangerschaft? LE-AS Nr.4, §§ 3 Z 7, 12 Abs. 7 und 12, 15 Abs. 1a und 2 GlBG, § 10a MSchG   1.       § 10a MSchG verdrängt nicht die Rechtsfolgen des GlBG beim Zusammentreffen eines befristeten Dienstverhältnisses mit dem Eintritt einer Schwangerschaft. 2.       Die Bestimmung des § 10a MSchG ist insofern keine speziellere und abschließen­de Norm. 3.       Wurde einer Kinderbetreuerin zu Beginn erklärt, dass die (10-monatige) Befristung eine reine Formsache sei und der befristete Vertrag, wenn alles passen würde, in einen unbefristeten umgewandelt werde, berechtigt die Nichtübernahme wegen Schwangerschaft zur Feststellung eines unbefristeten Dienstverhältnisses. 4.       Die Auffassung, nach Zeitablauf könne nicht mehr auf Feststellung des unbefristeten Bestehens nach § 12 Abs. 7 GlBG geklagt werden, widerspricht § 15 Abs. 1a GlBG, wonach erst der Zeitablauf die Klagefrist auslöst.   OGH , 9 ObA 5/14x OLG Wien , 10 Ra 42/13i-15 ASG Wien , 12 Cga 138/12v-9 Schrank, AR-Neuerungen

122 Schrank, AR-Neuerungen
Einvernehmliche Auflösung: Sittenwidriges Einigungsverhalten? LE-AS Nr.9, §§ 870, 879 ABGB   1.       Ob die einvernehmliche Auflösung eines Dienstverhältnisses sittenwidrig iSd § 879 ABGB ist, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. 2.       Entfernt sich die Arbeitnehmerin nach einer Auseinandersetzung mit dem Verwaltungsdirektor und nimmt sie sedierende Tropfen ein (die sie nicht in der Einsichtsfähigkeit in die Tragweite ihrer Einwilligungserklärung beschränkten) und findet das folgende Gespräch zu ihrem eigenen Wunsch nach einer „einvernehmlichen Kündigung“ ohne Geschrei und Aggression statt, ist die Verneinung der Sittenwidrigkeit nicht zu beanstanden. 3.       Auch Irreführung liegt bei fehlendem erstinstanzlichem Vorbringens nicht vor.   OGH , 9 ObA 7/14s OLG Wien , 8 Ra 75/13b-28 Schrank, AR-Neuerungen

123 Schrank, AR-Neuerungen
Einvernehmliche Auflösung mit Erkranktem: Verstoß gegen Fürsorgepflicht? LE-AS Nr.10, §§ 870, 879 Abs. 1, 1157 ABGB   1.       Ist ein Arbeitnehmer trotz Erkrankung in seiner Entscheidungsfähigkeit nicht beeinträchtigt, macht er vom Vorschlag des Geschäftsführers keinen Gebrauch, sich eine längere Bedenkzeit bis zur Unterzeich-nung der noch schriftlich zu verfassenden Auflösungserklärung zu nehmen, wurde die dann aufgesetzte Auflösungsvereinbarung mit dem Personalleiter nochmals durchbesprochen, lehnte der Arbeitnehmer die Anregung ab, erst am nächsten Tag zu unterfertigen, und hatte er auch nicht den Eindruck vermittelt, dass er sich der Tragweite seiner Entscheidung nicht bewusst gewesen wäre, ist der Arbeitgeberin im Zusam-menhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses keine Verletzung ihrer Fürsorgepflicht anzulasten. 2.       Von einer wegen Verletzung der Fürsorgepflicht in sittenwidriger Weise einvernehmlichen Auflösung kann bei einem solchen Vorgang nicht die Rede sein.   OGH , 9 ObA 56/14x OLG Wien , 7 Ra 87/13k-45 Schrank, AR-Neuerungen

124 Schrank, AR-Neuerungen
Einvernehmliche Auflösung unmittelbar nach Entlassung: Drohung bei vorsätzlicher Zeiterfassungsmanipulation? (1) LE-AS Nr.11, §§ 870, 879, 1162 ABGB, §§ 25, 27 Z 1 3. Fall AngG   1.       Willigt ein Arbeitnehmer unter dem Eindruck einer bereits ausgesprochenen Entlassung in eine unmittelbar danach angebotene Auflösungsvereinbarung ein, so kommt es für die Redlichkeit des Arbeitgebers darauf an, ob für ihn zu diesem Zeitpunkt plausible und objektiv ausreichende Grün­de für einen Entlassungsausspruch gegeben waren. 2.       Ist dies der Fall, liegt keine Ausübung ungerechtfertigten psychologischen Drucks vor. 3.       Ist der Arbeitgeber bei einer Arbeitnehmerin in seiner Fahrzeugprüfstelle mit der Tatsache konfrontiert, dass sie innerhalb der von ihr erfassten Arbeitszeit in der Werkstätte private Verrichtungen durchgeführt und einige Tage später unrichtige, die private Zeit nicht ausweisende (sonst detaillierte) Arbeitszeiteintragungen im SAP-System vorgenommen hat, reichen schon diese Tatsachen objektiv für die Annahme einer Manipulation in Täuschungsabsicht aus. 4.       Es besteht keine generelle Verpflichtung des AG, einer leugnenden Verantwortung Glauben zu schenken, wenn gewichtige Indizien dagegen sprechen, wie eine detaillierte unrichtige SAP-Eintragung. 5.       Vorsätzliche Fehleintragungen in den der Erfassung der Arbeitszeit dienenden Zeitstempelkarten können nach ständiger Rechtsprechung zur Entlassung berechtigen. 6.       Allgemein darf der für die Entlassung geltende Unverzüglichkeitsgrundsatz nicht überspannt werden. 7.       Insbes. führt der Umstand, dass der AG nicht schon bei ersten Verdachtsgründen gegen den AN Maßnahmen ergriffen hat, um nicht einen allenfalls Unschuldigen zu treffen, nicht zur Verwirkung. 8.       Ist die Rechtzeitigkeitsansicht des AG (auch) wegen der mit Feiertagen, Urlauben und Kranken-ständen diverser Beteiligter begründbaren Verzögerungen der Erhebungen zumindest nicht unvertretbar, durfte er auch für das Angebot noch von der Rechtzeitigkeit ausgehen. Schrank, AR-Neuerungen

125 Schrank, AR-Neuerungen
Einvernehmliche Auflösung unmittelbar nach Entlassung: Drohung bei vorsätzlicher Zeiterfassungsmanipulation? (2) LE-AS Nr.11,  9.       Auch eine bereits erfolgte Verwarnung durch einen Vorgesetzten lässt das Entlassungsrecht nicht untergehen, wenn die tatsächlich und allein für Personalangelegenheiten zuständige Organisationseinheit davon keine Kenntnis hatte, da der Vorgesetzte aufgrund seiner fehlenden Entscheidungskompetenz nicht wirksam auf ein Entlassungsrecht verzichten konnte. 10.   Auch sittenwidrige Überrumpelung vor Unterfertigung der Auflösungsvereinbarung mangels Beratungs- und Überlegungsmöglichkeit liegt nicht vor, wenn die Entlassung bereits ausgesprochen war, das Angebot einer Umwandlung in eine einvernehmliche Auflösung für die AN grundsätzlich, mit der einzigen Ausnahme einer erschwerten Anfechtungsmöglichkeit, eindeutig vorteilhafter als ihre bestehende Rechtsposition ist und sogar eine Beratungsmöglichkeit mit einer anwesenden Personalvertreterin besteht, die ihr auch eine begründete Empfehlung abgibt. 11.   An der Beratungsmöglichkeit ändert es nichts, wenn eine eingehendere Besprechung nicht aktiv angeboten, aber von der Arbeitnehmerin auch nicht nachgefragt wird. 12.   Will der Arbeitgeber eine gesichtswahrende einvernehmliche Auflösung ermöglichen, lässt sich auch mit der Fürsorgepflicht keine Verpflichtung begründen, den Arbeitnehmer zuvor über mögliche rechtliche Schwachstellen der Entlassung und die Möglichkeiten einer Anfechtung zu beraten. 13.   Ist der AG von der Haltbarkeit seiner Rechtsposition nicht überzeugt und drängt er den AN gerade deswegen zur einvernehmlichen Auflösung, ist die Vereinbarung schon aus diesem Grund anfechtbar. 14.   Umgekehrt kann von einem AG, der objektiv begründet von der Berechtigung einer Entlassung ausgeht, nicht verlangt werden, gegen die eigene Überzeugung und eigenen Interessen zu argumentieren und den AN geradezu zur Anfechtung der Entlassung zu drängen. 15.   Die logische Konsequenz der Gegenauffassung, eine gesichtswahrende einvernehmliche Auflösung an Stelle einer berechtigten Entlassung aus Gründen der Rechtssicherheit schlicht nicht mehr anzubieten, wäre gerade aus Sicht des Arbeitnehmerschutzes alles andere als wünschenswert. Schrank, AR-Neuerungen

126 Schrank, AR-Neuerungen
Einvernehmliche Auflösung unmittelbar nach Entlassung: Drohung bei vorsätzlicher Zeiterfassungsmanipulation? (3) LE-AS Nr.11, Sonstiges und Prozesstechnisches: 16.   Ist Inhalt der Auflösungsvereinbarung, eine ausgesprochene Entlassung Zug um Zug gegen eine Austrittserklärung zurückzunehmen, beseitigt eine erfolgreiche Anfechtung dieser Vereinbarung wegen Willensmangels auch die damit untrennbar verknüpfte Rücknahme der Entlassung. 17.   Eine Anfechtung bloß des ungünstigen Teils der Vereinbarung („Rosinentheorie“) ist nicht möglich. 18.   Ein Rechtsgestaltungsbegehren allein könnte in solchen Fällen das erkennbare Rechtsschutzziel, die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses, daher nicht erreichen. 19.   Da bloße Vorfragen-Rechtsgestaltungsbegehren unzulässig sind, ist die Anfechtung einer unberechtigten Entlassung bei kündigungsgeschützten Vertragsbediensteten mit Klage auf Feststellung des aufrechten Bestehens des Dienstverhältnisses geltend zu machen.   OGH , 8 ObA 26/14b OLG Wien , 7 Ra 1/14i-22 ASG Wien , 25 Cga 71/12m-18 Schrank, AR-Neuerungen

127 Schrank, AR-Neuerungen
Änderungskündigung: Verbotene Anspruchskündigung? LE-AS Nr.15, § 105 Abs. 3 Z 1 lit. i, Abs. 3 Z 2 ArbVG   1.       Strebt ein Arbeitgeber durch ein Änderungsangebot eine Vertragsänderung über dispositive Vertragspunkte an und stimmt der Arbeitnehmer nicht zu, so kann die aus diesem Grund ausgesprochene Kündigung zwar nach § 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG, nicht aber als Motivkündigung nach § 105 Abs. 3 Z 1 lit. i ArbVG angefochten werden. 2.       Eine Motivanfechtung könnte diesfalls nur für eine geradezu schikanöse oder diskriminierende Vorgangsweise greifen. 3.       War dem Arbeitnehmer die Annahme des Angebots zur Änderung der Arbeits- oder Entgeltbedingungen zumutbar, liegt in der Kündigung wegen der Nichtannahme des Angebots auch keine soziale Beeinträchtigung.   OGH , 8 ObA 37/13v OLG Wien , 10 Ra 137/12h-51 Schrank, AR-Neuerungen

128 Schrank, AR-Neuerungen
Sozialwidrige Kündigungen: Wesentliche Interessenbeeinträchtigung – gewichtige soziale Nachteile LE-AS Nr.19, § 105 Abs. 3 Z 2, 3b zweiter Satz ASVG, § 22 AngG   1.       Das Erfordernis der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung hat die Funktion, den Kündigungsschutz jenen Arbeitnehmern zu gewähren, die auf ihren Arbeitsplatz zur Sicherung ihres Lebensunterhalts angewiesen sind. 2.       Bei der Beurteilung der maßgeblichen Einkommensreduktion ist nicht auf starre Prozentsätze abzustellen: 3.       Mag eine Einbuße von 30 % bei geringem Einkommen für die Wesentlichkeit der Interessenbe-einträchtigung ausschlaggebend sein, muss dies bei einem höheren Einkommen noch nicht der Fall sein. 4.       In Durchschnittsbetrachtung deuten erst Verdiensteinbußen von 20 % oder mehr auf gewichtige soziale Nachteile hin. 5.       Ist bei 56 Lebensjahren für die Erlangung einer adäquaten Beschäftigung eine Postensuchdauer von acht Monaten und angesichts der innerhalb der Kündigungsfrist zu gewährenden „Postensuchtage“ eine entsprechend kürzere Arbeitslosigkeit zu prognostizieren, konnte aber faktisch schon innerhalb von drei Monaten nach Ende seines Dienstverhältnisses eine neue Beschäftigung mit einer Brutto-Einkommens-minderung von rund 20 % erlangt werden, liegt die Verneinung einer wesentlichen Interessenbeeinträchtigung im Rahmen der OGH-Rechtsprechung. 6.       Die Gewährung des verstärkten Schützes Älterer erst nach zwei Jahren ist verfassungsrechtlich unbedenklich.   OGH , 9 ObA 125/13t OLG Wien , 7 Ra 68/13s-17 Schrank, AR-Neuerungen

129 Schrank, AR-Neuerungen
Sozialwidrige Kündigungen: Wesentliche Interessen-beeinträchtigung bei zumutbarer Änderungskündigung? LE-AS Nr.20, § 105 Abs. 3 Z 1 lit. i, Abs. 3 Z 2 ArbVG   1.       Strebt ein Arbeitgeber durch ein Änderungsangebot eine Vertragsänderung über dispositive Vertragspunkte an und stimmt der Arbeitnehmer nicht zu, so kann die aus diesem Grund ausgesprochene Kündigung nach § 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG angefochten werden. 2.       War dem Arbeitnehmer die Annahme des Angebots zur Änderung der Arbeits- oder Entgeltbedingungen zumutbar, liegt in der Kündigung wegen der Nichtannahme des Angebots jedoch auch keine soziale Beeinträchtigung.   OGH , 8 ObA 37/13v OLG Wien , 10 Ra 137/12h-51 Schrank, AR-Neuerungen

130 Schrank, AR-Neuerungen
Allg. Kündigungsschutz: Kündigungsgrund lang andauernder Krankenstände – Zukunftsprognose? (1) LE-AS Nr.18, § 105 Abs. 3 Z 2 lit. a ArbVG § 42 Abs. 2 Z 2 VBO Wien   1.       Grundsätzlich liegen der Rsp zur Dienstunfähigkeit von Vertragsbediensteten und jener für die Beurteilung überhöhter Krankenstände nach § 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG im Kern ähnliche Wertungen zugrunde. 2.       Auch im Zusammenhang mit dem allgemeinen Kündigungsschutz liegt die Rechtfertigung der Kündigung wegen längerer Krankenstände nämlich darin, dass wegen des vertretungsweise nicht mehr bewältigbaren Leistungsausfalls und der mangelnden Einsetzbarkeit der Arbeitskraft der Betrieb beeinträchtigt wird. 3.       Danach ist auch im Fall lang andauernder Krankenstände bei Beurteilung der Dienstunfähigkeit von der bereits eingetretenen Dauer des Krankenstands sowie der Dauer und der Einschätzbarkeit der weiter zu erwartenden Krankenstände auszugehen. 4.       Eine starre zeitliche Grenze lässt sich auch für den Fall von durchgehenden langen Krankenständen nicht bestimmen. 5.       Für die erforderliche Zukunftsprognose kommt es nicht allein auf die Häufigkeit und Dauer der Krankenstände in der Vergangenheit an, sondern auch auf die daraus ableitbare gesundheitliche Situation des Dienstnehmers und seine Eignung für die Erfüllung der Dienstpflichten in der Zukunft. 6.       Insofern ist die Erkrankung des Dienstnehmers und deren Ursache von Bedeutung. Schrank, AR-Neuerungen

131 Schrank, AR-Neuerungen
Allg. Kündigungsschutz: Kündigungsgrund lang andauernder Krankenstände – Zukunftsprognose? (2) LE-AS Nr.18,   7.       Auch bei in der Vergangenheit aufgetretenen (überhöhten bzw. überlangen) Krankenständen kommt es auf diese allein nicht an, sondern auf die ungünstige Zukunftsprognose. 8.       Eine solche scheidet im Allgemeinen aus, wenn die Ursachen der Krankenstände die objektive Annahme verwehrt, der Zustand des Dienstnehmers werde auch in Zukunft überhöhte Krankenstände bewirken. 9.       Die Beurteilung, bei objektiver Betrachtung der Situation im Rahmen der im zeitlichen Zusam-menhang mit der Kündigung anzustellenden Zukunftsprognose seien für einen verständigen und sorg-fältigen Dienstgeber überhöhte Krankenstände nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, zumal die unterschiedlichen Erkrankungen jeweils ausgeheilt gewesen seien, hält sich im Rahmen der vom Einzelfall geprägten Rechtsprechung. 10.   Daher kann sich der Arbeitgeber gerade nicht darauf berufen, seine ungünstige Zukunftsprognose sei deshalb richtig gewesen, weil der Arbeitnehmer bei Ausspruch der Kündigung weitere drei Monate wegen Krankheit ausgefallen sei. 11.   Auch eine absolute Dauer der Krankenstände von mehr als acht Monaten in einem Jahr verwirklicht daher nicht in jedem Fall den Kündigungsgrund.   OGH , 8 ObA 21/14t OLG Wien , 9 Ra 90/13s-27 Schrank, AR-Neuerungen

132 Schrank, AR-Neuerungen
Sozialwidrige Kündigungen: AN-bedingte Gründe Überdurchschnittlich hohe Krankenstände? LE-AS Nr.17, § 105 Abs. 3 Z 2 lit. a ArbVG § 42 Abs. 2 Z 2 VBO Wien   1.       Treten Krankenstände auf, die den Arbeitnehmer laufend in einem weit über dem Durchschnitt liegenden Maß an der Dienstleistung hindern, ist er zur Erfüllung seiner Dienstpflichten ungeeignet. 2.       Eine aus der steigenden Zahl der Krankheitstage ableitbare ungünstige Prognose und die Tatsache, dass die weit überdurchschnittlichen Krankenstände durch einen langen Zeitraum nahezu regelmäßig aufgetreten sind, rechtfertigen die Kündigung. 3.       Wies der Arbeitnehmer im Jahr Krankenstandstage, im Jahr Krankenstandstage, im Jahr Krankenstandstage, im Jahr Krankenstandstage, im Jahr Krankenstandstage und im Jahr Krankenstandstage, also im Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2011 rund 120 Krankenstandstage (!) auf, ist die Annahme einer ungünstigen Zukunftsprognose in Bezug auf die gesundheitliche Eignung für die Erfüllung der Dienstpflichten jedenfalls vertretbar. 4.       Ein solcher Sachverhalt bietet keine tragfähige Grundlage für die Annahme, der AN wäre – abgestellt auf den Kündigungszeitpunkt – als Betriebsaufsichtsorgan oder als Zivilkontrollorgan in dem Sinne diensttauglich, dass in Zukunft keine überdurchschnittlichen Krankenstände mehr zu erwarten wären.   OGH , 9 ObA 133/13v OLG Wien , 9 Ra 56/13s-26 Schrank, AR-Neuerungen

133 Schrank, AR-Neuerungen
Allg. Kündigungsschutz: Soziale Gestaltungspflicht – auf welchen Zeitpunkt abstellen? LE-AS Nr.18, § 105 Abs. 3 Z 2 lit. b ArbVG   1.       Bei der Prüfung der sozialen Gestaltungspflicht des Arbeitgebers ist nicht auf den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung abzustellen, sondern auf die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nach Ende der Kündigungszeit, weil die Kündigung erst dann ihre Wirkung entfaltet. 2.       Da im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung die Betriebsbedingtheit einer Kündigung und die Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Dienstnehmers zueinander in Beziehung zu setzen sind, was bei Auseinanderfallen der Beurteilungszeitpunkte nicht in Frage kommt, ist kein Rechtsgrund ersichtlich, warum nur bei der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung, nicht aber auch bei der Betriebsbedingtheit auf die Zeit nach Ende abzustellen sollte. 3.       Liegen für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen keine Anhaltspunkte vor, ist daher auf die Möglichkeit einer allfälligen Weiterbeschäftigung(spflicht) im Konzern nicht Bedacht zu nehmen, wenn es diesen im Zeitpunkt des Dienstverhältnisendes infolge Anteilsveräußerung nicht mehr gibt.   OGH , 9 ObA 24/14s OLG Linz , 11 Ra 89/13g-39 Schrank, AR-Neuerungen

134 Schrank, AR-Neuerungen
Sozialwidrige Kündigungen: Soziale Gestaltungspflicht Anbot unter Hinweis auf sonstige Kündigung? BR-Haltung? LE-AS Nr.17, §§ 101, 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG, § 32 Abs. 4 VBG   1.       Eine geplante Reduktion von Arbeitsplätzen löst nach § 32 Abs. 4 VBG die Verpflichtung aus, andere Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vor der Kündigung zu prüfen. 2.       Je größer der Personalstand, umso eher kann eine Beiden zumutbare Verwendung gefunden werden. 3.       Ergibt die Prüfung durch den DG geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, so ist der Kündi-gungsgrund nur verwirklicht, wenn der DN alle Vorschläge zur entsprechenden Änderung des DV ablehnt. 4.       Sind freie und zu besetzende Arbeitsplätze vorhanden, liegt es also am Dienstgeber, den Betroffenen ihrer Qualifikation entsprechende Arbeitsplätze – dies unter Hinweis auf die sonst erforderliche Kündigung, um diesen den Ernst der Lage vor Augen zu führen – anzubieten. 5.       Eine frühere Weigerung, an Gesprächen über ihre Verwendung teilzunehmen, ist nicht relevant. 6.       Auch eine bloße Ausschreibung von Arbeitsplätzen im Intranet wird diesen Erfordernissen natur-gemäß nicht gerecht. 7.       Dass der Betriebsrat auch in solchen Fällen an seiner früheren generellen Verweigerungshaltung festhält und damit die Kündigung gleichsam ermöglicht, kann nicht von vornherein unterstellt und zum Vorwand dafür genommen werden, dem Bediensteten offene Stellen gar nicht erst anzubieten. 8.       Verstößt der AG gegen die Verpflichtung, vor der Kündigung die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Versetzungsbereich umfassend zu prüfen, zu besetzende Alternativarbeitsplätze konkret anzubieten und – soweit erforderlich – die Zustimmung des BR zu beantragen, ist der Kündigungsgrund nicht verwirklicht.   OGH , 8 ObA 8/13d OLG Wien , 9 Ra 94/12b-23, ASG Wien , 1 Cga 57/11z-10 Schrank, AR-Neuerungen

135 Schrank, AR-Neuerungen
Sozialwidrige Kündigungen: Interessenabwägung Leiter Öffentlichkeitsarbeit – Umsetzung wichtiger Projekte? LE-AS Nr.8, § 105 Abs. 3 Z 2 ArbVG   1.       Im Rahmen der Interessenabwägung reicht es zur Rechtfertigung einer Kündigung aus, dass die in der Person des Arbeitnehmers gelegenen Umstände die betrieblichen Interessen so weit nachteilig berühren, dass sie bei objektiver Betrachtungsweise einen verständigen Betriebsinhaber zur Kündigung veranlassen würden und diese als gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen lassen. 2.       Werden die betrieblichen Interessen in erheblichem Maße berührt, überwiegen sie das (wesentliche) Interesse an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses. 3.       Gelingt es dem Leiter der Dienstleistungseinheit Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement nicht, als Gesamtverantwortlicher für ein prioritäres Projekt (Intranet/interne Kommunikation) den Leitern der anderen Dienstleistungseinheiten eine konkrete Vorstellung und die Sinnhaftigkeit dieses Projekts zu vermitteln, setzt er insbesondere auch keine ausreichenden Initiativen, mit informellen Gesprächen Überzeugungsarbeit zu leisten und Akzeptanz dafür zu schaffen, leistete er auch bei einem Großbauprojekt keine ausreichende PR-Unterstützung, sodass der dortige Leiter aufgrund des „weit stärker problem- als lösungsorientierten Zugangs“ die Öffentlichkeitsarbeit letztlich selbst organisierte und gestaltete sich zudem die Zusammenarbeit mit einigen Mitarbeitern als schwierig und belastet, ist in Gesamtbetrachtung aller Umstände die Annahme, der Gesamtverantwortliche des Intra-netprojekts werde zu dessen Um­setzung nicht in der Lage sein, eine rational nachvollziehbare Prognose. 4.       Bei mangelndem kooperativem Geschick bedarf es auch keiner vorausgehenden Abmahnung.   OGH , 9 ObA 92/13i OLG Wien , 7 Ra 124/12z-7 Schrank, AR-Neuerungen

136 Schrank, AR-Neuerungen
Entlassung: Unverzüglichkeit – Kenntnis mit (auch) Personalangelegenheiten befasster leitender Angestellter? LE-AS Nr.6, § 25 AngG, § 1006 ABGB   1.       Der Arbeitgeber muss sich in Bezug auf Entlassungssachverhalte den Kenntnisstand seiner Stellvertreter oder ganz oder teilweise mit Personalangelegenheiten befasster leitender Angestellter zurechnen lassen, auch wenn diese ihm nicht unverzüglich berichten. 2.       Sollte eine stellvertretende Restaurantleiterin – die auch die Kontrolle der Bonierung und die Aufklärung des Sachverhalts wahrgenommen hatte – bei Personalentscheidungen in der Vertretungszeit mit dem Arbeitgeber (nur) Rücksprache halten, gilt sie als mit Personalangelegenheiten befasste leitende Angestellte. 3.       Berichtet sie nicht und erfährt der Arbeitgeber erst 6 Tage später vom Nichtbonierungsvorfall, ist die dann ausgesprochene Entlassung verspätet und daher unberechtigt.   OGH , 9 ObA 43/14k OLG Wien , 9 Ra 117/13m-26 Schrank, AR-Neuerungen

137 Schrank, AR-Neuerungen
Unverzüglichkeit der Entlassung: Vortäuschung eines Auswärtstermins – Verifizierung und Konfrontation? LE-AS Nr.9, § 106 Abs. 1 ArbVG, § 27 Z 1 dritter Fall und Z 4 erster Fall AngG   1.       Rechtfertigt ein Geschäftsbereichsleiter seine Abwesenheit am Fenstertag gegenüber dem Generaldirektor mit einem dienstlichen Auswärtstermin und hatte dieser zunächst nur einen persönlichen Eindruck der Vermutung der Wahrheitswidrigkeit, ist insofern jedenfalls eine sorgfältig überlegte Vorgehensweise angezeigt, weil der Geschäftsbereichsleiter bei einem Geschäftspartner auch ungerechtfertigt in Misskredit gebracht werden oder das Arbeitgeberunternehmen sogar einen Imageschaden erleiden könnte. 2.       Selbst bei Beauftragung der internen Untersuchung erst am 1.6. (und nicht schon am als erstem Arbeitstag nach dem Pfingstwochenende) kann aus den wenigen Tagen der zwischenzeitigen Weiterbeschäftigung daher nicht auf einen Verzicht auf das Entlassungsrecht geschlossen werden. 3.       War der Arbeitnehmer nach dem Erstgespräch auf Urlaub und bestand er auch im unmittelbar nach der Rückkehr geführten Folgegespräch am 7.6. auf seiner wahrheitswidrigen Verantwortung, erweist er sich im Übrigen neuerlich als vertrauensunwürdig. 4.       Die Annahme der Rechtzeitigkeit der Entlassung ist in einem solchen Einzelfall daher nicht korrekturbedürftig.   OGH , 9 ObA 122/13a OLG Wien , 10 Ra 146/12g-46 Schrank, AR-Neuerungen

138 Schrank, AR-Neuerungen
Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit: Wiederholt untersagte Firmenkreditkarte für private Ausgaben? LE-AS Nr.87, § 27 Z 1 dritter Fall AngG   1.       Generell ist bei Angestellten mit einer hohen Vertrauensstellung ein strengerer Maßstab hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit anzulegen als bei Dienstnehmern mit untergeordneten Tätigkeiten. 2.       War die private Verwendung der Firmenkreditkarte durch einen Geschäftsführer nicht von der GmbH genehmigt und widersetzt er sich beharrlich der wiederholten (berechtigten) Aufforderung des zweiten Geschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters, seine Praxis, private Zahlungen mit der Firmenkreditkarte zu tätigen, sofort einzustellen, ist die Bewertung als Entlassungsgrund dienstlicher Vertrauensunwürdigkeit nicht korrekturbedürftig, zumal dann, wenn die Vertrauenswürdigkeit in finanziellen Angelegenheiten auch noch durch eine von ihm verheimlichte Gehaltsexekution erschüttert wurde. 3.       Geht es um die Ausübung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers einer GmbH in eigener privater Sache, dann müssen – ungeachtet der sonstigen Regelungen der Vertretung – alle übrigen Geschäftsführer zustimmen. 4.       Alleine die Weiterleitung seiner Abrechnungen an den Steuerberater durch eine angestellte Lohnverrechnerin ist keine wirksame Genehmigung des In-sich-Geschäfts durch die Gesellschaft.   OGH , 8 ObA 87/13x OLG Linz , 11 Ra 62/13m-12 Schrank, AR-Neuerungen

139 Schrank, AR-Neuerungen
Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit: Besonders einschüchterndes „Urlaubsgesuch“? LE-AS Nr.88, § 34 Abs. 2 lit. b VBG, § 27 Z 1 dritter Fall AngG   1.       Ob der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit – hier nach § 34 Abs. 2 lit. b VBG 1948 – verwirklicht ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die regelmäßig die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen. 2.       Entscheidend ist, ob das Fehlverhalten des Dienstnehmers als so schwerwiegend angesehen werden muss, dass das Vertrauen des Dienstgebers, hier aufgrund einer objektiven Gefährdung seiner Interessen, derart heftig erschüttert wird, dass ihm unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Dienstnehmers eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. 3.       Beugt sich ein Arbeitnehmer, der kräftig und größer als seine ca. 1,60 m große und 48 kg schwere Vorgesetzte ist, von hinten über die am Schreibtisch sitzende Vorgesetzte und stützt er seine Hände links und rechts von ihr so ab, dass sie sich nicht bewegen kann und sich nach vorn über die Tischfläche beugen muss, und erklärt er derart ihr lautstark sein Anliegen, einen von ihm beantragten Urlaub zu genehmigen, widrigenfalls er sie „auf Stornogebühren wegen des bereits gebuchten Urlaubs“ klagen würde, ist seine Weiterbeschäftigung infolge dieses bedrohenden und stark einschüchternden Verhaltens gegenüber einer Vorgesetzten nicht zumutbar. 4.       Die Beurteilung als dienstliche Vertrauensunwürdigkeit stellt daher keine unvertretbare, die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung dar.   OGH , 8 ObA 24/14h OLG Wien , 9 Ra 99/13i-40 Schrank, AR-Neuerungen

140 Schrank, AR-Neuerungen
Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit: Firmenschädliches Dienst- und Kundenverhalten Begünstigter Behinderter? LE-AS Nr.89, § 27 Z 1 dritter Fall AngG, § 8 BEinstG   1.       Muss der Arbeitgeber aufgrund konkreter dienstlicher Vorfälle, wie sie sich im Anlassfall ereigneten, bei objektiver Betrachtungsweise damit rechnen, dass ein in vielen Bereichen selbständig als leitender Angestellter (Personalaufnahme, Kündigung, Personaleinteilung, Kundenbetreuung) agierender Angestellter mit Managerfunktionen die Unter­nehmensinteressen nicht entsprechend wahrnimmt, liegt in der Beurteilung, dass damit der Entlassungstatbestand dienst­licher Vertrauensunwürdigkeit erfüllt ist, jedenfalls keine vom OGH aufzugreifende Fehlbeurteilung. 2.       Der Arbeitgeber darf nach stRsp auch nach Ausspruch der Entlassung sich davor ereignete Gründe als Entlassungs­gründe „nachschieben“. 3.       Die Entscheidung zu 9 ObA 127/12k wonach im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzes des § 8 BEinstG der Kündigungsgrund der dauernden Dienstunfähigkeit nur mehr in Ausnahmefällen als Entlassungsgrund herangezogen werden kann, ist für den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit ohne Relevanz, da im Übrigen Entlassungen auch bei Behinderten nach den allgemeinen Bestimmungen des Entlassungsrechts zu beurteilen sind.   OGH , 9 ObA 18/14h OLG Linz , 12 Ra 88/13t-43 Schrank, AR-Neuerungen

141 Schrank, AR-Neuerungen
Entlassung: Dienstliche Vertrauensunwürdigkeit – Unterschriften-Einkopieren in Finanzgeschäftsabschlüsse? Verschleiernde Manipulation wichtiger Protokolle? LE-AS Nr.90, § 27 Z 1 Fall 3 AngG, § 69 Abs. 2 Z 2 L-VBG Sbg, § 34 Abs. 2 VBG   Der Grundsatz, dass Entlassungsgründe unverzüglich geltend zu machen sind, darf nicht überspannt werden Verzögerungen (hier 2 Tage) im Ausspruch der Kündigung von Vertragsbediensteten können insoweit anerkannt werden, als sie in der Sachlage, also in der Natur des Dienstverhältnisses oder sonst in den besonderen Umständen des Falls sachlich begründet sind Unterlagenverfälschungen gegen das Vieraugen-Prinzip und nachträgliche Veränderungen von Protokollen des Finanzbeirats, die vom Bundesrechnungshof im Zuge einer Sonderprüfung angefordert wurden, zwecks Verschleierung allenfalls das Land belastender Fakten begründen den Entlassungsgrund dienstlicher Vertrauensunwürdigkeit Wegsehen des Vorgesetzten kann noch nicht der positiven Kenntnis und noch weniger der ausdrücklichen Genehmigung von konkreten Manipulationen gleichgesetzt werden Allein schon die Verfälschung von Urkunden durch das Einkopieren der Unterschrift des zweiten Zeichnungsberechtigten begründet ohne Rechtsirrtum einen Entlassungsgrund Ob die Unterschriftenmanipulationen, wären sie von einem Beamten gesetzt worden, nach dem Dienstrecht der Landesbeamten ebenfalls eine Entlassung rechtfertigen würden, ist schon gleichheits-rechtlich ohne Relevanz, sodass inhaltlich darauf nicht einzugehen ist.   OGH , 8 ObA 57/13k OLG Linz , 11 Ra 40/13a-25, LG Salzburg , 20 Cga 274/12i-19 Schrank, AR-Neuerungen

142 Schrank, AR-Neuerungen
Austritt wegen depressionsbedingter Unfähigkeit: Ex-ante-Dauer? Kausaler Zusammenhang? LE-AS Nr.11, § 25 Z 1 erster und zweiter Fall AngG   1.       War ein Angestellter zum Zeitpunkt des vorzeitigen Austritts wegen einer Depression und zwanghaften Persönlichkeitsstörung nicht fähig, seine Dienstleistung fortzusetzen, und eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit innerhalb eines Zeitraums von 26 Wochen ex ante betrachtet mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, liegt Dienstunfähigkeit gemäß § 26 Z 1 erster Fall AngG vor. 2.       Für das Vorliegen dieses Austrittsgrundes muss – anders als bei jenem des zweiten Falls (dauernde Gesundheitsgefährdung) – kein kausaler Zusammenhang zwischen der Dienstleistung und der Dienstunfähigkeit bestehen.   OGH , 9 ObA 22/14x OLG Wien , 10 Ra 113/13f-65 Schrank, AR-Neuerungen

143 Abfertigung, Dienstzeugnis Verfall, Firmenpensionen
Schrank, AR-Neuerungen

144 Schrank, AR-Neuerungen
Abfertigung Alt: Einbeziehung Jahresprämien – wann nicht? Erfolgsprämien-Entfall für Ausscheidejahr LE-AS Nr.5, § 23 Abs. 1 AngG   1.       Auch freiwillige regelmäßige Gewinnbeteiligungen sind in die Berechnungsgrundlage der Abfertigung einzubeziehen. 2.       Schwankt die Höhe des Entgelts – durch variable Prämien, Zulagen, Provisionen, Sonderzahlungen oder Überstundenentgelte – innerhalb des letzten Jahres, ist ein Zwölftel des gesamten Entgelts dieses Jahres als Bemessungsgrundlage der Abfertigung zugrunde zu legen. 3.       Diese auf das letzte Jahr vor Beendigung abzustellende Durchschnittsberechnung kommt jedoch nur für Leistungen in Betracht, die für den letzten Monat (noch) gebühren. 4.       Erhielt der Arbeitnehmer für den letzten Monat vor Beendigung zulässigerweise keine (freiwillige) Prämie, weil die Arbeitgeberin ihren Mitarbeitern schon seit Beginn des Jahres des Ausscheidens keine (freiwillige) Prämie mehr gewährte (um das dafür vorgesehene Budget zur Erhöhung von Sozialplanleistungen zu verwenden), scheidet daher auch bei früher regelmäßiger Prämiengewährung die Einbeziehung der für das Vorjahr gewährten Prämie in die Berechnungsgrundlage der Abfertigung aus. 5.       Dies gilt auch für eine im Jänner des Ausscheidejahres bezahlte freiwillige (anteilige) Jahresprämie, welche die Arbeitsleistung für den Zeitraum des Vorjahres und nicht jene für die im Folgejahr im letzten Monat vor Beendigung des Dienstverhältnisses erbrachte Leistung honoriert.   OGH , 9 ObA 8/14p OLG Linz , 11 Ra 75/13y-15 LG Linz , 11 Cga 97/12t-11 Schrank, AR-Neuerungen

145 Schrank, AR-Neuerungen
Übertragungsvereinbarung Abfertigung Neu: Täuschung über unmittelbar bevorstehende Selbstkündigung? LE-AS Nr.3, § 47 BMSVG, § 870 ABGB   1.       Arglistig herbeigeführte Übertrittsvereinbarungen in die Abfertigung Neu sind nach § 870 ABGB anfechtbar. 2.       Dies ist der Fall, wenn der übertrittswerbende Arbeitnehmer den Arbeitgeber hinsichtlich einer bereits vorhandenen unmittelbaren Kündigungsabsicht getäuscht hat. 3.       Da die Vereinbarung der Schriftform bedarf, sind vor der schriftlichen Unterfertigung gefallene Äußerungen zur mangelnden Kündigungsabsicht noch bedeutsam. 4.       Die Anfechtung nach § 870 ABGB ist bereits dann zulässig, wenn der Vertragspartner arglistig über Umstände getäuscht wurde, die für seine Willensbildung maßgeblich waren, mögen diese auch nur Beweggründe oder Eigenschaften um­fassen, die nicht Vertragsinhalt sind. 5.       Selbst wenn der Arbeitnehmer einseitig auf sein Kündigungsrecht nicht verzichten könnte, steht dies einer Information des Arbeitgebers über allfällige bestehende konkrete Kündigungsabsichten im Zeitpunkt der Übertragungsvereinbarung nicht entgegen.   OGH , 9 ObA 83/13s OLG Linz , 12 Ra 27/13x-11, LG Ried im Innkreis , 19 Cga 76/12w-7 Schrank, AR-Neuerungen

146 Schrank, AR-Neuerungen
Dienstzeugnis: Zeugniswahrheit – Sonderfälle für anderes Ausstellungsdatum? LE-AS Nr.10, § 39 Abs. 1 AngG, § 1163 Abs. 1 ABGB   1.       Wird ein bereits erteiltes Zeugnis inhaltlich geändert oder nachträglich berichtigt, kann der Sonderfall vorliegen, wonach das Dienstzeugnis nicht entsprechend der Zeugniswahrheit das tatsächliche Ausstellungsdatum sondern das frühere Ausstellungsdatum zu tragen hat. 2.       Führt jedoch der Arbeitnehmer gar nicht näher aus, warum die verspätete Ausstellung nicht von ihm zu vertreten wäre, obwohl die Formulierung des vorweg ausgestellten Zeugnisses auf seinem Vorschlag beruhte und auch viele besonders positive Bewertungen seiner Tätigkeit enthielt, kann er die Rückdatierung nicht durchsetzen.   OGH , 9 ObA 163/13f OLG Wien , 10 Ra 57/13w-12 Schrank, AR-Neuerungen

147 Schrank, AR-Neuerungen
Einzelvertragliche Verfallsklauseln: Auch für unabdingbare Ansprüche wirksam? LE-AS Nr.11, §§ 879 Abs. 1, 1164, 1486, 1502 ABGB, § 11 Abs. 2 Z 5 AÜG, § 26 Abs. 8 AZG   1.       Rechtlich ist zwischen der Frage der vertraglichen Unabdingbarkeit eines Anspruchs und der Frist für dessen Geltendmachung zu unterscheiden. 2.       Auch bei unabdingbaren Ansprüchen kann daher eine kürzere als die dreijährige gesetzliche Verjährungsfrist für die Geltendmachung der Ansprüche vereinbart werden, außer sie erschwert die Geltendmachung von Ansprüchen ohne sachlichen Grund übermäßig. 3.       An dieser stRsp wurde wiederholt Kritik geübt. 4.       Aus den zu den einzelnen Kritikpunkten in den Entscheidungsgründen im Einzelnen näher dargelegten Bestimmungen und Überlegungen sieht der OGH keinen überzeugenden Grund zur Änderung dieser Rechtsprechung. 5.       Es bleibt daher bei der grundsätzlichen Zulässigkeit auch einzelvertraglicher Verfallsklauseln. 6.       Eine dreimonatige Frist für die außergerichtliche schriftliche Geltendmachung kann bei Entgeltdifferenzansprüchen aus unrichtiger Einstufung auch nicht als unsachlich und gegen § 879 ABGB verstoßend angesehen werden.   OGH , 9 ObA 1/14h OLG Linz , 11 Ra 66/13z-18, LG Wels , 10 Cga 88/12s-13 Schrank, AR-Neuerungen

148 Schrank, AR-Neuerungen
Kollektivvertragliche Verfallsklauseln: Fristbeginn bei Überstundenpauschalentgelten? LE-AS Nr.28, §§ 6, 7 ABGB § 5 Abs. 8 und 10 RKV Angestellte Handwerk, Gewerbe, Dienstleistung, Information und Consulting   1.       Die bloße Betreuung des Zeiterfassungssystems durch eine Angestellte ist reicht für eine verfallshindernde Geltendmachung keinesfalls aus. Auch dass der Geschäftsführer die Arbeitszeit-aufzeichnungen einsehen konnte, ist keine der Arbeitnehmerin zurechenbare Erklärung. 2.       Es greift daher die kollektivvertragliche Verfallsbestimmung. 3.       Eine Überbetonung deren Wortlauts, wonach die Entlohnungen bzw. deren Abgeltung in bezahlter Freizeit „binnen 4 Monaten nach dem Tag der Überstundenleistung geltend gemacht werden“ müssen, muss jedoch in Fällen von Überstundenpauschalvereinbarungen auf Bedenken stoßen. 4.       Für den Beginn der Verfallsfrist für Überstunden, die nicht durch eine vereinbarte Überstunden-pauschale abgegolten sind, also für nicht abgedeckte Überstunden, kann frühestens jener Zeitpunkt in Frage kommen, zu dem die Überstunden eines Beobachtungszeitraums abrechenbar sind. 5.       Als Beobachtungszeitraum ist, sofern nicht das DV insgesamt kürzer war, auch bei Geltung dieser Kollektivvertragsbestimmung ein Jahreszeitraum und kein bloßer Viermonatszeitraum anzunehmen.   OGH , 9 ObA 166/13x OLG Graz , 7 Ra 34/13v-39 LGKlagenfurt , 32 Cga 23/11k-34 Schrank, AR-Neuerungen

149 Schrank, AR-Neuerungen
Verfallsklauseln: Geltendmachung von Überstunden-entgelten durch Zeiterfassungssystem? LE-AS Nr.29, RdW 8/2014, 477, §§ 10, 26 Abs. 1 und 2 AZG § 7 Z 6 KollV Speditionsangestellte   1.       Das Führen eines auch noch so genauen Zeiterfassungssystems des Dienstgebers ist der Geltendmachung von Überstunden durch den Dienstnehmer nicht gleichzuhalten. 2.       im Einwand des Verfalls der Überstunden liegt auch bei genauem Zeiterfassungssystem kein Verstoß gegen Treu und Glauben, weil sich generell erst aus der Geltendmachung der Überstunden durch den Dienstnehmer ergibt, ob und welche Ansprüche er begehrt. 3.       Aus einer Verfallsbestimmung, welche die Geltendmachung von Überstundenentlohnungen binnen 3 Monate nach dem Abrechnungszeitraum vorsieht, resultiert die Anforderung einer spezifizierten Geltendmachung. 4.       Insofern ist es in vertretbarer Weise unzureichend, wenn der Arbeitnehmer zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt lediglich erwähnte, dass „seine Überstunden“ bislang nicht bezahlt worden seien. 5.       Eine Geltendmachung von Überstunden ist zum Ausschluss des Verfalls allerdings dann nicht mehr erforderlich ist, wenn die Überstunden bereits Bestandteil der Lohnabrechnung durch den DG waren, weil er die Überstunden dadurch für gewöhnlich – untechnisch gesprochen – bereits „anerkannt“ hat. 6.       Darauf kann sich ein Arbeitnehmer jedoch nicht berufen, wenn seine Überstunden gerade nicht in den Lohnabrechnungen berücksichtigt wurden.   OGH , 9 ObA 30/14y OLG Wien , 8 Ra 93/13z-20 Schrank, AR-Neuerungen

150 Schrank, AR-Neuerungen
Verfallsklauseln: Erfassen sie Abgeltungen für offene Zeitausgleiche bei Beendigung? (1) LE-AS Nr.30, § 19f Abs. 2 und 3 AZG, §§ 4 Abs. 3, 16 Abs. 2 Arbeiter-KollV FloristInnen und Blumenhändler   1.       Ein Anspruch auf Überstundenentgelt, der sich aus der Rückumwandlung eines Zeitguthabens ergibt und der mangels Möglichkeit zu einer früheren Geltendmachung mit dem Ende des Dienstverhältnisses fällig wird, unterliegt auch dann der dreimonatigen Verfallsfrist des § 16 Abs. 2 Satz 1 KollV, wenn bei grundsätzlicher Vereinbarung, dass Überstunden durch Zeitausgleich abgegolten werden, die Überstundenaufzeichnungen des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber im laufenden Dienstverhältnis regelmäßig bekannt gegeben wurden. 2.       Da bei vereinbartem Zeitausgleich gemäß § 19f Abs. 3 AZG für Überstunden, für die nach Maßgabe des Abs. 2 kein Zeitausgleich gewährt wurde, ein Wahlrecht zwischen dem einseitigen Zeitausgleichsantritt oder einer Abgeltung in Geld zusteht, ist zwischen der Geltendmachung der Mehrarbeit einerseits und jener des daraus resultierenden Entgeltanspruchs andererseits zu differenzieren. 3.       Auch wenn mit Zeitaufzeichnungen zwar die Überstundenleistungen monatlich kontrolliert und diese zwischen den Vertragsparteien festgehalten wurden, widerspräche ein Verständnis, dass die AN damit von einem späteren Zeitausgleich Abstand nehmen und stattdessen die Abgeltung der Überstunden in Form eines Entgeltanspruchs einfordern wollte, schon der Vereinbarung widersprochen. 4.       Daher wird mit Zeitaufzeichnungen noch kein Überstundenentgelt geltend gemacht. Schrank, AR-Neuerungen

151 Schrank, AR-Neuerungen
Verfallsklauseln: Abgeltungen für offene Zeitausgleiche? (2) LE-AS Nr.30,   5.       Ist der Abbau des Zeitguthabens schließlich infolge Beendigung des Dienstverhältnisses nicht mehr möglich, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Bezahlung der Überstunden. 6.       Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist der Anspruch auf Abgeltung der nicht zeitausgeglichenen Überstunden fällig. 7.       Da die Fälligkeit offenen Zeitausgleichs mangels Ausübung des in § 19f Abs. 3 AZG idgF vorgesehenen Wahlrechts nicht vor der endgültigen Unmöglichkeit des Naturalausgleichs durch Beendigung des Dienstverhältnisses eintritt, wird bzw. bleibt mit Ende des Dienstverhältnisse die Überstundenentgelt-Verfallsregelung maßgeblich. 8.       Ist aber der Anspruch auf das rückumgewandelte Überstundenentgelt jedenfalls mit Beendigung des Dienstverhältnisses fällig, muss er innerhalb von drei Monaten ab jenem Zeitpunkt geltend gemacht werden gewesen. 9.       Bei erstmaliger Geltendmachung knapp ein Jahr danach ist der Anspruch daher verfallen.   OGH , 9 ObA 44/14g OLG Graz , 6 Ra 76/13p-20 LG Leoben , 23 Cga 101/12p-16 Schrank, AR-Neuerungen

152 Schrank, AR-Neuerungen
Firmenpensionen: Auskunftspflicht und Pensionshöhe? LE-AS Nr.20, Nr.8, § 17 Abs. 1 BPG, § 228 ZPO   1.       § 17 Abs. 1 BPG trägt Festsstellungsbegehren, die auf die endgültige Festlegung der Bemessungsgrundlage abzielen, von vornherein nicht. 2.       Die diesbezügliche Auskunftspflicht soll dem Interesse des Arbeitnehmers Rechnung tragen, schon vor dem Eintritt des Versorgungsfalls zu erfahren, ob er eine unverfallbare Anwartschaft erworben hat und wie hoch die Versorgungsleistungen sein werden. 3.       Die Auskünfte sollen aber nur Wissenserklärungen darstellen und drücken daher keinen rechtsge-schäftlichen Willen aus, dass die mitgeteilten Anwartschaften und Leistungen in diesem Umfang tatsäch-lich zustehen. 4.       Aus unrichtigen Mitteilungen können daher grundsätzlich keine Versorgungsansprüche abgeleitet werden. 5.       Die Auskünfte geben dem Arbeitnehmer daher auch keine Sicherheit über die Höhe der Anwart-schaften und über die Höhe der zugesagten Leistungen. 6.       Außerdem hat der Auskunftspflichtigen für die Auskünfte über die Höhe der Leistungen den Eintritt des Leistungsfalls zu fingieren, weshalb sie sich nur auf die zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung bestehenden Leistungen beziehen. 7.       Ein Feststellungsbegehren scheitern damit schon daran, dass es sich nicht auf ein Recht oder Rechtsverhältnis, sondern auf eine Wissenserklärung nur zum jeweiligen Auskunftsstichtag bezieht. 8.       Die endgültige Festlegung der Bemessungsgrundlage durch Auslegung der zugrunde liegenden Vertragsbestimmung ist von § 17 Abs. 1 BPG nicht erfasst. 9.       Leistungsausweise-Auskünfte sind für die tatsächliche Auszahlung der Pensionsleistungen nicht verbindlich.   OGH , 8 ObA 71/13v OLG Wien , 10 Ra 36/13g-10 Schrank, AR-Neuerungen

153 Schrank, AR-Neuerungen
Nachschusspflicht an PK: Klage Anwartschaftsberechtigter? LE-AS Nr.7, § 6c Abs. 2 Z 1 BPG, § 5 Z 3 PKG 1.       Arbeitgeber trifft nicht schon während der Anwartschaftsphase eine Pflicht zur Valorisierung und allfälligen Leistung eines in der BV vorgesehenen erforderlichen Nachschusses. 2.       Bezieht sich die vorgesehene Valorisierung auf „Leistungen“, meint sie Pensionsleistungen, ohne eine Valorisierung von bloß unverfallbaren Anwartschaften während der Anwartschaftsphase, in der die Beklagte nach der BV beitragsfrei gestellt ist, zu normieren. 3.       Dass der AG, sollte er während der Anwartschaftsphase insolvent werden, keine Nachschüsse mehr leisten könne, gilt auch für die Leistungsphase. Im Gegensatz zur vorherigen direkten Leistungszusage bleiben aber die unverfallbaren Anwartschaften in der Pensionskasse erhalten und die Leistungsberech-tigten können bei Leistungsanfall noch Pensionskassenleistungen beziehen. 4.       Auch hat die Normierung einer Nachschusspflicht erst in der Leistungsphase durchaus Sinn, kann doch erst ein aus dem Erwerbsleben ausgeschiedener Pensionist nicht mehr auf die Pensionsentwicklung sinnvoll reagieren, während eine noch im Erwerbsleben befindliche Person typischerweise durch Umschichtung von laufenden Einkünften in die Alterssicherung disponieren kann. 5.       Dass es Anwartschaftsberechtigten im Einzelfall aus finanziellen Gründen nicht möglich sei, allfällige Kapitalmarktverluste durch das Ansparen weiterer Rücklagen wettzumachen, widerspricht diesem grundsätzlichen und vom Wortlaut der BV getragenen Sinn der Regelung nicht. 6.       Auch ein Mischsystem zwischen einer rein beitragsorientierten und einer rein leistungsorientierten Pensionszusage lässt keinen zwingenden Rückschluss darauf zu, dass die Betriebsvereinbarungsparteien eine Valorisierung des Deckungskapitals während der Anwartschaftsphase vereinbaren wollten. 7.       Ein solches Auslegungsergebnis ist auch nicht unsachlich. 8.       Zusammengefasst besteht nach Umwandlung der unverfallbaren Ansprüche in eine beitragsfrei gestellte Anwartschaft für das vorhandene Deckungskapital (den „Unverfallbarkeitsbetrag“) in der Anwart-schaftsphase aus der konkreten Betriebsvereinbarung keine Pflicht zur Valorisierung. 9.       Die Stufenklage eines beitragsfrei Anwartschaftsberechtigten auf Rechnungslegung über fällige Nachschüssen sowie auf Zahlung der entsprechenden Beträge an die Pensionskasse ist daher abzuweisen. OGH , 9 ObA 105/13a OLG Wien , 7 Ra 31/13z-17, ASG Wien , 19 Cga 3/12t-23 Schrank, AR-Neuerungen

154 Schrank, AR-Neuerungen
Herzlichen Dank! Schrank, AR-Neuerungen


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