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Wohin steuert die Taxonomie?

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Präsentation zum Thema: "Wohin steuert die Taxonomie?"—  Präsentation transkript:

1 Wohin steuert die Taxonomie?
Haben bald Netz, Lupe und Bestimmungsbuch keine Zukunft mehr? Werner Kunz

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3 Diese Botschaft war auf der VBiol-Tagung im Okt 2016
im Alexander-Koenig-Museum zu sehen:

4 Die Ermittlung der Art durch den „Barcode“

5 Was ist „Barcode“-Taxonomie?:
Barcoding: Sequenzierung eines ca. 650 bp langen Fragments aus dem CO1-Gen Mitochondrien-Genom

6 Barcoding = Automatisierung der genetischen Detektion der Arten
Extraktion der DNA aus Massen von Insekten Massenfang von Insekten in der Malaise-Falle

7 spezifische Markierung der DNA aus vielen Insekten-Arten
Sortierung der DNA nach Gruppen Ermittlung der Barcode-Sequenzen Art-Bestimmung durch Abgleich mit online-Daten-Banken automatische Sequenzierung der DNA aller gesammelten Arten

8 Die Barcode-Taxonomie versteht sich als „die Taxonomie der Zukunft“
und wird werbeträchtig propagiert. Binnen weniger Jahrzehnte soll der Artenbestand ganzer Tierklassen erfasst sein (und bald auch alle Tierarten der Welt)

9 „klassische Taxonomie“ minderwertig und hat sich abgenutzt?
Ist die „klassische Taxonomie“ minderwertig und hat sich abgenutzt? Es gibt auch Zweifel und Gegenstimmen: “The whole enterprise, however, is anti-intellectual and is characterized by non-scientific aims and methods” Misof: “Taxonomy as a discipline is often surprisingly ignorant of theoretical issues behind species definitions and the process of speciation.”

10 Was sind die: “theoretical issues behind Barcoding” ?
Was steckt dahinter? Was sind die: “theoretical issues behind Barcoding” ?

11 Im Lauf der Zeit ereignen sich kontinuierlich Punktmutationen:
ein Ur-Mito-Genom zweigt sich im Laufe der Zeit fortlaufend auf, bis man schließlich die Nachkommen dieser Mito-DNA in den Individuen 1 – 6 findet 1 2 3 4 5 6 Zeitachse Im Lauf der Zeit ereignen sich kontinuierlich Punktmutationen: die Mito-Genome der Individuen 1 und 6 unterscheiden sich durch viele Mutationen und zeigen eine weit zurückliegende Trennung an die Mito-Genome der Individuen 1 und 2 unterscheiden sich durch nur wenige Mutationen und zeigen eine erst kurz zurückliegende Trennung an

12 Also kann man aus der Zahl der Mutations-Unterschiede auf die Zeit der Aufspaltung der Mitochondrien-Linien rückschließen Die Barcode-Taxonomie setzt das Alter der Mitochondrien-Aufspaltung mit dem Alter der Arten gleich

13 ab % nach Misof verändert

14 innerartlich zwischenartlich Art 1 Art 2

15 CO1-Sequenzen der Mito-Genome
Zeitachse 1 2 3 4 5 6 gemeinsame Art gemeinsame Art verschiedene Arten verschiedene Arten Die Barcode-Taxonomie hat folgendes Artkonzept: was sich wenig unterscheidet (1 und 2 oder 5 und 6), gehört zu einer Art was sich stärker unterscheidet (1 und 3 oder 4 und 6), gehört zu verschiedenen Arten was sich noch stärker unterscheidet (1 und 6), gehört zu verschiedenen Gattungen

16 Die Barcode-Taxonomie setzt das Alter der Mitochondrien-Aufspaltung mit dem Alter der Arten gleich
Das kann man machen, und das ist logisch widerspruchsfrei. Aber damit liegt der Barcode-Taxonomie eine eigene Art-Definition zugrunde: was sich durch wenige Mutationen unterscheidet, ist ein und dieselbe Art was sich durch viele Mutationen unterscheidet, sind verschiedene Arten Diese Art-Definition soll hier in diesem Referat untersucht werden

17 Hier ein Beispiel, dass der Barcode tatsächlich benutzt wird, um Arten als neu entdeckte Arten zu definieren: Astraptes fulgerator 8194

18 der Barcode zur Definition neu entdeckter Arten
eine der ersten Publikationen, die der Barcode-Taxonomie zum Durchbruch verholfen haben (immerhin in PNAS) vom Gründer der Barcode-Taxonomie Paul Hebert: der Barcode zur Definition neu entdeckter Arten

19 Was steckt hinter der Logik der Barcode-Taxonomie?:
was sich durch wenige Mutationen unterscheidet, ist ein und dieselbe Art was sich durch viele Mutationen unterscheidet, sind verschiedene Arten Daraus folgt: alle Arten sind (grob gesagt) evolutionär gleich alt; denn sehr junge Aufzweigungen können keine verschiedenen Arten sein, und sehr alte Aufzweigungen müssen verschiedene Arten sein

20 Damit ist die Barcode-Taxonomie logisch unvereinbar mit dem Artkonzept der Reproduktionsgemeinschaft: Alle Individuen, die miteinander reproduktiv verbunden sind, gehören zu einer Art Alle Individuen, zwischen denen eine reproduktive Barriere besteht, gehören zu verschiedenen Arten

21 Nach dem Artkonzept der Reproduktionsgemeinschaft sind die Arten nicht gleich alt:
Es gibt Arten der Tiefsee, die ein sehr hohes evolutionäres Alter haben, wo die Individuen aber reproduktiv miteinander verbunden sind, also zu einer Reproduktionsgemeinschaft (= „Reproduktiv-Art“) gehören. Im Barcode aber differieren sie voneinander und müssen daher verschiedenen „Barcode-Arten“ angehören

22 Und umgekehrt gibt es die bekannten Cichliden-Arten der ostafrikanischen Seen, die alle ein sehr junges evolutionäres Alter haben, aber reproduktiv voneinander getrennt sind und daher verschiedenen „Reproduktiv-Arten“ angehören. Im Barcode aber differieren sie nicht voneinander, und daher müssen viele ein und derselben „Barcode-Art“ angehören

23 folgende Diskrepanz ist im Extremfall möglich
1 2 3 1 2 3 gemeinsame Art verschiedene Arten verschiedene Arten gemeinsame Art Reproduktionsgemeinschaft –Artkonzept = „Reproduktiv-Art“ Barcode-Artkonzept = „Barcode-Art“

24 CO1-Sequenzen der Mito-Genome Aufspaltung der Mitochondrien-Genome
Legt man die beiden Artkonzepte übereinander, dann kann Folgendes passieren: CO1-Sequenzen der Mito-Genome Aufspaltung der Mitochondrien-Genome Aufspaltung der Art A in die Tochterarten B und C („Reproduktiv-Arten“) Die Aufspaltung einer Art in 2 getrennte Reproduktionsgemeinschaften („Reproduktiv-Arten“) (A in B und C) folgt nicht dem Muster der sich aufspaltenden Mitochondrien-Genome

25 Die Elternart A spaltet sich in die Tochterarten B und C erst zu einem Zeitpunkt auf, wenn die Mitochondrien-Linien in der Art A längst existieren Einige paraphyletische Aufzweigungen (grün) sind mit der „falschen“ Art verbunden. Die Zweige a und c innerhalb der Art B geben ein falsches Alter der Art-Aufzweigung wider

26 Erst dann ist reziproke Monophylie erreicht
Man kann also vom Alter der Mitochondrien-Aufzweigungen (= „Barcode-Arten“) nicht in allen Fällen auf das Alter der „Reproduktiv-Arten“ schließen Erst nach 4 Mio Generationen (bei kleinen Populationen früher) sind die Mito-Zweige korrekt mit den Arten sortiert (durch „genetische Drift“, der hier die Zweige c und d zum Opfer fallen). Erst dann ist reziproke Monophylie erreicht

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28 Der Barcode gibt das Alter der Mitochondrien-Aufzweigungen wider
Zusammenfassung: Der Barcode gibt das Alter der Mitochondrien-Aufzweigungen wider Man kann die Mitochondrien-Aufzweigungen zur Definition von „Art“ machen. Das gäbe keine Widersprüche Aber dann ignoriert man die „Art“ als Reproduktionsgemeinschaft. Und das widerspricht unserer Evidenz und unserem Plausibilitäts-Empfinden Wie dargestellt, kann sich die „Art“ als Reproduktionsgemeinschaft anders aufzweigen, als es der Barcode anzeigt [Dafür habe ich (leider) keine entomologischen Beispiele]:

29 Autor des Fotos: Sven Johnsen; Naturgucker.de
Ginge es nach dem Barcode, dann hätten wir in Deutschland 2 Gartenrotschwanz-Arten. Aber diese sind weder reproduktiv voneinander getrennt noch typologisch unterscheidbar Autor des Fotos: Sven Johnsen; Naturgucker.de

30 Ginge es nach dem Barcode, dann wären Mauersegler und Fahlsegler ein und dieselbe Art.
Aber diese sind eindeutig reproduktiv voneinander getrennt und typologisch gut unterscheidbar Autoren der Fotos: Michael Neubauer, Matthias Entelmann; beide Naturgucker.de

31 Ginge es nach dem Barcode, dann wären mehrere nordatlantische Möwenarten ein und dieselbe Art.
Aber diese sind eindeutig reproduktiv voneinander getrennt und typologisch gut unterscheidbar Autoren der Fotos: Carolin Zimmermann, Hermann Daum, Roland Schlegel, Hannah und Jessy Loranger; alle Naturgucker.de

32 (wenn die Art bereits bekannt ist)
Die Barcode-Technik sollte also nicht dazu benutzt werden, Arten als neu entdeckte Arten zu definieren, nach dem Schema: „Diese Population weicht im Barcode ab; also muss es eine eigene Art sein“ Dagegen ist die Barcode-Technik eine überragende Methode zur Art-Bestimmung (wenn die Art bereits bekannt ist) Die Barcode-Technik eignet sich nicht nur zur maschinellen Massen-Erfassung von Arten-Spektren (wie eingangs gezeigt)

33 der Barcode bestimmt die Art verlässlich
(egal ob Ei, Raupe, Puppe oder Falter)

34 der Barcode bestimmt die Art verlässlich
(egal ob Wurst, Kottelet oder Gulasch)


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