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Schwerpunkt Sommersemester

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Präsentation zum Thema: "Schwerpunkt Sommersemester"—  Präsentation transkript:

1 Schwerpunkt Sommersemester 2017 13.07.2017
Grundfreiheiten Schwerpunkt Sommersemester 2017

2 Niederlassungsfreiheit Schutzbereich
Die Niederlassungsfreiheit begründet das Recht zur Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie zur Gründung und Leitung von Unternehmen und Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat (Art. 49 Abs. 2 AEUV). Sie umfasst auch das Recht zu Einreise und Aufenthalt zu diesen Zwecken. Dieses Recht steht sowohl den EU-Staatsangehörigen (Art. 49 Abs. 1 AEUV) als auch denjenigen juristischen Personen zu, welche die Staatszugehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates haben (Art. 54 Abs. 1 AEUV). Soweit Sekundärrechtsakte die Niederlassungsfreiheit natürlicher oder juristischer Personen näher ausgestaltet haben, gehen diese Art. 49, 54 AEUV vor. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 959)

3 Niederlassungsfreiheit Sachlicher Schutzbereich
Eine Niederlassung in diesem Sinne ist die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit. Der Begriff der Niederlassung ist weit gefasst und impliziert die Möglichkeit für einen Unionsangehörigen, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen als seines Herkunftsstaates teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen. Sowohl freie Berufe als auch gewerbliche Tätigkeiten werden von der Niederlassungsfreiheit erfasst. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 960)

4 Niederlassungsfreiheit Sachlicher Schutzbereich
Die erforderliche rechtliche Eingliederung in das Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaates setzt jedoch nicht voraus, dass sich der selbständig Erwerbstätige ausschließlich in diesem Mitgliedstaat niederlässt. Gleichzeitige Niederlassungen in anderen Mitgliedstaaten möglich. Die Tätigkeit muss wirtschaftlicher Art und auf Erwerb ausgerichtet sein, wobei es unerheblich ist, ob tatsächlich Gewinne erzielt werden. Ausgenommen von der Niederlassungsfreiheit sind daher rein karitative Organisationen, soweit es sich um Gesellschaften handelt, die keinen Erwerbszweck verfolgen (Art. 54 Abs. 2 AEUV). (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 960)

5 Niederlassungsfreiheit Sachlicher Schutzbereich
Die Niederlassungsfreiheit unterscheidet sich von der Arbeitnehmerfreizügigkeit durch die Selbständigkeit der Erwerbstätigkeit. Maßgeblich für die Abgrenzung sind die Kriterien des unternehmerischen Risikos und der Selbstbestimmtheit der Tätigkeit. Anhaltspunkte für die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit sind: - die Beteiligung an Gewinn und Verlust, - die freie Bestimmung der Arbeitszeit, - die Weisungsfreiheit, - die Auswahl der Mitarbeiter. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 961)

6 Niederlassungsfreiheit Sachlicher Schutzbereich
Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit resultieren insbesondere daraus, dass sich beide Grundfreiheiten auf dieselben (selbständig erbrachten) wirtschaftlichen Tätigkeiten beziehen – bspw. Bau-, Handwerks- oder Beratungsleistungen. Während die Dienstleistungsfreiheit jedoch solche Vorgänge erfasst, bei denen der Erbringer sich nur vorübergehend in den anderen Mitgliedstaat begibt oder jedenfalls nicht auf dauerhaft genutzte Einrichtungen in dem Staat der Leistungserbringung zurückgreift, ist die Niederlassungsfreiheit nur dann anwendbar, wenn die Leistung unter Eingliederung des Unternehmens in das Wirtschaftsleben des Niederlassungsstaates – typischerweise durch die Einrichtung von Geschäftsräumen zum Zwecke des Kundenverkehrs – erbracht wird. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 961)

7 Niederlassungsfreiheit Sachlicher Schutzbereich
Maßgebliche Kriterien sind dabei: - die Dauer der fraglichen Tätigkeit, - ihre Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr oder Kontinuität. Damit sind es aber die konkreten Umstände der Grenzüberschreitung und ihre Rahmenbedingungen – und nicht eine bestimmte Art der Leistung –, die den Ausschlag für die tatbestandliche Abgrenzung zwischen diesen Grundfreiheiten geben. (vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 994) Für die Bestimmung des Verhältnisses der Niederlassungs- zur Kapitalverkehrsfreiheit ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich, nach der in bestimmten Fällen eine parallele Anwendung möglich, in anderen dagegen ausgeschlossen ist. (näher dazu Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 1058)

8 Niederlassungsfreiheit Sachlicher Schutzbereich
Die derart definierte dauerhafte Eingliederung in die Volkswirtschaft eines anderen Mitgliedstaates kann nach Art. 49 Abs. 1 AEUV sowohl durch Errichtung einer primären als auch einer sekundären Niederlassung erfolgen. Die primäre Niederlassungsfreiheit (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 AEUV) erfasst 1. die erstmalige Gründung einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat, 2. den Umzug einer bestehenden Niederlassung von einem Mitgliedstaat in einen anderen 3. sowie – speziell für juristische Personen – grenzüberschreitende Verschmelzungen mit juristischen Personen in anderen Mitgliedstaaten, da im Verschmelzungsakt eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit der verschmelzungswilligen, aus dem EU-Ausland zuziehenden juristischen Person zum Ausdruck kommt. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 962 ff.)

9 Niederlassungsfreiheit Sachlicher Schutzbereich
Die sekundäre Niederlassungsfreiheit (Art. 49 Abs. 1 Satz 2 AEUV) schützt hingegen die Errichtung einer unselbständigen Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat. Da die Aufzählung sekundärer Niederlassungsformen in Art. 49 Abs. 1 Satz 2 AEUV nur beispielhaften Charakter hat und deshalb nicht abschließend ist, kommt es zur Abgrenzung einer sekundären Niederlassung von einer primären nicht darauf an, ob die fragliche Niederlassung einem der dort aufgeführten Typen zugeordnet werden kann. Die Abgrenzung beider Niederlassungsformen erfolgt vielmehr nach materiellen Kriterien. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 962)

10 Niederlassungsfreiheit Sachlicher Schutzbereich
Eine sekundäre Niederlassung liegt vor, wenn sie in rechtlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit zu einer anderen (primären) Niederlassung steht. Bei juristischen Personen kommt es dagegen nur auf die (gesellschafts-)rechtlichen Beziehungen zwischen den in Frage stehenden Niederlassungen an; der wirtschaftliche Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit ist insoweit nicht entscheidend. Der Sitz einer juristischen Person ist daher auch in dem Fall eine primäre Niederlassung, wenn diese juristische Person ihre Geschäftstätigkeit überwiegend durch eine rechtlich abhängige Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat ausübt. Letztere ist daher trotz des wirtschaftlichen Schwerpunktes, der bei ihr liegt, lediglich als Zweigniederlassung einzustufen. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 962)

11 Niederlassungsfreiheit Grenzüberschreitender Bezug
Die Eröffnung des sachlichen Schutzbereichs erfordert auch ein grenzüberschreitendes Element. Bei rein mitgliedstaatsinternen Sachverhalten sind die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit nicht anwendbar. Eine Schlechterstellung eigener Staatsangehöriger ist im Bereich der Niederlassungsfreiheit daher möglich und zulässig (sog. Inländerdiskriminierung). Typischer Fall des grenzüberschreitenden Elements ist der in Art. 49 Abs. 1 AEUV ausdrücklich genannte Fall des Zuzugs eines Niederlassungsberechtigten in einen anderen Mitgliedstaat (Zuzugsfreiheit). Dabei wird die Niederlassungsfreiheit gegenüber dem Zuzugsstaat geltend gemacht. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 963)

12 Niederlassungsfreiheit Grenzüberschreitender Bezug
Ein grenzüberschreitendes Element kann darüber hinaus auch dann vorliegen, wenn ein Inländer, der einen unionsrechtlich relevanten Niederlassungssachverhalt erfüllt, sich seinem Heimatstaat gegenüber auf die Niederlassungsfreiheit beruft. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 839) Dies gilt etwa dann, wenn ein Inländer einen ausländischen akademischen Titel erworben hat, dessen Führung im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit durch seinen Heimatstaat erschwert wird (Rückkehrkonstellation) oder wenn die Gründung einer sekundären Niederlassung in einem anderen EU-Mitgliedstaat vom Heimatstaat des Niederlassungswilligen behindert wird. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 963)

13 Niederlassungsfreiheit Grenzüberschreitender Bezug
Grundsätzlich ist der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit insoweit auch betroffen, wenn ein EU-Mitgliedstaat seine eigenen Staatsangehörigen daran hindert, in einen anderen Mitgliedstaat wegzuziehen (Wegzugsfreiheit). Im Einzelnen ist bei den Wegzugsfällen jedoch zwischen natürlichen und juristischen Personen zu unterscheiden. Während natürliche Personen sich auch gegenüber Wegzugshindernissen ihres Heimatstaates auf die Niederlassungsfreiheit berufen können, ist die Möglichkeit juristischer Personen, sich in Wegzugsfällen auf die Niederlassungsfreiheit zu berufen, nur eingeschränkt gegeben. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 963, 966 und 973 f.)

14 Niederlassungsfreiheit Persönlicher Schutzbereich
Natürliche Personen: Zuzugs- und Wegzugsfreiheit Die Familienangehörigen eines selbständig Erwerbstätigen werden von der Niederlassungsfreiheit in Art. 49 AEUV nicht erfasst. Beachten Richtlinie 2004/38/EG (ABl.EU 2004 Nr. L 229, S. 35). Die Vorschrift des Art. 54 Abs. 1 AEUV stellt „Gesellschaften“ hinsichtlich der Anwendung des Art. 49 AEUV den natürlichen Personen gleich. Wie sich aus der Formulierung „und die sonstigen juristischen Personen“ in Art. 54 Abs. 2 AEUV ergibt, erfasst Art. 54 AEUV indes nicht nur Gesellschaften im engeren Wortsinn, sondern sämtliche juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 965–Rn. 968)

15 Niederlassungsfreiheit Persönlicher Schutzbereich
Dabei ist der unionsrechtliche Begriff der juristischen Person weiter auszulegen als im deutschen Recht. Auf eine Rechtspersönlichkeit kommt es nicht an. Der Begriff der juristischen Person umfasst beispielsweise auch offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Mangels einer Staatsangehörigkeit müssen solche juristischen Personen, um vom persönlichen Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit erfasst zu werden, nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet sein und ihren satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder Hauptniederlassung innerhalb der Union haben (Art. 54 Abs. 1 AEUV). Dieser Anknüpfungspunkt dient – wie bei natürlichen Personen die Staatsangehörigkeit – dazu, die Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines EU- Mitgliedstaates zu bestimmen. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 968)

16 Niederlassungsfreiheit Persönlicher Schutzbereich
Juristische Personen, die nach dem Recht eines Drittstaates gegründet wurden und unter Beibehaltung ihrer Rechtspersönlichkeit den Hauptsitz in einen EU-Mitgliedstaat verlegen, fallen mithin ebenso wenig in den persönlichen Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit wie juristische Personen, die zwar nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet wurden, danach aber ihren Hauptsitz in einen Drittstaat verlegt haben. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 968)

17 Niederlassungsfreiheit Beeinträchtigung durch den Gründungsmitgliedstaat (Wegzugskonstellation)
Aufgrund der bis heute gültigen Leitentscheidung des EuGH in der Rs. Daily Mail können sich Gesellschaften gegenüber ihrem Gründungsstaat nur eingeschränkt auf die Niederlassungsfreiheit berufen. Mit der Regelung des Art. 54 Abs. 1 AEUV, wonach die Eröffnung des Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften die Gründung einer juristischen Person nach dem Recht ihres Gründungsstaats voraussetzt, ist klargestellt, dass eine juristische Person nach dem Recht dieses Mitgliedstaates zum Zeitpunkt des Wegzugs fortbestehen muss. Ob Sitz- oder Gründungstheorie richtet sich nach dem Mitgliedstaat. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 972)

18 Niederlassungsfreiheit Beeinträchtigung durch den Gründungsmitgliedstaat (Wegzugskonstellation)
Knüpft das Recht des Gründungsstaates einer juristischen Person an die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes bestimmte Voraussetzungen, bei deren Nichterfüllung die Gesellschaft nicht unter Beibehaltung ihrer Rechtspersönlichkeit wegziehen kann, so entfällt damit zugleich eine wesentliche Voraussetzung des persönlichen Schutzbereichs der Niederlassungsfreiheit. Die nationale Maßnahme ist in diesem Fall als Inhaltsbestimmung der Niederlassungsfreiheit und nicht als Beschränkung derselben anzusehen. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 972)

19 Niederlassungsfreiheit Beeinträchtigung durch den Gründungsmitgliedstaat (Wegzugskonstellation)
Dementsprechend hatte der EuGH in der Entscheidung Daily Mail festgestellt, dass sich juristische Personen gegenüber ihrem Gründungsstaat nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen können sollen, weil sie „jenseits der jeweiligen nationalen Rechtsordnung, die ihre Gründung und Existenz regelt, […] keine Realität [haben]“. (Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 972) Diese Auffassung bekräftigte der Gerichtshof in seinem Urteil zur Rs. Cartesio aus dem Jahre EuGH, Rs. 81/87, Slg. 1988, S – Daily Mail (= P Nr. 183); ausdrücklich bestätigt durch EuGH, Rs. C-210/06, Slg. 2008, S. I-9641, Rn. 109 – Cartesio (= P Nr. 185). Siehe zu dem persönlichen Schutzbereich, insbesondere zu der Zuzugsfreiheit, weiter Haratsch/Koenig/Pechstein, Rn. 965 ff.

20 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Sachverhalt
Die Apothekerkammer des Saarlandes, Deutscher Apothekerverband e. V. u.a. gegen Ministerium für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlandes mit DocMorris NV als Beteiligte Nach Regelungen des Gesetzes über das Apothekenwesen (ApoG) bedarf jeder, der eine Apotheke betreiben will, der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Voraussetzung ist hierfür u.a., dass der Antragsteller die Approbation als Apotheker hat und die Apotheke in eigener Verantwortung persönlich leitet. Daher sind nur Apotheker als Einzelperson oder Apotheker in einer nicht haftungsbeschränkten Personengesellschaft (GbR oder OHG, vgl. Prinzip der Eigenorganschaft), nicht aber Aktiengesellschaften zur Eröffnung und zum Betrieb einer Apotheke berechtigt (sog. „Fremdbesitzverbot“; §§ 2 I Nr. 3 iVm 7, 8 ApoG). (vgl. RÜ 2009, 445)

21 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Sachverhalt
Mit Bescheid vom 29. Juni 2006 erteilte das Ministerium mit Wirkung vom 1. Juli 2006 DocMorris NV die Erlaubnis zum Betrieb einer Filialapotheke in Saarbrücken mit der Maßgabe, einen Apotheker für die persönliche Leitung der betreffenden Apotheke unter eigener Verantwortung einzustellen. (Rn. 11) Im August 2006 erhoben die Kläger der Ausgangsverfahren beim Verwaltungsgericht des Saarlandes Klage gegen diesen Bescheid. (Rn. 12) Die Klage wurde begründet mit einem Verstoß gegen das im ApoG verankerten „Fremdbesitzverbotes“ (s.o., Grundsatz, dass nur Apotheker Eigentümer und Betreiber von Apotheken sein dürfen). (Rn. 13)

22 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Sachverhalt
Das Land wendet ein, dass die Bestimmungen des ApoG gegen Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) verstoßen. Eine Kapitalgesellschaft, die rechtmäßig in einem Mitgliedstaat eine Apotheke betreibe, habe nämlich keinen Zutritt zum deutschen Apothekenmarkt. Eine solche Beschränkung sei aber zur Erreichung des legitimen Ziels des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung nicht erforderlich. (Rn. 14) Das Verwaltungsgericht des Saarlandes hat das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren gem. 267 AEUV angerufen. Verstößt das vorgesehene Fremdbesitzverbot des ApoG gegen Art. 49, 54 AEUV?

23 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Ergebnis
Die Art. 49 AEUV und 54 AEUV stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die Personen, die keine Apotheker sind, den Besitz und den Betrieb von Apotheken verwehrt. (RÜ 2009, 445)

24 Doc Morris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Der Schutzbereich erstreckt sich in persönlicher Hinsicht zunächst auf natürliche Personen. Art. 54 AEUV erweitert diesen aber auf Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet wurden und eine hinreichende örtliche Verbindung zur EU aufweisen. In sachlicher Hinsicht bestimmt Art. 49 AEUV die tatsächliche Ausübung einer auf Dauer angelegten selbstständigen Erwerbstätigkeit mittels einer festen Einrichtung außerhalb des Heimatstaates. Beachte: In Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV), die nur vorübergehende Tätigkeiten erfasst, umfasst die Niederlassungsfreiheit eine dauerhafte wirtschaftliche Etablierung im Aufnahmestaat. In Abgrenzung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 ff. AEUV) ist die Selbstständigkeit das entscheidende Merkmal. (vgl. RÜ 2009, 446) Bei dem Besitz und Betrieb von Apotheken handelt es sich um eine solche dauerhafte selbständige Erwerbstätigkeit (Sachlicher Schutzbereich eröffnet).

25 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Eingriff/Beschränkung: Nach ständiger Rechtsprechung steht Art. 49 AEUV jeder nationalen Maßnahme entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar ist, aber geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit durch die Gemeinschaftsangehörigen zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. (vgl. „Dassonville“/ „ Gebhard“ und diese einschränkend „Keck“). Eine Beschränkung im Sinne von Art. 49 AEUV liegt insbesondere in einer Regelung, die die Niederlassung eines Wirtschaftsteilnehmers eines anderen Mitgliedstaats im Aufnahmemitgliedstaat von der vorherigen Erteilung einer Erlaubnis abhängig macht und die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit bestimmten Wirtschaftsteilnehmern vorbehält, die zuvor festgelegten Anforderungen entsprechen, deren Einhaltung Voraussetzung für die Erteilung dieser Erlaubnis ist. (vgl. RÜ 2009, 446)

26 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Eine derartige Regelung hält Wirtschaftsteilnehmer anderer Mitgliedstaaten davon ab, im Aufnahmemitgliedstaat ihren Tätigkeiten mittels einer Betriebsstätte nachzugehen, oder hindert sie sogar daran. (Rn. 23) Die Regel des Ausschlusses von Nichtapothekern stellt eine derartige Beschränkung dar, weil sie den Betrieb von Apotheken Apothekern vorbehält und die übrigen Wirtschaftsteilnehmer von der Aufnahme dieser selbständigen Tätigkeit im betreffenden Mitgliedstaat ausschließt. (Rn. 24)

27 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Rechtfertigung: Es existieren die (hier irrelevante) Bereichsausnahme gem. Art. 51 AEUV, geschriebene Schranken gem. Art. 52 AEUV sowie die (ungeschriebene) Zulässigkeit des Eingriffes wegen zwingender Allgemeininteressen (vgl. „Gebhard“; Insofern überträgt der Europäische Gerichtshof die Grundsätze der Cassis-Rechtsprechung auf die Niederlassungsfreiheit). Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, die ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar sind, können durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet sind, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. (Rn. 25)

28 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit findet nicht statt und die entsprechenden Vorschriften des ApoG finden somit Anwendung. Sie dienen dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung (Sicherstellung einer sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung). Es schließt sich deshalb eine Verhältnismäßigkeitsprüfung an. Anmerkung (vgl. Vorlesung 1): Bei der Prüfung, ob das genannte Gebot beachtet worden ist, ist zu berücksichtigen, dass unter den vom Vertrag geschützten Gütern und Interessen die Gesundheit und das Leben von Menschen den höchsten Rang einnehmen und dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, zu bestimmen, auf welchem Niveau sie den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten wollen und wie dieses Niveau erreicht werden soll (Stichwort: hohes Schutzniveau). Da sich dieses Niveau von einem Mitgliedstaat zum anderen unterscheiden kann, ist den Mitgliedstaaten ein Wertungsspielraum zuzuerkennen. (Rn. 19)

29 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Arzneimittel sind „besondere“ Waren die sich wegen ihrer ihnen immanenten Gefährlichkeit aufgrund von falscher Einnahme und gesundheitlicher Bedeutung und Risiken generell von „übrigen“ Waren unterscheiden. In Anbetracht dieser Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und das finanzielle Gleichgewicht der Sozialversicherungssysteme können die Mitgliedstaaten die mit dem Einzelhandelsvertrieb der Arzneimittel betrauten Personen, u. a. was die Modalitäten ihrer Vermarktung und das Gewinnstreben anbelangt, strengen Anforderungen unterwerfen. Insbesondere können sie den Verkauf von Arzneimitteln im Einzelhandel grundsätzlich Apothekern vorbehalten wegen der Garantien, die diese bieten müssen, und der Informationen, die sie den Verbrauchern geben können müssen. (Rn. 34)

30 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Da die Mitgliedstaaten befugt sind, über das Niveau des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu entscheiden, ist anzuerkennen, dass sie verlangen können, dass die Arzneimittel von Apothekern vertrieben werden, die über tatsächliche berufliche Unabhängigkeit verfügen. (Rn. 35) Nichtapotheker unterscheiden sich von Apothekern dadurch, dass sie definitionsgemäß keine derjenigen der Apotheker entsprechende Ausbildung, Erfahrung und Verantwortung haben. Demnach ist festzustellen, dass sie nicht die gleichen Garantien wie Apotheker bieten. (Rn. 38)

31 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Folglich kann ein Mitgliedstaat im Rahmen seines Wertungsspielraumes der Ansicht sein, dass der Betrieb einer Apotheke durch einen Nichtapotheker eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung darstellt. Diese Gefahr kann insbesondere angenommen werden, wenn Apotheken von Unternehmen Produkte vertreiben, die sie selbst herstellen oder vertreiben; eine Unabhängigkeit ist dann nicht mehr gewährleistet. (Rn. 39) Eine nationale Regelung ist nur dann geeignet, die Erreichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. (Rn. 42) Eine Inkohärenz der Regelung ist aus o.g. Gründen nicht festzustellen, weswegen eine Eignung vorliegt.

32 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Die Maßnahme müsste ferner erforderlich sein. Die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darf nicht über dasjenige hinausgehen, was zur Erreichung des genannten Ziels erforderlich ist, also ob es keine die von Art. 49 AEUV garantierte Freiheit weniger beschränkenden Maßnahmen gibt, die es erlauben würden, dieses Ziel ebenso wirksam zu erreichen. (Rn. 52) Hierzu haben die Kommission und DocMorris beim Gerichtshof geltend gemacht, dass sich der genannte Zweck durch weniger beschränkende Maßnahmen wie die Verpflichtung zur Anwesenheit eines Apothekers in der Apotheke, zum Abschluss einer Versicherung oder ein System angemessener Kontrollen und wirksamer Maßregeln erreichen lasse. (Rn. 53)

33 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Mitgliedstaaten können aber im Rahmen ihres Wertungsspielraumes der Ansicht sein, dass eine Gefahr besteht, dass in der Praxis gegen die Rechtsvorschriften zur Sicherstellung der beruflichen Unabhängigkeit der Apotheker verstoßen wird, weil das Interesse eines Nichtapothekers an der Erzielung von Gewinnen nicht entsprechend dem der selbständigen Apotheker gemäßigt würde und die Unterstellung von Apothekern als Angestellte unter einen Betreiber es für sie schwierig machen könnte, sich den von diesem Betreiber erteilten Anweisungen zu widersetzen. (Rn. 54) Eine Haftpflichtversicherung ist keine gleich effektive aber weniger beschränkende Maßnahme, weil sie im Nachhinein greift. (Rn. 56)

34 DocMorris II (verbundene Rs. C‑171/07 und C‑172/07) Lösung
Folglich erweist sich die in den Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung als geeignet, die Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und geht nicht über dasjenige hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Die aus dieser Regelung folgenden Beschränkungen lassen sich daher durch dieses Ziel rechtfertigen. (Rn. 58) Das im ApoG vorgesehene Fremdbesitzverbot ist mit Art. 49, 54 AEUV vereinbar.

35 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Professor Dr. iur. Christian Koenig, LL.M. (LSE) Geschäftsführender Direktor Zentrum für Europäische Integrationsforschung Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Walter-Flex-Str Bonn Telefon: Fax:


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