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Entwicklung von Perspektiven für traumatisierte Kinder unter den Anforderungen des Bundeskinderschutzgesetzes Jörg Maywald, Stiftung Evangelische Jugendhilfe.

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Präsentation zum Thema: "Entwicklung von Perspektiven für traumatisierte Kinder unter den Anforderungen des Bundeskinderschutzgesetzes Jörg Maywald, Stiftung Evangelische Jugendhilfe."—  Präsentation transkript:

1 Entwicklung von Perspektiven für traumatisierte Kinder unter den Anforderungen des Bundeskinderschutzgesetzes Jörg Maywald, Stiftung Evangelische Jugendhilfe St. Johannis, Bernburg, 6.11.2012

2 Übersicht _______________________________________ Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) Kindeswohl und Kindesrechte Der Kinderrechtsansatz in der Arbeit mit Kindern und für Kinder Trauma und posttraumatische Belastungsstörung Perspektiventwicklung traumatisierter Kinder

3 Übersicht _______________________________________ ► Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) Kindeswohl und Kindesrechte Der Kinderrechtsansatz in der Arbeit mit Kindern und für Kinder Trauma und posttraumatische Belastungsstörung Perspektiventwicklung traumatisierter Kinder

4 Kinderschutz in Deutschland: rechtspolitische Entwicklungen ________________________________________ 1989: Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention (Artikel 19: Schutz vor Gewaltanwendung, Misshandlung, Verwahrlosung) 1998: Große Kindschaftsrechtsreform (§ 1631 Abs. 2: „Entwürdigende Erziehungsmaßnahmen (…) sind unzulässig.“) 2000: Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung (§ 1631 Abs. 2: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung (…)“) 2002: Gewaltschutzgesetz (zivilrechtliches Kontakt-, Näherungs- und Belästigungsverbot u. a.) 2005: Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (§ 8a: Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung u. a.) 2008: Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen (§ 1666 Abs. 3: Gebote und Verbote bei Gefährdung des Kindeswohls u. a.) 2009: Neue Regeln für Verfahren vor Gericht (FamFG) (Beschleunigungsgebot, Erörterungsgespräch, Verfahrensbeistand u. a.) 2012: Bundeskinderschutzgesetz

5 Bundeskinderschutzgesetz: Überblick _________________________________________ Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz – BKiSchG vom 22.12.2011) Artikel 1 – Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz Artikel 2 – Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch Artikel 3 – Änderung anderer Gesetze Artikel 4 – Evaluation

6 BKiSchG: Inhalte (1) _________________________________________ Angebot Früher Hilfen „Vorhaltung eines möglichst frühzeitigen, koordinierten und multi-professionellen Angebots im Hinblick auf die Entwicklung von Kindern vor allem in den ersten Lebensjahren für Mütter und Väter sowie schwangere Frauen und werdende Väter“ (§ 1 Abs. 4 KKG ) Verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz Ziel, „sich gegenseitig über das jeweilige Angebots- und Aufgabenspektrum zu informieren, strukturelle Fragen der Angebotsgestaltung und -entwicklung zu klären sowie Verfahren im Kinderschutz aufeinander abzustimmen“ (§ 3 Abs. 1 KKG ) Einsatz von Familienhebammen Einsatz während der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr des Kindes in besonders belasteten Familien; Angebot medizinischer und psychosozialer Unterstützung, bei Bedarf Hinwirken auf die Annahme weitergehender Hilfen; Lotsen im Netzwerk Früher Hilfen (§ 3 Abs. 4 KKG)

7 BKiSchG: Inhalte (2) _________________________________________ ) Zusammenarbeit bei Kindeswohlgefährdung Berufsgeheimnisträger sollen „die Situation erörtern und, soweit erforderlich, bei den Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird“ (§ 4 Abs. 1 KKG ); zur Einschätzung der Gefährdung haben diese Personen gegenüber dem Jugendamt Anspruch auf Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft (§ 4 Abs. 2 KKG); gelingt es nicht, die Gefahr abzuwenden, so sind sie befugt, „dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen“, das daraufhin von sich aus tätig werden muss (§ 4 Abs. 3 KKG) Wahrnehmung des Schutzauftrags Bei Vorliegen gewichtiger Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung: Hausbesuch des Jugendamts als Regelfall (§ 8a Abs. 1 SGB VIII) Schutz von Kindern in Einrichtungen Betriebserlaubnis wird nur erteilt, wenn „zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung finden“ (§ 45 Abs. 3 SGB VIII); hauptamtliche (nach Trägerentscheid auch ehrenamtliche) Mitarbeiter(innen) in der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe müssen in regelmäßigen Abständen ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen (§ 72a SGB VIII)

8 BKiSchG: Inhalte (3) _________________________________________ ) Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe Verpflichtung zu kontinuierlicher Qualitätsentwicklung, auch in Bezug auf Gefährdungseinschätzung; Entwicklung von Qualitätsmerkmalen u. a. „für die Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und ihren Schutz vor Gewalt“ (§ 79a SGB VIII) Stärkung der Kinderrechte Kinder und Jugendliche, die sich in einer Not- und Konfliktlage befinden, haben „Anspruch auf Beratung ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten“, allerdings nur solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungszweck vereitelt würde (§ 8 Abs. 3 SGB VIII ) Weitere Neuregelungen Kontinuitätssicherung bei Zuständigkeitswechsel in der Pflegekinderhilfe; erweiterte Verpflichtung zur Statistik im Kinderschutz; Änderungen im SGB IX und im Schwangerschaftskonfliktgesetz; Verpflichtung zur Evaluation des BKiSchG bis zum 31.12.2015

9 BKiSchG: Änderungen im SGB VIII _________________________________________ § 8Beratung von Kindern und Jugendlichen in Notsituationen (Abs. 3 geändert) § 8a- Verfahren Jugendamt / Inaugenscheinnahme (Abs. 1 geändert) - Vereinbarung mit freien Trägern (Abs. 4 neu gefasst) - Datenübermittlung im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit (Abs. 5 neu) § 8bFachliche Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (neu) § 16Beratung und Hilfe in Fragen der Partnerschaft, Erziehungs- und Beziehungskompetenz auch für werdende Eltern (geändert) § 45Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung (geändert) § 47Meldepflichten (geändert) § 72aTätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen (geändert) § 79aQualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe (neu)

10 BKiSchG: Mindeststandards Abklärung einer Kindeswohlgefährdung _________________________________________ Prüfauftrag zur Abklärung von Kindeswohlgefährdung Kooperationsauftrag im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte und mit anderen Leistungsträgern Beratungsauftrag gegenüber den Personensorgeberechtigten, Kindern und Jugendlichen sowie anderen Fachkräften Handlungs- bzw. Interventionsauftrag zum Schutz der Kinder und zur Hilfegewährung

11 BKiSchG: Betriebserlaubnis _________________________________________ Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung (§ 45 SGB VIIII) (2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn 1. die dem Zweck und der Konzeption der Einrichtung entsprechenden räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt sind, 2. die gesellschaftliche und sprachliche Integration in der Einrichtung unterstützt wird sowie die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung der Kinder und Jugendlichen nicht erschwert werden sowie 3. zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung finden.

12 BKiSchG: Qualitätsentwicklung _________________________________________ Qualitätsentwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe (§ 79a SGB VIII) Um die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach § 2 zu erfüllen, haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität sowie geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung für 1. die Gewährung und Erbringung von Leistungen, 2. die Erfüllung anderer Aufgaben, 3. den Prozess der Gefährdungseinschätzung nach § 8a, 4. die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen weiterzuentwickeln, anzuwenden und regelmäßig zu überprüfen. Dazu zählen auch Qualitätsmerkmale für die Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und ihren Schutz vor Gewalt.

13 Übersicht _______________________________________ Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) ► Kindeswohl und Kindesrechte Der Kinderrechtsansatz in der Arbeit mit Kindern und für Kinder Trauma und posttraumatische Belastungsstörung Perspektiventwicklung traumatisierter Kinder

14 Das Gebäude der Kinderrechte ________________________________________ Artikel 1 Geltung für Kinder; Begriffsbestimmung Artikel 4 Verwirklichung der Kinderrechte Artikel 42 Verpflichtung zur Bekanntmachung Artikel 44 Berichtspflicht an UN-Ausschuss Schutzrechte Artikel 2, 8, 9, 16, 17, 19, 22, 30, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38 Förderrechte Artikel 6, 10, 15, 17, 18, 23, 24, 27, 28, 30, 31, 39 Beteiligungsrechte Artikel 12, 13, 17 Artikel 3 Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, (…), ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989

15 Vorrang des Kindeswohls ________________________________________ Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. UN-Kinderrechtskonvention Artikel 3, Absatz 1

16 Kindeswohl: Kriterien für eine Definition ________________________________________ Bezug zu kindlichen Bedürfnissen Verwirklichung der Rechte des Kindes Abwägung im Einzelfall Orientierung am Prozess

17 Kindeswohl: Arbeitsdefinition ________________________________________ Wohl des Kindes (best interests of the child) Ein am Wohl des Kindes ausgerichtetes Handeln ist dasjenige, welches die an den Grundbedürfnissen und Grundrechten von Kindern orientierte jeweils günstigste Handlungsalternative wählt.

18 Grundbedürfnisse von Kindern _________________________________________ Das Bedürfnis nach beständigen liebevollen Beziehungen Das Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit, Sicherheit und Regulation Das Bedürfnis nach Erfahrungen, die auf individuelle Unterschiede zugeschnitten sind Das Bedürfnis nach entwicklungsgerechten Erfahrungen Das Bedürfnis nach Grenzen und Strukturen Das Bedürfnis nach stabilen, unterstützenden Gemeinschaften und kultureller Kontinuität Das Bedürfnis nach einer sicheren Zukunft für die Menschheit T. Berry Brazelton und Stanley I. Greenspan 2002

19 Kindeswohl: Abwägungsgebot ________________________________________ Es muss erwogen werden, welche positiven und negativen Implikationen eine anstehende Entscheidung für ein Kind hat. (1. Verfahrensschritt) Die auf das Kindeswohl bezogenen Erwägungen müssen in hohem Maße berücksichtigt werden. (2. Verfahrensschritt)

20 Kindesrecht und Elternrecht ________________________________________ Elternrecht heißt vor allem Elternverantwortung. Diese Verantwortung beinhaltet das Recht und die Pflicht der Eltern, „das Kind bei der Ausübung seiner anerkannten Rechte in einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise angemessen zu leiten und zu führen“. Artikel 5 UN-Kinderrechtskonvention

21 Gefährdung: Definition ________________________________________ Gefährdung ist zu verstehen als „eine gegenwärtig in einem solchen Maße vorhandene Gefahr, dass sich bei einer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt“. BGH FamRZ 1956, S. 350 = NJW 1956, S. 1434

22 Rechte von Kindern, die von ihrer Familie getrennt leben _______________________________________ Von der Familie getrennt lebende Kinder haben Anspruch auf besonderen Schutz und Beistand Verpflichtung des Staates, andere Formen der Betreuung (Pflegefamilie, Kafala, Adoption, Heim) sicherzustellen Sicherung der Kontinuität in der Erziehung; Berücksichtigung der ethnischen, religiösen, kulturellen und sprachlichen Herkunft des Kindes UN-Kinderrechtskonvention Artikel 20

23 Übersicht _______________________________________ Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) Kindeswohl und Kindesrechte ► Der Kinderrechtsansatz in der Arbeit mit Kindern und für Kinder Trauma und posttraumatische Belastungsstörung Perspektiventwicklung traumatisierter Kinder

24 Prinzipien des Kinderrechtsansatzes _________________________________________ Das Prinzip der Unteilbarkeit der Rechte (ganzheitlicher Ansatz; alle Rechte sind gleich wichtig) Das Prinzip der Universalität der Rechte (alle Kinder haben gleiche Rechte) Die vier allgemeinen Prinzipien der Kinderrechtskonvention - Das Recht auf Nicht-Diskriminierung (Artikel 2) - Der Vorrang des Kindeswohls (Artikel 3) - Das Recht auf Leben und bestmögliche Entwicklung (Artikel 6) - Berücksichtigung des Kindeswillens (Artikel 12) Das Prinzip der Kinder als Träger eigener Rechte Das Prinzip der Verantwortungsträger (Familie, Gesellschaft und Politik tragen Verantwortung für die Verwirklichung der Kinderrechte) Quelle: International Save the Children Alliance: Child Rights Programming, London 2002

25 Von den Bedürfnissen zu den Rechten (1) _________________________________________ Bedürfnis-Ansatz Private Wohltätigkeit Freiwilligkeit Wohlfahrt, Almosen, Wohltätigkeit an Symptomen orientiert Hierarchie der Bedürfnisse Bedürfnisse sind je nach Situation verschieden Bereitstellung von Diensten Festlegung von Bedürfnissen ist subjektiv Kurzzeitperspektive (Stopfen von Löchern) Rechte-Ansatz Öffentliche Verpflichtung Verbindlichkeit gesetzlicher Anspruch: Gleichheit, Gerechtigkeit an Ursachen orientiert Unteilbarkeit der Rechte Rechte sind universell Einforderung von Rechten Rechte basieren auf internationalen Standards Langzeitperspektive

26 Von den Bedürfnissen zu den Rechten (2) _________________________________________ Bedürfnis-Ansatz Kinder erhalten Hilfe Spezifische Projekte mit spezifischen Zielgruppen Kinder können sich beteiligen, um Angebote zu verbessern aufgrund knapper Mittel blei- ben manche Kinder außen vor jeder Arbeitsbereich hat sein eigenes Ziel bestimmte Gruppen verfügen über technische Fertigkeiten, mit Kindern umzugehen Rechte-Ansatz Kinder haben Anspruch auf Hilfe ganzheitlicher Ansatz Kinder haben ein Recht auf aktive Beteiligung alle Kinder haben das Recht, ihre Potentiale auszuschöpfen es existiert ein übergreifendes Ziel alle Erwachsenen (und Kinder) tragen dazu bei, die Rechte von Kindern umzusetzen

27 Kinderrechte als Leitbild ________________________________________ Ein Leitbild ist die „Kurzversion“ und Quintessenz der Institutionenphilosophie. Es beinhaltet den maßgeblichen Wertepool oder das Grundgesetz einer Institution. Damit übernimmt es eine Art Kompass-, Leuchtturm- oder Navigationsfunktion, die anzeigt, was als essentiell zu beachten ist. Zu den Hauptfunktionen eines Leitbildes gehören vor allem Orientierung, Motivation, Legitimation und Innovation.

28 Übersicht _______________________________________ Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) Kindeswohl und Kindesrechte Der Kinderrechtsansatz in der Arbeit mit Kindern und für Kinder ► Trauma und posttraumatische Belastungsstörung Perspektiventwicklung traumatisierter Kinder

29 Trauma ________________________________________ Trauma (griechisch) = Verletzung, Schädigung Überflutung mit (körperlichen und/oder seelischen) Stressoren; führt zu einer affektiven Alarmreaktion und zum Zusammenbruch des körperlichen und/oder seelischen Gleichgewichts Körperlich: Unfall, Misshandlung (z. B. Shaking Syndrome), Naturkatastrophe, Krieg Seelisch: Misshandlung (z. B. Erpressung, Erniedrigung), Geiselnahme, häusliche Gewalt Typ 1-Trauma: einmalig, akut (► vollständige Erinnerung bei möglicher Wahrnehmungsverzerrung) Typ 2-Trauma: chronisch, wiederholend (► Verleugnung, Betäubung, Verdrängung)

30 Trauma: Einflussfaktoren ________________________________________ Zusammenspiel von Risiko- und Schutzfaktoren: Stand der (körperlichen, seelischen, geistigen, sozialen, moralischen) Entwicklung Vorhandensein protektiver Faktoren (z. B. positives Selbstbild, Reflexionsfähigkeit) Vorhergehende traumatische Erfahrungen Konstellation der traumatischen Situation (z. B. Übergriff durch Bindungsperson) Postexpositionale Einflüsse (z. B. Vorhandensein verständnisvoller, tröstender Person)

31 Trauma: Folgen ________________________________________ Kennzeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung (Post Traumatic Stress Disorder, PTSD): Verringerte Reizschwelle (Schreckhaftigkeit, Hypervigilanz) Paranoid gefärbte Stimmung Beeinträchtigung der Affektwahrnehmung und -differenzierung Impulssteuerungsprobleme (z. B. Jähzorn) Regression (Schuld bei sich selbst suchen) Selbstentfremdung, Dissoziation (Spaltung in Akteur und distanzierten Beobachter) Erinnerungsverlust, Verleugnung

32 Übersicht _______________________________________ Das Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) Kindeswohl und Kindesrechte Der Kinderrechtsansatz in der Arbeit mit Kindern und für Kinder Trauma und posttraumatische Belastungsstörung ► Perspektiventwicklung traumatisierter Kinder

33 Hilfeplanung: Hierarchie der Regelungsaufgaben (1) ________________________________________ Vorrang von Hilfen innerhalb der Familie (bei schwer traumatisierten Kindern in der Regel nicht möglich) Sicherung der Dauerhaftigkeit der Lebensumstände (Permanency Planning = Kontinuitätsplanung) Vorrang familialer Sozialisation vor institutioneller Begrenzung von Fremdunterbringungen zur Perspektivklärung auf von vornherein bestimmte Zeiträume Vorrang der Rückkehroption, aber nur innerhalb eines aus kindlicher Perspektive tolerierbaren Zeitrahmens (§ 37 KJHG/SGB VIII)

34 Hilfeplanung: Hierarchie der Regelungsaufgaben (2) ________________________________________ Vorrang der Adoption vor dem Pflegekindschaftsverhältnis bzw. der Unterbringung in einer Erziehungsstelle (unter Beachtung gewachsener Bindungen) Gestaltung der Umgangsregelung (Besuche) entsprechend dem Alter des Kindes und der Perspektivplanung (häufige und in der Frequenz zunehmende Besuche bei geplanter Rückkehr bzw. bis auf ein angemessenes Maß abnehmende Frequenz bei auf Dauer angelegter Unterbringung) Transparenz und Ehrlichkeit im Rahmen der Hilfeplanung allen Beteiligten gegenüber (keine doppelten Botschaften) Umfassende Beteiligung der Kinder bzw. Jugendlichen Hilfeplanung als geplante zeit- und zielgerichtete Intervention

35 Berücksichtigung des Kindeswillens ________________________________________ (1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife. (2) Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berührenden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren entweder unmittelbar oder durch einen Vertreter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften gehört zu werden. UN-Kinderrechtskonvention Artikel 12, Absatz 1 und 2

36 Folgen der Nicht-Beteiligung ________________________________________ Die Nicht-Beteiligung von Kindern an Entscheidungen… verstärkt Gefühle der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertsein fördert Verantwortungslosigkeit und Passivität begünstigt „Opferkarrieren“

37 Gegenargumente… ________________________________________ Kinder sind zu jung und es fehlt ihnen an Kompetenz, Erfahrung, Reife und Urteilsfähigkeit. Aber: Indem Kindern das Recht eingeräumt wird mitzubestimmen, erwerben sie die dafür notwendigen Kompetenzen (Konzept der „Evolving Capacities of the Child“). Kinder sind durch (zu viel) Beteiligung überfordert und müssen beschützt werden. Aber: Indem Kinder sich beteiligen, entwickeln sie Verantwortungsbewusstsein und erleben Selbstwirksamkeit. Partizipation hat insofern eine sozialisatorische Bedeutung.

38 Missverständnisse… ________________________________________ Partizipation darf nicht dazu missbraucht werden, die Verantwortung der Erwachsenen für das Kindeswohl auf die Kinder zu übertragen. Machtunterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen sind nicht nur unvermeidbar, sondern auch erforderlich. Allerdings müssen die Erwachsenen ihre Machtmittel und ihren Wissens- und Erfahrungsvorsprung konsequent im Interesse der Kinder einsetzen.

39 Standards für Beteilung (1) ______________________________________ Für Kinder und Jugendliche, die außerhalb der eigenen Familie leben: Der Weg zu deinem neuen Lebensort Standard 1: Dir und deiner Familie wird von Anfang an geholfen Standard 2: Du kannst mitreden Standard 3: Du hast Anrecht auf die bestmögliche Betreuung Standard 4: Du darfst mit deinen Geschwistern zusammenleben Standard 5: Der Umzug in dein neues Zuhause wird gut vorbereitet Standard 6: Du weißt, warum dein neuer Lebensort für dich der beste ist Das Leben in deinem neuen Zuhause Standard 7: Dein neues Zuhause gibt dir Geborgenheit und Sicherheit Standard 8: Du bleibst mit deiner Familie in Kontakt Standard 9: Die Personen, die dich betreuen, verstehen ihre Arbeit Quelle: www.quality4children.ch

40 Standards für Beteilung (2) ______________________________________ Für Kinder und Jugendliche, die außerhalb der eigenen Familie leben: Das Leben in deinem neuen Zuhause Standard 10: Du genießt Vertrauen, Verständnis und Respekt Standard 11: Du kannst bei allen wichtigen Entscheidungen mitreden Standard 12: Dein neues Zuhause bietet dir das Notwendige für ein gutes Leben Standard 13: Man nimmt auf deine speziellen Bedürfnisse Rücksicht Standard 14: Du wirst selbständig und darin unterstützt Der Weggang von deiner Pflegefamilie oder deinem Heim Standard 15: Dein Austritt wird mit dir sorgfältig vorbereitet Standard 16: Du bist über jeden Schritt informiert und redest mit Standard 17: Du beteiligst dich an der Gestaltung deiner Zukunft Standard 18: Pflegeeltern und Betreuungspersonen sind auch später noch für dich da Quelle: www.quality4children.ch

41 Formen der Partizipation ______________________________________ Information des Kindes über seine Mitwirkungsrechte (schriftlich und mündlich) Empathisches Verstehen (vor allem bei jungen Kindern) („Was würde das Kind sagen, wenn es sich sprachlich ausdrücken könnte“) Gespräche mit dem Kind über Alternativen (Einbezug auch unrealistischer Möglichkeiten) Einsatz von Fragebögen und spielerischen Methoden (evtl. unter Verwendung von Bildern und szenischen Mitteln) Besuche mit dem Kind vorab in Familien bzw. Institutionen Information des Kindes durch andere Kinder Einbezug formaler Beteiligungsstrukturen (z. B. Beschwerdestelle, Kinderbeirat)

42 Beteiligung als Schlüssel für Verstehen _____________________________________ Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde mich daran erinnern. Beteilige mich, und ich werde es verstehen. Lao Tse (6. Jh. v. Chr.)

43 Loyalität ________________________________________ Loyalität = verpflichtendes Band, verinnerlichtes Treuegebot zwischen Menschen bzw. Menschengruppen Loyalitäten führen zu erwartbaren Handlungen Illoyales Verhalten ist mit Sanktionen bzw. Schuldgefühlen verbunden Kinder sind aufgrund vorhandener Bindungen üblicherweise gern bereit, sich loyal zu verhalten Familienregeln gleichen (oft Generationen übergreifend) ungeschriebenen Gesetzen

44 Loyalitätskonflikt ________________________________________ Widersprüchliche Qualitäten und mangelnde Toleranz bzw. Flexibilität in gleichzeitig bestehenden Loyalitätsbeziehungen führen zu Loyalitätskonflikten Kinder sind in Loyalitätskonflikten gefangen (Lösung nur auf der Elternebene möglich) Ein erstes mögliches Verhalten besteht darin, es allen „Recht machen“ zu wollen Ein zweites mögliches Verhalten besteht darin, sich auf eine Seite zu schlagen Sonderfall „Double Bind“ (Loyalitätskonflikt in Bezug auf ein und dieselbe Person)

45 Pädagogische Initiativen ________________________________________ Kinder über ihre Rechte informieren (Familie, Kita, Schule, Freizeiteinrichtungen, Kinder- und Jugendhilfe) Eltern und Fachkräfte bilden und unterstützen (Familienbildung, Aus- und Fortbildung) Kinderrechte in die Einrichtungen für Kinder tragen (Leitbild, Konzept, Hilfeplanung, Projekttage Kinderrechte) Beschwerdemanagement (Wege aufzeigen, damit Kinder und Jugendliche zu ihrem Recht kommen) Alle Programme für Kinder und mit Kindern an den Kinderrechten orientieren (Child Rights based Approach)

46 Rechtliche und politische Reformschritte ________________________________________ Monitoring der Kinderrechte: Einrichtung einer unabhängigen Monitoringstelle Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung Kinder als Anspruchsberechtigte von Hilfen zur Erziehung Inklusion: Zusammenlegung von Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe Individualbeschwerderecht auf internationaler Ebene (Zusatzprotokoll zur UN-KRK)

47 Eigenwert des Kindes _________________________________________ An unserer Neigung, Unreife als bloßen Mangel aufzufassen, und Wachstum als etwas, was die Lücke zwischen Unreife und Reife ausfüllt, ist die Tatsache schuld, dass wir den Zustand der Kindheit vergleichend, nicht an sich betrachten. Wir behandeln ihn einfach als mangelhaft, weil wir ihn an der Erwachsenheit als dem festen Maß messen. Das lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die Dinge und Eigenschaften, die das Kind nicht hat und nicht haben wird, bis es erwachsen sein wird. Wenn wir den Versuch aufgeben, den Begriff der Unreife durch Vergleich mit den Leistungen Erwachsener zu definieren, müssen wir anerkennen, dass Unreife nicht in einem Fehlen wünschenswerter Züge besteht. (...) Wenn Leben identisch ist mit Wachstum, so lebt ein Geschöpf in einem Stadium seines Lebens genauso wirklich wie in einem anderen, mit der gleichen inneren Fülle und den gleichen Ansprüchen auf Absolutheit. John Dewey, Demokratie und Erziehung


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