Wege der Langzeitsicherung Digitaler Kultur- und Informationsobjekte Einleitungsvortrag zur Podiumsdiskussion “Analog vs. digital – Strategien und Ziele.

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1 Ist Katalogisierung zukunftsfähig? Ein Beitrag zur Begriffsverschiebung Prof. Dr. Stefan Gradmann Humboldt-Universität zu Berlin / School of Library.
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 Präsentation transkript:

Wege der Langzeitsicherung Digitaler Kultur- und Informationsobjekte Einleitungsvortrag zur Podiumsdiskussion “Analog vs. digital – Strategien und Ziele der Originalüberlieferung im digitalen Zeitalter” am Prof. Dr. Stefan Gradmann Humboldt-Universität zu Berlin / Berlin School of Library and Information Science (B-SLIS)

2 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Das volle Programm … 1 Einführung 2 Rechtliche Aspekte 3 State of the Art 4 Rahmenbedingungen für die Langzeitarchivierung digitaler Objekte 5 Geschäftsmodelle 6 Organisation 7 Das Referenzmodell OAIS - Open Archival Information System 8 Vertrauenswürdigkeit von digitalen Langzeitarchiven 9 Formate 10 Standards und Standardisierungsbemühungen 11 Hardware 12 Digitale Erhaltungsstrategien 13 Access 14 Technischer Workflow 15 Anwendungsfelder in der Praxis 16 Aus- und Weiterbildungsangebote zur Langzeitarchivierung KEIN wirklich sinnvolles Programm für diesen Einführungsvortrag (und doch nur das Inhaltsverzeichnis einer „kleinen Enzyklopädie der digitalen Langzeitarchivierung“!)

3 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt … und ein realistisches Programm Sprache: diffuse Begrifflichkeit... Was ist „Langzeit“, was ist „Sicherung“? Was sichern wir überhaupt? Was wissen wir (zumindest ein Stück weit)? Worüber wissen wir wenig bis nichts: „Herausforderungen“? Zugänglichkeit Rechtssicherheit Finanzierbarkeit Handlungsradius: Institutionell vs. National vs. Global Thesen zur Diskussion

4 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Diffuse Begrifflichkeit I: Wie lange ist „Langzeit-“? "five years or more" (Verheuil 2006: 20) "Data should normally be preserved and accessible for not less than 10 years for any projects, and for projects of clinical or major social, environmental or heritage importance, the data should be retained for up to 20 years, and preferably permanently within a national collection, or as required by the funder's data policy." (Research Councils UK 2008:6) "a period of time long enough for there to be concern about the impacts of changing technologies (...) on the information being held in a repository. This period extends into the indefinite future." (CCSDS 2002: 1-11) „'Langzeit' ist die Umschreibung eines nicht näher fixierten Zeitraumes, währenddessen wesentliche, nicht vorhersehbare technologische und soziokulturelle Veränderungen eintreten; Veränderungen, die sowohl die Gestalt als auch die Nutzungssituation digitaler Ressourcen in rasanten Entwicklungszyklen vollständig umwälzen können.“ (Nestor 2008) → Im Zweifelsfall: für immer???

5 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Diffuse Begrifflichkeit II: Was ist „-sicherung“? Einen Bitstream konservieren? Daten benutzbar halten? Und was heisst benutzbar?? Antwort fällt für eine digitale kritische Edition sicher völlig anders aus als für digitalisierte Inkunabel! Und wenn letzteres: welcher Kontext muss mit erhalten werden, und wie vollständig? Daten + Maschinen (→ Technikmuseum, Emulation) Daten + Applikationen? Daten + semantischer Kontext? Inhaltsdaten + Layout? Ist „-sicherung“ überhaupt generisch fassbar? → Wieviele unterschiedliche Sicherungsstrategien können wir uns leisten?

6 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Diffuse Begrifflichkeit III: Was sichern wir eigentlich? Bitstream? Daten, Datensätze? Datei? Digitales Dokument? Digitale Repräsentation eines analogen Dokuments? Und wenn dies: wieviel analoger Kontext muss repräsentiert sein? Inhalte? Information? Informationsnetze? Wissen? Und wenn letzteres: wieviel Kontext macht aus Informationen Wissen? → Im Zweifelsfall: alles???

7 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Wovon wir (mehr oder minder viel) wissen: Existierende Ansätze

8 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt (Halbwegs) gesichertes Wissen Emulation vs. Migration Open Archival Information System (OAIS) Mehr im „Blue Book“ und unter

9 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Projekte Kompetenznetzwerk Langzeitarchivierung NESTOR Europäisches Cluster WePreserve DigitalPreservationEurope (DPE) Preservation and Long-term Access through NETworked Services (PLANETS) Cultural, Artistic and Scientific knowledge for Preservation, Access and Retrieval (CASPAR) (C)LOCKSS: Lots of Copies Keep Stuff Safe

10 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Wovon wir wenig oder nichts wissen:„Herausforderungen“ Don't Know Areas (Steve Knight) Ein Beitrag zur antragsrhetorischen Abrüstung

11 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt DR-Kultur am Dienstag, 12. Mai :30 Uhr: „Dänischer Internet- Kulturkanon vor dem Aus - Ist die Digitalisierung und die Verbreitung von Kultur per Internet die große Lösung? In Dänemark jedenfalls steht der sogenannte nationale Kulturkanon vor dem Aus. Das Kulturministerium teilte mit, die an die Urheber zu zahlenden Lizenzen seien zu hoch. Insbesondere die zur Veröffentlichung vorgesehenen Bilder und Filmausschnitte seien teuer. “ Staatsminister Neumann am 12. Mai 2009 in Brüssel zu Google's „Quasi- Monopol“: "... ist die Verfahrensweise von Google auch aus kultur- und medienpolitischer Sicht problematisch: Bücher sind als Kulturgüter Teil der kulturellen Identität von Nationen und damit genuin öffentliche Güter. Deshalb ist es wichtig, dass die digitale Verfügungsgewalt über solche Bestände auf nationaler und europäischer Ebene auch in öffentlicher Verantwortung bleibt. Vorhaben wie die Europäische Digitale Bibliothek – die so genannte Europeana – und die jeweiligen nationalen Digitalen Bibliotheken, wie z.B. die Deutsche Digitale Bibliothek sind in diesem Zusammenhang unverzichtbare Instrumente, die wir mit vereinten Kräften vorantreiben müssen. Denn sie entscheiden unabhängig von kommerziellen Gesichtspunkten, welche Digitalisate aus ihren Beständen der Öffentlichkeit zu welchen Konditionen zugänglich gemacht werden." Zugänglichkeit

12 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Rechtssicherheit Heidelberger Erklärung hat das Thema erfreulich prominent gemacht – und ansonsten den Grad der allgemeinen Verwirrung trefflich illustriert! Langfristig funktionierende Lösungen sind hier nur global denkbar (und damit eine GROSSE Herausforderung!) Beispiele: Unterschiedliche Schutzfristen nach Tod der Urheber In Rechtsnormen gegossene unterschiedliche Eigentums- und Verbreitungsprinzipien Einem global agierenden Akteur wie Google gelingt es fast mühelos, nationale Rechtsschranken zu durchbrechen

13 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Finanzierbarkeit "Like almost all engineering problems, bit preservation is fundamentally a question of budgets.“ (David S. H. Rosenthal) „A quick review of the literature reveals no consensus on metrics or factors for calculating all the costs involved in digitizing a book.“ → ?

14 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Handlungsradius Digitale Langzeitsicherung ist nur in Ausnahmefällen institutionenbezogen sinnvoll denkbar → 'Bestand' und 'Sammlung' sind keine hilfreichen Kategorien. Föderale Finanzierungszuständigkeiten helfen auch nicht weiter, sondern führen zu einer Schwächung der deutschen Position in Europa und global Auch nationale Strategien sind nur in einem weiter gespannten Rahmen nachhaltig konzipierbar.

15 Prof. Dr. Stefan Gradmann: Langzeitsicherung... Erfurt Einige Thesen zum Schluss Langzeitsicherung geschieht unter den Bedingungen des WWW: international, vernetzt, verteilt. „Alles“ und „für immer“ geht nicht: wir benötigen Prioritäten und Entscheidungen! Nicht die Erhaltung einzelner Informationsobjekte ist kritisch, sondern die Erhaltung von Information + Kontext (= Wissen) Wir wissen über digitale Langzeitsicherung sehr wenig: die meisten Aspekte des Themas sind Forschungsfragen... … und werden es auch bleiben: die Suche nach definitiven Lösungen ist sinnlos (wie deutlich schreiben wir dies in zukünftige Förderanträge?)! Partielles Unwissen sollte uns also nicht am Handeln hindern! Und: Analog vs. Digital ist eine Gespensterdebatte! Objekte sind zunehmend genuin digital und nur noch digital erhaltbar – weil nur noch digital rezipierbar! Verwenden Sie keine proprietären Formate für langzeitverfügbare Präsentationen → ODP!

Podiumsdiskussion “Analog vs. digital – Strategien und Ziele der Originalüberlieferung im digitalen Zeitalter” am