Politisches System Schweiz

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 Präsentation transkript:

Politisches System Schweiz Vorlesung am Institut für Öffentliches Recht der Universität Bern 2. Die Schweiz: Charakteristische Eigenheiten und Sozialstruktur Prof. Dr. Andreas Ladner IDHEAP Lausanne Frühjahrssemester 2013 Zeitpunkt der Veranstaltung abklären!

A: Ein Land wie jedes andere auch! Die Schweiz ist .... ? A: Ein Land wie jedes andere auch! B: Ein Kleinstaat im Herzen Europas! C: Ein Sonderfall! D: N'existe pas! E: Eine Willensnation! Die Schweiz, zwischen Erfolgsgeschichte und Identitätskrise (Linder 1999: 19): Wirtschaftliche Stärke, leistungsfähiger Staat, steuergünstig, gutes Bildungsniveau, öffentlicher Verkehr, politische Stabilität (-2003?) usw. Privilegiert, da von den Weltkriegen verschont. Heute: Standortvorteile gehören der Vergangenheit an. Gefahr der Isolation innerhalb Europas (EWR 1992). Angeschlagenes Ansehen im Zusammenhang mit den jüdischen Vermögen auf den Schweizer Banken. Fluchtgelder und Bankgeheimnis. Identitätskrise der 1980er und 1990er Jahre: La suisse n‘existe pas! Weltausstellung in Sevilla 1992.

Liberal geprägter Staat Geringe Bürokratisierung Funktions- und Arbeitsteilung von Wirtschaft, Staat und Sozialsystem im Vergleich Liberal geprägter Staat Geringe Bürokratisierung Geringere Staatsausgaben Relativ bescheidene Sozialstaatlichkeit Aussenpolitische Abstinenz (Neutralität, Nichtanbindung) Wirtschaftspolitisches Engagement nach aussen (Freihandel) Binnenwirtschaft (Kartellisierung, Selbstregulierung) Luxuriöse Feingliederung in Kantone und Gemeinden Milizorganisation der Politik Grosser Einfluss von Wirtschaftsverbänden und Sozialorganisationen Erbringung zahlreicher öffentlicher Leistungen durch Private Die Gesellschaft lässt sich in die Teilbereiche Wirtschaft, Staat und Sozialsystem (vgl. Linder 1999: 21) teilen. Hier zeigt oder zeigte die Schweiz einige Besonderheiten im Vergleich mit anderen europäischen Staaten Wie passen liberal geprägter Staat und hohe Kartellisierung zusammen? Vgl. Linder

Der politische Stil – die politische Kultur tendance à renier la réalité tendance à célébrer le statu quo célébration des institutions politiques fondamentales introversion politique discrétion de l‘èlite politique populisme latent de la politique suisse tendance à éviter des conflits Was stand am Anfang: Haben die Institutionen die politische Kultur geprägt, oder sind die Institutionen Ausdruck der politischen Kultur? Bsp. Konkordanz ist eine folge der direkten Demokratie oder Konkordanz ist ein Produkt der Heterogenität und der Kleinstaatlichkeit. tendance à renier la réalité (schwache Statistik, schwache Sozialwissenschaften, ungenügende politische Bildung, die Schweiz weiss wenig über sich selbst) tendance à célébrer le statu quo (hohe Lebensniveau, aber auch Angst vor Innovationen und Reformen) célébration des institutions politiques fondamentales (Direkte Demokratie, Konkordanz, Föderalismus, „die Schweiz ist das demokratischste Land“) introversion politique (Neutralität, Alleingang, Sonderfall) discrétion de l‘èlite politique (Entscheidungen fallen hinter verschlossenen Türen und in den Chefetagen) populisme latent de la politique suisse (StimmbürgerInnen sind nicht ganz ohne Bedeutung, Volkssouveränität oder Populismus?) tendance à éviter des conflits (vgl. Konkordanz und Kollegialitätsdiskussion) Kriesi 1995: 9

Kritik am Bild der heilen Schweiz An der Vorstellung „Wir leben trotzen grossen kulturellen Unterschieden friedlich zusammen im demokratischsten Land der Welt und darauf können wir stolz sein, weil wir das uns selbst verdanken!“ kommen manchmal auch Zweifel auf. Die Grossmächte konnten sich nicht einigen, wer die Alpendurchgänge kontrollieren durfte. Ein kleines neutrales Land drängte sich geradezu auf. Kriesi 1995: 12 ff.

Bedenken: Unrühmliche Vergangenheit (Rolle der Schweiz im 2. Weltkrieg, Gastarbeiter) Rosinenpickerei (Neutralität, Alleingang, Abschottung, Fremdenfeindlichkeit) Es gibt gar keine Schweizer Kultur (Föderalismus) Es gibt keinen Austausch zwischen den Sprachregionen Unsere politischen Institutionen funktionieren nicht, wenn es darauf ankommt. Reformfeindlichkeit. Internationale Wettbewerbsfähigkeit ist nicht gegeben (Reichtum ist nicht selbsterwirtschaftet)

Aber auch: Die neue Swissness Vgl. für einmal: http://de.wikipedia.org/wiki/Swissness

„Unser Patriotismus kennt keine Grenzen“

Das Schweizer Politiksystem als paradigmatischer Fall eines Governance-Systems Multi-level System, Public Private (Politik-Netzwerke, korporatistische Arrangements) Institutionalisiertes Verhandlungssystem System der Machtkontrolle: Power Sharing Responsiveness: Direkte Demokratie Accountability-Problem

Kontext: Strukturelle Merkmale Politische Feingliederung Sprachregionen Konfessionen Ausländeranteil Arbeitslosigkeit Bruttosozialprodukt Staatsquote, Steuerbelastung

Politische Feingliederung Kleinstaatlichkeit! Allerdings: Neuseeland: 3.9 Mio. Norwegen: 4.5 Mio. Dänemark: 5.3 Mio. Österreich: 8.1 Mio. Schweden: 8.8. Mio. NL: 15.8 Mio. (ja im Vergleich zu GB, D, F, Spanien, I) Extreme politische Feingliederung Kleinstaatlichkeit hat Auswirkungen nach innen und im Verhältnis zu aussen! Neuseeland: 3.9 Mio.; Norwegen: 4.5 Mio.; Dänemark: 5.3 Mio.; Österreich: 8.1 Mio.; Schweden: 8.8. Mio.; NL: 15.8 Mio.

Bevölkerungsentwicklung

Sprache D 63.6711393 F 20.3767009 I 6.46213438 RR 0.48154434 A 9.00848105 100 Volkszählung 2000 63.8 % 20.4 % 6.5 % 0.5 % 9.0 %

Religion- und Konfessionszugehörigkeit

Katholiken und Protestanten 1850 und 1990 (Prozentanteile) Das brauche wir dann, wenn wir über die Parteien und die Probleme der CVP sprechen. Und auch beim Zwang zur Konkordanz und dem Obstruktionspotential beim Gang in die Opposition sind diese Veränderungen nicht ganz unwichtig. Critical juncture: Reformation und Gegenreformation in der Schweiz. Zwingli, Calvin. Zwinglianismus entwickelte sich im Vergleich zum konservativen Deutschen Luthertum pragmatischer und austonomer (Neidhart 2002: 110). Auch in der Schweiz kam es immer wieder zu konfessionell gelagerten Kriegen: die beiden Kappeler Kriege (1529, 1531) , die beiden Villmerger Kriege (1656, 1712), Sonderbundskrieg (1847) Soziologische Erklärung für das friedliche Zusammenleben heterogener Bevölkerungen: Cross cutting cleavages!

Ausländeranteil in der Bevölkerung 1900 - 2010

AusländerInnen nach Anwesenheitsbewilligung Asylpolitik Quelle: Migrationsfallstudie Quelle: Bundesamt für Statistik

Herkunft der ausländischen Wohnbevölkerung

Arbeitslosigkeit Im internationalen Vergleich sehr tief: Erstmals in den 1990er Jahren ein Anstieg und dann wieder zu Beginn 2000 Ende Februar wurden in der Schweiz 165'979 Arbeitslose gezählt, 2184 weniger als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote sank von 4,3 Prozent im Januar auf 4,2 Prozent. Ein Teil der Abnahme ist saisonbedingt. Die Zahl der offenen Stellen nahm zu. Genf, Waadt und Jura an der Spitze Die höchste Arbeitslosenquote wies erneut der Kanton Genf aus (7,0 Prozent), gefolgt von den Kantonen Waadt (5,5 Prozent) und Jura (5,3 Prozent). Über dem schweizerischen Durchschnitt lagen auch Zürich und Tessin (je 5,0 Prozent), Basel-Stadt und Neuenburg (je 4,9 Prozent) sowie das Wallis (4,5 Prozent). Die tiefsten Arbeitslosenquoten wiesen die Kantone Uri (1,4 Prozent), Appenzell Innerrhoden (1,9 Prozent) sowie Ob- und Nidwalden (je 2,0 Prozent) aus. Die Seco-Statistik zeigt allerdings, dass der Rückgang im Wallis und in Graubünden ausgeprägter war als anderswo. Die beiden Kantone profitierten im Februar insbesondere vom Wintertourismus. Im Tessin verbesserte sich die Lage vor allem dank der Bauwirtschaft, die wieder zulegen konnte. http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/arbeit_und_e/uebersicht/blank/panorama/internationaler_vergleich/niedrige_arbeitslosigkeit.html

Rankings: Wohlstand und Reichtum Pro Kopf-Einkommen im OECD-Vergleich: CH Rang 5.

Economiesuisse weiter

Curia vista

Taxes in the System of National Accounts (SNA): Percentage of GDP: Total tax receipts National Accounts at a Glance 2010 - ISSN  - © OECD 2010

Steuerbelastung in den Kantonen Steuerwettbewerb – Voting by foot Gründe für die Unterschiede Leistungsangebot Effizienz in der Aufgabenerbringung Standortvorteile 1 Einkommens- und Vermögensbelastung der natürlichen Personen

Wohlfahrtsstaat oder liberaler Staat? Geringe Staatsaufgaben deuten auf einen liberalen Staat hin. Viele Aufgaben werden jedoch von privaten und halbprivaten Anbietern erbracht und treten in der Staatsrechnung nicht in Erscheinung (vgl. Ladner 2013).

Die Qualität der Demokratie

IF: Individuelle Freiheiten; RS: Rechtsstaatlichkeit; ÖF: Öffentlichkeit; WE: Wettbewerb; GK: Gewaltenkontrolle; RF: Regierungs- und Implementierungsfähigkeit; TR: Transparenz; PA: Partizipation; RE: Repräsentation.