Römische Rechtsgeschichte 10. Dez. 2012

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Römische Rechtsgeschichte 10. Dez. 2012 Lehrstuhl für Römisches Recht, Privatrecht und Rechtsvergleichung Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

§ 14 Justinians Gesetzgebung Justinian I. = Flavius Petrus Sabbatius Iustinianus, geb. ~ 482 n. Chr, gest. 565 n. Chr. Alleinherrscher in Ostrom von 527 bis 565 Wiederbelebung des imperium Romanum und seines Rechts Kodifikationsprojekt (528-534), vgl. Übersicht 7 Studienreform Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

I. Kodifikationsprojekt Constitutio Deo auctore (530) = Auftrag an Tribonian zur Sammlung und Redaktion eines revidierten ius vetus enucleatum; Bauplan: 50 Bücher; Kommentarverbot (= Q 1) Constitutio Tanta (533) = Bericht über Vollzug des Auftrages: 2000 libri an Material; Exzerptliste (Index Florentinus: 207 Schriften von 38 Juristen); Ordnung folgt dem Edikt (Ulpians Ediktskommentar); Anpassung und Erneuerung der klassischen Texte, Beseitigung von Kontroversen (= Q 53) Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Motive der Kompilatoren nach Q 53: Ordnung in die in Auflösung befindliche antike Rechtsliteratur Auswahl des Besten aus den mit 2000 Büchern zu umfassend gewordenen Literatur Entscheidung von Zweifelsfragen und Beseitigung von Streitigkeiten Gliederung in einer der Natur und Theorie der Zahlen entsprechenden Ordnung Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Beteiligte: Kommission aus Professoren und Advokaten der hauptstädtischen Gerichte Rechtslehrer aus Konstantinopel: Theophilus und Cratinus Rechtslehrer aus Beirut: Dorotheus und Anatolius Elf Advocati vom Gericht des praefectus praetorio per Orientem Tribonian = Flavius Tribonianus, quaestor sacri palatii ( = «Justizminister») Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Die Arbeit der Kompilatoren? Bluhme 1820: Verteilung der Exzerpte auf drei Schriftgruppen („Massen“) wiederholende Ordnung der Schriften innerhalb jeder Masse Exzerpte in jeder einzelnen Schrift in aufsteigenden Buchziffern  These: Kompilatoren teilten den Schriftenkorpus in Massen, ordneten die Einzelschriften in bestimmter fester Folge und exzerpierten dann systematisch Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Bluhmsche Massen, Übersicht 8: Sabinusmasse Ediktsmasse Papiniansmasse [Appendixmasse] Verhältnis 2 : 2 : 1 Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

An Bluhme anschliessende Hypothesen: Massen als Ausdruck von Arbeitsteilung («Unterausschüsse»)? Zuweisung der verschiedenen Exzerpte an bestimmte Beteiligte (Kriterien: Stil, thematische Wiederholungen im Rahmen der Kodifikation)? Rückführbarkeit der Massen auf Traditionen der vorjustinianischen Rechtsschule? Vorlesungsmaterien des 1.-3. Studienjahres Organisation der Rechtsschulen entspricht den Massen Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Offene Fragen: Einzelverantwortlichkeit oder «Teamwork»? Zeitfolge der Exzerption von Buchgruppen? Vollständige oder selektive Lesung der Bücher? (Frage vorheriger «Teilkodifikation») Koordination der Exzerpte? (Doppelüberlieferungen) Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

II. Studienreform Digesten sind nicht nur offizielles Gesetzbuch, sondern auch offizielle Studienliteratur Studienreform Justinians zur Bekämpfung der Rechtsunsicherheit Institutiones Justinians (unter Verwendung der Institutiones des Gaius, des Florentinus, des Ulpian und des Marcians sowie von Reformkonstitutionen Justinians) Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Quellentext 54 = Constitutio omnem (a. 533) Inskription Justinian I., 533 anlässlich der Verkündung der Digesten erlässt Justinian eine Unterrichtsreform für das juristische Studium Paraphrase: Überblick über den Stoff der verschiedenen Jahren, den Tribonian gemeinsam mit den Rechtsprofessoren Theophilus und Dorotheus zusammengetragen hat Stoff der Digesten ist nach dem Lehrplan orientiert (Beispiel: Papinianfest und Digestentitel D. 20-22) Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Überblick über das justinianische Rechtsstudium Jahr: Institutiones Justinians (statt Institutiones des Gaius) und pars prota der Digesten (D.1-4) Jahr: zweiter Teil der Digesten (de iudiciis D. 5-11) und de rebus (D. 12-19) sowie de dotibus (D. 23) und de tutelis (D. 26), de testamentis (D. 28) und de legatis (D. 30). Jahr: weitere Teile der Digesten, v.a. D.20-22, die jetzt als pars Papiniani gelten (Pfand, Sachmängelhaftung) Jahr: Privatstudium und zwar D. 23, 24, 29, und 31-36 (statt Paulus’ responsa) Jahr: Studium des Kaiserrechts (Codex) Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Hervorhebung Papinians I: D. 20.1. De pignoribus et hypothecis et qualiter ea contrahantur et de pactis eorum (= Über Pfandrechte und Hypotheken: Wie sie bestellt werden und über deren Nebenabreden) D. 20.1.1pr. -2 Pap. 11 resp. D. 20.1.1.3 Pap. 11 resp. D. 20.1.1.4 Pap. 11 resp. D. 20.1.2 Pap. 3 resp. D. 20.1.3pr. -1 Pap. 20 quaest. Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Hervorhebung Papinians II: D. 22.1 De usuris et fructibus et causis et omnibus accessionibus et mora (= Über Zinsen, Früchte, die herzustellende Rechtslage, über alles zu einer Sache Hinzukommende und über den Verzug) D. 22.1.1pr. -2 Pap. 2 quaest. D. 22.1.1.3 Pap. 2 quaest. D. 22.1.2 Pap. 6 quaest. D. 22.1.3pr. – 4 Pap. 20 quaest. D. 22.1.4pr. -1 Pap. 27 quaest. D. 22.1.5 Pap. 28 quaest. D. 22.1.6pr. -1 Pap. 29 quaest. D. 22.1.7 Pap. 2 resp. D. 22.1.8 Pap. 7 resp. D. 22.1.9pr.-1 Pap. 11 resp. Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Codex repetitae praelectionis: Anlass: Codex von 429 ist überholt durch Quinquaginta decisiones Reformkonstitutionen Interpolationen in den Digesten Schaffung der Institutiones Kommission: - Tribonian, Dorotheus und Advocati Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Novellen = novellae constitutiones post codicem i.d.R auf griechisch erlassen meist Ergänzungen des bestehenden Rechts oder umwälzende Neuerungen (oft bestimmend für spätere Rechtsentwicklung) Bspl.: Einführung eines Noterb- und Pflichtteilrechts der Abkömmlinge Einrede der Vorausklage im Bürgschaftsrecht justinianisches Prozessrecht Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux

Justinians «Tempel des Gerechtigkeit» (templum iustitae) Institutiones Digesta Codex (repetitae praelectionis) Novellae Universität Zürich, RWI, Römische Rechtsgeschichte, Prof. Dr. iur. Ulrike Babusiaux