Die „dunkle“ Seite der Kosmologie

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 Präsentation transkript:

Die „dunkle“ Seite der Kosmologie Workshop im Rahmen der 62. Fortbildungswoche Kuffner Sternwarte 27. 2. 2008 Franz Embacher Fakultät für Physik Universität Wien 4 Aufgaben

Aufgabe 1 Im Zentrum der Milchstraße befindet sich ein „dunkles“ Objekt (Sagittarius A* = Sgr A*), um das Sterne kreisen: Wenn Sie keine Animation sehen, sondern ein statisches Bild, versuchen Sie‘s mit dem untenstehenden Link oder mit diesem! http://www.mpe.mpg.de/ir/GC/images/movie2003.gif

Aufgabe 1 Schnappschüsse 1992 1992.2 1992.4 2006.6 2006.8

Aufgabe 1 Sgr A* emittiert vor allem im Radiobereich des elektromagnetischen Spektrums. Sgr A* ist im nahen Infrarot und im Röntgenbereich schwach sichtbar und „flackert“: Seine Helligkeit ist einmal pro Tag etwa eine halbe Stunde lang stark erhöht. Die charakteristische Zeit dieser Änderung beträgt etwa 10 Minuten. Aufgabe: Schätzen Sie die Masse dieses Objekts ab! Argumentieren Sie, dass Sgr A* höchstwahrscheinlich ein schwarzes Loch ist! 3. Keplersches Gesetz: T²/a³ = 4 pi²/(G M), G = 6.67*10^(-11) m³/(kg s²) Grobe Schätzung: Die schönste Kepler-Ellipse ergibt: a = 4.5 Lichttage = 1.17*10^14 m und T = 14.8 Jahre = 4.7*10^8 s. Daher M = 4.3*10^36 kg = 2 Millionen Sonnenmassen (Sonnenmasse = 2*10^30 kg) Der Schwarzschildradius dieser Masse ist RSchw = 6*10^9 m Maximaler Radius des Objekts = 5 Lichtminuten = 1.8*10^11 m = 15 RSchw Eine genauere Betrachtung ergibt: Die Ellipse liegt schief (Lage des Brennpunkts)! Scheinbare (projizierte) Ellipsengrößen: a‘ = 4.5 Lichttage, b‘ = 2.5 Lichttage, e‘ = 4 Lichttage, daraus die tatsächliche große Halbachse: a = a‘b‘/Sqrt[a‘^2 - e‘^2] = 5.46 Lichttage. Daher ist obiges a um den Faktor 1.21, die Masse um den Faktor 1.213^3 = 1.78 zu klein. Mkorrigiert = 2*1.78 Millionen Sonnenmassen = 3.6 Millionen Sonnenmassen (innerhalb 10 Schwarzschildradien)! Siehe auch http://www.mpe.mpg.de/ir/GC/index.php

Aufgabe 2 Rotationsgeschwindigkeit von Sternen, die „weit draußen“ um eine Galaxie kreisen: M v r

Rotationskurve der Galaxie NGC 3198: Aufgabe 2 Rotationskurve der Galaxie NGC 3198: v (km/s) 200 150 100 Quellen: http://www.noao.edu/outreach/aop/observers/n3198vickerys.jpg http://www.pi1.physik.uni-erlangen.de/~kappes/lehre/WS05-VAT/V13/Rotationskurve.jpg 50 r (kpc) 10 20 30 40

Aufgabe 2 Argumentieren Sie, dass die Galaxie NGC 3198 von einem „Halo“ aus dunkler (nicht sichtbarer) Materie umgeben sein muss! Schätzen Sie die Masse der leuchtenden Materie (unter der Annahme, dass die dunkle Materie dort vernachlässigbar ist) ab! Können Sie aus der Flachheit der Rotationskurve abschätzen, ob die Dichte der dunklen Materie nach außen hin abnimmt, zunimmt oder konstant ist? v = Sqrt[G Mleucht/r], mit G = 6.67*10^(-11) m³/(kg s²) -> ohne dunkle Materie erwarte außerhalb einen r^(-1/2)-Abfall der Rotationskurve Mleucht = v² r/G = (150 km/s)*20 kpc/G = 2*10^41 kg = 10^11 Sonnenmassen (Sonnenmasse = 2*10^30 kg) v² = konstant = G M(r)/r -> M(r) proportional zu r Bei konstanter Dichte wäre M(r) proportional zu r³ -> die Dichte muss abnehmen (und zwar wie 1/r²)

Aufgabe 3 Kosmologisches Prinzip: Das Universum ist (im Großen) homogen und isotrop.  Expansion des Universums = gleichmäßige „Dehnung“ aller Längen (z.B. Entfernungen zwischen Galaxien) im Universum Entfernung zur Zeit t Skalenfaktor: a(t) = Entfernung heute Rotverschiebung des heute empfangenen Lichts: l - l beobachtet emittiert z = l emittiert Zusammenhang der Rotverschiebung mit dem Skalenfaktor zur Zeit der Lichtaussendung: 1 a = 1 + z

Aufgabe 3 Aus den Grundgleichungen der Kosmologie folgt: Materie und Strahlung bremsen die Expansion des Universums. Eine nichtverschwindende Energiedichte des Vakuums beschleunigt die Expansion des Universums! Das moderne Standardmodell der Kosmologie: Das Vakuum besitzt eine nichtverschwindende Energiedichte (dunkle Energie, kosmologische Konstante). Die Energiedichte des Vakuums beträgt (heute) etwa 73% der gesamten Energiedichte des Universums. Das heutige Universum ist vakuumdominiert und expandiert beschleunigt.

Aufgabe 3 Raumzeitdiagramm des Standardmodells der Kosmologie: Galaxien Licht

Aufgabe 3 Die Rotverschiebungs-Entfernungs-Relation ist der Zusammenhang zwischen der Rotverschiebung z des heute empfangenen Lichts und der Entfernung D der Galaxie, von der es stammt, zum Zeitpunkt der Lichtaussendung. Beide Größen sind beobachtbar: z ... direkt durch Analyse des beobachteten Spektrums D ... indirekt, falls das Licht von einem Prozess stammt, dessen absolute Helligkeit bekannt ist (einer so genannten „Standardkerze“). Besonders wichtige (näherungsweise) Standardkerzen sind Supernovae vom Typ Ia.

Materiedominiertes Modell: Energiedichte des Vakuums = 0 Aufgabe 3 Rotverschiebungs-Entfernungs-Relation in zwei Weltmodellen: Vakuumdominiertes Modell: Energiedichte des Vakuums = 73% der gesamten Energiedichte Materiedominiertes Modell: Energiedichte des Vakuums = 0 c Linearer Bereich: D = z H

Aufgabe 3 Vergleich mit Supernova-Daten (seit 1998):

Aufgabe 3 Konstruieren Sie aus dem angegebenen Raumzeitdiagramm des kosmologischen Standardmodells die entsprechende Rotverschiebungs-Entfernungs-Relation!

Aufgabe 3 Tipp: Beachten Sie bei der Ermittlung des Skalenfaktors, dass dieser lediglich von der Zeit abhängt. Er kann anhand der zeitlichen Entwicklung der Entfernung einer beliebigen Galaxie bestimmt werden! Beispielsweise ist der Skalenfaktor zur Zeit t = 4 x 109 Jahre der Quotient der beiden hier grün hervorgehobenen Längen:

Aufgabe 4 Führen Sie eine Internet-Recherche durch: Wie kommt eine Supernova vom Typ Ia zustande? Wieso können Supernovae dieses Typs (näherungsweise) als „Standardkerzen“ angesehen werden? Gute Quellen sind http://www.mpa-garching.mpg.de/HIGHLIGHT/2002/highlight0212_d.html http://en.wikipedia.org/wiki/Supernova

Einige Zahlenwerte und Formeln -11 3 2 G = 6.674 x 10 m /(kg s ) 8 c = 2.998 x 10 m/s 16 1 pc = 3.0857 x 10 m 30 Sonnenmasse = 1.989 x 10 kg 2 T 4 p 2 Drittes Keplersches Gesetz: = 3 a G M 2 G M Schwarzschildradius: R = S 2 c

Einige Nachbemerkungen zu den Aufgaben... Überspringen

Nachbemerkung zu Aufgabe 2 Nur etwa 7% der Materie ist gewöhnliche (baryonische) Materie (davon ¼ leuchtend), der Rest ist dunkle Materie! Dunkle Materie wechselwirkt (fast?) nur über die Schwerkraft. Beste Modelle: cold dark matter (CDM) = langsam bewegte Teilchen (v << c). CDM bildet „Potentialmulden“, in die die gewöhnliche Materie „fällt“. Anisotropie der kosmischen Hintergrundstrahlung  „Aufnahme“ der Verteilung der dunklen Materie zur Zeit der „Rekombination“ (modulo nachträglicher Streuung der Photonen an Elektronen). Nachträgliche Streuung der Photonen der Hintergrundstrahlung an Elektronen = Sunyaev-Zeldovich-Effekt siehe etwa http://www.astronews.com/news/artikel/2004/02/0402-003.shtml

Nachbemerkung zu Aufgabe 2 CMD-Computer-Simulation vs. großräumige Galaxienverteilung: http://www.mpa-garching.mpg.de/HIGHLIGHT/1999/highlight9903_d.html http://www.mpa-garching.mpg.de/

Nachbemerkung zu Aufgabe 2 DT -6 = 6 10 T Kosmische Hintergrundstrahlung, WMAP, 2003 http://map.gsfc.nasa.gov/

Nachbemerkung zu Aufgabe 3 Wieso wirkt die Energiedichte des Vakuums beschleunigend auf die Expansion? Materie normales Verhalten   Energieinhalt wird vergrößert. Energieinhalt wird verkleinert. positiver Druck Vakuum E ~ V   p = - r c2 Energieinhalt wird verkleinert. Energieinhalt wird vergrößert. negativer Druck Eine der Grundgleichungen der Kosmologie lautet .. Vorzeichen! a 4 p G 3 p ( ) = r + a 3 c2

Nachbemerkung zu Aufgabe 3 Energieinhalt des Universums nach dem modernen Standardmodell: 73% dunkle Energie 27% Materie und Strahlung: 23% dunkle Materie 4% gewöhnliche (baryonische) Materie: 0.5% leuchtend 3.5% nicht leuchtend 0.3% Neutrinos 0.005% Photonen (Hintergrundstrahlung)

Diese Präsentation finden Sie im Web unter Danke für‘s Mitmachen... Diese Präsentation finden Sie im Web unter http://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/Rel/dunkleSeitederKosmologie/