Aufbau religiöser Orientierungsfähigkeit

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 Präsentation transkript:

Aufbau religiöser Orientierungsfähigkeit Die im Religionsunterricht zu entwickelnde Kernkompetenz ist die religiöse Orientierungsfähigkeit der Heranwachsenden. Religiöse Orientierungsfähigkeit entwickelt sich in der Begegnung und Auseinandersetzung mit einer konkreten religiösen Tradition.

zur Förderung religiöser Orientierungsfähigkeit Grundperspektiven zur Förderung religiöser Orientierungsfähigkeit Religiöses Orientierungswissen verfügbar machen. Theologische Frage- und Argumentationsfähigkeit entwickeln. Spirituelles Wahrnehmungs- und Ausdrucksvermögen fördern Ethische Begründungsfähigkeit ausbilden. Lebensweltliche Aneignungsfähigkeit unterstützen.

Beiträge des Religionsunterrichts zum Aufbau religiöser Orientierungsfähigkeit Religiöses Orientierungswissen verfügbar machen: Die Schülerinnen und Schüler sollen mit der zentralen Botschaft, den Grundbegriffen, den wichtigsten Texten und der geschichtlichen Wirkung mindestens einer substantiellen religiösen Tradition in ihren Grundzügen vertraut sein und für sich in der Fülle des Einzelnen so etwas wie einen „roten Faden“ entdecken können.

Beiträge des Religionsunterrichts zum Aufbau religiöser Orientierungsfähigkeit Theologische Frage- , Argumentations- und Dialogfähigkeit entwickeln: Die Schülerinnen und Schüler sollen die zentralen theologischen Deutungsmuster mindestens einer religiösen Tradition sachgerecht gebrauchen, mit anderen religiösen Traditionen ins Gespräch bringen und sich für ihre eigene Auseinandersetzung mit den großen Fragen der Menschheit zunutze machen können.

Beiträge des Religionsunterrichts zum Aufbau religiöser Orientierungsfähigkeit Spirituelles Wahrnehmungs- und Ausdrucksvermögen fördern: Schülerinnen und Schüler sollten etwas von den verschiedenen, für das religiöse Weltverhältnis charakteristischen Sprach- und Kommunikationsformen verstehen und in der Lage sein, ihrem eigenen Verhältnis zur Welt einen im weitesten Sinne spirituellen Ausdruck zu geben

Beiträge des Religionsunterrichts zum Aufbau religiöser Orientierungsfähigkeit Ethische Begründungs- und Handlungsfähigkeit ausbilden: Schülerinnen und Schüler sollten religiös inspirierte Modelle ethischen Handelns kennen, in der Lage sein, ethische Konflikte im Lichte religiöser Überzeugungen zu interpretieren und ihr eigenes Verhalten unter ethischen Gesichtspunkten reflektieren lernen.

Beiträge des Religionsunterrichts zum Aufbau religiöser Orientierungsfähigkeit Lebensweltliche Aneignungsfähigkeit unterstützen: Schülerinnen und Schüler sollen die vom christlichen Glauben beanspruchte Relevanz für das Leben des Einzelnen kennen, diesen Anspruch im Blick auf unterschiedliche Problemfelder des eigenen Lebens prüfen und in der Auseinandersetzung mit Ausprägungen zeitgenössischen Lebensglaubens bewerten können.

Didaktische Perspektiven zur Förderung religiöser Orientierungsfähigkeit Die Herausforderung Die bei vielen Schüler/innen weitgehend fehlende lebensweltliche Vertrautheit mit der jüdisch-christlichen Tradition Mögliche Perspektiven 1. Der Weg „performativen“ Lernens 2. Der Weg „vernetzten“ Lernens

Der Weg „vernetzten“ Lernens … fördert „religiöse Orientierungsfähigkeit“ durch zwei komplementäre Komponenten: den Aufbau ‚konfigurierten‘ Wissens (Konfigurationsperspektive) Bis in die 1960er Jahre hinein zielten religionsdidaktische Konzepte vorwiegend auf die Vermittlung konfigurierten religiösen Wissens ab (vor allem in der Form des Katechismusunterrichts). In jüngerer Zeit hingegen ging es im Religionsunterricht häufig vor allem um die individuelle Aneignung einzelner Traditionselemente durch die Schüler/innen. Diese Akzentuierung der Aneignungsperspektive (bzw. die Unterstützung eines individuellen, freien und „autonomen“ Umgangs mit religiösen Traditionen hat dem Religionsunterricht ein hohes Maß an Lebensnähe eingebracht (vgl. im Grundschulbereich z.B. die „Kindertheologie“). In dem Maße jedoch, wie die lebensweltliche Vertrautheit der Schülerinnen und Schüler mit religiösen Traditionen (hier speziell: der jüdisch-christlichen Tradition) weiter abgenommen hat, wurde bzw. wird diese Akzentuierung problematisch: Denn mittlerweile fehlt den meisten Schüler/innen der kontextuelle Zusammenhang der ihnen zur individuellen Aneignung angebotenen Traditionsfragmente (einer biblischen Perikope, einer ethischen Perspektive, eines christlichen Festes usw.). Ohne Kenntnis des ‚Sprachspiels’ aber bzw. ohne Kenntnis der Konfiguration, zu der ein herausgegriffenes Traditionselement gehört, bleibt dieses Einzelne bezugs- und damit oft bedeutungslos. Deshalb ist religionsdidaktisch nach Wegen zu suchen, wie die fehlende lebensweltliche Vertrautheit mit religiösen Traditionen durch Formen vernetzten religiösen Lernens immerhin soweit kompensiert werden kann, dass die inneren Zusammenhänge dieser Traditionen besser erkennbar werden. Erst dann kann der auf diese Weise sichtbar werdende Eigen-Sinn religiöser Traditionen in Prozessen individueller Aneignung sinnvoll befragt, zurückgewiesen, transformiert bzw. auf seine Relevanz für die Bearbeitung eigener Orientierungsfragen geprüft werden. Vermittlungs- und Aneignungs- bzw. Konfigurations- und Individualisierungs-perspektive sind von daher heute nicht mehr als Alternativen zu betrachten. 2. die Befähigung zur individuellen Aneignung religiöser Traditionen (Individualisierungsperspektive)

Der Weg „vernetzten“ Lernens… … bedarf des Zusammenspiels von Konfiguration und Individualisierung 1. Wo Schüler/innen der symphonische Charakter religiöser Traditionen deutlich wird (‚Konfiguration’) erhöht sich gleichzeitig auch der für sie im Umgang mit diesen Traditionen mögliche persönliche Gewinn (‚Individualisierung’). 2. Nur da, wo reine Vermittlungsstrukturen überwunden werden und Schüler/innen die Möglichkeit erhalten, religiöse Traditionen individuell zu rekonstruieren (‚Individualisierung‘), kann ein sinnverstehendes Eindringen in den Zusammenhang dieser Traditionen (‚Konfiguration‘) gelingen.

Der Weg „vernetzten Lernens“… … erfordert in der Begegnung und Auseinandersetzung mit religiösen Traditionen: = religiöse Tradition als Bedeutung stiftenden Zusammenhang erschließen = religiöse Tradition als Praxis stifenden Zusammenhang erschließen = religiöse Tradition als einen spezifischen Weltzugang eröffnenden Zusammenhang erschließen semantische Dimension pragmatische Dimension syntaktische Dimension

Vernetztes Lernen - Semantische Dimension Konfiguration heißt hier: Die Schüler/innen sollen einzelne Elemente einer religiösen Tradition als Bestandteile eines umfassenderen Bedeutungszusammenhangs ‚lesen’ lernen. Individualisierung heißt hier: Die Schüler/innen sollen lernen,sich mit der orientierenden Qualität einer religiösen Semantik (‚Gott’, ‚Schöpfung’, ‚Geist/Gnade’, ‚Sünde/Schuld’, ‚Gerechtigkeit’, ‚Himmel/Herrschaft Gottes’ usw.) kritisch auseinanderzusetzen und von ihr selbstständig Gebrauch zu machen.

Vernetztes Lernen - Pragmatische Dimension Konfiguration heißt hier: Die Schüler/innen sollen unterschiedliche Formen gelebter Religion als Elemente eines umfassenderen Wirkungs- und Praxiszusammenhanges begreifen lernen. Individualisierung heißt hier: Die Schüler/innen sollen lernen, sich mit der Bedeutung unterschiedlicher religiöser Praxisvollzüge kritisch auseinanderzusetzen und ihrer eigenen Religiosität bzw. Sinnsicht Gestalt zu geben.

Vernetztes Lernen - Syntaktische Dimension Konfiguration heißt hier: Die Schüler/innen sollen durch die verschiedenen religiösen Äußerungsformen (Gebet, Ritual, theologische Reflexion, religiös motiviertes Handeln usw.) hindurch die spezifische ‚Leistung’ des religiösen Weltzugangs erfassen lernen. Individualisierung heißt hier: Die Schüler/innen sollen lernen, sich mit der Relevanz des religiösen Weltzugangs kritisch auseinanderzusetzen und ihn auf seine Tauglichkeit für den Umgang mit den Problemen des eigenen Lebens zu befragen.

Religionsunterricht fördert die religiöse Orientierungsfähigkeit von Schüler/innen… 1. … wenn er seine Ziele verwirklicht (Stichwort „Verbindliches Kerncurriculum“) Es darf aber nicht dazu kommen, dass religiöse Lernprozesse an der Lebenswirklichkeit und den Fragen der Schüler/innen vorbei einem vordefinierten Ziel zugeführt werden, nur um so einen vermeintlich besseren ‚Output’ zu erzielen.

(vgl. Kirchliche Richtlinien 2004, 9) Religionsunterricht fördert die religiöse Orientierungsfähigkeit von Schüler/innen… 2. … wenn er über messbare Lernzuwächse hinaus auch einen Beitrag zum Aufbau von Einstellungen und Haltungen leistet. (Stichwort „Mehrdimensionalität“) Beispiele für Haltungen, die sich strikter Messbarkeit entziehen: „Wachheit für letzte Fragen“; „Sensibilität für das Leiden anderer“; „Dankbarkeit für das eigene Leben und die ganze Schöpfung“; - „Lebensfreude“ (vgl. Kirchliche Richtlinien 2004, 9)

Religionsunterricht fördert die religiöse Orientierungsfähigkeit von Schüler/innen… 3. … wenn er ein die Schüler/innen herausforderndes Anspruchsnivau realisiert. (Stichwort „Higher order questions“) Beziehungen herstellen und kognitive Landkarten aufbauen; mit Dilemmata konfrontieren; die Schüler/innen zu eigenen Problemlösungen stimulieren; differenzierte Rückmeldungen geben; auch die schwächeren Schüler locken, fordern und fördern.

Religionsunterricht fördert die religiöse Orientierungsfähigkeit von Schüler/innen… 4. … wenn er den Aufbau kumulativen, vernetzten religiösen Wissens unterstützt. (Stichwort „Strukturiertheit“) - Aufmerksamkeitsregulierende Hinweise zum Lernprozess - Herausstellen von Hauptideen - Vernetzung neuer Inhalte mit bereits aufgebauten Begriffsstrukturen; - Beziehungen, Muster, „rote Fäden“, Leitmotive kenntlich machen, - Wieder-Holen (produktive Redundanz!)

Religionsunterricht fördert die religiöse Orientierungsfähigkeit von Schüler/innen… 5. … wenn er eine Lernkultur entwickelt, die ihren Reiz aus der Sache selbst gewinnt. (Stichwort „Vermeidung zielloser Betriebsamkeit“)

Religionsunterricht fördert die religiöse Orientierungsfähigkeit von Schüler/innen… 6. … wenn er die Begegnung mit Lehrer/innen ermöglicht, die selbst durch ihre „Sache“ gepackt und bewegt sind. (Stichwort „Vorbilder intellektueller Neugier und menschlichen Engagements“)