Suche nach kosmischen Neutrinos auf dem Grund des Mittelmeeres Alexander Kappes Physikalisches Institut Universität Erlangen-Nürnberg Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Kosmische Strahlung Kosmische Neutrinos Das Neutrino-Teleskop ANTARES Zukünftige Neutrino-Teleskope
kosmische Strahlung Kosmische Strahlung Erstmals 1912 von Victor Hess während eines Ballonexperiments beobachtet Besteht bei hohen Energien dominant aus: Protonen und a-Teilchen < 1 TeV Satelliten / Ballonexp. > 1 TeV Luftschauerdetektoren (u.a. KASCADE, AGASA, Pierre-Auger) Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Suche nach Quellen von hochenergetischer kosmischer Strahlung kosmische Strahlung Suche nach Quellen von hochenergetischer kosmischer Strahlung für E < 1019 eV wegen Ablenkung im galaktischen Magnetfeld keine Richtungsinformation in diesem Energiebereich keine Identifikation von Quellen möglich bei Energien E > 1019 eV begrenzte Reichweite durch Wechselwirkung mit Mikrowellenhintergrund Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Kosmische g-Strahlung kosmische Strahlung Kosmische g-Strahlung H.E.S.S. Čerenkov-Teleskope (Namibia) RXJ 1713 with H.E.S.S.: (Galaktischer Supernovarest) Erste TeV g-Quelle mit aufgelöster Morphologie Struktur in guter Übereinstimmung mit der im Röntgenbereich Demonstriert eindeutig Beschleunigung in Supernova-Hülle Quelle lokalisierbar nur geringe Reichweite (100 Mpc für E ≈ 10 TeV) unterscheidet nicht zwischen Hadron- und Elektron-Beschleunigung Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
ne : nm : nt ≈ 1 : 2 : 0 N (n) ≈ N (n) kosmische Neutrinos Kosmische Neutrinos Neutrinos als Botenteilchen: keine Ablenkung in Magnetfeldern Identifikation der Quelle Beweis für Hadronbeschleunigung (fast) keine Wechselwirkung mit Materie große Reichweite schwer nachweisbar große Detektoren erforderlich Produktion: Reaktion beschleunigter Protonen mit interstellaren Medium, 3K Mikrowellen-Hintergrundstrahlung oder Synchrotronstrahlung p + p(g) → p + X 9 m + nm 9 e + ne + nm Neutrino-Oszillation führt zu ne : nm : nt ≈ 1 : 1 : 1 ne : nm : nt ≈ 1 : 2 : 0 N (n) ≈ N (n) Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Nachweis von kosmischen Neutrinos kosmische Neutrinos Nachweis von kosmischen Neutrinos Nachweis erfordert große Detektoren Nutzung natürlich vorkommender Medien (Eis, Wasser) Nachweis über Čerenkov-Strahlung von m oder Schauerteilchen Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Allgemeines Nachweisprinzip kosmische Neutrinos Allgemeines Nachweisprinzip Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Neutrino-Teleskope weltweit kosmische Neutrinos Neutrino-Teleskope weltweit ANTARES (Mittelmeer) Medium: Salzwasser; im Aufbau Baikal (Baikal-See) Medium: Süßwasser; Daten seit 1991 NESTOR (Mittelmeer) Medium: Salzwasser; im Aufbau Dumand (Hawaii) Medium: Salzwasser; Pionierexperiment 1995 eingestellt AMANDA (Südpol) Medium: Eis; Daten seit 1997 Forschungs- und Entwicklungsprojekt für km3: NEMO (Mittelmeer) Zukunftsprojekte (km3): IceCube (Südpol), KM3NeT (Mittelmeer) Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
kosmische Neutrinos Messung des hochenergetischen atmosphärischen Neutrino-Spektrums durch AMANDA Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Physik mit Neutrino-Teleskopen kosmische Neutrinos Physik mit Neutrino-Teleskopen Identifikation und Vermessung von Neutrino-Quellen Diffuser Neutrino-Fluß Suche nach kalter dunkler Materie in Form von Weakly Interacting Massive Particles (WIMPs) guter Kandidat: Neutralino (mc ≈ 50 GeV – 1 TeV) Einfang in Gravitationspotential (z.B.: Erde, Sonne, Galaktisches Zentrum) Suche nach exotischen Teilchen: z.B. Nukleorite, magnetische Monopole Entdeckung von bisher Unbekanntem c + c → n + X Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Beispiel: Suche nach Punktquellen kosmische Neutrinos Beispiel: Suche nach Punktquellen Bis jetzt noch keine Quelle hochenergetischer kosmischer Neutrinos entdeckt Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Warum ein Teleskop auf dem Grund des Mittelmeers? ANTARES Warum ein Teleskop auf dem Grund des Mittelmeers? Himmelsabdeckung komplementär zu AMANDA Vorteil: Wasser ist gutes Čerenkov-Medium homogen geringe Lichtstreuung Nachteil: optischer Untergrund durch 40K-Zerfall + Biolumineszenz Abschirmung des Tageslichts (Absorptionslänge ≈ 50 m) Abschirmung von atmosphärischen Myonen Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
ANTARES Kollaboration 20 Institute aus 6 europäischen Ländern Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Der ANTARES-Detektor Herausforderungen: Druck: 240 bar Salzwasser schwer zugänglich Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
akustischer Auslösemechanismus ANTARES Der ANTARES-String Stockwerk Befestigung String-Kabel akustischer Auslösemechanismus Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
ø 43 cm, 600 bar Optisches Modul optisches Modul B-Abschirmung ANTARES Optisches Modul optisches Modul Hamamatsu 10‘‘ PM Quanteneff.: >20% (360<l<460 nm) B-Abschirmung Amplitudenauflösung (Labormessung) ø 43 cm, 600 bar Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
See-Operationen Dezember 2002 Februar 2003 ANTARES See-Operationen Dezember 2002 Installation der Verzweigungsbox Februar 2003 Installation der Prototyp-Strings März 2003 Verkabelung mit U-Boot Juli 2003 Bergung der Strings Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Daten von den Prototyp-Strings ANTARES Daten von den Prototyp-Strings Erfolgreiche Tests der Installationsprozeduren Langzeit-Daten des optischen Untergrunds aufgenommen aber auch Probleme: beschädigte Glasfaser + Wasserleck keine Myon-Rekonstruktion möglich + Ausfall eines Stockwerks Baseline rate 0.4 Sekunden 3.5 Monate Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Vom Photomultiplier-Signal zum Physik-Ergebnis ANTARES Vom Photomultiplier-Signal zum Physik-Ergebnis Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Vom Photomultiplier-Signal zum Physik-Ergebnis ANTARES Vom Photomultiplier-Signal zum Physik-Ergebnis Online: Umwandlung der Čerenkov-Photonen in elektrische Signale mit Photomultipliern Digitalisierung der elektrischen Signale Transport an Land Verarbeitung auf Computerfarm: Kalibration der Daten (Amplitude, Zeitpunkt, Ort) Filterung der Daten Speichern der Daten Offline: Klassifizierung der Ereignisse Rekonstruktion der Ereignisse Physik-Analyse Rechenzentrum Lyon Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Online-Filter: Teilchen- und Untergrund-Raten ANTARES Online-Filter: Teilchen- und Untergrund-Raten Teilchenraten Myonen aus Neutrinos O(10-5/ s) atmosph. Myonen O(103/ s) Untergrundraten 40K-Zerfall, Biolumineszenz Rate pro PM: 60 – 200 kHz Datenrate durch Untergrund dominiert Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Online-Filter: Datenraten und Strategie ANTARES Online-Filter: Datenraten und Strategie Datenrate vom Detektor („all-data-to-shore“): ~ 1 GB / s Datenratenlimit: ~ 1 MB / s (30 TB pro Jahr) Prozessierung der Daten auf Computerfarm ( ~ 100 PCs) Aufgabe des Filters: Reduktion des Untergrunds bei möglichst hoher Signaleffizienz Filterstrategie: Signalereignisse: PM-Signale zeitlich und räumlich korreliert Untergrund: PM-Signale zeitlich und räumlich statistisch verteilt Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Online-Filter: Filterstufen ANTARES Online-Filter: Filterstufen Stufe 1: Koinzidenzen auf einem Stockwerk (Dt < 20 ns) oder großes Einzelsignal (> 2.4 SPE) Stufe 2: Kausalitätsbedingung Dt < n / c · Dx Stufe 3: akzeptiert wenn genügend kausal verknüpfte Treffer Effizienz cos qc ≈ 1 / n Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Optimierung des Online-Filter ANTARES Optimierung des Online-Filter Kausalitätsbedingung: Dt < n / c · Dx Dxmin = Minimum der Abstände aller Trefferpaare in einem akzeptierten Ereignis Myonen E > 10 GeV Untergrund 100 kHz Schnitt Dxmin < 60 m: Untergrundunterdrückung ≈ 97%, Effizienzverlust ≈ 1.5% Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Ereignisrekonstruktion: Myonen ANTARES Ereignisrekonstruktion: Myonen Signatur: Čerenkov-Photonen von m-Spur Informationen: Photomultiplier-Ort und -Ausrichtung, Signalamplitude und Zeit, Eigenschaften der Čerenkov-Strahlung Spur-Rekonstruktion Energie-Rekonstruktion Dq < 0.3o (E > 10 TeV) D(log E) = 0.3 (E > 1 TeV) Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Ereignisrekonstruktion: Schauer ANTARES Ereignisrekonstruktion: Schauer Signatur: „Punktquelle“ von Čerenkov-Photonen Informationen: PM Ort / Ausrichtung, Signalamplitude / Zeit, Eigenschaften der Čerenkov-Strahlung Winkelauflösung: Energieauflösung: D(log E) ≈ 0.23 Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
ANTARES: weitere Planung Modifikationen des Designs zur Behebung der Schwachstellen vorgenommen Anfang 2005 Test von Mechanik + Kabel mit vollem String ohne Elektronik Installation des Detektors ab Frühjahr 2005 – Anfang 2007 Massive Beiträge der Erlanger Gruppe bei Aufbau und Betrieb Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
km3- große Čerenkov-Teleskope zukünftige n-Teleskope km3- große Čerenkov-Teleskope km3-Detektoren nötig, um Physikpotential von Neutrino-Teleskopen voll auszuschöpfen IceCube (Südpol): Gelder bewilligt Einfrieren der ersten 4 Strings diesen Polarsommer Installation des gesamten Detektors bis 2010 KM3NeT (Mittelmeer): Gemeinsames Projekt der europäischen n-Teleskop-Gruppen Start einer 3-jährigen EU-finanzierten „Design Study“ (Gesamtvolumen 25 MEuro) in etwa einem Jahr Koordination in Erlangen Geplanter Baubeginn kurze Zeit nach Abschluß der „Design Study“ Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Alternative Teilchendetektion zukünftige n-Teleskope Alternative Teilchendetektion Neutrinos mit E > 1 EeV mit „klassischen“ Konzepten nicht erreichbar Alternativen: u.a. Radio-Detektion, akustische Detektion Akustische Teilchendetektion: thermoakustisches Modell lokale „Wassererhitzung“ durch Teilchenschauer erzeugt Druckpuls Bipolare Form mit Amplitude O(1 mPa · E / PeV) in 400 m Abstand Reichweite von Schall in Wasser etwa 10 mal größer als von Licht Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
F&E zur akustischen Teilchendetektion in Erlangen zukünftige n-Teleskope F&E zur akustischen Teilchendetektion in Erlangen Zielsetzung: Entwicklung eines tragfähigen Konzepts für die akustische Neutrino-Detektion bei Energien > 1 EeV Erlangen einer der weltweit führenden Gruppen Mittelfristig: Bestückung von ANTARES mit akustischen Modulen Aktivitäten: Entwicklung/Test von Hydrophonen Testmessungen am Protonenstrahl Kalibrationsquellen Signalfilter und Korrelationsalgorithmen Detektorsimulation . . . Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Testmessungen am Protonenstrahl zukünftige n-Teleskope Testmessungen am Protonenstrahl Protonenstrahl erzeugt in Wasser ähnlichen Schauer wie Neutrino Ziel: Test von Hydrophonen, detaillierte Vermessung des Schallsignals z.B.: Signalamplitude sollte bei 4oC Wassertemperatur verschwinden 180 MeV Protonen Beweis für thermoakustische Signalerzeugung Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Zusammenfassung Neutrino-Astronomie wichtiges Instrument zur Klärung fundamentaler astrophysikalischer Fragestellungen Das ANTARES-Neutrino-Teleskop ist zur Zeit im Aufbau und wird seine Endausbaustufe 2007 erreichen Erfolgreicher Test der Installations- / Bergungsprozeduren + wichtige Daten mit Prototyp (finales Detektordesign) genommen Entscheidende Beiträge der Erlanger ANTARES-Gruppe: Online-Filter, Rekonstruktion, Simulation, Aufbau & Betrieb km3 Neutrino-Teleskope in Planung (KM3NeT) / Aufbau (IceCube) akustische Teilchendetektion vielversprechende Alternative zu optischen Teleskopen für En > 1 EeV Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
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kosmische Strahlung Kosmische Strahlung Erstmals 1912 von Victor Hess während einer Ballonfahrt beobachtet Besteht hauptsächlich aus: Protonen (85%), a-Teilchen (12%) nur ca. 2% Elektronen GZK-Cutoff p + g3K → D → p + N < 1 TeV Satelliten/Ballonexp. > 1 TeV Luftschauerdetektoren (Kaskade, AGASA, Fly‘s Eye, Pierre-Auger-Observatory) irdische Beschleuniger: LHC Strahlenergie ~1013 eV Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Kosmische g-Strahlung kosmische Strahlung Kosmische g-Strahlung Elektron-Synchrotronstrahlung, inverse Compton-Streuung, p0-Zerfall Integral HESS MAGIC Cangaroo Whipple XMM, Chandra EGRET, GLAST Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Beschleunigungsmechanismen kosmische Strahlung Beschleunigungsmechanismen Fermi-Beschleunigung (erste Überlegungen 1949 von Fermi): Beschleunigung an Schockfronten, z.B. von Supernovae (SN) DE b _ bis ca. 101315 eV dN / dE E-g Mechanismen für E > 1015 eV noch nicht verstanden Emax L·B Teilchen müssen in Beschleunigungsregion über lange Zeit gehalten werden Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen
Sensitivität von Neutrino-Teleskopen auf diffusen Fluß kosmische Neutrinos Sensitivität von Neutrino-Teleskopen auf diffusen Fluß Bis jetzt noch keine extra-solaren Neutrinos beobachtet ! Tandemkolloquium Erlangen, 16.12.2004 Alexander Kappes Universität Erlangen