Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Den Menschen Hoffnung geben Wo Kirche lebendig wird.
Advertisements

II. Was ist Christliche Sozialethik?
IX. Christliche Sozialethik als Strukturenethik
Pädagogische Woche KÖLN Mittwoch, 26. Oktober 2005
Pädagogische Woche KÖLN Freitag, 28. Oktober 2005
„Eine Zivilisation der Gerechtigkeit und der Liebe“
Weltloses Heil – heillose Welt.
Kloster Steinfeld 9. Juni 2009 Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer
Kirche und Wirtschaft – wie wirksam können christliche Prinzipien sein? Dr. Arnd Küppers, Stv. Direktor, Katholische Sozial-wissenschaftliche Zentralstelle,
Kirchenvorstandswahl 2012 Informationen zur Wahl - Was macht der Kirchenvorstand? - Was wird von einem Kirchenvorstandsmitglied erwartet? - Was ist der.
Bedeutung und Verwendung Zweiteilige Konjunktionen und Subjunktionen.
Persönliche Assistenz
Was ist eigentlich „gut“ sein?
Persönliche Ermutigung
Frau Doktor Semmler + Konjunktiv
Katholizismus und seine sozialethischen Grundaussagen
Fragen, die du dir schon immer gestellt hast…
WER DU BIST.
Satzglieder, Subjekte und
Echte Freundschaft.
Ich fand zur Vesperzeit
Proseminar zu Schellings „Vom Ich als Prinzip der Philosophie“
Dr. Marita Pabst-Weinschenk, HHU Düsseldorf
Aufruf an Euch Lichtarbeiter zur Zeitenwende
Wenn der Glaube schwierig wird
I Love Stones Musik: waiting for fall, Peter seiler.
Gesellschaft und Bildung im Wandel: Und die Schule?
STEFAN-ANDRES-REALSCHULE plus
Wir hören immer von Regeln aus Sicht der Frauen. Hier sind endlich die Regeln aus Sicht der Männer.
Eine Ehepaar unterhält sich nach langer Ehe.
Eine Ehepaar unterhält sich nach langer Ehe.
Die 16 Entscheidungen der Grameen Bank
Was Sie schon immer wissen über diese Spezies wissen wollten
Der Gottesknecht im Alten und im Neuen Testament
Willkommen in Paris und in der Mission Locale Pari d Avenir.
Unser Ziel- Freundschaft mit Gott
1 Österreichisches Jugendrotkreuz Internationaler Tag der Älteren Menschen 01. Oktober.
Die Freiheit der Seele ... läuft automatisch mit Musik
Unser Jahresleitvers: Werdet stark im Herrn und in der Macht
Möchte mich am Feuer Deiner Seele wärmen ...
Was ist Kirche? Gottesdienste, Ministranten
Von Danique, Philipp & Konstantin
Wort des Lebens Mai 2010 Wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden, und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren. (Joh 14,21)
Gemeinschaftsstiftende Liebe 1. Johannes 4, 7-21
EMK Profil.
Mit dem Ziel, Eltern bei ihrer schönen, aber auch anspruchsvollen Aufgabe der Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen, lancierte der Schweizerische Bund.
Wie helfe ich anderen zum GLAUBEN AN JESUS Ein-Vers-Methode.
Europatag der Geistlichen Gemeinschaften 12. Mai 2012
AUS DER SICHT DES HIMMELS IST WEIHNACHTEN IMMER EIN FEST DER LIEBE
ohnmächtig wollen ohren an glatten wänden des halls
Willkommen zum Seminar Die besten Argumente den Glauben mit Ulrich Hees (München) Chancen und Grenzen christlicher Apologetik.
Prophetie von Carolyn Krull Ich bringe tiefe Heilung in die Gemeinde. Niemand wird ausgelassen, denn niemand wird ausgenommen, wenn meine Herrlichkeit.
Grundlagen christlicher Ethik Teil 1
Hi, ich hab hier ein neues Programm, das würde ich gern auf meinem persönlichen System installieren. Es heißt LIEBE. Was soll ich denn da als erstes.
Für eine liebe Freundin...
Ich schenk Dir tausend Sonnenstrahlen...
Als Gott die Frau schuf, war es schon sehr spät am 6. Tag.
„Der Rennende“ (Ungefähre Übersetzung) Tafsir auf Deutsch für Kinder
12 Fragen von Gerhard Feil
Freundschaft für mich und dich. Freundschaft für mich und dich.
ARBEITSLOS.
Performer PRIMUS ® und PRIMUS 50plus ® Generationen -Versorgung.
"Und Gott schuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen:
Überlegungen zu einer eschatologischen Pastoral Linz, 14. März 2009 Konturen einer neuen Kirchengestalt.
Prof. Dr. Ursula Nothelle-WildfeuerReligionslehrerfortbildung Speyer Kinderarmut in Deutschland und die Perspektiven der christlichen Soziallehre.
Folie 1 Kulturelle Vielfalt: eine ethische Reflexion Peter Schaber (Universität Zürich)
Untersuchung zur Haltung der Mitarbeiter
Familie im Blick AL zum Zusammenleben in der Familie
Familie im Blick AL zum Zusammenleben in der Familie
 Präsentation transkript:

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim „Was heißt da schon Gerechtigkeit?“ Fragen der Sozialstaatsreform aus der Perspektive der christlichen Sozialethik Kurpfälzer Sozialtage Mannheim Prof. Dr. Ursula Nothelle-Wildfeuer Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 16.11.2006

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 1. „Was ist los mit unserem Sozialstaat?“ -Aktuelle gesellschaftliche Problemfelder als Herausforderung für die christliche Sozialethik 1.1 „Damit er marktfähig wird…“ – Der Umbau des Sozialstaats W. Kersting: „Selbstständige in Wartestellung“ Fixierung auf die Markt- und Wirtschaftsfähigkeit der Menschen aus der Perspektive des christlichen Menschenbildes eine völlig unzulässige Verkürzung! Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 1. „Was ist los mit unserem Sozialstaat?“ Aktuelle gesellschaftliche Problemfelder als Herausforderung für die christliche Sozialethik 1.2 „Da gibt es kaum noch ein Entrinnen…“ – Die neue Unterschicht Exklusion aus der Gesellschaft, Chancen- und Erfolgslosigkeit Trifft nicht mehr nur eine so genannte „Unterschicht“, sondern hat sich in das Zentrum der Gesellschaft ausgebreitet Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 1. „Was ist los mit unserem Sozialstaat?“ Aktuelle gesellschaftliche Problemfelder als Herausforderung für die christliche Sozialethik 1.3 „Fordern und fördern“ – Hartz IV und die Arbeitsmarktpolitik Gratwanderung zwischen Eigenverantwortung und solidarischer Unterstützung Aber: Rahmenbedingungen nicht ausreichend gestaltet Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 1. „Was ist los mit unserem Sozialstaat?“ Aktuelle gesellschaftliche Problemfelder als Herausforderung für die christliche Sozialethik 1.4 Familienpolitik Aktuelle Debatte: Geht es wirklich um das Wohl des Kindes bzw. eine Förderung der Familien? Die Familie darf im Rahmen der Familienpolitik nicht zu einer ökonomisch oder politisch, speziell bevölkerungspolitisch funktionalisierbaren oder funktionalisierten Größe werden! Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 2. „Was heißt da schon sozial gerecht?“ Zu einem Grundwert christl. Sozialethik 2.1 „Das allein kann es nicht sein …“ - Engführungen des Begriffs „Soziale Gerechtigkeit“ 1. Subjekt, Produzent und Garant sozialer Gerechtigkeit ist primär der Staat. 2. Soziale Gerechtigkeit ist dann hergestellt, wenn die ökonomischen Verhältnisse der Staatsbürger zu einem gerechten Ausgleich gekommen sind. 3. Dieses Ziel ist rein technisch-praktisch zu verwirklichen. Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 2. „Was heißt da schon sozial gerecht?“ Zu einem Grundwert christl. Sozialethik 2.2 „Alle müssen zur Verwirklichung beitragen …“ - Soziale Gerechtigkeit als Aufgabe der Gesellschaft Anbindung an die Gemeinwohlgerechtigkeit Subsidiaritätsprinzip einer ungehemmten gesellschaftlichen Machtbefugnis des Staates in QA (1931) entgegengestellt Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 2. „Was heißt da schon sozial gerecht?“ Zu einem Grundwert christl. Sozialethik 2.3 „Keiner darf ausgeschlossen sein …“ Soziale Gerechtigkeit als Beteiligungsgerechtigkeit Amerikanischer Wirtschaftshirtenbrief von 1986: „kontributive Gerechtigkeit“ „dass die Menschen die Pflicht zu aktiver und produktiver Teilnahme am Gesellschaftsleben haben und dass die Gesellschaft die Verpflichtung hat, dem einzelnen diese Teilnahme zu ermöglichen.“ (Nr. 71) Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 2. „Was heißt da schon sozial gerecht?“ Zu einem Grundwert christl. Sozialethik 2.3 „Keiner darf ausgeschlossen sein …“ Soziale Gerechtigkeit als Beteiligungsgerechtigkeit Memorandum einer Expertengruppe, berufen durch die Kommission VI für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz: Mehr Beteiligungsgerechtigkeit“ „Es kommt darauf an, allen – je nach ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten – Chancen auf Teilhabe und Lebensperspektive zu geben, statt sich damit zu begnügen, Menschen ohne echte Teilhabe lediglich finanziell abzusichern.“ Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 2. „Was heißt da schon sozial gerecht?“ Zu einem Grundwert christl. Sozialethik 2.4 „Das ist aber ungerecht …“ - Soziale Gerechtigkeit als Frage des Ethos Soziale Gerechtigkeit lässt sich nicht rein technisch-praktisch herstellen, sondern erfordert auch eine angemessene Einstellung der Mitglieder einer Gesellschaft: QA 88: Formel von der „sozialen Gerechtigkeit und der sozialen Liebe“ neu erwachtes und intensiv artikuliertes „Gerechtigkeitspathos“ allein schafft daher noch keine soziale Gerechtigkeit, „Die Erfahrung der Vergangenheit und auch unserer Zeit lehrt, dass die Gerechtigkeit allein nicht genügt, ja, zur Verneinung und Vernichtung ihrer selbst führen kann, wenn nicht einer tieferen Kraft – der Liebe – die Möglichkeit geboten wird, das menschliche Leben in seinen verschiedenen Bereichen zu prägen.“ (DM 12,3). Vgl. auch Nikolaus Monzel: „Liebe als Sehbedingung der Gerechtigkeit“ Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 3. „Und was hat die Kirche mit ihrer Soziallehre jetzt beizutragen?“ – Christlich-Sozialethische Elemente einer Agenda der sozialen Gerechtigkeit 3.1 „Die Kirche soll sich auf das Eigentliche besinnen …“ - Der Dreiklang von Liturgia, Martyria und Diakonia Das gemeinsame Sozialwort der beiden Kirchen „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ von 1997 formuliert: „Die Christen können nicht das Brot am Tisch des Herrn teilen, ohne auch das tägliche Brot zu teilen. Ein weltloses Heil könnte nur eine heillose Welt zur Folge haben.“ Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 3. „Und was hat die Kirche mit ihrer Soziallehre jetzt beizutragen?“ – Christlich-Sozialethische Elemente einer Agenda der sozialen Gerechtigkeit 3.2 „Das ist doch wirklich unmenschlich …“ - Die Sorge um den Menschen in seiner Würde Sorge um das Wohl des Menschen in seiner personalen Würde als vorrangige und zentrale Aufgabe, als Folge des Doppelgebots der Gottes- und Nächstenliebe (Mk 12,28-31 par). Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 3. „Und was hat die Kirche mit ihrer Soziallehre jetzt beizutragen?“ – Christlich-Sozialethische Elemente einer Agenda der sozialen Gerechtigkeit 3.3 „Mit denen ist doch sowieso nichts anzufangen …“ - Die Option für die Armen Option für die Armen, für die Ausgeschlossenen, die Schwachen, Benachteiligten und an den Rand Gedrängten, d.h.: es ist immer wieder darauf zu achten, inwiefern das politische Handeln „die Armen betrifft, ihnen nützt und sie zu eigenverantwortlichem Handeln befähigt. Dabei zielt die biblische Option für die Armen darauf, Ausgrenzungen zu überwinden und alle am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Sie hält an, die Perspektive der Menschen einzunehmen, die im Schatten des Wohlstands leben und weder sich selbst als gesellschaftliche Gruppe bemerkbar machen können noch eine Lobby haben.“ Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 3. „Und was hat die Kirche mit ihrer Soziallehre jetzt beizutragen?“ – Christlich-Sozialethische Elemente einer Agenda der sozialen Gerechtigkeit 3.3 „Mit denen ist doch sowieso nichts anzufangen …“ - Die Option für die Armen Impulstext „Das Soziale neu denken“, (12.12.2003) Frage, wie man den berechtigten Anliegen, Sorgen und Nöten derjenigen Gehör verschaffen und ihre Probleme einer gemeinwohlverträglichen Lösung zuführen kann, die keine Lobby haben. Vorschlag des Impulspapiers: Sozialstaats-TÜV Prüfung der Kinderverträglichkeit aller soz.pol. Maßnahmen Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 3. „Und was hat die Kirche mit ihrer Soziallehre jetzt beizutragen?“ – Christlich-Sozialethische Elemente einer Agenda der sozialen Gerechtigkeit 3.4 „Die sollen doch mal selber was tun …“ Das Subsidiaritätsprinzip zwischen Eigenverantwortung und solidarischer Unterstützung Subsidiaritätsprinzip, erstmalig 1931 in der kirchlichen Sozialenzyklika „Quadragesimo anno“ Nr. 79 formuliert 1. die subsidiäre Kompetenz resp. das Entzugsverbot: 2. subsidiären Assistenz 3. subsidiären Reduktion Kompetenzanerkennungsprinzip Prinzip der Freiheitsermöglichung Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips: Sozialstaat - nicht eine Überbrückungsveranstaltung - nicht ein Versorgungs- resp. Fürsorgestaat (vgl. Centesimus annus 1991) Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 3. „Und was hat die Kirche mit ihrer Soziallehre jetzt beizutragen?“ – Christlich-Sozialethische Elemente einer Agenda der sozialen Gerechtigkeit 3.5 „Die leben doch eh schon ganz von unsern Steuern …“ Das Solidaritätsprinzip zwischen Hilfe zur Selbstständigkeit und Rundum-Versorgung Eine Kultur der Solidarität ist gerade aus der Perspektive der christlichen Sozialethik unverzichtbar und die Kehrseite der Rede von der Menschenwürde! Aber: Gesellschaftliche Solidarität ist nicht einfachhin durch Verteilungspolitik einzulösen Solidaritätsprinzip erst im Zusammenspiel zweier Elemente angemessen verstanden 1. Entgegennehmen der Leistungen der Solidarität. 2. Erbringen der Leistungen der Solidarität Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim 3. „Und was hat die Kirche mit ihrer Soziallehre jetzt beizutragen?“ – Christlich-Sozialethische Elemente einer Agenda der sozialen Gerechtigkeit 3.5 „Die leben doch eh schon ganz von unsern Steuern …“ Das Solidaritätsprinzip zwischen Hilfe zur Selbstständigkeit und Rundum-Versorgung Eine Kultur der Solidarität ist gerade aus der Perspektive der christlichen Sozialethik unverzichtbar und die Kehrseite der Rede von der Menschenwürde! Aber: Gesellschaftliche Solidarität ist nicht einfachhin durch Verteilungspolitik einzulösen Solidaritätsprinzip erst im Zusammenspiel zweier Elemente angemessen verstanden 1. Entgegennehmen der Leistungen der Solidarität. 2. Erbringen der Leistungen der Solidarität Kurpfälzer Sozialtage Mannheim

Kurpfälzer Sozialtage Mannheim Schluss: „Das soll hilfreich sein?“ Utopie oder (realistischer) Beitrag zur Weltgestaltung? Sorge um eine „Zivilisation der Gerechtigkeit und der Liebe“ - eine Utopie oder ein (tatsächlich wirkungsvoller) christlicher Beitrag zur (Mit)gestaltung von Welt und Gesellschaft? Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ über die „Kirche in der Welt von heute“ Nr. 39: „eschatologischer Vorbehalt“ Kurpfälzer Sozialtage Mannheim