Renaissance und Reformation (XV-XVI Jhh.)

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Renaissance, Humanismus und Reformation
 Präsentation transkript:

Renaissance und Reformation (XV-XVI Jhh.) Vorlesung 2

Die frühneuhochdeutsche Literatur (1350 - 1600) a) Renaissance und Humanismus b) historischer Hintergrund c) literarische Formen d) Vertreter

a) Renaissance und Humanismus europäische Bewegung, besonders in Italien vertreten Gegenbewegung zur Scholastik und der damaligen kirchlichen Autorität Früh- (1420-1500), Hoch- (1500-1533) und Spätrenaissance (1533-1600) Wiedergeburt des Gedankenguts aus der Antike (allseitig ausgebildete Menschlichkeit, individuelle Persönlichkeitsentfaltung, »Der Mensch ist das Maß aller Dinge«)

b) historischer Hintergrund Entdeckung Amerikas (1492) frühkapitalistische Tendenzen (Fugger) um 1600 durch den Humanismus bedingte neue astronomische Erkenntnisse, Erfindungen, Weltbildveränderung erhebliche Kostenersparnisse bei der Buchherstellung durch Gutenbergs Buchdruckmaschine mit beweglichen Lettern (1445), Bücher erfahren eine größere Verbreitung

c) literarische Formen Meistersang (entstanden aus dem höfischen Minnesang), Volkslied (entstanden aus der niederen Minne) Helden-, Ritter-, Abenteuerromane Fabeln, Novellen, Schwänke, Fazetien (gesammelt und gebündelt herausgegeben) Andachts-, Gebets-, Sterbebüchlein Streitgespräche, Fastnachtspiele (Verspottung), Narrenliteratur (Till Eulenspiegel) Volksbücher (Historia von D. Johann Fausten, Die Schildbürger)

d) Vertreter Sebastian Brant Das Narrenschiff, löste Narrenliteraturflut aus Erasmus von Rotterdam bedeutendster Vertreter des Humanismus, Ständekritik, sehr feine Ironie, lehnte Luthers religiöse Radikalisierung ab, Das Lob der Torheit Johann Fischart Johann Geiler von Kaisersberg Ulrich von Hutten Unterstützung Luthers, 2. Teil der Dunkelmännerbriefe Johannes von Tepl Der Ackermann aus Böhmen, Streit zw. Ackermann und Tod Martin Luther Reformator, 1517 Thesenveröffentlichung, Das Neue Testament Deutsch, Übersetzung der Bibel um 1534 ins Deutsche in einer »allgemein verständlichen Sprache«, Flugschriften Von der Freiheit eines Christenmenschen und An den christlichen Adel deutscher Nation Hans Sachs Der fahrende Schüler im Paradies, Das Kälberbrüten, Das heiße Eisen

Zum Stichwort Humanismus von lat. humanitas = Bildung, Menschlichkeit 14. bis 16. Jahrhundert Lebensanschauung, beeinflusst von der idealisierten klassischen und christlichen Antike ausgehend von Italien wissenschaftlich-geistige Sei- te/Grundlage der Renaissance Mensch als Mittelpunkt Anerkennung der Individualität des Mitmenschen allein deswe- gen, weil er Mensch ist.

Zum Stichwort Humanismus Griechisches Erbe: Aristoteles (384-322 v.Chr.), Menander (342-291 v.Chr.) übernommen von den römischen Humanisten der Stoa: insbes. Cicero (106-43 v.Chr.), Seneca (1-64 n.Chr.)

Zum Stichwort Humanismus Wichtigste Vertreter Frühhumanisten Dante Alighieri (1265-1321) Francesco Petrarca (1304-1374) Giovanni Boccaccio (1313-1375) Nikolaus von Kues (1401-1464)

Zum Stichwort Humanismus Wichtigste Vertreter Humanisten der frühen Neuzeit Johannes Reuchlin (1455-1522) Erasmus von Rotterdam (1469- 1536) Albrecht Dürer (1471-1528) Thomas Morus (1478-1535) Ulrich von Hutten (1488-1523) Philipp Melanchthon (1497-1560)

Zum Stichwort Humanismus Humanismus = fortschrittliches, sich vom Mittelalter abwendendes geistiges Klima Man unterscheidet zwischen der Renaissance als dem umfassenden kulturellen und sozialen Wandel zwischen MA und NZ und dem Humanismus als der Bildungsbewegung, die ihm zugrundeliegt. allmähliche Abkehr vom theozen- trischen, jenseitsorientierten Denken des Mittelalters. Im MA ist für das öffentliche wie private Leben der Willen Gottes Richtschnur. MA: Christentum als einende Klammer der Völker. Bei Beginn des 14. Jh. aber Säkularisierung aller Verhältnisse (u.a. durch Welthandel). Änderung des persönlichen Ideals der Menschen: Nicht mehr der Heilige, sondern die kraftvolle, autonome, rücksichtslos ihre Individualität auslebende Persönlichkeit wurde ihr Ideal. gesteigertes Empfinden für die Schönheit der Sprache, die Naturschönheit und für innere und äußere Persönlichkeitsstruktur neuer Typus des Gelehrten und des Literaten. Er ist nicht mehr vornehmlich Theologe, sondern pflegt ein profanes Menschheitsideal. Daher „Humanist"

Zum Stichwort Humanismus Humanismus in Italien 14. Jahrhundert gesteigertes Nationalbewusstsein: vermehrtes Interesse für die Ge-schichte für die Sprachen, in de-nen die Geschichtswerke geschrie-ben waren (klassisches Latein und Griechisch). Planmäßige, z.T. von den Päpsten veranlasste Forschungen nach Handschriften sichern das wichtig-ste Schrifttum der Römer, das in großzügig angelegten Bibliotheken gesammelt (Vaticana 1480) und später von humanistischen Dru-ckern herausgegeben wurde. Reinigen und Erklären der Texte führt zur Philologie. Als Muster und Vorbild der klassischen Sprache gilt Cicero (Petrarca). Enthusiasmus in der Verehrung der Antike als Urbild. neues Menschheitsideal, das Bildungsziel der autonomen Persönlichkeit Der Uomo universale, der allseitig gebildete und befähigte Mensch ist neues Ideal Antike bisher als Vorstufe und Vorhalle des Christentums und als Vorläufer der Gegenwart, nun Ide-al. Erhält Absolutheit der Form und teilweise auch des Inhalts zuer-kannt. Nicht Fortbildung, sondern Nachbildung der Antike ist das Ziel. Vertreter der scholastischen Philo-sophie verdrängt durch Humani-sten. Aristotelismus ersetzt durch einen christlich verstandenen Plato-nismus

Zum Stichwort Humanismus Humanismus in Deutschland und Europa Deutschland am Hof Karls IV. verstärkt besonders durch die Re-formkonzilien von Konstanz (1414/ 18) und Basel (1431/49) Gipfel Erasmus von Rotterdam. Ulrich von Hutten bezeugt bereits die Krise des Humanismus in der Reformationszeit. Besonders in Deutschland und Frankreich: Einfluss des Humanis-mus auf Vorreformation und Refor-mation. Reformatoren Zwingli, Melanch-thon, Calvin stark beeinflusst durch H. Erbe des Humanismus in der Pflege antiken Geistesgutes wurde besonders die klassische Philologie. Die abendländische Dichtung sah lange Zeit die antike Poetik als maßgebend an.

Till Eulenspiegel Der “Historische” Eulenspiegel lebte ca. 1300-1350. Mündliche Überlieferung. Geschichten zusammengefasst (wahrscheinlich) von Hermann Bote (1467-1520) in einem Volksbuch, “Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel”, 1515 Grober Volkshumor und Satire Woodcut by Hans Balding Grien in the 1515 edition of Eulenspiegel’s adventures.

Till Eulenspiegel Tradition der Schwankbücher im Mittelalter. Satire gegen die Arroganz der Oberschichten Sein Name widerspiegelt seine Rolle als Satiriker Eulenspiegel ist voller großer Widersprüche und Paradoxa, gesprächig, vulgär, sympathisch

Erasmus von Rotterdam und das Ideal der „bonae litterae“ 1466/69 – 1536 Studium in Paris (1495-99), Italien (1506-09), London (1509-14) ab 1516 in Basel und Freiburg Werke: Adagia¹ 1500 Encomium moriae², 1509/11 NT – Ausgabe, 1516 Colloquia familiaria³, 1518 Kirchenväterausgaben, 1520ff De libero arbitrio,4 1523 1) Sammlung antiker und biblisch-christlicher Sprichwörter, erweiterte Neuauflage 1515 2) Lob der Torheit, Satire auf die Eitelkeiten gesellschaftlicher Reputation unter Fürsten, Kleriker, Mönche, Professoren, Kaufleute, verwirft den Krieg, plädiert für Menschlichkeit und natürliches Selbstgefühl 3) Vertraute Gespräche, ironisierende Skizzen des täglichen Lebens zugunsten einer lebensnahen Moralphilosophie, z.B. Verteidigung des Bildungsanspruchs für die Frau; zugleich Anleitung zu einer an Cicero orientierten eleganten Latinität 4) Vom freien Willen, Plädoyer für eine Synthese von göttlicher Gnade und menschlicher Verantwortung; gerichtet gegen die moralische destruktiven Folgen einer radikalen Gnadenlehre lutherischer Prägung --- Weitere wichtige Schriften: Enchiridion militis christiani, 1503, ²1516 (Handbuch eines christlichen Streiters) – christliche Tugend ist Kampf gegen das Laster Querela Pacis (Klage des Friedens) 1517 – Frieden ist eine hoher Wert an sich > Zum Gemälde Gemälde von Quentin Massys, 1517, 59 x 46,5, Öl auf Holz, Galleria Nazionale d'Arte Antica (Palazzo Barbarini), Rom

die Neuausgabe des griechischen Neuen Testaments links Titelblatt der ersten Auflage des NT, zunächst noch „Novum Instrumentum“ genannt. Über 1000 Jahre hinweg war im Abendland die Vulgata, die lateinische Übersetzung des Hieronymus Ende des 4. Jh. der authentische Bibeltext. Dem humanistischen Anspruch, zurück zu den Quellen, konnte eine Übersetzung nicht genügen. Erasmus machte sich, zusammen mit seinem Verlegen Johannes Froben, an die Arbeit. Die Herausgabe des NT im griechischen Original ist zwar die größte exegetische Leistung des Erasmus, jedoch nicht die erste und einzige. Voraus ging die Edition der Annotationes (Bemerkungen zum Neuen Testament) des Laurentius Valla, 1503. Dessen philologischer Fertigkeit verdankt er viel. Valla wurde ihm durch den englischen Humanismus (John Colet und Thomas Morus) vermittelt. Auf der Grundlage dieser Edition hat Luther seine Übersetzung des NT von 1522 angefertigt. Erasmus hat seiner Edition ebenfalls eine Übersetzung beigegeben, und zwar in der Sprache, die für ihn die Muttersprache war: das Lateinische > rechts: Beginn des Matthäusevangeliums, zweisprachig KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

das Titelblatt N e u e s T e s t a m e n t vollständig und sorgfältig von E r a s m u s v o n R o t t e r d a m durchgesehen und verbessert, nicht nur an Hand der griechischen Sprache, sondern auch nach der Überlieferung vieler Codices beider Sprachen, deren Alter und Qualität feststeht, schließlich nach Zitaten, Verbesserungen und Auslegungen, zuverlässigster Autoren, vor allem des Origenes, Chrysostomos, Kyrill, der Vulgata, Hieronymus, Cy- prian, Ambrosius, Hilarius, Augustinus, zusammen mit Anmerkungen, die den Leser unterrichten sollen, was aus welchem Grund verändert wurde. Wer auch immer die wahre Theologie liebt, der lese, verstehe, und urteile dann. Sei nicht sofort beleidigt, wenn dir eine Veränderung anstößig ist, sondern erwäge, ob es nicht zum Besseren verändert worden ist. Bei dem in ganz Deutschland berühmten Basler [Buchdrucker] Mit dem Privileg des erhabenen Kaisers Maximilian, dass kein anderer im Bereich des heiligen römischen Reichs, im Zeitraum von vier Jahren [nach]druckt, oder von anderswoher einen Druck einführt. das Titelblatt Das Problem einer exakten (heute: historisch kritisch) Edition des NT ist, dass es keine Urschrift gibt; man weiß nicht einmal, wann und durch wenn herausgegeben das NT zum ersten Mal im antiken Buchhandel erschienen ist. Hingegen gibt es eine Vielzahl von Bücher, die das NT mehr oder weniger vollständig enthalten; diese nennt die ntl. Wissenschaft Codices. Im allgemeinen gilt für den Vergleich dieser Codices der Grundsatz, je älter, desto zuverlässiger. Von der Arbeit des Herausgebers Erasmus berichtet das Titelblatt (Das Titelblatt als eine Art Vorwort zu nutzen, ist eine Praxis, die noch lange erhalten geblieben ist): Folie erläutern: vieler Codices etc. > Emblem des berühmten Basler Buchdruckers

NT – zweite Auflage, 1518 Motto: Quisquis igitur amas veram Theologiam, lege, cognosce, ac deinde iudica. ... Nam morbus est, non iudicium, damnare quod non inspexeris. In der schon sehr bald danach erfolgten 2. Auflage ändert sich der Titel. Aus „Novum Instrumentem“ ist der dann üblich gewordene Titel: > „Novum Testamentum“ geworden. Um den vielen Kritikern und Neidern das Wasser abzugraben, wurde hinzugefügt: > Salvo ubique et illabefacto ecclesiae iudicio In allem unbeschadet des unerschütterlichen Urteils der Kirche. Außerdem ein Hinweis auf die neu aufgenommenen Kommentare zu den Briefen: Addita sunt in singulas Apostolorum epistolas Argumenta ... Gegen die lautstarken Kritiker, die lospoltern, bevor sie die Sache wirklich zur Kenntnis genommen haben, fügt er auf dem Titelblatt das > Motto hinzu: > … Solltest Du die wahre Theologie lieben, lies, überlege, und erst dann urteile. ... Denn eine Krankheit, nicht ein Urteil, ist es, das, was man nicht untersucht hat, zu verwerfen.

humanistische Gelehrsamkeit und Buchdruck Johannes FROBEN, Buchdrucker in Basel, 1460 - 1527. Studium der alten Sprachen in Basel Korrektor bei Amerbach 1491 in eigener Druckerei: „Biblia integra“ 1516 NT-Ausgabe seines Freundes Erasmus von Rotterdam Väterausgaben: Hieronymus (s. d.)¹, Cyprian (s. d.)² und Rufinus (s. d.)³, Tertullian (s. d.)4, Hilarius (s. d.)5 und Ambrosius (s. d.)6 Sein Sohn Hieronymus und sein Schwiegersohn Nikolaus Episcopius und seine Enkel Ambrosius Aurelius F. setzten das Geschäft fort. weitere Väterausgaben: Augustinus (s. d.), Basilius (s. d.)7 und Chrysostomus (s. d.)8 erläutert am Beispiel Johann Froben, Basel Folie 1) 347-419, Zeitgenosse Augustins, der gelehrte Mönch, vermittelt die hellenistische Bildung nach Westen, Schöpfer der Vulgata 2) 200/210-258, Bischof und kirchlicher Schriftsteller 3) 345-410, Zeitgenosse des Hieronymus, Vermittler östlicher v.a. monastischer Ideen nach Westen, Anhänger des Origenes 4) 160-220, der erste große lateinisch sprechende Kirchenvater 5) 4. Jh. Bf. von Poitier 6) 340-397, der Mailänder Kirchenfürst, führte nach östlichem Vorbild den hymnischen Kirchengesang ein --- 7) größter Theologe des 4. Jh., baut die nizänische Christologie zur Trinitätslehre aus, legte Basis für kirchlichen Konsens in Konstantinopel 381 8) griech.: Goldmund, der bedeutendste Prediger des 4. Jh. Basel nur ein Zentrum und Froben nur eine der Druckereien in Basel: daneben: Lyon, Venedig ohne Medium des Buchdrucks ist weder Humanismus (Antiken-Ideal) noch Reformation (kritische Rückbindung des Christéntums an die Bibel) denkbar; vergleichbar in der Relevanz wie die heutigen elektronischen Medien für die Weltgesellschaft

1.6 humanistische Frömmigkeit: Reform durch Lektüre der Quellen Der ist mir ein wahrer Theologe, der nicht mit künstlich zusammen gedrechselten Syllogismen, sondern mit Herzenswärme,... durch sein persönliches Leben lehrt, dass man den Reichtum verachten müsse, dass der Christ nicht auf den Schutz dieser Welt vertrauen solle; dass man kein Unrecht vergelten dürfe,... Wenn einer dieses und ähnliches, vom Geiste Christi angetrieben, predigt,... dazu ermahnt, einlädt und ermuntert, der ist letzten Endes ein wahrer Theologe, und sei er auch ein Ackersmann oder Tuchweber. gelehrte Philologie ist nicht Selbstzweck, sondern Medium einer allgemeinen gesellschaftlichen Reform, eine Besserung der Menschen und der Gesellschaft durch Lektüre der reinen Quellen. Die Verbreitung der bonae literae ist die Methode der humanistischen Bildungsreform Aus der Einleitung zur Edition des NT geht diese Reformabsicht klar hervor: > … Wer liest und das Gelesene in die Praxis umzusetzen versucht, der ist sein eigener Priester: allgemeines Priestertum à la Erasmus --- > Titel 1) ‚Aufmunterung an den frommen Leser‘ Desiderius Erasmus von Rotterdam, Paraclesis ad lectorem pium¹, Vorwort zur Neuedition des griechischen Neuen Testaments (1516)

das Ideal des Humanismus: Zusammenfassung Humanismus - Bildungsbewegung in der Renaissance ausgerichtet auf das geistige Gut der wieder entdeckten antiken Autoren (Motto: ad fontes - zurück zu den Quellen); Ziel: Reform durch Bildung und Wissenschaft (Erasmus: 'bonae litterae'); Methode: eine an Cicero ausgerichtete lebendige Sprache, die sich kritisch gegen Scholastik und konservative Kleriker wendet ad fontes - dt.: „zu den Quellen“, Begriffsprägung von Erasmus von Rotterdam unterstellt ist eine allgemeiner Niedergang von Sprache und Kultur im Verlaufe des Mittelalters. Die Wiederentdeckung der antiken Autoren wird zur Überwindung des geistigen und moralischen Verfalls führen bonae litterae – dt.: „gute Literatur“, Begriffsprägung von Erasmus von Rotterdam der Begriff drückt die Überzeugung aus, dass eine gute Sprache und eine an den antiken Autoren geschulte Bildung den Menschen sittlich und geistig bessern werden Zusammenfassung in Begriffen ad fontes bds. betonen ---- bonae litterae – der gepflegte, differenzierte Umgang mit der Sprache

Sebastian Brant “Das Narrenschiff”

Das Narrenschiff Sebastian Brant veröffentlichte diese schön illustrierte Satire 1494. Zum Teil beruht auf Wortspielen, z.B. Lat. Nave ist gleichzeitig eine übertragene Bezeichnung für das Kirchenschiff., wo sich die Laien während des Gottesdienstes befinden. Das “Narrenschiff” ist eine Satire gegen die Umstände in der Kirche, es enthält 114 kurze Verse über eibe erfundene Pilgerreise nach Narragonia, einer Insel der Narren. Kritik des Verhaltens und der Ideen der Mehrheit seiner Gesellschaft und der katholischen Kirche.

Hieronimus Bosch “Das Narrenschiff” (1490-1500)

Lebenslauf von Martin Luther 10. Nov. 1483 geboren in Eisleben 1505 Gewittererlebnis bei Stotternheim; danach Eintritt ins Augustinerkloster Erfurt 1507 Priesterweihe 1510 Romreise 31. Okt. 1517 Thesenanschlag an der Wittenberger Schlosskirche 1518 Luther vor dem päpstlichen Gesandten Cajetan in Augsburg 1519 Disputation in Leipzig 1521 Wormser Edikt: Karl V. verhängt die Reichsacht über Martin Luther 1521 als Junker Jörg auf der Wartburg 1521 Übersetzung des Neuen Testaments 1523 Schrift: „Von weltlicher Obrigkeit“ 1525 Schrift: „Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern 1525 Heirat mit Katharina von Bora 1534 Übersetzung der Hebräischen Bibel fertiggestellt 1546 gestorben in Eisleben

3.1.4 der Buchdruck – die Lutherbibel 28.03.2017 3.1.4 der Buchdruck – die Lutherbibel Die Forderung der Reformation, der humanistisch-erasmischen wie der wittenberger, war die Konzentration auf die Heilige Schrift. Die Übersetzung des NT durch Martin Luther wurde 1522 publiziert, die ganze Heilige Schrift in deutsch erschien1534. 1) Titelblatt der ersten Gesamtausgabe Luthers, gestaltet von dem Monogrammisten MS, Druck bei Hans Lufft, Wittenberg, Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel Gott erscheint selbst als der Schreiber seines Wortes, "Gottes Wort bleibt ewig." 2) Im gleichen Jahr erschien eine altgläubige Übersetzung; hier das Titelblatt: Johannes Dietenbergers (OP), Holzschnitt anonym, Albrecht von Brandenburg als Kurfürst (Ämter auf der oberen Leiste dargestellt) und Erzbischof (mit d. Wappen seiner Bistümer) - Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Einführung II

die Reformschriften Martin Luthers aus dem Jahre 1520 An den christlichen Adel von des christlichen Standes Besserung Allgemeines Priestertum aller Getauften Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche De captivitate Babylonica ecclesiae. Praeludium die Messe ist kein Opfer und kein gutes Werk Von der Freiheit eines Christenmenschen De libertate christiana über evangelische Freiheit und evangelischen Dienst

An den christlichen Adel Alle Christen sind durch die Taufe gleichen Standes. Die Trennung zwischen Geistliche und Laien ist bloße Menschensatzung. Alle Christen, insbesondere die von Gott mit einem politischen Amt betrauten Christen, sind aufgerufen, für eine Reform der kirchlichen Missstände Sorge zu tragen. 2.1.1 die Reformschriften Martin Luthers aus dem Jahre 1520: Adelsschrift Zunächst zu den sog. drei großen Reformschriften Luthers aus dem Jahre 1520: a) die Adelsschrift der volle Titel verkünder bereits das Programm: … links die Wittenberger Ausgabe der Reformschrift: An den christlichen Adel teutscher Nation von des christlichen Standes Besserung. (Wittenberg: Melchior Lotter d. J., August 1520). Titelblatt des Erstdrucks rechts die gleichzeitige Leipziger Ausgabe mit Titelholzschnitt: An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung. Leipzig: Valentin Schumann 1520. Titelblatt mit Holzschnitt eines Ritters Lorbeerkranz – Dichterkranz => Ulrich von Hutten, Poet, Humanist und Ritter, einer der bekanntesten Kirchenkritiker dieser Zeit, der zusammen mit dem Ritter Franz von Sickingen Deutschland von der klerikalen Tyrannei befreien wollte > die wichtigsten Inhalte der Schift: > KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

die Reformschriften des Jahres 1520: De captivitate De captivitate babylonica ecclesiae praeludium Ein Vorspiel von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche zunächst in Latein abgefasst, das spezifischere theologische Probleme behandelt wurden, die also beim Leser ein bestimmtes Fachwissen voraussetzt. Gleichwohl gingen sehr schnell auch Übersetzungen in Umlauf. > Titelblatt Variante des Cranach Holzschnittes 1520: Luther mit einer besorgten Physiognomie, die heilige Schrift in der Hand > Inhalt 1) bzw. drei; der Rang der Busse bleibt in dieser Schrift wie im Luthertum überhaupt zunächst offen --- Die breite, nahezu uneingeschränkte Zustimmung, die die Adelsschrift gefunden hatte, wich mit dieser Schrift einer differenzierteren Rezeption; vielen Humanisten ging diese Schrift zu weit, da sie wesentliche Elemente des dogmatischen Bestandes der Überlieferung angriff Es gibt nur zwei Sakramente¹ Die Messe ist kein Opfer und kein gutes Werk, sondern Verkündigung Alles, was durch die Heilige Schrift nicht abgedeckt ist, ist Menschensatzung KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

Reformschriften des Jahres 1520: Von der Freiheit eines Christenmenschen lat.: Tractatus de libertate Christiana Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.- Diese zwei Lehrsätze sind klar: Paulus, 1Kor 9,19: «Ich bin frei von jedermann und habe mich eines jedermanns Knecht gemacht». Ebenso Röm 13,8: «Seid niemand etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebet.» Liebe aber, die ist dienstbar und untertan dem, was sie lieb hat. parallel in zwei verschiedenen Fassungen erschienen Zu Beginn dieses Traktats stellt Luther die beiden kontroversen Thesen auf, die er im weiteren Verlauf einer Lösung zuführen möchte: > … > … Abgeleitet wird das Paradox aus 2 Pauluszitaten: > … --- frei – gegenüber falschem Zwang; Knecht – aus Rücksicht und Nächstenliebe Warum wurde nichts von diesem Paradox in den Titel aufgenommen? ein beabsichtigtes oder ein unglückliches Missverständnis? Korrekt wäre folgender Titel gewesen, entweder: ‚Von der geistlichen Freiheit eines Christenmenschen‘ oder: ‚Von der Freiheit und von den Pflichten eines Christenmenschen‘ Frage: Trifft Luther eine Mitschuld am Ausbruch des Bauernkriegs, deren Exzesse er so radikal und rücksichtslos verurteilt hat? Die Frage war bereits damals umstritten und ist es heute noch. Jedenfalls trägt die verkürzte Formulierung des Titels (sei Luther selbst oder der Verleger dafür verantwortlich) zum Mißverständnis bei. KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

Reform im Volksmund, eine Flugschrift von 1521 Fritz: Was sagt man Gutes zu Tübingen? Wie verhält sich die Hohe Schule gegenüber dem Luther? – Kunz: Es ist gleich wie anderswo: Welcher viele Pfründen hat, der ist dem Luther feind, und sie schelten ihn einen Ketzer, aber die arme Rotte hat ihn lieb. – Fritz: Sie sind allein dem Luther feind, daß er aus den heiligen Lehren Pauli und Christi ihnen ihre verdammte Weise, Schalkheit und Büberei anzeigt. Er bringt nichts Neues hervor, er bringt sie aber in Zorn, daß er ihnen die Wahrheit sagt. Denn was meinst du, was die dekretischen Doctores¹ und der ganze babylonische Hof zu Rom mit ihren kurtisanischen Zuständen gelten werden, wenn man die Decretales, Dekret-Copisterei und dergleichen Lügenschulen und päpstliche Träume abschafft? Mögen die Humanisten in ihrem Urteil über Luther zaudern oder geteilter Meinung sein; das Volk ist, zunächst jedenfalls, ganz auf Seiten des kühnen Augustiner Mönchs aus Wittenberg. Fritz und Kunz, zwei Figuren aus dem Volk, machen Frühstückspause und tauschen ihre Neuigkeiten aus. > … --- Tübingen, Universität, 1477 von Eberhard im Bart gegründet 1) Kirchenrechtler, die sich mit dem kanonischen Recht (Kirchenrecht) befassen. Dekretalen sind Sammlungen päpstlicher Briefe, die in Analogie zum römischen Recht als Recht stiftend angesehen wurden babylonischer Hof, Anspielung auf die Hure Babylon, Apk 17f, Allegorie für Glaubensgegner, der zugleich moralisch verwerflich ist.

Ulrich Zwingli 11. Okt. 1531 Gefallen bei Kappel am Albis 1. Jan. 1484 Geboren in Wildhaus Theologiestudium in Wien und Basel 1506-16 Pfarrer in Glarus 1515 Bekanntschaft mit Erasmus von Rotterdam 1522 Schrift gegen das Fastengebot 1523 Entwicklung und Durchsetzung eines kirchliches Reformprogramms unabhängig von Luther: alles was sich nicht mit der Bibel begründen lässt wird abgeschafft (Heiligenbilder, Klöster, Prozessionen, Orgelspiel, Gemeindegesang, Firmung, Letzte Ölung usw.) 11. Okt. 1531 Gefallen bei Kappel am Albis

Huldrych Zwingli – der Reformator von Zürich 34. Die sogenannte geistliche Gewalt hat für ihre Pracht keinen Grund in der Lehre Christi; 35. aber die weltliche Gewalt hat Kraft und Begründung in der Lehre und Tat Christi [Mt 22,21]. 36. Alle Gerichtsbarkeit, welche sich die sogenannte geistliche Gewalt anmaßt, kommt der weltlichen Gewalt zu [Lk 12,13f], sofern diese christlich sein will. 37. Der weltlichen Gewalt sind auch alle Christen, niemand ausgenommen, Gehorsam schuldig [Röm 13,1f], 38. insofern sie nichts gebietet, was wider Gott ist [Apg 5,29] OCCUBVIT ANNO AETATIS XLVI, 1531 => wohl nach Zwinglis Tod entstanden HA - Portrait: Hans Asper (Portraits von Reformatoren) --- Unabhängig von Luther kommt der humanistisch gebildete Seelsorger am Großmünster, der Hauptkirche von Zürich, zu ähnlichen Ergebnissen wie der Augustiner Mönch aus Wittenberg. > ein Auszug aus den Thsen, die als der Beginn der Reformation in Zürich angesehen werden. Ursprünglich als Disputation mit dem Konstanzer Generalvikar konzipiert, ist ihr Druck eine Art „95 Thesen“ geworden. Auflösung der biblischen Anspielungen: Mt 22,21: gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Lk 12,13f: Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile. Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt? Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat. Röm 13,1f: Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu. Die 67 Schlussreden (1523)

Johannes Calvin 10. Juli 1509 Geboren in Noyon/Oise Studium der Rechtswissenschaft 1536 Schrift „Christianae Religionis Institutio“ seit 1536 evang. Prediger in Genf 1559 Gründung der Genfer Akademie für die Ausbildung von Predigern der reformierten Kirche 27. Mai 1564 Gestorben in Genf

Calvin – der Reformator von Genf ... noch niemand hat uns bewiesen, dass wir etwas geändert hätten, was Gott befohlen hat, ... im Gegenteil ist es eine bekannte Tatsache, dass wir unsere Kirche reformiert haben nach der reinen Lehre Gottes, die allein Richtschnur ist, die Kirche recht instand zu setzen und zu erhalten. Die Ordnung aber, die uns unser Herz eingegeben hat, muss auf ewig unverletzlich bleiben. ... Die Hauptsache im Christentum ist doch die rechte Anbetung Gottes. Nun haben wir erkannt, daß die Form der Anbetung, die wir früher brauchten, falsch und verkehrt war. Denn sie geschah nicht in Geist und Wahrheit (Joh. 4), sondern in äußerlichen Zeremonien, ja sogar abergläubischen Handlungen. Dazu beten sie [die Papisten] noch nicht einmal Gott allein an, sondern an seiner Statt Holz und Stein, Gemälde, Totenschreine und ähnliche Dinge Calvin – « Patriarch » der reformierten Kirche Westeuropas Auch bei ihm finden wir die Auffassung ausgeprägt: die Reformation bringt keine Neuerung, sondern beseitigt nur die eingerissenen Mißstände und Abirrungen, um den ursprünglich reinen Zustand der Kirche wieder herzustellen. Dazu ein Zitat: der katholische Pfarrer der savoyischen Gemeinde Cernex (südlich von Genf) hatte die Genfer aufgefordert, die Pest in der Stadt [in dem Armenhaus war 1543 die Pest ausgebrochen] als Strafe Gottes für den Abfall der Stadt von seiner Kirche anzusehen. Darauf hat Calvin folgende Antwort gegeben: > … (Schwarz 1.248) --- auch hier, wenn auch christliche gewendet: die zeitlose Gültigkeit des antiken Ideals Jean Calvin, Brief an François de Mandallaz (September 1543)

Thomas Müntzer Um 1490 Geboren in Stolberg/Harz 1519 Begegnung mit Martin Luther und Anschluss an die Reformation 1520 Prediger in Zwickau; hier Kontakt mit sozialrevolutionären Tuchmachergesellen (Zwickauer Propheten) zunehmende Entfremdung von Luther und Hinwendung zu gesellschaftspolitisch radikalen Vorstellungen 1521 Flucht aus Zwickau 1521 verfasst das „Prager Manifest“ (unmittelbares Wirken des göttliches Wortes durch den Hl. Geist) seit 1523 Pfarrer in Allstedt; Einführung des Gottesdienstes in deutscher Sprache 1524 Vertreibung aus Allstedt, Flucht über Mühlhausen und Nürnberg Verbindung zu den aufständischen Bauern in Oberdeutschland 1525 Pfarrer in Mühlhausen geistiger Anführer eines Bauernheeres Niederlage und Gefangennahme in der Schlacht bei Frankenhausen 27. Mai 1525 Hingerichtet bei Mühlhausen/Thüringen

Johannes Brenz 24. Juni 1499 Geboren in Weil der Stadt 1514-22 Theologiestudium in Heidelberg 1518 Erste Begegnung mit Luther; Brenz schließt sich der Reformation an 1522-48 Leben und Wirken als Prediger in Schwäbisch Hall 1530 Heirat mit Margarete Gräter; aus der Ehe gehen sechs Kinder hervor 1548 Karl V. verbietet die evang. Lehre; Brenz protestiert dagegen und kann sich seiner Verhaftung nur durch Flucht entziehen. 1548-52 Brenz wird von Herzog Ulrich von Württemberg an verschiedenen Orten verborgen gehalten 1550 Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratet Brenz Katharina Eisenmenger; aus dieser Ehe gehen zwölf Kinder hervor 1552-70 Wirken als Stiftsprobst in Stuttgart 11. Sept. 1570 Johannes Brenz stirbt in Stuttgart und wird unter der Kanzel der Stiftskirche bestattet

Philipp Melanchthon 16. Feb. 1497 Geboren in Bretten als Philipp Schwartzerdt 15. März 1509 Humanistentaufe durch seinen Großonkel Johannes Reuchlin d.h. Schwartzerdt = schwarze Erde = Melanchton 1509 immatrikuliert er sich an der Universität Heidelberg 1514 Promotion zum Magister 27. November 1520 Hochzeit mit Katharina Krapp 1523 Rektor der Universität Wittenberg 1529 Religionsgespräch mit Luther, Zwingli u.a. in Marburg 1539 Religionsgespräch in Leipzig 1540 Melanchton liegt todkrank in Weimar 6. November 1546 Flucht aus Wittenberg 19. April 1560 Gestorben in Wittenberg

1545 HANS SACHSN ALTER 51 IAR Holzschnitt des Michael Ostendorfer (1490-1559)

Hans Sachs (5.11.1494-19.1.1576) - Lateinschule Nürnberg; Schuhmachergeselle: Wanderschaft in Deutschland; Meistergesang: Einführung durch den Weber Lienhard Nunnenbeck.- Tritt als Meistersinger in mehreren Städten auf. - 1516 Rückkehr nach Nbg., Heiratet 1519 Kunigunde Kreutzer (+ 1560); und 1561 die 27 jähr. Witwe Barbara Harscher. Werk: rd. 200 „Dramen“, 1800 Spruchgedichte, 4275 Meisterlieder Summa all meiner gedicht (der Zeit: 1514-67) Sammelausgabe in Folio: „Sehr herrliche, schöne und warhafft gedicht“ 5 Bde. 1558-1579 Werkausgabe: Keller/Goetze 26 Bde. 1870-1908.

Hans Sachs, Tristan-Meisterlieder In des poppen langen thon. Tristrant der liebHabent, Anno salutis1551 am 4. tag decembris (Minnetrank, Liebe, Baumgarten). In dem senften thon Nachtigals. Her Tristrant im wald. Anno salutis am 5 tag decembris (Kapellensprung, Waldleben). In der kelber weis Hanns Heiden. Her tristrancz kampf mit morholt. Anno salutis am 7 tag decembris. In dem vergessen thon Frawenlobs Herr tristrant mit dem trachen. Anno salutis 1551 am 7 tag decembris. In dem plaben (‚blauen‘) thon Regenpogen. Her dristrant in dem narren klaid. (11. Dez. 1551) In dem gülden thon Canzclers. Das ent Herr Tristrancz. Anno salutis am 13 tag marci.

Andreas Herneisen malt Hans Sachs im Alter von 81 Jahren (1576) – Wolfenbüttel, HAB

Autographes Bücherverzeichnis des Hans Sachs von 1562 (Ratsschularchiv Zwickau) Enthält u.a. A Apuleius mit dem goldenen Esel Alten weissen Exempel puech Antomey puech (Anatomie) B Bibel das erst dail witenberger druck Bibel das ander dail … Bibel das new testament Brandanus was er auf dem mer fur wunder erfarn. C - Cronica der Nürnberger gros Koberger (H. Schedels Weltchronik) Cento Novella Johanis Bocacij (Boccaccio, Decamerone) D - Das erst gesamelt puch der sermon vnd Tractetlen 40 stüeck (Reformationsschriften)

Hans Sachs und die Nürnberger Handwerkerbühne Sachs bearbeitet zahlreiche Stoffe der Antike, des Mittelalters und der Renaissance, zu denen er deutsche Übersetzungen bekommen konnte, in deutscher Sprache. Sachs besaß eine umfangreiche Bibliothek übersetzter Texte; sein Bücherverzeichnis weist aber keine Tristrant-Ausgabe nach. Gattungen: Spruchgedicht, Meistergesang, Fastnachtspiel, Histori, Tragedi, Comedi. Aufführung stets intendiert. Sachs veranstaltet eine Folio-Ausgabe seiner Werke (mit Ausnahme der Meisterlieder), die offenbar auch zum Lesen bestimmt war.

‚Tristrant und Ysalde‘ von Hans Sachs Der Prosaroman von 1484 als Vorlage für Meisterlieder und eine ‚Tragedi‘

Hans Sachs und Tristan Insges. sechs Meisterlieder, autograph erhalten im 12. und 13. Meistergesangbuch (heute im Ratsarchiv Zwickau).von 1551/53 (Texte: SOBEL, ELI, The Tristan Romance in the Meisterlieder of Hans Sachs. University of Califormia Press. Berkeley, Los Angeles 1963. - Text hier S. 257- 268). Dazu: Tragedia mit 23 Personen, von der strengen lieb herr Tristrant mit der schönen königin Isalden, unnd hat 7 actus.- Verfasst am 7. Febr. 1553 Dazu: Herr Tristrant. Eine Wunderbarliche vnd fast lustige Histori von Herr Tristrant / vnd der schönen Isalden / des Königs von Irland Tochter / mit was freuden / auch not vnd gefahr si ir lieb volbracht / vnd wie traurigklich sie die selben geendet haben / so wol einer schönen Tragedi ist zu vergleichen / Auß Französischer Sprach verteutschet und mit schönen figuren gezieret /fremd vnd kurtzweilig zu lesen vnd zu hören. In der Bibliothek des Sachs ist gem. seinem 1562 angelegten Verzeichnis keine Tristan-Ausgabe genannt.

Hans Sachs, Tragedi (Text: Hans Sachs, hg. v. Keller/Goetze, Bd. 12, S Tragedia mit 23 personen, von der strengen lieb herr Tristrant mit der schönen königin Isalden, und hat 7 actus. Anno salutis 1553, am 7. tag Februarii. 1. Akt Das Reich des König Marx ist Irland tributpflichtig. Der starke Morholt soll den Tribut eintreiben. Keiner ist in der Lage, mit ihm zu kämpfen außer Tristrant Morholt tritt ein; Kampfreden. - Kampf. - Tr. wird verwundet, er erschlägt Morholt.- Tr.s Verletzung von vergifften waffen (147, 17) Zwei Irländer und Isalde treten auf, finden Morholt und bringen ihn nach Irlant. Isalde entdeckt den Schwertsplitter in Morholts Haupt.

2. Akt Tristrant ist todkrank; will sich auf ein Schiff begeben und in andere Länder fahren um dort Heilung zu finden. 1. Irlandfahrt gerafft und erzählt (149,22ff.) Marx will heiraten – Schwalbenhaar – Tr. als Brautwerber.- Ankunft in Irland (151).- Drachenkampf: Tr. nimmt das Drachenhaupt und legt sich nieder, um sich zu erholen. Wird von Is. und Brangel gefunden. Tr. wird gesalbt – Entdeckung der Schwertscharte (153).- Versöhnung 3. Akt (154,30ff.) Kg. Wilhelm aus Irland: Tr. bringt das Drachenhaupt.- Isalde soll für Marke bestimmt sein. Wilhelm schlägt die Feindschaft zw. Irland und Marke nieder. Königin Hildgart mit dem Minnetrank.- Abfahrt.- Tr. und Is. trinken den Trank (157, 24ff.).- Entdeckung des Tranks und seiner Folgen.- Sorgen vor Entdeckung.

4. Akt (159, 33ff.) Kg. Marx: ein „Postbot“ bringt die Meldung von der Ankunft Trs. und der Isalde. Hochzeit – Krönung (kurz) Argwohn der Barone, bes. Hz. Auctrat, Rudolff und Wolf Anschuldigung der Liebenden vor Marx Ratschlag der drei Barone (164, 25ff.).- Auctrat befragt die Gestirne. Baumgartenszene (166, 1ff.).- Tr. geht zu König Artus nach Britannia, Marx will den Verleumder Auctrat erstechen. 5. Akt (168, 1ff.) Erneuter Hinterhalt der Barone.- Tr. wird gefangen, ebenso Isalde: beide sollen hingerichtet werden. Tr. befreit sich und Isalde (170, 30ff.).- Waldleben (172, 11ff.) Jagd des Kg. Marx – Entdeckung Beichte der Liebenden beim Einsiedler Ugrim (13,4ff.); dieser bringt Isalde wieder zu Marx zurück.

6. Akt (174, 20ff.) Tr. findet eine neue Isalde (gerafft 174, 25ff.).- Mit Curnefal besucht er die blonde Isalde, Gattin des Marx.- Wiedererkennen anhand des Rings. Tr. und Curnefal kommen; gehen aber bald wieder in Verkleidung von zwei Jacobsbrüdern (Pilgern). Zweiter Besuch Tristrants bei Isalde in Gestalt eines Narren (176, 35ff., bes. 177, 10ff.). Wiedererkennen anhand des Rings. Die Barone greifen ihn an – Kampf – Tr. entflieht. 7. Akt (181,1ff.) Zusammen mit Cainis, seinem Schwager bricht Tr. auf zur Gattin des Kg. Nampeconis, dessen Gattin Cainis liebt. Bericht von Kampf. - Tr. ist schwer verletzt, Cainis tot. Tr. schickt den Knecht zu Isalde (weißes – schwarzes Segel) Tr.s Gattin Isalde täuscht Tr. hinsichtlich der Farbe. Tod. Moral am Schluss.

Die Sage von Doktor Faust Frühneuhochdeutsche Periode in Deutschland (1350-1600) – Anstoss zu vielen Sagen Ihre Helden sind Volkshelden, keine Ritter. Gesellschaftliche Veränderungen. Beispiele: Till Eulenspiegel Johann Faust

Er ist ein Zeitgenosse von Martin Luther. Die Legende von Faust Der historische Georg Faust ist eine zwielichtige Person, möglicherweise 1480 – 1538. Er ist ein Zeitgenosse von Martin Luther. Historische Dokumente erwähnen Faust in Heidelberg, Knittlingen, Wittenberg usw., aber viele meinen unterschiedliche Menschen. Faust scheint Astrologe und Alchemiker von schlechtem Ruf gewesen zu sein – nicht unüblich!

Viele ähnliche Charaktere der Zeit: Die Faust-Legende Faust war ein Mensch der Renaissance, aktiv in allen Bereichen der Wissenschaften. Viele ähnliche Charaktere der Zeit: Theophrastus Bombastus von Hohenheim (Paracelsus) Leonardo da Vinci and Galileo Galilei (Italian) Cornelius Agrippa (German) John Dee (English) Copernicus (Czech) Faust ist aber kein echter Wissenschaftler, sondern ein Schwindler gewesen.

Vereinigung der Charaktere: Die Faust-Legende Vereinigung der Charaktere: Merlin the Magician Simon Magus Theophilus Die Faust-Legende – etwa 70 Jahre später – als eine lose Sammlung von Geschichten in Verbindung mit Faust. Mündliche Überlieferung.

dem weitbeschreyten Zauberer und Schwarzkünstler Die Sage von Faust Die erste Fassung des Faust wurde 1587 in Frankfurt von Johann Spies veröffentlicht: Historia von D. Johann Fausten dem weitbeschreyten Zauberer und Schwarzkünstler Es gibt auch ein Manuskript in Nürnberg, das etwas älter sein dürfte. Spies präsentiert ein moralisches Märchen vom Protestantenaugenwinkel.

Die Faust-Legende Vertrag mit dem Teufel. Eine alte Idee, vorhanden in vielen klassischen und mittelalterlichen Werken Faust faszinierte das Publikum der Renaissance, weil sein Vertrag die wichtigsten Vorteile seiner Zeit ansprach – Humanismus, Wissenschaft, Kunst und Philosophie.

Typische Szenen der Überlieferung Fausts Laufbahn als Gelehrter und Astronom Sein Frust wegen der Beschränktheit des menschlichen Wissens Seine Hinwendung zur Zauberei, um sein Wissen zu vermehren Sein Vertrag mit dem Teufel (Mephostophilis) Kosmologische Besprechungen der Hölle und des Paradieses Besuche verschiedener Dämonen und Geister zur Unterhaltung Reisen durch europäische Länder und Hauptstädte Streiche mit verschiedenen Leuten (Pferdehändlern, Bauern usw.) Wüstes Leben mit seinen Studenten – Sauferei usw. Heirat mit Helena von Troya Fausts Verzweiflung, wenn die Zeit der Vergeltung kommt Fausts schrecklicher Tod als Warnung für andere VIELEN DANK!