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Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit

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Präsentation zum Thema: "Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit"—  Präsentation transkript:

1 Kirchengeschichte der Frühen Neuzeit
Modul 2: Das Christentum in seiner Geschichte Begriffe des Utit: Restauration (rückwärtsgewandt), Erneuerung (zukunftsorientiert) Hintergrund: Die beiden Protagonisten des Reformgedankens in Deutschland, also nördlich der Alpen, zu Beginn der Frühen Neuzeit - Erasmus steht für die humanistische Reform, Reform durch Bildung, Reform durch Bildung heißt: Reform durch Studium der Autoren der Antike, der christlichen wie der heidnischen Antike - Luther hingegen steht für die kirchliche Reform, „Reformation“ genannt; die Kirche soll reformiert werden durch kritische Überprüfung der Überlieferung an der Heiligen Schrift; einzig die Heilige Schrift ist die gewisse Offenbarung Gottes. Beide Portraits sind 1520 entstanden. links, die Kohlezeichnung von Dürer zeigt den eher skeptischen Blick des Gelehrten rechts, der Holzschnitt, zeigt den aufrichtigen Blick des Augustinermönchs, die hlg. Schrift in der Rechten, die linke beteuernd auf die Brust gelegt Reform zwischen Restauration und Erneuerung Universität Duisburg-Essen, Winter-Semester 2006/07

2 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform
Übersicht „ad fontes“ - zu den Quellen: der Humanismus Reformation und Gegenreformation Reform als Entwicklung 1) Basis und Voraussetzung der Reformation als einer kirchlichen Erneuerungsbewegung ist die humanistische Philologie; dank des Buchdrucks können nun die antiken Autoren, die Muster guter Sprache wie Beispiele moralischer Integrität, einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden. Des weiteren entsteht dank des Buchdrucks, durch den Druck von Disputationsthesen, Briefen, Predigten, Pamphlete, etc. eine Öffentlichkeit, deren Eigendynamik mit traditionellen Mitteln der Repression wie Zensur und Bann nicht mehr in den Griff zu bekommen ist. Vom Reformimpuls, der von dieser Bewegung ausgeht, handelt das erste Kapitel ad 2) die kirchliche Umsetzung des humanistischen Reformimpulses, sozusagen das ‚theologische‘ „ad fontes“, zurück zu den Quellen, zurück zur hlg. Schrift. ad 3) Reform a) Wiederherstellung eines ursprünglichen Ideals, das inzwischen durch menschliches Versagen verloren gegangen ist (setzt ein zyklisches Geschichtsdenken voraus) b) Anpassung der herrschenden Zustände an neue Ideale und Bedingungen (setzt ein lineares Fortschrittsdenken voraus, oft in Analogie zum Heranwachsen des Menschen gebildet) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

3 1.1 die Neuausgabe des griechischen Neuen Testaments
links Titelblatt der ersten Auflage des NT, zunächst noch „Novum Instrumentum“ genannt. Über 1000 Jahre hinweg war im Abendland die Vulgata, die lateinische Übersetzung des Hieronymus Ende des 4. Jh. der authentische Bibeltext. Dem humanistischen Anspruch, zurück zu den Quellen, konnte eine Übersetzung nicht genügen. Erasmus machte sich, zusammen mit seinem Verlegen Johannes Froben, an die Arbeit. Die Herausgabe des NT im griechischen Original ist zwar die größte exegetische Leistung des Erasmus, jedoch nicht die erste und einzige. Voraus ging die Edition der Annotationes (Bemerkungen zum Neuen Testament) des Laurentius Valla, Dessen philologischer Fertigkeit verdankt er viel. Valla wurde ihm durch den englischen Humanismus (John Colet und Thomas Morus) vermittelt. Auf der Grundlage dieser Edition hat Luther seine Übersetzung des NT von 1522 angefertigt. Erasmus hat seiner Edition ebenfalls eine Übersetzung beigegeben, und zwar in der Sprache, die für ihn die Muttersprache war: das Lateinische > rechts: Beginn des Matthäusevangeliums, zweisprachig KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

4 1.2 das Titelblatt N e u e s T e s t a m e n t
vollständig und sorgfältig von E r a s m u s v o n R o t t e r d a m durchgesehen und verbessert, nicht nur an Hand der griechischen Sprache, sondern auch nach der Überlieferung vieler Codices beider Sprachen, deren Alter und Qualität feststeht, schließlich nach Zitaten, Verbesserungen und Auslegungen, zuverlässigster Autoren, vor allem des Origenes, Chrysostomos, Kyrill, der Vulgata, Hieronymus, Cy- prian, Ambrosius, Hilarius, Augustinus, zusammen mit Anmerkungen, die den Leser unterrichten sollen, was aus welchem Grund verändert wurde. Wer auch immer die wahre Theologie liebt, der lese, verstehe, und urteile dann. Sei nicht sofort beleidigt, wenn dir eine Veränderung anstößig ist, sondern erwäge, ob es nicht zum Besseren verändert worden ist. Bei dem in ganz Deutschland berühmten Basler [Buchdrucker] Mit dem Privileg des erhabenen Kaisers Maximilian, dass kein anderer im Bereich des heiligen römischen Reichs, im Zeitraum von vier Jahren [nach]druckt, oder von anderswoher einen Druck einführt. 1.2 das Titelblatt Das Problem einer exakten (heute: historisch kritisch) Edition des NT ist, dass es keine Urschrift gibt; man weiß nicht einmal, wann und durch wenn herausgegeben das NT zum ersten Mal im antiken Buchhandel erschienen ist. Hingegen gibt es eine Vielzahl von Bücher, die das NT mehr oder weniger vollständig enthalten; diese nennt die ntl. Wissenschaft Codices. Im allgemeinen gilt für den Vergleich dieser Codices der Grundsatz, je älter, desto zuverlässiger. Von der Arbeit des Herausgebers Erasmus berichtet das Titelblatt (Das Titelblatt als eine Art Vorwort zu nutzen, ist eine Praxis, die noch lange erhalten geblieben ist): Folie erläutern: vieler Codices etc. > Emblem des berühmten Basler Buchdruckers KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

5 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform
1.3 NT – zweite Auflage, 1518 Motto: Quisquis igitur amas veram Theologiam, lege, cognosce, ac deinde iudica. ... Nam morbus est, non iudicium, damnare quod non inspexeris. In der schon sehr bald danach erfolgten 2. Auflage ändert sich der Titel. Aus „Novum Instrumentem“ ist der dann üblich gewordene Titel: > „Novum Testamentum“ geworden. Um den vielen Kritikern und Neidern das Wasser abzugraben, wurde hinzugefügt: > Salvo ubique et illabefacto ecclesiae iudicio In allem unbeschadet des unerschütterlichen Urteils der Kirche. Außerdem ein Hinweis auf die neu aufgenommenen Kommentare zu den Briefen: Addita sunt in singulas Apostolorum epistolas Argumenta ... Gegen die lautstarken Kritiker, die lospoltern, bevor sie die Sache wirklich zur Kenntnis genommen haben, fügt er auf dem Titelblatt das > Motto hinzu: > … Solltest Du die wahre Theologie lieben, lies, überlege, und erst dann urteile. ... Denn eine Krankheit, nicht ein Urteil, ist es, das, was man nicht untersucht hat, zu verwerfen. KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

6 1.4 Erasmus von Rotterdam und das Ideal der „bonae litterae“
1466/69 – 1536 Studium in Paris ( ), Italien ( ), London ( ) ab 1516 in Basel und Freiburg Werke: Adagia¹ 1500 Encomium moriae², 1509/11 NT – Ausgabe, 1516 Colloquia familiaria³, 1518 Kirchenväterausgaben, 1520ff De libero arbitrio,4 1523 1) Sammlung antiker und biblisch-christlicher Sprichwörter, erweiterte Neuauflage 1515 2) Lob der Torheit, Satire auf die Eitelkeiten gesellschaftlicher Reputation unter Fürsten, Kleriker, Mönche, Professoren, Kaufleute, verwirft den Krieg, plädiert für Menschlichkeit und natürliches Selbstgefühl 3) Vertraute Gespräche, ironisierende Skizzen des täglichen Lebens zugunsten einer lebensnahen Moralphilosophie, z.B. Verteidigung des Bildungsanspruchs für die Frau; zugleich Anleitung zu einer an Cicero orientierten eleganten Latinität 4) Vom freien Willen, Plädoyer für eine Synthese von göttlicher Gnade und menschlicher Verantwortung; gerichtet gegen die moralische destruktiven Folgen einer radikalen Gnadenlehre lutherischer Prägung --- Weitere wichtige Schriften: Enchiridion militis christiani, 1503, ²1516 (Handbuch eines christlichen Streiters) – christliche Tugend ist Kampf gegen das Laster Querela Pacis (Klage des Friedens) 1517 – Frieden ist eine hoher Wert an sich > Zum Gemälde Gemälde von Quentin Massys, 1517, 59 x 46,5, Öl auf Holz, Galleria Nazionale d'Arte Antica (Palazzo Barbarini), Rom KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

7 1.5 humanistische Gelehrsamkeit und Buchdruck
Johannes FROBEN, Buchdrucker in Basel, Studium der alten Sprachen in Basel Korrektor bei Amerbach 1491 in eigener Druckerei: „Biblia integra“ 1516 NT-Ausgabe seines Freundes Erasmus von Rotterdam Väterausgaben: Hieronymus (s. d.)¹, Cyprian (s. d.)² und Rufinus (s. d.)³, Tertullian (s. d.)4, Hilarius (s. d.)5 und Ambrosius (s. d.)6 Sein Sohn Hieronymus und sein Schwiegersohn Nikolaus Episcopius und seine Enkel Ambrosius Aurelius F. setzten das Geschäft fort. weitere Väterausgaben: Augustinus (s. d.), Basilius (s. d.)7 und Chrysostomus (s. d.)8 erläutert am Beispiel Johann Froben, Basel Folie 1) , Zeitgenosse Augustins, der gelehrte Mönch, vermittelt die hellenistische Bildung nach Westen, Schöpfer der Vulgata 2) 200/ , Bischof und kirchlicher Schriftsteller 3) , Zeitgenosse des Hieronymus, Vermittler östlicher v.a. monastischer Ideen nach Westen, Anhänger des Origenes 4) , der erste große lateinisch sprechende Kirchenvater 5) 4. Jh. Bf. von Poitier 6) , der Mailänder Kirchenfürst, führte nach östlichem Vorbild den hymnischen Kirchengesang ein --- 7) größter Theologe des 4. Jh., baut die nizänische Christologie zur Trinitätslehre aus, legte Basis für kirchlichen Konsens in Konstantinopel 381 8) griech.: Goldmund, der bedeutendste Prediger des 4. Jh. Basel nur ein Zentrum und Froben nur eine der Druckereien in Basel: daneben: Lyon, Venedig ohne Medium des Buchdrucks ist weder Humanismus (Antiken-Ideal) noch Reformation (kritische Rückbindung des Christéntums an die Bibel) denkbar; vergleichbar in der Relevanz wie die heutigen elektronischen Medien für die Weltgesellschaft KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

8 1.6 humanistische Frömmigkeit: Reform durch Lektüre der Quellen
Der ist mir ein wahrer Theologe, der nicht mit künstlich zusammen gedrechselten Syllogismen, sondern mit Herzenswärme,... durch sein persönliches Leben lehrt, dass man den Reichtum verachten müsse, dass der Christ nicht auf den Schutz dieser Welt vertrauen solle; dass man kein Unrecht vergelten dürfe,... Wenn einer dieses und ähnliches, vom Geiste Christi angetrieben, predigt,... dazu ermahnt, einlädt und ermuntert, der ist letzten Endes ein wahrer Theologe, und sei er auch ein Ackersmann oder Tuchweber. gelehrte Philologie ist nicht Selbstzweck, sondern Medium einer allgemeinen gesellschaftlichen Reform, eine Besserung der Menschen und der Gesellschaft durch Lektüre der reinen Quellen. Die Verbreitung der bonae literae ist die Methode der humanistischen Bildungsreform Aus der Einleitung zur Edition des NT geht diese Reformabsicht klar hervor: > … Wer liest und das Gelesene in die Praxis umzusetzen versucht, der ist sein eigener Priester: allgemeines Priestertum à la Erasmus --- > Titel 1) ‚Aufmunterung an den frommen Leser‘ Desiderius Erasmus von Rotterdam, Paraclesis ad lectorem pium¹, Vorwort zur Neuedition des griechischen Neuen Testaments (1516) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

9 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform
Testbeispiel „Leidenschaftlich rücke ich von denen ab, die nicht wollen, dass die heiligen Schriften in die Volkssprache übertragen und auch von Laien gelesen werden, ... als ob man die christliche Religion dadurch schützen könne, dass sie unbekannt bleibt ... Ich würde wünschen, dass alle Weiblein das Evangelium lesen, auch dass sie die Paulinischen Briefe lesen. Wären doch diese in die Sprache aller Völker übertragen, damit sie nicht nur von den Schotten und Iberern, sondern auch von den Türken und Sarazenen gelesen ...“ ad 1) auch die Antw. Traktat, Abhandlung, Brief würden akzeptiert ad 3) Auslassungen, um den Text lesbarer zu machen ad 4) Luther mit einem zugedrückten Auge auch akzeptiert Von wem rückt Erasmus hier ab? – Konservative, reformfeindliche Kleriker, die die Kompetenz in Laienhand befürchten, a) wegen Häresie, b) wegen Kritik an der gegenwärtigen Kirchenpraxis, die nicht mit der Bibel in Übereinstimmung ist (vgl. Passional Christi und Antichristi von Lucas Cranach) 1. Welche Textsorte? Einleitung / Konzilstext / Ordnung 2. Anderer Begriff für „heilige Schriften“? Bibel 3. Was bedeuten die drei Punkte: „…“? Auslassungen Desiderius Erasmus von Rotterdam, Paraclesis ad lectorem pium¹, Vorwort zur Neuedition des griechischen Neuen Testaments (1516) 4. Wer kommt als Verfasser in Frage? Erasmus von Rotterdam 5. In welcher Sprache sind die Heiligen Schriften zu dieser Zeit gewöhnlich abgefaßt? Latein KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

10 1.7 das Ideal des Humanismus: Zusammenfassung
Humanismus - Bildungsbewegung in der Renaissance ausgerichtet auf das geistige Gut der wieder entdeckten antiken Autoren (Motto: ad fontes - zurück zu den Quellen); Ziel: Reform durch Bildung und Wissenschaft (Erasmus: 'bonae litterae'); Methode: eine an Cicero ausgerichtete lebendige Sprache, die sich kritisch gegen Scholastik und konservative Kleriker wendet ad fontes - dt.: „zu den Quellen“, Begriffsprägung von Erasmus von Rotterdam unterstellt ist eine allgemeiner Niedergang von Sprache und Kultur im Verlaufe des Mittelalters. Die Wiederentdeckung der antiken Autoren wird zur Überwindung des geistigen und moralischen Verfalls führen bonae litterae – dt.: „gute Literatur“, Begriffsprägung von Erasmus von Rotterdam der Begriff drückt die Überzeugung aus, dass eine gute Sprache und eine an den antiken Autoren geschulte Bildung den Menschen sittlich und geistig bessern werden Zusammenfassung in Begriffen ad fontes bds. betonen ---- bonae litterae – der gepflegte, differenzierte Umgang mit der Sprache KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

11 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform
Übersicht „ad fontes“ - zu den Quellen: Humanismus Reformation und Gegenreformation Reform als Entwicklung ad 2) die kirchliche Umsetzung des humanistischen Reformimpulses KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

12 2.1 die Reformschriften Martin Luthers aus dem Jahre 1520
An den christlichen Adel von des christlichen Standes Besserung Allgemeines Priestertum aller Getauften Von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche De captivitate Babylonica ecclesiae. Praeludium die Messe ist kein Opfer und kein gutes Werk Von der Freiheit eines Christenmenschen De libertate christiana über evangelische Freiheit und evangelischen Dienst KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

13 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform
An den christlichen Adel Alle Christen sind durch die Taufe gleichen Standes. Die Trennung zwischen Geistliche und Laien ist bloße Menschensatzung. Alle Christen, insbesondere die von Gott mit einem politischen Amt betrauten Christen, sind aufgerufen, für eine Reform der kirchlichen Missstände Sorge zu tragen. 2.1.1 die Reformschriften Martin Luthers aus dem Jahre 1520: Adelsschrift Zunächst zu den sog. drei großen Reformschriften Luthers aus dem Jahre 1520: a) die Adelsschrift der volle Titel verkünder bereits das Programm: … links die Wittenberger Ausgabe der Reformschrift: An den christlichen Adel teutscher Nation von des christlichen Standes Besserung. (Wittenberg: Melchior Lotter d. J., August 1520). Titelblatt des Erstdrucks rechts die gleichzeitige Leipziger Ausgabe mit Titelholzschnitt: An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung. Leipzig: Valentin Schumann Titelblatt mit Holzschnitt eines Ritters Lorbeerkranz – Dichterkranz => Ulrich von Hutten, Poet, Humanist und Ritter, einer der bekanntesten Kirchenkritiker dieser Zeit, der zusammen mit dem Ritter Franz von Sickingen Deutschland von der klerikalen Tyrannei befreien wollte > die wichtigsten Inhalte der Schift: > KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

14 2.1.2 die Reformschriften des Jahres 1520: De captivitate
De captivitate babylonica ecclesiae praeludium Ein Vorspiel von der Babylonischen Gefangenschaft der Kirche Es gibt nur zwei Sakramente¹ Die Messe ist kein Opfer und kein gutes Werk, sondern Verkündigung Alles, was durch die Heilige Schrift nicht abgedeckt ist, ist Menschensatzung zunächst in Latein abgefasst, das spezifischere theologische Probleme behandelt wurden, die also beim Leser ein bestimmtes Fachwissen voraussetzt. Gleichwohl gingen sehr schnell auch Übersetzungen in Umlauf. > Titelblatt Variante des Cranach Holzschnittes 1520: Luther mit einer besorgten Physiognomie, die heilige Schrift in der Hand > Inhalt 1) bzw. drei; der Rang der Busse bleibt in dieser Schrift wie im Luthertum überhaupt zunächst offen --- Die breite, nahezu uneingeschränkte Zustimmung, die die Adelsschrift gefunden hatte, wich mit dieser Schrift einer differenzierteren Rezeption; vielen Humanisten ging diese Schrift zu weit, da sie wesentliche Elemente des dogmatischen Bestandes der Überlieferung angriff KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

15 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform
2.1.3 die Reformschriften des Jahres 1520: Von der Freiheit eines Christenmenschen lat.: Tractatus de libertate Christiana Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.- Diese zwei Lehrsätze sind klar: Paulus, 1Kor 9,19: «Ich bin frei von jedermann und habe mich eines jedermanns Knecht gemacht». Ebenso Röm 13,8: «Seid niemand etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebet.» Liebe aber, die ist dienstbar und untertan dem, was sie lieb hat. parallel in zwei verschiedenen Fassungen erschienen Zu Beginn dieses Traktats stellt Luther die beiden kontroversen Thesen auf, die er im weiteren Verlauf einer Lösung zuführen möchte: > … > … Abgeleitet wird das Paradox aus 2 Pauluszitaten: > … --- frei – gegenüber falschem Zwang; Knecht – aus Rücksicht und Nächstenliebe Warum wurde nichts von diesem Paradox in den Titel aufgenommen? ein beabsichtigtes oder ein unglückliches Missverständnis? Korrekt wäre folgender Titel gewesen, entweder: ‚Von der geistlichen Freiheit eines Christenmenschen‘ oder: ‚Von der Freiheit und von den Pflichten eines Christenmenschen‘ Frage: Trifft Luther eine Mitschuld am Ausbruch des Bauernkriegs, deren Exzesse er so radikal und rücksichtslos verurteilt hat? Die Frage war bereits damals umstritten und ist es heute noch. Jedenfalls trägt die verkürzte Formulierung des Titels (sei Luther selbst oder der Verleger dafür verantwortlich) zum Mißverständnis bei. KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

16 2.2 Reform im Volksmund, eine Flugschrift von 1521
Fritz: Was sagt man Gutes zu Tübingen? Wie verhält sich die Hohe Schule gegenüber dem Luther? – Kunz: Es ist gleich wie anderswo: Welcher viele Pfründen hat, der ist dem Luther feind, und sie schelten ihn einen Ketzer, aber die arme Rotte hat ihn lieb. – Fritz: Sie sind allein dem Luther feind, daß er aus den heiligen Lehren Pauli und Christi ihnen ihre verdammte Weise, Schalkheit und Büberei anzeigt. Er bringt nichts Neues hervor, er bringt sie aber in Zorn, daß er ihnen die Wahrheit sagt. Denn was meinst du, was die dekretischen Doctores¹ und der ganze babylonische Hof zu Rom mit ihren kurtisanischen Zuständen gelten werden, wenn man die Decretales, Dekret-Copisterei und dergleichen Lügenschulen und päpstliche Träume abschafft? Mögen die Humanisten in ihrem Urteil über Luther zaudern oder geteilter Meinung sein; das Volk ist, zunächst jedenfalls, ganz auf Seiten des kühnen Augustiner Mönchs aus Wittenberg. Fritz und Kunz, zwei Figuren aus dem Volk, machen Frühstückspause und tauschen ihre Neuigkeiten aus. > … --- Tübingen, Universität, 1477 von Eberhard im Bart gegründet 1) Kirchenrechtler, die sich mit dem kanonischen Recht (Kirchenrecht) befassen. Dekretalen sind Sammlungen päpstlicher Briefe, die in Analogie zum römischen Recht als Recht stiftend angesehen wurden babylonischer Hof, Anspielung auf die Hure Babylon, Apk 17f, Allegorie für Glaubensgegner, der zugleich moralisch verwerflich ist. KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

17 2.3 Huldrych Zwingli – der Reformator von Zürich
34. Die sogenannte geistliche Gewalt hat für ihre Pracht keinen Grund in der Lehre Christi; 35. aber die weltliche Gewalt hat Kraft und Begründung in der Lehre und Tat Christi [Mt 22,21]. 36. Alle Gerichtsbarkeit, welche sich die sogenannte geistliche Gewalt anmaßt, kommt der weltlichen Gewalt zu [Lk 12,13f], sofern diese christlich sein will. 37. Der weltlichen Gewalt sind auch alle Christen, niemand ausgenommen, Gehorsam schuldig [Röm 13,1f], 38. insofern sie nichts gebietet, was wider Gott ist [Apg 5,29] OCCUBVIT ANNO AETATIS XLVI, 1531 => wohl nach Zwinglis Tod entstanden HA - Portrait: Hans Asper (Portraits von Reformatoren) --- Unabhängig von Luther kommt der humanistisch gebildete Seelsorger am Großmünster, der Hauptkirche von Zürich, zu ähnlichen Ergebnissen wie der Augustiner Mönch aus Wittenberg. > ein Auszug aus den Thsen, die als der Beginn der Reformation in Zürich angesehen werden. Ursprünglich als Disputation mit dem Konstanzer Generalvikar konzipiert, ist ihr Druck eine Art „95 Thesen“ geworden. Auflösung der biblischen Anspielungen: Mt 22,21: gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist! Lk 12,13f: Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile. Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt? Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat. Röm 13,1f: Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Anordnung Gottes; die ihr aber widerstreben, ziehen sich selbst das Urteil zu. Die 67 Schlussreden (1523) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

18 2.4 Calvin – der Reformator von Genf
... noch niemand hat uns bewiesen, dass wir etwas geändert hätten, was Gott befohlen hat, ... im Gegenteil ist es eine bekannte Tatsache, dass wir unsere Kirche reformiert haben nach der reinen Lehre Gottes, die allein Richtschnur ist, die Kirche recht instand zu setzen und zu erhalten. Die Ordnung aber, die uns unser Herz eingegeben hat, muss auf ewig unverletzlich bleiben. ... Die Hauptsache im Christentum ist doch die rechte Anbetung Gottes. Nun haben wir erkannt, daß die Form der Anbetung, die wir früher brauchten, falsch und verkehrt war. Denn sie geschah nicht in Geist und Wahrheit (Joh. 4), sondern in äußerlichen Zeremonien, ja sogar abergläubischen Handlungen. Dazu beten sie [die Papisten] noch nicht einmal Gott allein an, sondern an seiner Statt Holz und Stein, Gemälde, Totenschreine und ähnliche Dinge Calvin – « Patriarch » der reformierten Kirche Westeuropas Auch bei ihm finden wir die Auffassung ausgeprägt: die Reformation bringt keine Neuerung, sondern beseitigt nur die eingerissenen Mißstände und Abirrungen, um den ursprünglich reinen Zustand der Kirche wieder herzustellen. Dazu ein Zitat: der katholische Pfarrer der savoyischen Gemeinde Cernex (südlich von Genf) hatte die Genfer aufgefordert, die Pest in der Stadt [in dem Armenhaus war 1543 die Pest ausgebrochen] als Strafe Gottes für den Abfall der Stadt von seiner Kirche anzusehen. Darauf hat Calvin folgende Antwort gegeben: > … (Schwarz 1.248) --- auch hier, wenn auch christliche gewendet: die zeitlose Gültigkeit des antiken Ideals Jean Calvin, Brief an François de Mandallaz (September 1543) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

19 2.5 das Konzil von Trient, 3. Sitzungsperiode 1562/63
Wir wollen in dieser ... Stadt ein freies ökumenisches Konzil abhalten, um die Ketzerei auszurotten, in der katholischen Kirche wieder Frieden herzustellen und die verdorbenen Sitten des christlichen Volkes zu bessern. ... Wir haben nämlich den unsterblichen Gott und das christliche Volk sehr beleidigt,... Ja, ich möcht sagen, die jetzige Ketzerei der Lutheraner haben in gewisser Weise wir verursacht durch unsere verdorbenen und verkehrten Sitten: wir sind der Ursprung, wir die Ursache. Bild: Trient 1563, Wappen: links Bf von Trient, Medici (Pius IV.), rechts: Kaiser, Konzilslegat Morone (Bf. von Modena), ‚der Retter des Konzils‘ Auch die Gegenreformation, die gegen die reformatorischen Neuerungen gerichtet ist, hat das gleiche Reformprofil: Reform soll die eingerissenen Mißstände beseitigen und einen ursprünglich reinen Zustand wieder herstellten. Im Gegensatz zu der Reform der Reformatoren, die in die Ketzerei abgeglitten sind, will die katholische Reform in der rechten Tradition verbleiben. > Eröffnungspredigt der III. Sitzungsperiode des Konzils von Trient. Die Predigt nimmt einen Gedanken auf, den bereits der niederländische Papst Hadrian VI. in einer Botschaft formuliert hatte, die 1522 auf dem Nürnberger Reichstag verlesen wurde (vgl. das sog. ‚Schuldbekenntnis Hadrian VI.‘): die kirchlichen Mißstände haben die Reformation provoziert. Konzil von Trient. Eröffnungspredigt zur Sessio XVIII (1562) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

20 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform
Übersicht „ad fontes“ - zu den Quellen: Humanismus Reformation und Gegenreformation Reform als Entwicklung Reform bisher Wiederherstellung eines ursprünglichen Ideals, das inzwischen durch menschliches Versagen verloren gegangen ist (setzt ein zyklisches Geschichtsdenken voraus) nun: Reform als Anpassung der unzureichenden, gegenwärtigen Zustände an neue Ideale und Bedingungen (setzt ein lineares Fortschrittsdenken voraus, oft in Analogie zum Heranwachsen des Menschen gebildet) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

21 3.1 Francis Bacon – der Bruch mit der Antikengläubigkeit
Das günstige Vorurteil für die Alten [bei den Humanisten] ist aber ganz grundlos und steht fast mit dem Wort selbst in Widerspruch... In der Tat ist jedoch eine genauere Kenntnis menschlicher Angelegenheiten und ein reiferes Urteil eher von dem bejahrten Manne als von dem Jüngling zu erwarten, weil jener mehr gesehen, gehört, gedacht und erfahren. Ebenso dürften wir uns auch von unserem Zeitalter ... weit mehr versprechen, weil es das reifere und an Erfahrungen und Beobachtungen unendlich reichere ist Der erste, der mit der vorbehaltlosen Verehrung der Antike zu brechen wagte, war Francis Bacon, Sein skrupelloser Karrieregeist wurde mit der Erhebung in den Adelsstand belohnt: Baron von Verulam (seit 1619) > sein Hauptwerk: Novum Organum scientiarum 1620: 1) organon=Werkzeug > … Seine These: rational geplante empirische Forschung garantiert Wissensakkumulation => Utopie-Entwurf: «Nova Atlantis», 1626 Wissen und Können garantieren Fortschritt Francis Bacon, Novum Organon¹ scientiarum (1620) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

22 3.2 Johann Lorenz Mosheim, der erste moderne Kirchenhistoriker
Endlich ist jene engherzige Art der Rede, welche die alten Schulen liebten [sc. Scholastik], von einer gesunderen abgelöst worden [sc. in der Reformationszeit]. Aber diese Fortschritte sind keineswegs so weit gediehen, dass den Nachfahren nichts weiter verblieben wäre, das sie nicht zu verbessern und zu vervollkommnen hätten. Nein, es ist ihnen viel zu tun übrig gelassen worden. Aber derjenige wäre undankbar .., der leugnen würde, dass in diesem Zeitalter der Grundstein gelegt worden ist, ... Im 18. Jh. wird der Gedanke: Reform durch Entwicklung zum Allgemeingut. Der Absolutismus entwickelt sich fort zum „aufgeklärten Absolutismus“, d.h. er unterwirft sich dem Ziel der ständigen Steigerung der Wohlfahrt. An modernen Universitäten, im 18. Jh. ist dies in erster Linie Göttingen, findet dieser Forschrittsgedanke durch Forschung und Wissen ebenfalls Eingang. Johann Lorenz von Mosheim, geb.  1694 in Kiel, gest.  1755 in Göttingen, Theologe, Magister in Kiel, Prof. in Helmstedt, Konsistorial-Rat in Braunschweig, Abt von Marienthal und Michaelstein, 1747 Kanzler der Reformuniversität Göttingen. > Wir zitieren aus seinem Lehrbuch der Kirchengeschichte --- Reform wird zu einer ständigen kontinuierlichen fortdauernden Aufgabe Johann Lorenz von Mosheim, Institutiones historiae ecclesiasticae (1755) , XVI.II.10 1 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

23 3.3.1 Immanuel Kant, der Reformauftrag des Gelehrten
Ebenso [wie in anderen gesell-schaftlichen Bereichen] ist ein Geistlicher verbunden, seinen Katechismusschülern und seiner Gemeinde nach dem Symbol der Kirche, der er dient, seinen Vortrag zu tun; denn er ist auf diese Bedingung angenommen worden. Aber als Gelehrter hat er volle Freiheit, ja sogar den Beruf dazu, alle seine sorgfältig geprüften und wohlmeinenden Gedanken über das Fehlerhafte in jenem Symbol, und Vorschläge wegen besserer Einrichtung des Religions- und Kirchenwesens, dem Publikum mitzuteilen ... In Deutschland ist der Begriff Aufklärung unlöslich mit dem Namen Immanuel Kant verbunden. Rückerinnerung: ; Prof. in Königsberg; 1781 «Kritik der reinen Vernunft», 2. Aufl. 1788, Epoche machendes Werk der Philosophie- und Theologiegesch.: Gott nicht Gegenstand theoretischer Vernunfterkenntnis (cf. Gottesbeweise) sondern regulative Idee in der Ethik In seiner populärsten Schrift: „Was ist Aufklärung?“ einer Preisschrift der Berliner Akademie der Wissenschaften, versucht der die revolutionäre Dynamik des Fortschrittsdenkens mit dem gesellschaftlichen Bedürfnis nach Stabilität zu vermitteln. Wie dies für den kirchlichen Bereich auszusehen hat, beschreibt die folgende Passage aus dieser Schrift: > … Erwartet wird eine ständige Perfektionierung, vom Aberglauben zum Vernunftsglauben. --- Diese Programmatik kommt in der Einleitung klar zum Ausdruck. Immanuel Kant, Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? (1784) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

24 3.3.2 Immanuel Kant, Was ist Aufklärung? 1784
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere¹ aude!² Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung. Folie 1) Geschmack haben, Verstand haben, verständig sein, Einsicht haben, weise sein 2) Formel von Vergil übernommen --- Auch wenn wir den Fortschrittsoptimismus der Aufklärung heute nach den bitteren weiteren Erfahrungen nicht mehr so ohne weiteres unterschreiben können, bleibt das sápere aude als kategorischer Imperativ für Wissenschaft und Bildung eine unauslöschbare Verpflichtung. Akademie Ausgabe, VIII, 33 KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform

25 Kodex - Buch im Gegensatz zur Schriftrolle
lat. codex, Pl. Codices, Baumstamm, Schreibtafel aus gespaltenem Holz, als Notizbuch, Inventar etc. verwendet, dann als Einband (Buchdeckel) mehrerer Lagen aus Pergament- oder Papierblätter, teilw. kostbar ausgestattet: Edelstein, Elfenbein Bezeichnung für Buch allgemein im Gegensatz zur Schriftrolle schließlich repräsentative Sammlung im Buchformat: Codex Manesse (mittelhochdeutsche Liedersammlung), Codex iuris canonici, Codex Iustinianus; daraus abgeleitet übertragen auch: Sammlung von Normen und Regeln (Ehrenkodex) KG der Frühen Neuzeit - WS 2006/07 - Reform


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