Plädoyer für eine Erweiterung der Mahn- und Gedenkstätte der Opfer der Euthanasie im Nationalsozialismus in der Tiergartenstraße.

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Euthanasie-Verbrechen im Nationalsozialismus
 Präsentation transkript:

Plädoyer für eine Erweiterung der Mahn- und Gedenkstätte der Opfer der Euthanasie im Nationalsozialismus in der Tiergartenstraße

Historischer Abriss der begangenen Verbrechen an Menschen mit einer psychischen, geistigen oder körperlichen Behinderung im Rahmen des „Euthanasie-Programms“

Die Vorläufer der Nazi-Euthanasie Die nationalsozialistische Bevölkerungs- und Rassenpolitik war nicht einfach nur vom Himmel gefallen Unter dem Schock des für Deutschland verlorenen 1. Weltkrieges mit seinen großen Verlusten an Menschenleben bekamen die Schriften der so genannten Eugeniker und Rassenhygieniker enorme Zugkraft 1920 stellen Alfred E. Horche (Prof. für Psychiatrie) und Karl Bindig (Prof. für Recht) ihre These auf, wonach es eine peinliche Vorstellung sei, dass die Pflege der schwer Geisteskranken Kapital in Form von Nahrungsmitteln, Kleidung, Heizung und Personalkosten entzieht Sie sprachen von "leeren Menschenhülsen", "Balastexistenzen" und "geistigen Toten"

Es fanden sich somit Thesen und Begriffe, die den Nazis uneingeschränkt ins Konzept passten. Nach der Machtergreifung 1933 wurde dann das Zwangssterilisationsgesetz schnellstens verabschiedet: (1) Wer erbkrank ist, kann durch chirurgischen Eingriff unfruchtbar gemacht werden, wenn zu erwarten ist, dass seine Nachkommen an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden (2) Erbkrank im Sinne des Gesetzes ist, wer an einer der folgenden Krankheiten leidet: 1. angeborenem Schwachsinn, 2. Schizophrenie, 3. Zirkulären (manisch-depressiven) Irrsinn 4. Erbliche Fallsucht 5. Erblichen Veitstanz (Huntingtonsche Chorea) 6. Erblicher Blindheit 7. Erblicher Taubheit 8. Schwerer erblicher Missbildung und schwerem Alkoholismus Man nimmt an, dass in Deutschland nach dem Erlass der Gesetze rund 400.000 Menschen der Zwangssterilisation zum Opfer gefallen sind.

Die systematische Tötung wird organisiert Spätestens im Februar 1939 beginnt die Kanzlei des Führers eine Parteidienststelle mit der Planung der systematischen Tötung Kranker und Behinderter Die Kanzlei untersteht Reichsleiter Philipp Bouhler einem SS-Obergruppenführer Von den fünf Hauptämtern der Parteikanzlei des Führers wird das Hauptamt II für die Krankentötungen zuständig Im Sommer 1939 werden Bouhler und Hitlers Begleitarzt Karl Brandt mit der Durchführung der so genannten Aktion T 4 beauftragt.

T4, "Geheime Reichssache", wird nach der Tiergartenstraße 4 in Berlin Charlottenburg benannt. Hier bezieht die Euthanasiezentrale eine aus jüdischem Besitz zwangsarisierte Villa

Die beteiligten Tarnorganisationen der „geheimen Reichssache T4“ erhielten unverfängliche Bezeichnungen. Die einzelnen Abteilungen schreiben, verhandeln und befehlen unter verschiedenen Briefköpfen: Reichsarbeitsgemeinschaft Heil- und Pflegeanstalten (RAG), zuständig für die Verwaltung der Patienten und Mordopfer, hier gingen die Meldebögen aus ganz Deutschland ein Die "Gemeinnützige Stiftung für Anstaltspflege" wickelte die Besoldung der Beteiligten (Ärzte, Schwestern, Pfleger, Chemiker, Kraftfahrer, Büroangestellte usw.), die Beschaffung von Gebäuden und die Bezahlung der als "Desinfektionsmittel" deklarierten Giftstoffe ab Die "Gemeinnützige Kranken-Transport-GmbH (Gekrat)" besorgte mit ihren "grauen Bussen" die Abholung Ein "Reichsausschuss zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden" verantwortete die Tötung behinderter Kinder Später wird noch eine "Zentralverrechnungsstelle Heil- und Pflegeanstalten" gegründet, die alle Sterbefälle abrechnete

Mit dem Überfall auf Polen beginnt der systematische Krankenmord Die ersten Opfer sind Patienten aus Anstalten in Pommern, Westpreußen und Polen Sie werden in stundenlangen Einzelerschießungen von SS-Kommandos getötet Während in diesen Gebieten das gnadenlose Morden schon begonnen hat, wird das Schloß Grafeneck zur ersten Vergasungsanstalt auf deutschem Boden umgebaut Im Januar 1940 werden die Ärzte der neu errichteten Vergasungsanstalten extra noch ins ehemalige Zuchthaus Brandenburg zu einer "Probe-Vergasung" bestellt. Parallel dazu wird vor der Vergasung bei den Opfern die Wirkungsweise verschiedener Gifte ausprobiert. Man wollte die schnellste Tötungsmethode herausfinden

Die geheime Reichssache T4 und später Aktion Brandt geschah vorerst in fünf bzw. sechs Tötungsanstalten in Deutschland, die nach der zeitlichen Reihenfolge ihrer Inbetriebnahme mit einem Buchstaben des Alphabets benannt wurden: "A" stand für Grafeneck in Württemberg "B" ab Februar 1940 für Brandenburg-Havel bzw. ab Herbst 1940 für Bernburg "C" für Hartheim bei Linz in Österreich "D" für Sonnenstein in Sachsen "E" für Hadamar in Hessen

Die „Zwischenstationen“ auf dem Weg zur Tötungsanstalt Die Spuren der gezielten Mordaktionen sollten gegenüber den Angehörigen der Patienten verwischt werden Daher wurden die Kranken nicht auf direktem Wege von ihren Herkunftsorten in die Tötungsanstalten transportiert, sondern über Zwischenstationen Die Durchgangsstationen hatten demnach neben einer Tarnfunktion auch die Aufgabe, Störungen im Ablauf des industriemäßig organisierten Euthanasie-Programms auszuschalten Die Auswahl der Euthanasieopfer fand nach einem simplen Verfahren statt: Alle Anstalten in Deutschland müssen Patienten nach Berlin melden, darunter auch so genannte Geisteskranke und Personen, die sich seit mindestens fünf Jahren in Anstalten befinden - ein Todesurteil für Heimbewohner

Der Transport der Opfer erfolgte durch die Gekrat (Gemeinnützige Krankentransport GmbH) Um die Anstaltsbewohner in die Vergasungsanstalten transportieren zu können wurde die Gemeinnützige Krankentransport GmbH geschaffen Der Transport erfolgte in Bussen der Reichspost, die einen dunkelgrauen Tarnanstrich hatten und deren Seitenfenster weiß gestrichen waren, so dass man weder heraus noch herein sehen konnte Der sogenannte „Transportführer“ und das Begleitpersonal der Busse gehörten in der Regel der SS an und trug zur Tarnung keine Uniform, sondern Zivilkleidung oder weiße Kittel

Die Gekrat - Busse

Die Ermordung der Opfer Die Tötung der Opfer in den Vernichtungsanstalten erfolgte durch Vergasung Diese wurde in Gaskammern oder in sogenannten fahrbaren Gaskammern (Lastkraftwagen, mit luftdicht abgeschlossenen Kastenaufbauten, in die Kohlenoxyd eingeleitet wurde) In den annektierten Ländern wurden überwiegend Erschießungen durchgeführt Vielfach wurde der Tod auch durch Verabreichung von Luminal und anderen toxische Substanzen oder Nahrungsentzug herbeigeführt

Insgesamt wurden fast 200 000 wehrlose Menschen ermordet, allein davon über 70 000 in den genannten Vernichtungsanstalten Grafeneck, Brandenburg, Bernburg, Hartheim, Sonnenstein und Hadamar

Die Mahn-und Gedenkstätte der Euthanasieopfer in der Tiergartenstraße

Eine Gedenktafel befindet sich am ehemaligen Standort der Villa Tiergartenstraße 4

Nicht weit von der Gedenktafel steht eine Stahlskulptur „Berlin Junction“ bzw. „Berlin Curves“ von Richard Serra

Den vielfach geäußerten Unmut über die jetzige Situation an diesem historischen Ort (die nachträglich den Opfern gewidmete Plastik "Berlin Junction" von Richard Serra in Verbindung mit einer kleinen Bodenplatte) hat die Stiftung Topographie des Terrors zu Beginn des Jahres 2007 zum Anlass genommen, Betroffene, engagierte Bürgerinnen und Bürger, Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Einrichtungen und zuständiger Behörden zu einem Runden Tisch einzuladen, um über die notwendigen Schritte hin zu einer Neugestaltung des Ortes zu beraten Gedenktafel

Eine Neugestaltung der Gedenkstätte erscheint folgerichtig und sinnvoll Die Gedenktafel ist in den Boden eingelassen und kann so leicht übersehen werden Die Skulptur von Richard Serra ist von Graffiti verunstaltet und weißt somit nur einen geringen Zusammenhang zum Kontext der Gedenkstätte auf

Mittlerweile wurde eine Informationstafel installiert, aber Hinweise auf die Gedenkstätte auf den drei Übersichtstafeln des „Kulturforums Potsdamer Platz“ fehlen

Raum für eine Umgestaltung wäre vorhanden, wie beispielsweise der Vorplatz der Philharmonie, der durch die BVG nicht mehr oder wenig genutzt wird

Wie deutlich zu erkennen ist

Ein Vorschlag zur Umgestaltung bzw. zur Ergänzung der Gedenkstätte

Die Idee ist, die Ereignisse so realistisch wie möglich darzustellen, um so eine höchstmögliche emotionale Beteiligung zu erzielen und den inhaltlichen Kontext nicht mit einer Abstraktheit zu verdecken. Bei dem Denkmal der jüdischen Kindertransporte am Bahnhof Friedrichstr. ist dieser Anspruch perfekt umgesetzt worden

Ein weiteres Beispiel ist der Eisenbahnwagon von Yad Vashem

Die Schuhe vom Donauufer in Budapest sind ein weiteres Beispiel für konkretes Erinnern

Ein emotionaler Kernpunkt der Verbrechen der Nazi-Euthanasie ist der Abtransport der Opfer durch die grauen Gekrat-Busse

Die Transporte in die Vernichtungsanstalten erfolgte mit deutscher Gründlichkeit und Ordnungsliebe. Zu dieser Zeit bekamen viele Leute allmählich Angst, man sah die grauen Busse und wusste gerüchteweise was es damit auf sich hatte. Erschütternde Berichte waren im Umlauf. (Verlesung der Dokumente)

Die grauen Busse –Symbole des Todes Sie stehen stellvertretend für die Perfidie der Täter

Es gibt kein Entrinnen

Vertrauensmissbrauch

Weiß – die Farbe der Unschuld!? Weiß sind die Fenster der Busse

Weiß sind die Kittel der Täter

In Gedenken an die Opfer

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit