Ökologie Wolfgang Nentwig

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 Präsentation transkript:

Ökologie Wolfgang Nentwig

Spektrum Verlag (Heidelberg) 2007 25 € / 41 CHF Seitenangaben

…diese Vorlesung baut auf Vorlesung 1. Jahr (9 h) auf Vertiefung in allen Gebieten neue Teile kurze Wiederholungen Unterbrechen / Zwischenfragen erlaubt als PPT auf www.zoology.unibe.ch (Leistungseinheiten)

Gliederung Einführung Organismen (Autökologie) Populationen (Populationsökologie) Wechselwirkungen zwischen Arten (Synökologie) Lebensgemeinschaft (Synökologie)

Einführung (Wiederholung) Definition Ökologie ökologische Nische als zentraler Begriff effizientes Verhalten von Organismen physiologisches Optimum Überlappung von Nischen / Konkurrenz Nischenbreite / Einnischung 8

fundamentale vs. realisierte Nische 39

Einnischung ist… Spezialisierung / adaptive Radiation Prozess in der Zeit (Evolution) fördert Artbildung schöne Beispiele: Blütenökologie, Kleidervögel Hawaii, Darwinfinken Galapagos führt zu Konvergenz 40-43

Einnischung und Artenzahl Lebensraum Gemässigte Zone Tropenwald Alter (Jahre) 10.000 > 100.000 Pflanzenarten regional einige 100 einige 1000 global einige 10.000 einige 100.000 Tierarten regional 10 Millionen Einnischung in unterschiedlich alten Lebensräumen Einnischung an Pflanzen potenziert Artenzahl Faustregel “pro Pflanzenart 10 Tierarten” 4-7

1.2 Umwelt der Organismen Faktor Anpassung Vermeidung Regulation Strategien Organismus passiv euryök – breites Optimum stenök – enges Optimum aktiv 8

Temperatur: wichtigster Faktor (1. Jahr) homoiotherm: Regelung der Temperatur poikilotherm: keine Regelung / Toleranz weitere wichtige Faktoren Licht – Strahlung (phot) Feuer (pyrrho) Wasser (hydr, osmotisch) biogene Elemente / Luft Boden usw. 8

1.2.2 Einstrahlung und Photosynthese Spektrale Zusammensetzung Einstrahlung Abstrahlung / Reflexion Transmission Absorption Albedo R E A A T 9

Strahlungsqualität nimmt in Vegetation ab (dunkle Wälder) Licht- und Schattenarten Licht- und Schattenblätter nimmt mit Wassertiefe ab 10 m absorbieren 90 % 600-700 nm ROT 60 m absorbieren 90 % 500 nm GRÜN in 50 – 150 m Wassertiefe weder Farbsehen noch Photosynthese 10

Ökosystemare Konsequenzen pflanzliche Primärproduktion PPP global sehr unterschiedlich Energieeffizienz gering 1-2 % (10-20 % Photovoltaik) 218

217

Eingestrahlte Energie bestimmt Wasserhaushalt Pflanzengesellschaft Variationsmuster globale Dimension → Biodiversität (Makroökologie, Kap.4)

Tiere und Licht? Physiologisch heterotroph, aber 3 wichtige Bereiche: 7-D-hydro-cholesterol kurzwelliges Licht / Haut Cholecalciferol (Vitamin D3) Wirbeltiere: Rachitis, Calciumstoffwechsel 10

2. Orientierung im Raum optisch Schlupf vieler Wasserinsekten weniger optisch jagende Feinde höhere Luftfeuchigkeit (Cuticulaaushärtung) reduzierte Transpiration Schwarmzusammenhalt

3. Orientierung in der Zeit Chronobiologie biochemische Prozesse triggern Biorhythmik Gene / Proteinbiosynthese / Kryptochrome Schrittmacherzentren (Insekten optische Loben, Mollusken Retina, Vertebraten Epiphyse) circadiane Rhythmik (24 h) Licht als Zeitgeber (Tageszeit, Jahreszeit) 10

Jahresperiodik (2 Generationen, Saisondimorphismus) W S Jahresperiodik (2 Generationen, Saisondimorphismus) Sommerform (Puppe kurzlebig,adult bei abnehmender Temperatur und Tageslänge, dunkel gefärbt) Winterform (Puppe langlebig, adult bei zunehmender Temperatur und Tageslänge, hell gefärbt) Wahrnehmung Tageslänge Licht + Temperatur 10

1.2.4 Feuer typische feuergeprägte Lebensräume: mediterrane Hartlaubvegetation regelmässige Feuer verhindern dichte waldartige Vegetation 251

247

Korkeichenwald Korsika Chaparral Kalifornien Feuer ebenfalls häufig Steppen Savannen Tundra Taiga Kiefernwälder Eukalyptuswälder 249 ff

15

natürliche Ursachen (Blitze) weltweit verbreitet / in vielen Lebensräumen Gradient der Temperatur - 300 – 700°C im Feuer - Streuauflage 100°C - 5 – 10 cm im Boden: kaum Erhöhung - neben heissen immer kalte Bereiche - d.h. Schutzmöglichkeit / Überleben Mineralisierung toter Biomasse - ersetzt / beschleunigt biotischen Abbau 15

Anpassungsmöglichkeiten Pflanzen Korkeiche Quercus suber: Kork Eucalyptus: Rinde Pinus banksiana: Zapfen Erneuerungsknospen im Boden (Geophyten) Samen in der Erde (Therophyten) Regenerationsfähigkeit aus Wurzeln → Pyrrhophyten 15/101

Anpassungsmöglichkeiten Tiere Vermeiden: Flucht Eingraben Nutzung frisch gebrannter Flächen: Melanophila acuminata (Buprestidae) Schwarze Kiefernprachtkäfer Infrarotsensoren 15

Problem Feuer = Sukzessionsbremse Feuerverhinderung Anhäufung von Biomasse weniger, aber heftigere Feuer Schutzgebiete verwalden Konflikt mit Mensch Waldnutzung Siedlungen Lösung: kontrolliertes Brennen (fire management, fire ecology)

1.2.5 Wasser als Ressource Organismen 70 % Wasser 226

Wasserhaushalt von Organismen Verfügbarkeit von Wasser für Organismus Wasseraufnahme, -transport, -speicher, -abgabe Pflanzen: Evapotranspiration Boden speichert elektrostatisch und kapillar Feldkapazität = max. Füllungsgrad mittlerer Bodenporen 17, 31

Regulation osmotisch wirksame Stoffe in Zellen → osmotischer Druck → Osmoregulation Kontrolle innen / aussen Ionenkanäle / -pumpen ATP-Verbrauch, ionenselektiv z.T. Art der Ionen unwichtig, Ladungen! Gesamtkonzentration wichtig 17

keine Regulation tolerant innen = aussen poikilosmotisch mit Regulation innen konstant homoiosmotisch keine Regulation tolerant innen = aussen poikilosmotisch 19

poikilohydre Organismen Blaualgen / Algen Pilze, Flechten, zT Moose mg kg-1 Meerwasser Süsswasser poikilohydre Organismen Blaualgen / Algen Pilze, Flechten, zT Moose Dauereier von Kleinkrebsen aride Lebensräume homoiohydre Organismen Zentralvakuole der Pflanzen Cuticula, Spaltöffnungen Wurzeln kontrollierte Aufnahme, -abgabe von Wasser 35 ‰ 3 ‰ Blut 9 ‰ 18

poikilohydre Flechte Ramalina maciformis 35

Höhere Pflanzen - cuticuläre Transpiration - stömatäre Transpiration enge Kopplung mit PS Dilemma Verhungern / Verdursten - diverse PS-Strategien 21

Unterschiede bezüglich Lebensraum taxonomische Gruppen Physiologie / Morphologie 26

Ökologische Anpassungen Epiphyten (Bromelien, Orchideen) Xerophyten (aride Lebensräume) Sukkulenz (Konvergenz!) Hydrophyten (Staunässe) Halophyten (Mangroven) 21/22

Tiere - Integument - Atmung Insekten Tracheensystem Landcrustaceen Kiemen in Körperhöhlen Sommerschlaf, Nachtaktivität, Eingraben Wasserrückgewinnungsmechanismen - Exkretion (Aminosäureabbau!) Ammoniak (wasserlöslich) Wassertiere Harnstoff (weniger Wasser) Säugetiere Harnsäure (kristallin) Reptilien, Vögel - Oxidationswasser (100 g Fett = 107 g H2O) 22/23

1.2.6 Biogene Elemente H2O und Kohlenstoff, N, P, S Makronährstoffe Ca, K, Mg, Na, Cl Mikronährstoffe / Spurenelemente Photosynthese: Mn, Fe, Cu, Zn, Va, Mg N-Stoffwechsel: Mn, Fe, Cu, B, Co, Mo Hämoglobin Fe Hämocyanin Cu Thyroxin J Zähne, Knochen F spezielle Enzyme mit Ni, Se Chlorophyll a Hämoglobin Thyroxin 23

24

Kohlenstoff / CO2 Photosynthese (s.o.) schwerer als Luft für Pflanzen potentiell limitierend (Gewächshaus!) hohe Konzentrationen am Boden, in Erdlöchern Bodenarthropoden sind oft CO2-tolerant 25

Sauerstoff 21 %, meist nicht limitierend in grosser Höhe O2-Partialdruck ↓ (40 % 5000 m) Wasserkörper: Diffusion spezifische Atmungsorgane staunasser Boden: Anpassungen (Rhizophoren) 27

Silicium 2. häufigstes Element der Erdkruste wenig benötigt 4wertig wie C, reaktionsträge wichtig für Kieselalgen Poaceae Herbivorenschutz 30

23 Elemente plus Strontium plus …. etwa 30 von 89 stabilen Elementen biogen einige definitiv nicht essentiell ( z.B. Hg, Pb, Cd) 30

1.2.7 Boden als Ressource Klima Temperatur Niederschlag Vegetation Gestein Bodentyp Verwitterung 30

Rohboden: A Mineralhorizont (Hochgebirge) Ranker: +h humusangereichert C Ausgangsgestein Rohboden: A Mineralhorizont (Hochgebirge) Ranker: +h humusangereichert (Steppenböden Osteuropas) Braunerde: + Bv verwitterter Mineralhorizont, häufigster Boden Mitteleuropas Parabraunerde: Tonauswaschung Al → Bt Pseudogley: S Stauwasser w-d Wasserstau Gley: G Grundwasser o-r oxidierend/reduzierend 31

Verwitterung von Tonmineralien - verschiedene Bodenstruktur - Kationenaustauschkapazität - zu Ende verwitterte tropische Böden KAK gering --- mittel -- hoch 32

Bodenfruchtbarkeit organische Auflage des Bodens: Streu Humus: organische Anteile des Bodens (Pflanzen- und Tierreste) C : N Verhältnis wichtig für Abbaubarkeit Huminstoffe (stabile Komplexe organischer Stoffe) Wie viele / welche Nährstoffe sind im Boden? N, P, … entscheidend für Produktivität 32

Verwitterungsintensität Europa Tropen Niederschlag (mm) < 1000 mind. 3000 Jahrestemperatur (°C) 10 25 – 30 Alter (a) 5.000 – 10.000 > 100.000 Tiefe von A cm – dm - m mm – cm Tiefe von B 0.5 – 1 m 10 – 20 m chemische Verwitterung hält an beendet KAK mittel – hoch niedrig Nährstoffgehalt hoch Diversität Flora Diversität Fauna typische Böden Braunerde Laterosole (Roterde, Laterite, Fe, Al)

Serpentinböden Serpentin [Mg,Fe,Ni,Co,Cr]6Si4O10(OH)8 CH: Davos, Zermatt nur durch Spezialisten besiedelbar Serpentingrasnelke Armeria maritima serpentini Galmai-Veilchen Viola calaminaria Serpentin-Streifenfarne Asplenium 33

Kalkböden weit verbreitet (Kalkalpen) essentiell für einige Arthropoden: Isopoden, Diplopoden Mollusken: Gastropoden Konsequenzen für Tiergemeinschaft Buntsandstein, Granit andere Destruentengilden