Operative Planungsprobleme

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Operative Planungsprobleme Kapitel 5 Operative Planungsprobleme

Operations Management 5.1. Prognoseverfahren Ziel  aus Vergangenheits-Daten Schlüsse über die zukünftige Nachfrage ziehen wichtig bei: bei Endprodukten, wenn man Make to Stock (und nicht Make to Order) betreibt wenn es sich um geringwertige Güter (Hilfsstoffe, Verschleißteile, C-Produkte, etc.) handelt, bei denen sich der Aufwand für andere Verbrauchsermittlungsverfahren nicht lohnen würde bei untergeordneten Erzeugnissen, die in sehr vielen übergeordneten Erzeugnissen eingehen, sodass der Bedarf einen sehr regelmäßigen Verlauf annimmt wenn die Daten für programmorientierte Verfahren nicht zur Verfügung stehen (z.B. Ersatzteilverbrauch) (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Verfahren Erklärende Prognosen: bringen den zukünftigen Verlauf in Zusammenhang mit anderen Zeitreihen (z.B. Konjunktur) eher für Branchen, nicht für einzelne Produkte geeignet u. U. von Interesse für langfristige Planung  Regression, OLS Univariate Prognosen: ermitteln mutmaßliche Nachfragewerte allein aufgrund vergangener Nachfragwerte des jeweiligen Produktes besonders wichtig für Mittelfristplanung  Zeitreihenprognose (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Verfahren II singuläre Ereignisse: Kenntnisse über künftige Ereignisse, die man nicht aus den Vergangenheitswerten der Zeitreihe entnehmen kann, die jedoch den Nachfragverlauf nachhaltig beeinflussen. z.B. Steigerung des Bierverbrauchs aufgrund einer bevorstehenden Milleniumsfeier, Marketingaktionen, Gesetztesänderungen, etc. werden meist als einfacher Zuschlag berücksichtigt Wir werden uns hier vorrangig mit Zeitreihenprognosen (II) befassen. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Zeitreihenprognose Gegeben: Zeitreihen {dt: t = 1,…, T}, d.h. Vergangenheitsdaten dt ,…dT-1 und der gegenwärtige Nachfragewert dT, d.h. der letzte gemessene Nachfragewert. Prognoseaufgabe: vom Gegenwartszeitpunkt T aus erstellte Prognosen für  Perioden in die Zukunft bezeichnen wir mit pT () mit  = 1, 2, …., also die Prognose für die Nachfrage dT+ zum Zeitpunkt T. Wenn nun für die Perioden T+1 bis T+ Prognosen pT (1), ... , pT () abgegeben werden, so ergibt sich durch Vergleich mit der sich dann tatsächlich realisierenden Nachfrage dT+1, ... , dT+ jeweils ein Prognosefehler ei( )=dt – pi ( ), wobei i + = t. Vereinfacht dargestellt für  = 1: et-1 (1)= et (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Zeitreihenprognose II Ferner kann man in der gewählten bzw. ermittelten Formel für pT ( ) auch  < 0 wählen und so ex-post Prognosen für die Zeitpunkte 1, ... T berechnen, ebenso wie die ex-post Prognosefehler e2, ... , et. Letzteres z.B. um die Güte diverser Prognoseverfahren zu bewerten. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Zeitreihenprognose III Maßzahlen für die Güte einer Prognose stellen Mittelwert und Streuung der Prognosefehler dar. Für die ex-post Prognosefehler gilt: bzw. In der betrieblichen Praxis werden häufig die MAD (mean absolute deviation, mittlere absolute Abweichung), MAPD (mean absolute percentage deviation) und MSE (mean squared error) verwendet, sowie auch als Streumaß die Spannweite ( ), die deutlich weniger Information bieten. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Zeitreihenprognose IV Wir besprechen einige einfache univariate Prognoseverfahren, die auf Zeitreihen mit: (1) konstantem Verhalten (2) trendförmigem Verhalten (3) saisonalem Verhalten angewandt werden. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.1.1 Zeitreihen mit konstantem Verhalten Zeitreihen mit konstantem Verhalten weisen weder Trend noch Saisonalität auf und sind am einfachsten zu behandeln. Dabei sind folgende Vorgangsweisen denkbar: 5.1.1.1 naive Prognose, Letztwert - Prognose bzw. Man nimmt an, dass sich die Nachfrage in Zukunft wie in der Gegenwart entwickeln wird, d.h. die Vergangenheit wird ignoriert. Falls die Nachfragewerte aber doch um einen Mittelwert schwanken, ist es sinnvoller, Vergangenheitswerte mit einzubeziehen (Mittelbildung). (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.1.1.2 Gleitender Durchschnitt Der gleitende Durchschnitt prognostiziert die Zeitreihe einfach als Mittelwert (Durchschnitt) der Nachfrage über einem „Träger“ der letzten n Nachfragewerte dT-n+1, ... , dT, wobei der Schätzwert pT ( ) der Zeitreihe im Zeitpunkt T wie folgt berechnet wird. für n ≤ T, für n > T, muss n = T gewählt werden „Gleitend“ ist der Durchschnitt insofern, als bei einer Prognose im nächsten Zeitpunkt T+1 der älteste Wert dT-n+1 durch den neuen Wert dT+1 „verdrängt“ wird. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Gleitender Durchschnitt II Wesentlich für die Güte der Prognose ist die Wahl des Zeitraums n: n zu klein  man reagiert zu stark auf nichtsystematische (d.h. stochastische) Schwankungen. n zu groß  man kann temporäre systematische Schwankungen nicht mehr erfassen. Nachteil des Verfahrens ist die Tatsache, dass zunächst alte Vergangenheitswerte als gleich­wertig mit dem neuesten Nachfragewert behandelt werden und dann plötzlich überhaupt ignoriert werden. Dieser Nachteil wird im folgenden Verfahren behoben, in dem Vergangenheitswerte „langsam in Vergessenheit geraten“ bzw. ihre Relevanz verlieren. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.1.1.3 einfache Exponentielle Glättung Man prognostiziert: wobei der Schätzwert ST das mit  gewichtete arithmetische Mittel aus altem Schätzwert ST-1 (aus den Beobachtungen bis zum Zeitpunkt T-1) und neuer Information dT ist. Der Mittelwert über die ersten n Beobachtungen wird zur Bestimmung eines Startwerts ST-1 heran gezogen, wobei n mithilfe von  bestimmt wird. Man kann die Beziehung für T-1 einsetzen:  usw. Man erhält auf diese Weise: (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Exponentielle Glättung II Dies gilt sofern die Zeitreihe wirklich  lange in die Vergangenheit zurückverfolgt werden kann. Für großes k ist der Faktor (1-)k allerdings verschwindend klein, sodass praktisch kein Fehler begangen wird wenn nur eine endliche Summe betrachtet wird. Der Schätzwert ergibt sich durch "exponentielle" Gewichtung der Vergangenheitswerte.  Name "exponentielle Glättung. „Glättung“ bedeutet, dass die geglättete Zeitreihe {St} weniger Schwankungen aufweist, als die ursprüngliche, {dt}. Die Rekursionsformel für die ST läßt sich auch schreiben als: d.h. die neue Schätzung unterscheidet sich von der alten um den durch  gewichteten (vor­herigen) Schätzfehler . (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Exponentielle Glättung III Die Wahl von  ist ähnlich kritisch wie die von n beim gleitenden Durchschnitt:  = 0  ST = ST-1 und die Schätzung reagiert überhaupt nicht auf die neue Zeitreiheninformation  = 1  es zählt nur der Gegenwartswert dT In der Praxis wählt man häufig  = 0,1 bis  = 0,3. Oft wird auch  durch Simulation optimiert. Wichtig: Achten Sie darauf, dass genügend Vergangenheitswerte vorhanden sind, bzw. dass ein guter Anfangswert ST-1 berechnet werden kann. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Exponentielle Glättung IV  Beispiel: α = 0,2 18,6 19,48 20,78 21,43 (Mittelwert der ersten vier Werte) (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.1.2 Zeitreihen mit trendförmigem Verhalten Falls ein linearer Trend, aber kein saisonaler Effekt an Hand der bestehenden Daten abgelesen werden kann, basieren die berechneten Prognosewerte auf folgendem Schema: bzw. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Lineare Regression (OLS) Methode der kleinsten Quadrate Man approximiert die Werte dt durch eine möglichst gut passende Gerade Rt = α + bt und die Prognose erfolgt über Dabei werden  und b so bestimmt, dass die Summe der Quadrate der Abweichungen dt - Rt minimal wird: (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Lineare Regression II Als Ergebnis dieser einfachen Optimierungsaufgabe erhält man (wenn die Beobachtungen zu den Zeitpunkten 1, 2, ... , T vorliegen): und wobei Bei äquidistanten Beobachtungen der erklärenden Variablen (bei Zeitpunkten meist gegeben) gilt: = (erster Zeitpunkt + letzter Zeitpunkt)/2. Also: (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Lineare Regression III Randbemerkung: Bei nicht-äquidistanten Beobachtungen 1, ... n der erklärenden Variablen t bzw. Beobachtungspunkten (1, d1), ... , (n, dn) ist die Formel leicht abzuändern: und wobei und (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Lineare Regression IV Klarerweise ist diese Formel für  äquivalent mit der Darstellung in der Literatur. Es wird kein Unterschied gemacht zwischen der Bedeutung der ältesten bekannten Beobachtung und der der letzten Beobachtung. Angenommen die letzte Beobachtung ist für die Prognose der Zukunft relevanter als länger zurückliegende, kann man wieder das Prinzip der exponentiellen Glättung anwenden, allerdings in einer leicht veränderten Form -> trendbereinigte exponentielle Glättung! (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.1.2.2 Trendbereinigte Exponentielle Glättung Diese entspricht der einfachen exponentiellen Glättung wobei ein Korrekturterm für den Trend verwendet wird: wobei und bT ist der Betrag, um den die Nachfrage im Durchschnitt pro Periode steigt. bT ist aber zunächst nicht bekannt, also muss ein geeignetes Verfahren zu dessen Schätzung herangezogen werden. am besten geeignet ist die lineare Regression. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Trendbereinigte Exponentielle Glättung II bT…Schätzwert für den Trend basierend auf den Daten d0 bis dT Schritt 1  bestimme den neuen Schätzwert für den Absatz: Schritt 2  bestimme den neuen Schätzwert für den Trend: Schritt 3  bestimme den Prognosewert für T+ : (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Trendbereinigte Exponentielle Glättung III Beispiel: Startwerte bestimmen: lineare Regression auf Basis der Perioden 1 bis 4: b=0,5 (Regression) Startwert für den Trend b4 = 0,5 Startwert für den Schätzwert h4 = 18,5 Somit prognostizieren wir p5 = p4(1) = h4 + b4 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Trendbereinigte Exponentielle Glättung IV 19,6 21,58 22,58 24,59 26,98 28,29 28,73 30,33 0,62 0,89 0,91 1,13 1,38 1,37 1,18 1,27 20,22 22,47 23,49 25,72 28,36 29,66 29,91 und so weiter… (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.1.3 Zeitreihen mit saisonalem Verhalten Für die mittelfristige Planung von besonderer Bedeutung (Zeitraum von ein bis zwei Jahren): bei vielen Produkten sind jahreszeitliche Schwankungen typisch. Annahme: Trend ist konstant Wir stellen hier nur eine Methode vor: Gleitender Durchschnitt unter Berücksichtigung der Saisonalität aT…ergibt die prognostizierte Nachfrage ohne Berücksichtigung der Saisonalität sT+ …Saisonkoeffizient für Periode T+ Mit Hilfe von aT berechnet man den sog. Saisonkoeffizienten: (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Zeitreihe mit Saisonalem Verhalten II Mitteln von über K+1 Saisonkoeffizienten gleicher Phase (den gegenwärtigen und K vergangene, , wobei M die Länger einer Saison ist): So erhält man den Zeitreihenschätzwert: M…Länge der Saison Prognose: bzw. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Zeitreihe mit Saisonalem Verhalten III Beispiel: folgende Nachfragedaten (halbjährlich, M = 2): Per. 1/01 2/01 1/02 2/02 1/03 2/03 1/04 2/04 t 1 2 3 4 5 6 7 8 dt 10 9 11 13 Offensichtlich ist im ersten Halbjahr die Nachfrage im Normalfall niedriger. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Zeitreihe mit Saisonalem Verhalten IV 1. Schritt: Ermittlung der momentanen Saisonkoeffizienten: wobei Gemittelt über dT-1 und dT, dh gemittelt über n=2 Perioden: at 8,5 9,5 10 9 10,5 11,5 1,18 0,95 1,1 0,89 1,24 0,87 1,13 Gemittelte Saisonkoeffizienten über mehrere Jahre (hier über alle): st 1,18 0,95 1,14 0,92 1,17 0,90 1,16 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Zeitreihe mit Saisonalem Verhalten V Oft werden noch die aktuellen (gemittelten) Saisonfaktoren so korrigiert (normalisiert), dass ihre Summe über einen vollen saisonalen Zyklus M (also hier 2) ergibt. Die Saisonfaktoren for 2004 könnten also wie folgt korrigiert werden: und Aus Gründen der Bequemlichkeit wollen wir das hier aber nicht weiter tun. Einschrittprognose pT(1)=pT+1=aTsT+1-2 Pt(1) 11,2 9,5 10,3 9,66 13,5 10,4 Zum Beispiel: p3(1)=p4=a3*s2=9,5*1,18=11,2 (Schätzwert für Periode 4) (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.1.4 Zeitreihen mit Trend und Saisonalität ebenfalls für die mittelfristige Planung von besonderer Bedeutung Grundidee dieses Prognoseverfahrens: 1. Ermittlung der Saisonkoeffizienten 2. Saisonbereinigte Zeitreihe: Beobachtung / Saisonkoeffizienten 3. lineare Regression (oder exp. Glättung) der saisonbereinigten Zeitreihe 4. Prognose = Wert der Regressionsgerade * Saisonkoeffizienten Obiges Beispiel: Saisonbereinigte Zeitreihe (Saisonkoeffizienten 0,9 bzw. 1,16) 7,77 8,62 70 9,48 8,88 11,2 11,1 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Zeitreihe mit Trend und Saisonalität II Diese Werte seien nun die dt, die mittels Regression analysiert werden sollen. Der Mittelwert der Beobachtungen (n=T=8) sowie der Zeitpunkte ist: = (7,77+8,62+10+9,48+8,88+11,2+11,1+11,2)/8 = 78,25/8 = 9,78 = 4,5 Zur Berechnung der Regressionskoeffizienten benötigt man: = -(7,77*3,5) - (8,62*2,5) - (10*1,5) - (9,48*0,5) + (8,88*0,5) + (11,2*1,5) + (11,1*2,5) + (11,2*3,5) = 19,705 = (3,52 + 2,52 + 1,52 + 0,52)*2 = 42 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Zeitreihe mit Trend und Saisonalität III Es ist ein Trend nach oben zu erkennen: b = 19,705/42= 0,47,  = 9,78 - 0,47*4,5 = 7,67 Zum Beispiel: Weitere wichtige Verfahren (z.B.: Box-Jenkins) können hier aus Zeitgründen nicht behandelt werden. Literatur: (praktisch jedes Lehrbuch der Produktion, des Operations Research bzw. der Prognose) Schneeweiß, Einführung in die Produktionswirtschaft, Springer, 1993 [Kapitel 5.2.1] Günther, Produktionsmanagement, Springer, 1993 [Kapitel C.2] Tempelmeier, Material-Logistik, Springer, 1992 [Kapitel 3] Hillier-Liebermann, Operations Research, Oldenbourg, 1988 [Kapitel 19] Ghiani, Laporte, Musmano, Introduction to Logistics System Planning and Control, Wiley, 2004 [Kapitel 2] (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.2 mittelfristige Produktionsprogrammplanung 5.2.1 mittelfristige Produktionsprogrammplanung mittels LP dynamische Produktionsprogrammplanung besitzt 2 Stufen: Beschäftigungsglättung (aggregierte Gesamtplanung), d.h. Ausgleich der Kapazitätsbeanspruchung über das Jahr. Diese mittelfristigen Über-legungen erfolgen auf aggregiertem Niveau (Produktgruppen, Monats-basis) unter Verwendung von Nachfrageprognosen. kapazitierte Hauptproduktionsprogrammplanung (master production schedule), sprich kurzfristige detaillierte Festlegung der konkreten Produktmengen in den einzelnen Perioden (Hauptprodukte auf Wochen-basis) unter Verwendung der Vorgabe der Beschäftigungsglättung und detaillierterer Nachfrageprognosen. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Mittelfristige PPP mittels LP II Ziel: Erstellung eines mehrperiodigen Produktionsprogramms auf der Basis eines LP-Modells. In diesem Fall erfolgt der Ausgleich zwischen den einzelnen Perioden durch Lagerbildung.  dadurch wird eine gewisse Unabhängigkeit zwischen Produktion und Nachfrage geschaffen („Emanzipation“). dabei gilt die Lagerbilanzgleichung: yjt = yj,t-1 + xjt - djt wobei: xjt ... Produktionsmenge von Produkt j in Periode t, (Variable) yjt ... Lagerbestand des Produktes j am Ende der Periode t, (Variable) djt ... Bedarf an Produkt j in Periode t (Prognose). (Parameter) (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Mittelfristige PPP mittels LP III Zur Vermeidung von Kapazitätsengpässen kann nicht nur vorproduziert werden, sondern auch Zusatzkapazität in Anspruch genommen werden.  einfachste Kapazitätsrestriktion: wobei: uit ... genutzte Zusatzkapazität von Segment i in Periode t, (Variable) bit ... Produktionskapazität von Segment i in Periode t, (Variable) aij ... durch Produkt j verursachte Kapazitätsbeslastung von Segement i. (Parameter) (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Mittelfristige PPP mittels LP IV Schwieriger ist der Fall, wenn Vorlaufperioden zu betrachten sind, in diesem Fall ist: aijv ... durch Produkt j verursachte Kapazitätsbelastung von Segment i in Vorlaufperiode Vj ... Anzahl der Vorlaufperioden von Produkt j Kapazitätsrestriktion: ferner definiert man: T … Anzahl der Perioden n … Anzahl der Produkte m … Anzahl der Segmente hj … Lagerkosten pro Einheit von Produkt j und Periode zi … Zusatzkosten in Segment i pro Einheit genutzter Zusatzkapazität Uit … maximal mögliche Zusatz-kapazität in Segment i in Periode t (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Mittelfristige PPP mittels LP V Lager + Zusatzkosten yjt = yj,t-1 + xjt - djt für j = 1,...,n und t = 1,...,T für i = 1,...,m und t = 1,...,T für j = 1,...,n und t = 1,...,T uit  Uit xjt, yjt, uit  0 für i = 1,...,m, j = 1,...,n und t = 1,...,T yj0 gegeben für j = 1,...,n ... Anfangslagerbestände (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Mittelfristige PPP mittels LP VI Beispiel (aus Kapitel 8.3, Günther und Tempelmeier, Produktion & Logistik) Dabei sind 2 Endprodukte A und B herzustellen, die aus Baugruppen C, D und E bestehen, wobei dort wieder Einzelteile F und G eingehen (jeweils 1 Einheit). Dies ist in nebenstehender Abbildung illustriert: Im Segment 1 werden also die Endprodukte erzeugt, in Segment 2 die Baugruppen C und D sowie in Segment 3 die übrigen Vorprodukte. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Mittelfristige PPP mittels LP VII Der Kapazitätsbedarf pro Stück im entsprechenden Segment sei aus den Arbeitsplänen bekannt und in folgender Tabelle angegeben (z.B. in Stunden): Erzeugnis A B C D E F G Kapazitätsbedarf pro Stück 1 2 3 4 Die beiden Endprodukte verursachen also in den 3 Segmenten folgende Kapazitätsbelastung unter Berücksichtigung der Vorlaufperioden. Endprodukt A Endprodukt B Produktionssegment Vorlaufperiode 1 - 2 4 3 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Mittelfristige PPP mittels LP VIII Die Kapazitätsrestriktionen für die 3 Segmente lauten also: 4xA,t+1 + 3xB,t+1 - u2t  b2t Segment 2 (C und D) 4xB,t+1 + 3xB,t+2 - u3t  b3t Segment 3 (E bis G) 1xAt + 2xBt - u1t  b1t Segment 1 (A und B) Hinzu kommen die übrigen Bedingungen aus obigem LP. Um es überschau-bar zu halten, hat es nur 2 Entscheidungsvariablen (Produktions-menge von A und B). Die anderen Mengen sind aus der Endproduktmenge ableitbar. Im einem (oft computerunterstützten) PPS-Systemen erfolgt nach der Planung des kurzfristigen Produktionsprogrammes (z.B. mit LP wie hier): Materialbedarfsplanung - wann werden welche Rohstoffe in welcher Menge benötigt? Auftragsterminierung und Ressourcenbelegung - Belegung der einzelnen Anlagen mit Auf­trägen unter Beachtung aller Kapazitätsschranken (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.2.2 mittelfristige Programmplanung ohne LP Unter der Voraussetzung linearer Produktionszusammenhänge ist das LP ein geeignetes Verfahren, um bereits recht komplexe Situationen der mittelfristigen Planung optimal zu gestalten. Da die Berechnung für mehrere Perioden und Produkte bzw. Produktgruppen allerdings schon aufwendig sein kann, sind noch andere (einfachere) Planungsverfahren üblich. Die Idee (etwa gleichzeitig mit LP in fünfziger Jahren) stammt aus der Regelungstheorie und beruht im Prinzip auf denselben Überlegungen wie die exponentielle Glättung. Mittelfristplanung bedeutet, einen prognostizierten Nachfrageverlauf so gut wie möglich zu erfüllen  man versucht, die Produktion so „einzuregeln“, dass sie Abweichungen von der Nachfrageprognose zum Anlaß nimmt, die Produktion zu korrigieren. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Mittelfristige PPP ohne LP II Im einfachsten Falle folgt man z.B. der linearen Rekursionsbeziehung wobei: ... “Richt-Lagerbestand“ ,  ... Glättungskonstanten. Je größer  und  desto stärker führen Abweichungen zu Korrekturen. Lineare Entscheidungsregeln sind ähnlich ausbaufähig wie LP-Modelle. Nachteil: es ist nicht möglich, strikte Ressourcenbeschränkungen zu berücksichtigen (oft kein großes Problem, da nur Grobplanung). Vorteil: reagieren glatter auf stochastische Schwankungen als LPs aufgrund der glatteren Periodenverknüpfung  geringere Nervosität. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.3 Losgrößenplanung - Lagerhaltung Bei Lagerhaltungsmodellen unterscheidet man: deterministische Modelle (Nachfrage wird als bekannt vorausgesetzt) – stochastische Modelle (Wahrscheinlichkeitsverteilungen über die Nachfragemengen bekannt) – z.B. Newsboy, Servicegrade, ... statische Modelle (konstante Nachfrage - Betrachtung einer typischen Bestellperiode) – z.B. EOQ (Wurzelformel) dynamische Modelle (Nachfrage variiert mit der Zeit) – z.B. Wagner-Whitin Ein-Produktmodelle - z.B. EOQ, Wagner-Whitin, Newsboy Mehr-Produktmodelle, wobei hier zu unterscheiden ist: – mit unabhängigem Bedarf (aber z.B. gemeinsamer Kapazitäts- beschränkung) – mit abhängigem Bedarf (z.B. Vorprodukte bei mehrstufiger Produktion) (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.3.1 Mehrstufige dynamische Mehrproduktmodelle 5.3.1.1 Erzeugnisorientierte Dekomposition ohne Kostenanpassung Die einfachste Vorgangsweise, die in der Praxis weit verbreitet und in vielen PPS-Systemen implementiert ist, ignoriert die Kostenwirkungen der Losgrößenentscheidung für ein Produkt auf die Vorgängerprodukte. Die grundsätzliche Vorgangsweise ist wie folgt. Beginne mit dem Endprodukt und plane es mittels Einprodukt-Heuristik oder WW-Verfahren. (Allgemeiner wird nach den Dispositionsstufen vorgegangen und mit den Endprodukten begonnen) Plane die unmittelbaren Vorgängerprodukte, wobei sich der Bedarf für diese Vorgänger­produkte aus den Losgrößenentscheidungen der übergeordneten Produkte ergibt, usw. (Allgemeiner: wenn eine Dispositionsstufe abgearbeitet ist, gehe zur nächsten) (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Erzeugnisorientierte Dekomposition II Beispiel: N = 2 Produkte, T = 4 Perioden, a12 = 1, Bedarf, Rüstkosten und Lagerkosten wie folgt: Produkt t = 1 t = 2 t = 3 t = 4 Si hi i = 1 - 120 10 i = 2 100 11 Planung über erzeugnisorientierte Dekomposition ohne Kostenanpassung: Zunächst wird das Endprodukt i = 2 geplant. Nach Silver-Meal ergeben sich folgende Lose: t = 1: 100/1 < [100 + 1110]/2 = 105 d.h. q21 = 10, u.s.w. also keine Losbildung  q22 = 10, q23 = 10, q24 = 10. Es ergibt sich somit folgender Sekundärbedarf für das Vorprodukt 1: Produkt t = 1 t = 2 t = 3 t = 4 Si hi i = 1 10 120 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Erzeugnisorientierte Dekomposition III Nach Silver-Meal ergeben sich folgende Lose: t = 1: 120/1 > [120 + 1010]/2 = 110, aber 110 < [120 + 1010 + 10210]/3 = 140 d.h. Losbildung: q11 = 10 + 10, q12 = 0. t = 3: 120/1 > 110, d.h. Losbildung: q13 = 10 + 10, q14 = 0. Die Gesamtkosten sind dann 840: Produkt 2: 4  Rüsten, also 400 Produkt 1: 2  Rüsten, 2  Lagern, also 240 + 200 = 440 Zum Vergleich: Losbildung schon beim Endprodukt: q21 = 20, q22 = 0, q23 = 20, q24 = 0 Dies ergibt Bedarfsmengen für das Vorprodukt 1: Produkt t = 1 t = 2 t = 3 t = 4 Si hi i = 1 20 120 10 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Erzeugnisorientierte Dekomposition IV Nach Silver-Meal ergeben sich folgende Lose: t = 1: 120/1 > [120 + 0]/2 = 60, aber 60 < [120 + 0 + 10220]/3 = 173,3 d.h. Losbildung: q11 = 20, q12 = 0. t = 3: analoge Losbildung: q13 = 20, q14 = 0. Die Gesamtkosten sind dann 660: Produkt 2: 2  Rüsten, 2  Lagern, also 200 + 220 = 420 Produkt 1: 2  Rüsten, also 240 Die Lösung aus dem vorigen Abschnitt lässt sich also um über 20% verbessert! Die Losbildung beim Endprodukt sollte nämlich berücksichtigen, dass die hier getroffenen Entscheidungen die Kosten bei den untergeordneten Produkten beeinflussen. Dies führt zur Idee der Kostenanpassung, d.h. man versucht durch systematische Erhöhung der Lagerkosten und/oder Rüstkosten die Folgekosten bei den untergeordneten Produkten schon bei der Losbildung mittels Einproduktmodell zu berücksichtigen. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management 5.3.1.3 Erzeugnisorientierte Dekomposition mit Kostenanpassung bei konvergierender Produktstruktur Annahme: Vorliegen einer konvergierenden Produktstruktur (d.h. jedes Produkt (bis auf die Endprodukte) hat einen eindeutig bestimmten Nachfolger) Es gibt verschiedene Ansätze die zumeist wie folgt vorgehen: Bei Ermittlung der modifizierten Kosten wird von konstanten Primär-bedarfsmengen ausgegangen, wobei wir hier nur Primärbedarfsmengen für das Endprodukt n = N zulassen wollen, also Bedarf/Periode = (Endprodukt); Bedarf pro Periode = 0 sonst. Multiplikatoren i ermittelt, die angeben, wie oft (im Schnitt) ein Los des Nachfolgerproduktes n(i) während eines Zyklus von Produkt i aufgelegt wird. Bei geschachtelten Politiken muss also immer i  1 gelten, Auf Basis von i werden dann (ausgehend von den untergeordneten Produkten) die Lager­kosten und/oder Rüstkosten modifiziert. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Varianten Variante 1: motiviert durch Überlegungen zum ELSP mit konvergierender Produktstruktur werden folgende Multiplikatoren ermittelt sodann werden die Rüstkosten korrigiert: wobei die Lagerkosten hj nicht verändert werden. Im obigen Beispiel: Silver-Meal für Endprodukt 2: q21 = 20, q22 = 0, q23 = 20, q24 = 0, denn 204,35/1 > [204,35 + 1110]/2 = 157,18 < [204,35 + 330]/3 = 178,12 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Varianten II Variante 2: ähnlich wie Variante 1, berücksichtigt aber i  1, also Variante 3: berücksichtigt auch noch die Ganzzahligkeit der i, usw. Es gibt auch Formulierungen über den systemweiten Lagerbestand. All diese Verfahren sind zwar etwas rascher als das folgende Verfahren von Afentakis, liefern aber in der Regel schlechtere Lösungen. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.3.1.4 Verfahren von Afentakis Es gibt eine Vielzahl an Heuristiken, die man nach folgendem Gesichtspunkt einteilen kann: erzeugnisorientierte Dekomposition: man betrachtet unabhängige Einproduktmodelle, die dann eventuell (z.B. durch Kostenanpassung) gekoppelt werden; periodenorientierte Dekomposition: man betrachtet simultan alle Produkte und erweitert schrittweise den Planungshorizont Ein typischer Vertreter der letzteren Gruppe ist das Verfahren von Afentakis (1987). Dabei wird schrittweise für t = 1, 2, ... , T eine näherungsweise optimale Lösung Q(t) für das Planungsintervall [1, t] ermittelt. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Afentakis II Wir gehen davon aus, dass nur für das Endprodukt N ein Primärbedarf dNt vorliegt. Startlösung Wir erläutern den Schritt von t-1  t: Ausgangspunkt: wobei Ferner sei i,t-1 die letzte Produktionsperiode von Produkt i, also die letzte Periode mit positiver Losgröße. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Afentakis III Es wird nun die Politik Q(t), also für alle i ermittelt. Dabei bleiben alle Produktionsperioden erhalten, und der Bedarf an Produkt i der Periode t wird entweder durch Erhöhung der Produktionsmenge in i,t-1 gedeckt oder durch Neuauflage eines Loses an Produkt i in einer der Perioden i,t-1 + 1, ... , t. Es stehen also t + 1 - i,t-1 mögliche Perioden zur Verfügung, in denen der Bedarf der Periode t produziert werden kann. Ferner soll die Politik geschachtelt sein, d.h. es wird nur dann ein Los für i aufgelegt, wenn für alle direkten (und damit auch indirekten) Nachfolger ein Los aufgelegt wird: xit = 1  xn(i),t = 1. Diese Eigenschaft ist bei jeder optimalen Politik erfüllt, sodass es sinnvoll ist, sie auch im Rahmen der Heuristik zu verlangen. Unter allen Politiken, die a) und b) erfüllen, ermittle man die kostengünstigste Variante. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Afentakis IV Beispiel: T = 3, N = 3. Endprodukt 3 und Vorprodukte 1 und 2 wobei a13 = a23 = 1 und aij = 0 sonst. Rüstkosten S1 = 8, S2 = 10, S3 = 5. Lagerkosten h3 = 3, h1 = h2 = 1 (bzw. systemweite Kosten H1=H2=H3=1). Primärbedarfsmengen für Endprodukt 3: d31 = 5, d32 = 9, d33 = 8. Zu Beginn und am Ende seien alle Lagerbestände = 0. Startlösung t=1: jedes Produkt in t=1 produzieren. also mit Kosten 8 + 10 + 5 = 23 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Afentakis V Iteration t = 1: Es bestehen 5 potentielle Politiken, wobei nicht geschachtelte bereits weggelassen wurden: 23 + 9(1+1+1) = 50 23 + 9(1+1) + 5 = 46 23 + 9 + 8 + 5 = 45 23 + 9 + 10 + 5 = 47 23 + 8 + 10 + 5 = 46 Lösung: Kosten: (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Afentakis VI Iteration t = 2: Es bestehen 8 potentielle Politiken: Kosten: Lösung: 45 +8(1+2+1) = 77 45 + 8(1+2) + 5 = 74 45+ 82 + 8 + 5 = 74 45 + 8 + 10 + 5 = 68 Kosten: Lösung: 45 + 8+10+ 5 = 68 46 + 8(1+1) + 5 = 67 46 + 8 + 8 + 5 = 67 46 + 8(1+1+1) = 70 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Afentakis VII Näherungsweise optimale Politik für Zeitraum [1, ..., 3]: oder Die zugehörigen Losgrößenentscheidungen sind: oder (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.3.2 LP-Modelle für mehrstufige dynamische Modelle ohne Kapazitätsbeschränkungen 5.3.2.1 LP-Modell mit „normalen“ Lagerbeständen i ... Index für die Vorprodukte (i = 1,...,N-1) N ... Index des Endproduktes t ... Index für die Perioden (t = 1,...,T) hi ... Lagerhaltungskostensatz für Produkt i Si ... Rüstkosten für Produkt i dit ... Effektive Nachfrage nach Produkt i in Periode t (Primärbedarf) qit ... Losgröße des Produkts i in Periode t yit ... Lagerbestand des Produkts i am Ende der Periode t N(i) ... Menge der direkten Nachfolger des Produktes i (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

LP-Modell mit „normalen“ Lagerbeständen II aij ... Direktbedarfskoeffizient, d.h. Menge an Produkt i, die direkt in 1 Einheit Produkt j eingeht (Zahl bei Pfeil i  j im Gozintographen) Weiters sei eine Binärvariable, die Losauflage anzeigt Annahme: die Produktion der Periode t steht zur Befriedigung der Nachfrage t zur Verfügung und dass keine Fehlmengen zugelassen sind. Da die gesamte Nachfrage befriedigt werden muss, ist die gesamte Produktionsmenge vorgegeben, weshalb die konstanten variablen Produktionskosten weggelassen werden können. Beispiel: N = 3 1 Einheit Endprodukt 3 besteht aus 1 Teil Vor-produkt 1 und aus 2 Teilen Vorprodukt 2. In Vor-produkt 1 steckt noch 1 Einheit von Vorprodukt 2. N(1) = {3} N(2) = {1, 3} N(3) = {} (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management LP-Formulierung Kosten Lager-bilanzen Rüstkosten-verrechnung: wobei M eine große Zahl ist. Nicht-Negativität: Binärvariable: (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.3.2.2 LP-Modell mit „systemweiten“ Lagerbeständen statt den obigen Formulierungen wird der systemweite Lagerbestand verwendet: ... systemweiter Lagerbestand des Produkts i am Ende der Periode t, d.h. jene Menge an Bauteil i, die als Bauteil i oder eingebaut in übergeordnete Produkte im Lager vorrätig ist, dabei ist vij ... Verflechtungs(Gesamt-)bedarfskoeffizient an Produkt i bzgl. Produkt j, d.h. Menge an Produkt i, die direkt oder indirekt in 1 Einheit Produkt j eingeht, und N*(i) ... Menge aller (auch indirekten) Nachfolger Die Rückrechnung von Yit zu yit erfolgt über (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

LP mit „systemweiten“ Lagerbeständen II analog definiert man: ... systemweiter Lagerhaltungs- kostensatz für Produkt i , wobei V(i) ... Menge aller direkten Vorgänger des Produktes i Obiges Beispiel: N*(i) = N(i) hier z.B.: a23 = 2, v23 = 2 + 1 = 3 Also Y2t = y2t + 1y1t + 3y3t V(1) = {2}, V(3) = {1, 2} Wenn z.B. h1 =2, h2 = 1, h3 = 6, dann H2 = 1, H1 = 2 - 1 = 1, H3 = 6 - 12 - 21 = 2 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management LP - Formulierung Kosten Lager-bilanzen: keine Fehlmengen: Rüstkosten-verrechnung: wobei M eine große Zahl ist. Nicht-Negativität: Binärvariable: (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.3.3 konvergierende Produktionsstruktur Falls jedes Produkt (bis auf das Endprodukt) genau einen Nachfolger besitzt (konvergierende Produktstruktur, Montageprozeß), so vereinfachen sich die obigen Formeln etwas. In der ersten Formulierung kann man durch ersetzen, wobei n(i) der einzige Nachfolger von i ist, also N(i) = {n(i)}. In der Formulierung mit systemweitem Lagerbestand ergibt sich folgende Vereinfachung: keine Fehlmengen (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

konvergierende Produktionsstruktur II Im Rahmen der Kostenanpassung findet der systemweite Ansatz ebenfalls Verwendung: Variante 4: hier wird von systemweiten Lagerkosten Hi ausgegangen und die i werden etwas anders ermittelt: sodann werden die Kosten wie folgt korrigiert: und (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.3.3 Weiterführende Bemerkungen zu Kapazitätsbeschränkungen Im Rahmen der LP-Modelle lassen sich Kapazitätsbeschränkungen natürlich leicht formal berücksichtigen. Bei den Heuristiken verursacht die Tatsache Schwierigkeiten, dass man infolge von Kapazitätsengpässen in der Zukunft eventuell schon jetzt mehr (als scheinbar kostengünstig ist) produzieren muss, und eventuell auch nur Teile von Periodenbedarfen in einer Vorperiode auf Lager produzieren muss. Bei einstufigen Problemen nennt man diese Klasse von Problemen CLSP (capacitated lot sizing problem) und das bekannteste Verfahren ist das von Dixon und Silver. Bei mehrstufigen Problemen (MLCLSP, multi level CLSP) werden oft allgemeine heuristische Ansätze wie Simulated Annealing eingesetzt; siehe z.B. Domschke -Scholl - Voß (1993). (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management 5.4. Maschinenbelegung Maschinenbelegungsprobleme (scheduling) befassen sich mit der zeitlichen Zuordnung von Aufträgen zu Arbeits­trägern bzw. Maschinen und umgekehrt unter Beachtung vorgegebener Zielsetzungen und Restriktionen. Dabei ist zu beachten, dass zu jedem Zeitpunkt jede Maschine höchstens einen Auftrag bearbeiten und jeder Auftrag nur von höchstens einer Maschine gleich­zeitig bearbeitet werden kann. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management 5.4.1 Begriffe Bei einem Maschinenbelegungsproblem sind n Aufträge oder Jobs (j = l,...,n) auf m Maschinen (Mi für i = l,...,m) zu bearbeiten. Dazu sind für jeden Auftrag j in der Regel folgende Daten gegeben: aj Auftragsfreigabe- oder Bereitstellungszeitpunkt bzw. - termin (release date) des Auftrags j Stehen alle Aufträge zum Zeitpunkt aj = 0 zur Bearbeitung bereit, bezeichnet man das Problem als statisch, ansonsten als dynamisch. fj gewünschter Fertigstellungstermin (due date) des Auftrags j tji Bearbeitungszeit (oder -dauer, processing time) von Auftrag j auf Maschine i Werden alle oben erwähnten Größen als bekannt vorausgesetzt, so liegen deterministische Modelle vor; andernfalls (stochastische Ankunftszeitpunkte oder Bearbeitungszeiten) spricht man von stochastischen Modellen. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Reihenfolgearten Ein Auftrag j läßt sich in gj verschiedene Arbeitsgänge Aj1,...,Ajgj unterteilen, die in einer fest vorgegebenen Reihenfolge zu bearbeiten sind. Diese Reihenfolge bezeichnen wir als Arbeitsgangfolge. Sie ist in der Regel technologisch determiniert. Läßt sich jedem Arbeitsgang Ajh eines Auftrags j eindeutig eine Maschine jh zuordnen, so bezeichnet man die zeitliche Reihenfolge, in der die einzelnen Arbeitsgänge von j die Maschinen zu durchlaufen haben, als Maschinenfolge j = (j1,...,jgj)von j. Die Maschinenfolgen sind damit ebenfalls durch technologische Erfordernisse festgelegt. Die Reihenfolge, in der die einzelnen Aufträge auf einer Maschine i zu bearbeiten sind, heißt Auftragsfolge von i. Dabei können mehrere Aufträge gleichzeitig um dieselben Maschinen konkurrieren. Die Auftragsfolge ist nicht vorgegeben, sondern Gegenstand der Planung. Eine zeitliche Zuordnung von Arbeitsgängen zu Maschinen heißt (zulässiger) Ablaufplan, falls alle Reihenfolgebedingungen sowie weitere Restriktionen eingehalten werden. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.4.2 Darstellungsmöglichkeiten Beispiel: statisches Jobshop-Problem mit 3 Maschinen und 3 Aufträgen: jeder Auftrag besteht aus gj = 3 Arbeitsgängen diese Aufträge sind in Reihenfolge Aj1, Aj2, Aj3 zu bearbeiten Maschine μj1 Arbeitsgang Ajh j\i 1 2 3 4 j\h 1 2 3 der erste AG (auf M2) nimmt 3 ZE in Anspruch Auftrag 2 wird also zuerst auf M2, dann auf M3 und zuletzt auf M1 bearbeitet Auftrag Auftrag Bearbeitungszeit tji Maschinennummer μjh (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.4.2.2 Maschinenfolgegraph, Ablaufgraph Die Vorgaben hinsichtlich der Arbeitsgang- und der Maschinenfolgen lassen sich in folgendem Maschinenfolgegraphen veranschaulichen. Jede Knotenbezeichnung entspricht der Maschine jh, die den Arbeitsgang h des Auftrags j auszuführen hat. Maschinenfolgegraph: Angabe jeder Knoten entspricht einer Maschine i = jh (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Ablaufgraph II Bei der Bestimmung von Auftragsfolgen ist für jede Maschine i festzulegen, in welcher Reihen­folge die einzelnen Aufträge j = 1, 2, 3 auf ihr zu bearbeiten sind. Dabei sind innerhalb des Maschinen­folgegraphen jeweils die Knoten mit derselben Maschinenbezeichnung i durch zusätzliche Pfeile, die jeweils genau einen Weg bilden, zu verbinden. Der entstehende Graph heißt Ablaufgraph. Ablaufgraph: Entscheidung Das nebenstehende Bild zeigt den Ablaufgraphen für obiges Problem, wenn die Aufträge auf der Maschine 1 in der Reihenfolge 1, 3, 2, auf der Maschine 2 in der Reihenfolge 3, 2, 1 und auf der Maschine 3 in der Reihenfolge 2, 1, 3 bearbeitet werden. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management 5.4.2.3 Gantt-Diagramm Bei Gantt-Diagrammen werden die Bearbeitungszeiten über der Abszisse (Zeitachse) sowie die Maschinen bzw. die Aufträge über der Ordinate aufgetragen. Man unterscheidet eine maschinenorientierte (gebräuchlichere Variante) und eine auftragsorientierte Darstellung. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 3 2 1 3 maschinenorientiertes Gantt-Diagramm 2 3 2 1 Leerzeit 1 Auftrag 1 3 2 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Gantt-Diagramm II 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 3 2 1 3 auftragsorientiertes Gantt-Diagramm 2 2 3 1 1 Maschine 1 2 3 Wartezeit Hier sind alle Arbeitsgänge unter Berücksichtigung der Reihenfolgebeziehungen des Ablaufgraphen frühestmöglich eingeplant. Dabei entsprechen die schraffierten Felder den Leerzeiten der Maschinen bzw. den Wartezeiten der Aufträge. Da die Maschinen unterschiedliche Auftrags­folgen aufweisen, handelt es sich um einen normalen Ablaufplan, aber um keinen Permutationsplan. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.4.3 Semiaktive und aktive Ablaufpläne Semiaktive Ablaufpläne haben die Eigenschaft, dass der Beginn keines AG zeitlich vorgezogen werden kann, ohne eine Maschinenfolge zu verletzen oder eine Auftragsfolge zu ändern. Beispiel: (maschinenorientiertes Gantt-Diagramm) nicht semiaktiv 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Auftrag 1 semiaktiv Auftrag 1 2 1 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Semiaktive und aktive Ablaufpläne Zu jedem zulässigen Ablaufplan existiert ein zugehöriger semiaktiver Ablaufplan, der leicht zu ermitteln ist: man verschiebt einfach alles so weit wie möglich nach links. Offensichtlich ist obiger Ablaufplan zwar semiaktiv, aber dennoch sehr schlecht. Aktive Ablaufpläne: kein AG kann zeitlich vorgezogen werden, ohne den Beginn mindestens eines anderen AGs zu verzögern es darf nur die Auftragsfolge verändert werden Klarerweise ist jeder aktive Ablaufplan auch semiaktiv. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Aktive Ablaufpläne Obiges Beispiel: Auftragsfolge an Maschine 2 ändern nicht aktiv Auftrag 1 2 1 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 aktiv Auftrag 1 2 1 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management 5.4.4 Klassifikation Im Bereich deterministischer Modelle werden Probleme mittels Tripeln [α|β|γ] charakterisiert. Maschinenart und –anordnung α1: wenn die Aufträge aus nur einem Arbeitsgang bestehen: α1 = 0, wenn genau 1 Maschine zur Verfügung steht α1 = IP, wenn alle Maschinen identisch und gleichzeitig einsetzbar sind, bzw. gleiche Fertigungsgeschwindigkeiten auf allen Maschinen wenn die Aufträge aus mehreren Arbeitsgängen bestehen: α1 = F (Flow Shop): jeder Auftrag ist auf jeder Maschine genau einmal zu bearbeiten, und zwar in derselben Reihenfolge α1 = PF (Permutations-Flow Shop): „Überholverbot“: auf allen Maschinen ist die Reihenfolge identisch α1 = J (Job Shop): jeder Auftrag muss die Maschinen in einer eigenen, fest vorgegeben Reihenfolge durchlaufen α1 = O (Open Shop) die Reihenfolge ist frei und spielt keine Rolle (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Klassifikation II Maschinenzahl α2: wird nichts angegeben, so wird eine beliebige Anzahl betrachtet. F|*|* = ? Flow Shop mit beliebig viel Maschinen J2|*|* = ? Job Shop mit 2 Maschinen Auftragszahl β1: J| |* ein Job Shop mit beliebig vielen und J|3|* eins mit 3 Aufträgen Unterbrechbarkeit β2: Wird nichts angegeben, dürfen die Aufträge nicht unterbrochen werden pmtn Unterbrechung ist möglich no wait es sind keine Unterbrechungen (bzw. keine Zwischenlager- oder Wartezeiten) zwischen den Arbeitsgängen erlaubt. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Klassifikation III Reihenfolgebeziehungen β3: Wird nichts angegeben, dürfen die Aufträge beliebig gereiht werden prec Reihenfolgebeziehung entspricht einem gerichteten, zyklenfreien Graphen tree Reihenfolgebeziehung wird in Form eines gerichteten Baumes betrachtet Auftragsfreigabetermine und Nachlaufzeiten β4: Wird nichts angegeben, liegt ein statisches Problem vor aj unterschiedliche Auftragsfreigabetermine aj nj Nachlaufzeiten: nach der Bearbeitung benötigt der Auftrag j noch min. nj ZE bevor er fertig ist oder weiterverarbeitet werden kann (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Klassifikation IV Die restlichen Untergruppen betreffen: β5 Bearbeitungszeiten β6 reihenfolgeabhängige Rüstzeiten bzw. Rüstkosten β7 Ressourcenbeschränkungen β8 Fertigstellungstermine (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Klassifikation V Zielsetzungen γ: zmax symbolisiert eine zu minimierende maximale Zeitdauer (Minimax-Zielsetzung); zj steht für eine zu minimierende (ggf. gewichtete) Summe von Zeitgrößen. z# verwenden wir zur Bestimmung einer zu minimierenden (ggf. gewichteten) Anzahl von Aufträgen mit bestimmten Eigenschaften (z.B. Verspätung). Durchlaufzeitbezogene Ziele Fertigstellungszeitpunkt Fj (realiserte Fertigstellung von Auftrag j) Wartezeit: Wji bezeichnet die Wartezeit von j auf Mi und ist die gesamte Wartezeit des Auftrags j Durchlaufzeit Dj = Fj – aj Bearbeitungszeitspanne eines Auftrags (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Durchlaufzeitbezogene Ziele Minimierung der Summe der Durchlaufzeiten bzw. der mittleren Durchlaufzeit: → min. bzw. D/n → min. (äquivalent, da n konstant] Minimierung der maximalen Durchlaufzeit: → min. Minimierung der Summe der Wartezeiten: → min. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Kapazitätsorientierte Ziele Zykluszeit: Gesamtbearbeitungszeit Leerzeit: von Maschine i ist die Summe aller Zeiten, zu denen i keinen Auftrag bearbeitet.  Offensichtlich ist die Minimierung der Zykluszeit äquivelent mit der Minimierung der Summe der Leerzeiten. Kapazitätsauslastung (ebenfalls äquivalent): → max. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Terminorientierte Ziele Terminabweichung: Tj = Fj – fj (effektiver minus geforderter Endzeitpunkt) Tj > 0  Strafkosten Tj < 0  Kapitalbindung Verspätung: Vj = max {0,Tj} . . . Terminüberschreitung Kapitalbindung wird hier ignoriert gebräuchliche terminorientierte Ziele: Minimierung der maximalen Terminabweichung Minimierung der maximalen Verspätung Minimierung der Summe aller Verspätungen Minimierung der Anzahl der verspäteten Aufträge (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Zielbeziehungen Äquivalenz zweier Ziele wenn die Zielfunktionen durch lineare Umwandlungen mittels konstanter Parameter ineinander überführbar sind heißen sie äquivalent.  es ist äquivalent die Summe oder den Mittelwert von Zielgrößen zu optimieren  bei statischen Problemen (d.h. alle Aufträge werden zum Zeitpunkt 0 freigegeben) sind die Ziele F und D, bzw. Z und Dmax äquivalent.  die Zielsetzungen Minimierung von Z, Lmax, L und L sowie die Maximierung der durchschnittlichen Maschinenauslastung sind äquivalent.  die Zielsetzungen D, F, W und T sind äquivalent (gilt auch für die gewichteten Größen) (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Dilemma der Ablaufplanung Zwischen den Zielen D und Z existiert keine der genannten Zielbeziehungen. Diese beiden Ziele sind in der Regel (bei Mehrmaschinenproblemen) zueinander konkurrierend, d.h. mit der Verbesserung des eines Zieles nimmt man zumeist eine Verschlechterung des anderen in Kauf. [Beispiel in Übung] Da Z zur Zielsetzung L der Leerzeitminimierung (Kapazitätsausnutzung) äqui­valent ist, sind auch D und L zueinander konkurrierend. Dieser Sachverhalt wird als Dilemma der Ablaufplanung bezeichnet. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.4.5 Grundlegende Entscheidungs- und Prioritätsregeln Maschinenprobleme sind meist NP-schwer und in der Praxis müssen rasch Lösungen gefunden werden  Heuristiken (sog. Prioritätsverfahren) Schritt 1 : Sortiere die Aufträge nach einer vorzugebenden Prioritätsregel. Schritt 2 : Plane die Aufträge in Sortierreihenfolge auf den Maschinen ein. bekanntesten Prioritätsregeln: Shortest Processing Time - Regel Sortierung nach wachsenden Bearbeitungszeiten (mittlere Durchlaufzeit) Longest Processing Time - Regel Sortierung nach fallenden Bearbeitungszeiten (Zykluszeit) Shortest Remaining Processing Time - Regel Sortierung nach wachsenden Restbearbeitungszeiten  bei Aufträgen mit mehreren Arbeitsgängen (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Entscheidungs- und Prioritätsregeln II Longest Remaining Processing Time - Regel Sortierung nach fallenden Restbearbeitungszeiten Earliest Due Date - Regel Sortierung nach wachsenden gewünschten Fertigstellungsterminen  auch als Jackson-Regel bekannt  minimiert Verspätungen Earliest Release Date – Regel („first come, first serve“) Sortierung nach wachsenden Bereitstellungsterminen Diese Verfahren dienen bei schwierigen Probleme zur Ermittlung suboptimaler (Start-)Lösungen. Bei eher einfachen Problemen können sie als exakte Verfahren eingesetzt werden. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

5.4.6 Probleme mit zwei Aufträgen Wir betrachten Flow Shop und Job Shop-Probleme mit 2 Aufträgen (Ziel : Minimierung der Zykluszeit): Beispiel: [aus Domschke, Scholl und Voß (1993)] statisches Flow Shop mit vier Maschinen, Maschinenfolgen 1 = 2 = (1, 2, 3, 4) und folgenden Bearbeitungszeiten: j 1 2 3 4 t1j t2j Das Problem läßt in einem zweidimensionalen Koordinatensystem veranschaulichen, bei dem eine Achse jeweils einem der beiden Aufträge entspricht. Der Koordinatensprung Q = (0,0) repräsentiert den Zeitnullpunkt (Freigabezeitpunkt). (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Probleme mit zwei Aufträgen II Sj: = i tji bezeichnet den frühestmöglichen Fertigstellungszeitpunkt des Auftrags j, wenn er - beginnend im Zeitpunkt 0 - ohne Unterbrechung gefertigt wird. Die Punkte Q und S = (S1,S2) spannen ein Rechteck (Operationsfeld) auf. Das Intervall [0,S1] läßt sich in m disjunkte Intervalle unterteilen, die aufgrund der Maschinen­folge 1 des ersten Auftrags in der Reihenfolge i = 1,...,1m angeordnet sind. Die Länge der Intervalle ist jeweils die Bearbeitungszeit t1j Analog ist [0, S2] unterteilbar. Für jede Maschine i wird durch die beiden Intervalle ein Rechteck definiert, das als Konfliktfeld bezeichnet wird. In der folgenden Abbildung sind die Konfliktfelder für das obige Beispiel grau eingezeichnet. Für die gesuchte minimale Zykluszeit Z* lassen sich Z = max {S1, S2} als untere Schranke und als triviale obere Schranke angegeben. In unserem Beispiel gilt Z = 8 und (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Verfahren nach Akers S = (S1,S2) S2 Das Verfahren von Akers bestimmt im Operationsfeld einen kürzesten Weg zwischen Ursprung Q und Punkt S unter den Nebenbedingungen, dass M1 M2 M3 M4 i = 4 i=3 keines der (gelben) Konfliktfelder durchlaufen wird) i=2 der Weg nur aus senkrechten, waagrechten und diagonalen Abschnitten besteht. i = 1 Q = (0,0) M1 M2 M3 M4 S1 Z = 11 Z = 11 Z = 10 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Verfahren nach Akers II Unter diagonalen Abschnitten verstehen wir Strecken mit Steigung 1; sie bedeuten eine gleichzeitige Bearbeitung beider Aufträge auf verschiedenen Maschinen. Waagerechte Abschnitte bedeuten die alleinige Bearbeitung des Auftrags 1 und senkrechte die des Auftrags 2. Die Länge eines Weges von Q nach S ergibt sich dadurch, dass jede Bewegung eine Einheit nach rechts und/oder nach oben eine verstrichene Zeiteinheit bedeutet.  mehrere Wege möglich (in unserem Beispiel 3). Während die beiden Wege der Länge Z = 11 Permutationsplänen entsprechen, gilt dies für den optimalen Plan mit Z = 10 nicht, da ein Überholen der Aufträge stattfindet, was man auch in den Gantt-Diagramm sieht: (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Verfahren nach Akers III 2 1 Zeit Auftrag Maschine 2 1 Zeit 4 3 J1 J2 M1 M1 M2 M4 M3 M4 J1 J2 M2 M3 J2 J1 1 4 5 6 9 10 J2 J2 10 1 4 5 6 9 Es ist nötig, die einzubeziehenden Wege zwischen Q und S systematisch abzuarbeiten  Dazu wird ein gerichteter Graph G = (V, e, c) konstruiert. Seine Knotenmenge V umfasst die Quelle Q, die Senke S sowie für jede Maschine Nordwest- und die Südostecke des jeweiligen Konfliktfeldes. Seine Pfeilmenge E, deren Bewertungen c sowie die kürzeste Entfernung von Q nach S werden simultan durch den unten angegebenen Algorithmus ermittelt. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Verfahren nach Akers IV Ausgehend von jedem von Q aus bereits erreichten Knoten p = (p1, p2) mit (aktuell) kürzester Entfernung von dp von Q, schreitet man so lange diagonal in Richtung S vorwärts, bis entweder der Rand des Operationsfeldes getroffen wird; dann führt man einen Pfeil (p, S) ein oder das Konfliktfeld einer Maschine i getroffen wird. Beispiel Dann sind zur Umgehung des Konfliktfeldes i ein Pfeil von p zur Nordwestecke q von i und ein Pfeil von p zur Südostecke r von i einzuführen. Als Bewertung dient die verstrichene Zeit, also das Maximum der x- bzw. y-Distanzen. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Operations Management Verfahren nach Akers V Beispiel: Job Shop-Problem [J5n = 2Z]. Die Bearbeitungszeiten und Maschinenfolgen sind in den folgenden beiden Tableaus angegeben. Die Numerierung der Maschinen erfüllt bereits die Voraussetzungen des Algorithmus. tji M1 M2 M3 M4 M5 J1 3 5 2 4 J2 i= 1 2 3 4 5 J1 M4 M1 M3 M2 M5 J2 Durch Addition der Bearbeitungszeiten erhält man S = (17, 15). Nun werden die Konfliktfelder der Maschinen gemäß den Auftragsfolgen eingetragen, wobei sie bei Job Shop Probleme nicht mehr „diagonal“ angeordnet sind. (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Verfahren nach Akers VI M1 M2 M3 M4 M5 4 7 10 13 15 S 2 M4 5 M1 8 M3 13 M2 G F 17 M5 M5 M4 E M3 D M2 B A C Regel M1 Q (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Verfahren nach Akers VII Die Anwendung des kürzeste Wege Verfahrens liefert: 8 4 5 11 9 12 2 6 7 C D E Lösung: S Q B A F G (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Verfahren nach Akers VIII 2 1 Zeit Auftrag 4 7 10 13 15 18 21 Leerzeiten der Maschinen M4 M1 M1 M2 M3 M2 M3 M4 M5 M5 Q B D F S Maschine 2 1 Zeit 4 3 5 7 10 13 15 18 21 Wartezeiten der Aufträge J1 J2 Weg J2 J1 J2 J1 J1 J2 J2 J1 (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management

Verfahren nach Akers IX Gantt M1 M2 M3 M4 M5 4 7 10 13 15 S Das Akers-Verfahren lässt sich auch anwenden, falls Auftrags-freigabetermine aj  0 vorgegeben sind (Konfliktfelder nach NO verschieben) bzw. auch falls andere Zielfunktionen berücksichtigt werden, z.B. Dmax und Wmax (durch geeignetes Umdefinieren der Pfeilbewertungen). 2 M4 5 M1 8 M3 13 M2 G F 17 M5 E D C B A Q (c) Prof. Richard F. Hartl Operations Management