„Alte Drogen neu entdeckt“ Appenzeller Suchtsymposium 2009

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 Präsentation transkript:

„Alte Drogen neu entdeckt“ Appenzeller Suchtsymposium 2009 Dr. med. Beate Münchow Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Suchtambulanz MVZ Gesundes Friedrichshain Frankfurter Allee 100 10247 Berlin b.muenchow@gesund-in-friedrichshain.de

1. Tilidin als Droge „Mit "Tili" war Resad (26) der Big-King in seinem Kiez. Ein ganz harter, der locker stehen bleibt, wenn es ordentlich was in die Fresse gibt. "Tili" macht ja, dass es nicht wehtut.… Resad M. ging jede Nacht auf Raubtour. Mit seiner berüchtigten Gullydeckel-Bande knackte er in zehn Monaten 58 Kioske, Tankstellen und Geschäfte. Die sechs Täter hatten Tilidin geschluckt.“ (Berliner Kurier, 11.08.2008)

1.1. Was ist Tilidin? Synthetisches Opioid, Anfang der 70er Jahre entwickelt, regulär zur Behandlung starker Schmerzen eingesetzt Schon damals in der Drogenszene i.v. konsumiert, weil es billig war und die Entzugserscheinungen von Heroin linderte Daher in heutigen Zulassungen als Valoron N®, Tilidura® u Tilidin Comp® immer mit dem Opioidantagonisten Naloxon kombiniert (50+4mg), Tropfen, Kapseln, Retardtabletten Naloxon neutralisiert die Wirkung von Tilidin, wenn das Medikament unsachgemäß in hohen Dosierungen (ab 300 mg) oder intravenös eingenommen wird, schützt aber nicht vor einer primären Tilidinabhängigkeit!

1.2. Pharmakokinetik Tilidin selbst hat fast keine opioidtypische Wirkung erst in der Leber zum wirksamen Metaboliten Nortilidin verstoffwechselt rascher Wirkungseintritt nach 10-15 min Wirkung hält 4-6 Stunden an Naloxon wird bei seiner ersten Passage durch die Leber fast vollständig abgebaut und inaktiviert Naloxon erst ab einer Dosis von 300 bis 400 mg Tilidin (oral) als Antagonist wirksam Bei intravenöser Gabe werden große Teile des Naloxons sofort wirksam, weil das meiste Naloxon die entscheidenden Rezeptoren erreicht, bevor es beim first pass inaktiviert werden kann Cave: Bei Opiatabhängigen oder Substituierten wird starker Entzug ausgelöst! (Naloxon verdrängt Heroin/ Methadon aus Rezeptorbindung)

1.3. Wie wirkt Tilidin? Schon ab 25-50 mg euphorisierend, enthemmend Der rasche Wirkungseintritt begünstigt Übelkeit und Erbrechen Macht im Gegensatz zu anderen Opioiden weniger träge Verlängert das sexuelle Lustempfinden Unterdrückt Angstgefühle, Risikobereitschaft und Gewaltbereitschaft steigen Schmerzstillend (1/5 der analgetischen Wirkstärke von Morphin), Straftäter auf Tilidin besonders schmerzfrei u schwer zu überwältigen Beeinträchtigt Urteilsvermögen und Fahrtüchtigkeit Gerücht: Macht aggressiv-> soziokulturelles Umfeld ursächlich Bei Überdosis: Atemstillstand

1.4. Langzeitwirkungen von Tilidin Rasche psychische Abhängigkeit Dauerkonsum macht körperlich abhängig mit Entzugssymptomen wie bei Heroingebrauch Auslösen von Schlafstörungen und Depressionen Appetitverlust, Gewichtsabnahme, Muskelabbau Krampfanfälle Teilweise Umstieg auf Heroin

1.5. Wer missbraucht Tilidin? Junge (Mitte 20), meist männliche, muslimische Erwachsene mit arabischem u türkischem Migrationshintergrund (95%) Medikamente für gläubige Muslime im Gegensatz zu Drogen oder Alkohol nicht grundsätzlich verboten, meist monovalenter Konsum Spezielle „Tilidinszene“ in den Problembezirken Berlins wie Neukölln, aber auch zunehmend andere Städte betroffen In Haftanstalten: Tilidin ist dort nach Cannabis die am meisten konsumierte Droge In der Türsteherszene in Großstädten wurden ebenfalls bereits Fälle von Tilidin-Missbrauch gemeldet

1.6. Gründe für Tilidin Schwieriges familiäres/ soziales Umfeld Gruppenzugehörigkeit, Jugendgangs und Cliquen putschen sich gezielt vor Prügeleien damit auf Oraler Konsum als Flüssigkeit leicht verdeckbar vor der Familie, Tropfen lassen sich in Colaflaschen gefüllt sogar auf dem Schulhof konsumieren Alltag wird vermeintlich besser gestaltet, ohne „breit“ zu sein Lange soziale Unauffälligkeit Für Traumatisierte aus Kriegsgebieten unterdrückt Tilidin Gefühle, schafft Distanz Reduktion von Angst, Depression, innerer Leere (wie alle Opiate)

1.7. Gerüchte um Tilidin „Tilidin macht den Alltag leichter“ „Auf Tilidin kannst Du gut vögeln, weil es fast wie Viagra wirkt“ „Tilidin ist Medizin und keine Droge“ „Tilidin ist ungefährlich“ „Tilidin macht doch nicht süchtig“ (übernommen von Gangway e.V. , Strassensozialarbeit in Berlin)

1.8. Beschaffung von Tilidin Unterliegt in Deutschland nur der einfachen Rezeptpflicht Ca. 2480 Rezepte im le. Jahr in Berlin gefälscht, davon 95% Tilidin“verschreibungen“ Hohe Dunkelziffer: nicht jeder Täter wird gefasst, Fälschungsserien mit einem Rezeptblock als einzelner Fall gewertet Zunehmend Ausweichen in andere Bundesländer zum Einlösen der Rezepte („Rezepttourismus“) Einbrüche in Apothekenlager Beschaffung von Banden organisiert, teilweise als Import aus Polen, Niederlanden, dann auch ohne Naloxon Preis: ca. 60€ pro 50ml-Fläschchen

1.9. Rechtliche Aspekte Tilidin ist ein verkehrsfähiges und verschreibungspflichtiges Betäubungsmittel (Anlage 3 BtmG) Kombinationspräparate mit Naloxon unterliegen nur der einfachen Rezeptpflicht Besitz ist nicht strafbar, lediglich der illegale Verkauf und Erwerb, z.B. über Rezeptfälschungen (Urkundenfälschung nach §267 StgB) In der Schweiz ist Valoron® als Monosubstanz und nur über Betäubungsmittelrezept erhältlich Gesetzgeber in Deutschland zögert, da nicht erwiesen ist, dass es sich um ein bundesweites Problem handelt Kontroverse Diskussion: Behandlungszugänglichkeit für Schmerzpatienten sinkt, Delinquenz steigend, wenn unter BtmG gestellt, Verschärfung der Rechtslage fraglich abschreckend, Szene interessiert Legalität nicht

1.10. Probleme für das Hilfesystem Distanz der muslimischen Jugendlichen zu Drogenberatungsstellen dadurch schwer erreichbar Eigendefinition als „drogenabhängig“ fehlt Jugendliche wollen keinen Einbezug der Familie Sind im „Tilidin-Umfeld“ sozialisiert Sehr empfindsam gegenüber Entzugssymptomen, Somatisierungstendenzen Tilidin im Urin nicht als Schnelltest nachweisbar

1.11. Behandlungsmöglichkeiten Kalter Entzug Substitutionsbehandlung: in Deutschland nicht durch das BtmVV gedeckt, es muss dafür eine Opiatabhängigkeit vorliegen Die meisten Tilidinabhängigen haben jedoch schon einmal Opium oder Folie geraucht oder Codein genommen Buprenorphin ist in der Therapie der Tilidinabhängigkeit nicht zugelassen, allenfalls als individueller Heilungsversuch Trotzdem Mittel der Wahl, Erhaltungsdosis ca. 2 mg/d, in 0,4mg-Schritten auf Null reduziert Meist kurze Behandlungsdauer von max. 4-6 Monaten Zusammenarbeit mit Sportclubs mit Vermittlung von Prinzipien wie „kein Angriff, nur Verteidigung“ usw. Streetworker: möglichst sachlich über die Risiken von Tilidin informieren und so den Anreiz zum Konsum nehmen

2. GHB/ GBL/ BD als Droge

2.1. Fallbericht

2.2. GHB/ GBL- Was ist das? GHB: Gamma-Hydroxybuttersäure, „Liquid Ecstasy“, „Liquid X“, „Fantasy“, „G“, „K.O.-Tropfen“, „Salty Water“, „Rape-Drug“, „Soap“ GBL: Gamma-Butyrolacton, „Blue Nitro“, „Gamma G“ BD: 1,4-Butandiol, „BVM“, „Promusol“, „Thunder Nectar“, „Borametz“

2.2. GHB/ GBL- Was ist das? GHB: Salz in Pulverform oder farblose Flüssigkeit, geruchlos, salziger, leicht seifiger Geschmack GBL: farblose Flüssigkeit mit schwachem Geruch BD: farblose, fast geruchlose Flüssigkeit, gut löslich in Wasser und organischen Lösungsmitteln

2.3. Hintergrundinformation GHB 1960: GHB aufgrund chemischer Ähnlichkeit mit dem Neurotransmitter GABA erstmals als zentraldämpfendes Medikament synthetisiert Durch Ersetzen der Aminogruppe durch Hydroxylgruppe GHB für Blut-Hirn-Schranke passierbar Seit 60er/70er Jahren als Narkotikum Somsanit® eingesetzt später auch zum Alkoholentzug und zur Narkolepsiebehandlung (Xyrem®) Seit 80er Jahren als Nahrungsergänzung und Wachstumshormonstimulator in Bodybuilderszene verwandt Seit 90er Jahren als Freizeitdroge in der Partyszene genutzt Aufgrund zunehmender Vergiftungsfälle u Einsatz als „date rape drug“ 2002 unter das BtmG gestellt, Besitz, Erwerb, Handel, Abgabe u Verabreichung sind strafbar

2.4. Hintergrundinformationen GBL/ BD Vermehrter Missbrauch, seit GHB unter BtmG gestellt Vorläuferstoffe für GHB GBL vielfach technisch verwandt: als Lösungsmittel, Zusatz zu Bohrölen, Graffiti-Entferner, Inhaltsstoff von Nagellacken, Herstellung von Pharmazeutika, Reagenz in der organischen Synthese Butandiol großindustriell hergestellt (1995 über 500000 t/ Jahr in der Schweiz), wichtiges Zwischenprodukt der chemischen Industrie, für Produktion von Polyurethanen, als Weichmacher Der Besitz ist nicht strafbar, ist aber durch das Chemikaliengesetz und die GefStoffV geregelt Strafbar ist der Missbrauch von GBL zur Synthese von GHB sowie die zweckentfremdete Abgabe/ Verkauf zum Konsum (Arzneimittelgesetz) Kosten: via Internet 1 Liter GBL = 70€ Käufer durch Monitoring (freiwillige Selbstkontrolle der Händler und Hersteller) überwacht

2.5. Pharmakokinetik von GHB, GBL und BD wird mit Flüssigkeit gemixt o pur getrunken Rasch über den Darm aufgenommen Max. Plasmakonzentrationen nach 25-45 min Wirkdauer 1-3 Stunden Vollständig zu Kohlendioxid und Wasser abgebaut, abgeatmet u im Urin ausgeschieden Im Blut bis 8h, im Urin bis 12h mit GC-MS nachweisbar GBL selbst biologisch inaktiv, im Körper über Serum-Lactonase zu GHB metabolisiert BD über 2 Stufen (Alkohol-Dehydrogenase u Aldehyd-Dehydrogenase) zu GHB metabolisiert

2.6. Wirkung Abhängig von der Dosis Zu berücksichtigen sind Wirkstoffgehalt der Flüssigkeit, Körpergewicht, Gewöhnung durch regelmäßigen Gebrauch, CAVE: genaue Dosierung ist oft nicht möglich Partygänger schlucken Flüssigkeit, ohne die Menge mit der Spritze oder Tropfpipette abzumessen oder legen nach, bevor die Wirkung eintritt Geringe therapeutische Breite 0,5-1,5g (1-3ml) stimulierend, angstlösend, euphorisierend, sozial öffnend, ähnlich mittlerer Alkoholdosis Bis 2,5g (2-5ml) aphrodisierend, „Laberflash“, entaktogen Über 2,5g (5ml) Schwindel, einschläfernd, emetisch Überdosen über 5g (10ml) führen zu Tiefschlaf, Koma, Atemdepression

2.7. Gefahren von GHB/GBL Verätzungsgefahr im Mund, Zahnschmelzschäden, Hautreizungen,a Magenschleimhautschäden, Bindehautreizung bei Kontakt mit Augen Todesfälle durch Monokonsum von GHB/ GBL bisher nur vereinzelt bei extremen Überdosierungen beschrieben Besonders gefährlich im Mischkonsum mit Alkohol, anderen Drogen und Medikamenten Überdosen mit Atemnot, Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit, Erbrechen, Cave: Erstickungstod durch Aspiration! diverse Todesfälle bei Mischkonsum beschrieben Bei Herz- o Nierenleiden, Epilepsie o Therapie mit HAART besteht besondere Gefahr

2.8.Therapie bei Überdosen Bei Atemnot/ Bewusstlosigkeit sofort Feuerwehr rufen Substanz dem Arzt zeigen, kein Schnelltest vorhanden! Oft Überdosis von Benzodiazepinen oder Opiaten vermutet, wobei Flumazenil u Naloxon zur Antagonisierung unwirksam sind Ärztliche Überwachung Sicherung der Atemwege Ggf. künstliche Beatmung Es gibt kein sicheres Antidot zur Aufhebung der GHB-Wirkung (Physostigmin kontrovers diskutiert)

2.9. Abhängigkeitsentwicklung von GHB Chronische Einnahme führt zu psychischer und bei regelmäßigem Konsum mehrerer Dosen täglich über Wochen zu körperlicher Abhängigkeit Wissen viele User nicht, merken erst nach Wochen, dass sie Substanz auch nachts ca. alle 3h benötigen! Entzugssymptome nach 1-6 h: Zittern, Unruhe, Schlaflosigkeit, Herzrasen, Angst, Erbrechen, in schweren Fällen Delir Entzugsbehandlung erfordert stationäre ärztliche Überwachung Engmaschige Gabe von Distraneurin, trotzdem häufig Delir mit Aufenthalt auf der Intensivstation

2.10. „Date Rape Drug“- Sexualdelikte und GHB Genaue Zahlen liegen nicht vor, da: Opfer aus Scham oft keine Anzeige erstatten Nachweis der Substanz GHB wegen kurzer Halbwertszeit schwierig ist (Nachweiszeit 8h im Blut, 12h im Urin), keine Nachwirkungen auftreten Opfer eine anterograde Amnesie aufweisen, die auch vorkommen kann, wenn es nicht zu einem Bewusstseinsverlust gekommen ist! Opfer häufig zum Vorfallszeitpunkt höhergradig alkoholisiert waren, sodass bereits die aus den Trinkangaben berechnete Blutalkoholkonzentration eine Amnesie erklären würde Münchner Institut für Rechtsmedizin: 1995-1998 insgesamt 92 Fälle mit V.a. Gabe eines K.o.-Mittels registriert, wobei Anschlussstraftat Raub mit 47,8% deutlich vor Vergewaltigung mit 13% lag andere Substanzen wie Benzodiazepine (Flunitrazepam), Z-Substanzen, Antihistaminika häufiger nachgewiesen als GHB vgl. Frauennotruftelefon 2005: 300 Anrufe von Frauen, die den Verdacht hatten, betäubt und vergewaltigt worden zu sein

2.10. „Date Rape Drug“- Schutz und Hilfe Getränke in einer fremden Umgebung nicht unbeaufsichtigt stehenlassen Bei plötzlichem Auftreten von Schwindel und Übelkeit Freunde oder Personal benachrichtigen, Bar in Begleitung von Freunden verlassen Bei Verdacht auf Gewaltverbrechen schnellstens die Polizei informieren u Anzeige erstatten Arzt aufsuchen, Urin- u Blutproben sichern sowie Verletzungen attestieren lassen Haarprobenuntersuchung 4 Wo. nach dem Vorfall durch spezialisierte Untersuchungsstellen Professionelle Hilfe wie Frauennotruf in Anspruch nehmen Barangestellte und Clubbetreiber sollten für das Thema „K.O.-Tropfen“ sensibilisiert sein

2.11. Suchtprävention- Clubculture against GHB 2008 von Berliner Partyveranstalter Dorian Mazurek gegründete Initiative Ziel: Überdosierungen bei Clubgängern vermeiden Gründe: gehäuft Notarzteinsätze in Clubs, User benehmen sich daneben, Verbrechen werden mit GHB/GBL in Zusammenhang gebracht User kennen sich erschreckend wenig mit GHB/GBL und dessen Dosierung aus Motto der Initiative: „Kackt weniger ab!“ Aufklärung über Substanz, Wechselwirkungen mit Alkohol u Abhängigkeitspotential, vermehrte Einlasskontrollen, Zusammenarbeit der Partyveranstalter, Podiumsdiskussionen http://www.myspace.com/againstghb

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. med. Beate Münchow Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Suchtambulanz MVZ Gesundes Friedrichshain Frankfurter Allee 100 10247 Berlin Tel. 0049-30-339 88 78 80 b.muenchow@gesund-in-friedrichshain.de