Zahlen zum Einklemmungstrauma (SAR Ulm , Teil I)

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 Präsentation transkript:

Zahlen zum Einklemmungstrauma (SAR Ulm 75 1988 - 1991, Teil I) In einer Untersuchung (veröffentlicht Akt. Chir. 1994) waren von 1291 versorgten Traumapatienten 162 eingeklemmt. Davon waren 80,2% mehrfachverletzt und 49,4% wiesen ein Polytrauma auf (= Zwei und mehr für sich bereits lebensgefährliche Verletzungen in Kombination, also Oberschenkel - und Beckenbrüche, innere Verletzungen im Bauch und Brustkorb sowie Schädel-Hirn-Verletzung)

Zahlen zum Einklemmungstrauma (SAR Ulm 75 1988 - 1991, Teil II) Kontinuierliche Zunahme des prozentualen Anteils Eingeklemmter bei Verkehrsunfällen Mittlere Einklemmungsdauer 23,3 (8 - 55) Minuten

Zahlen zum Einklemmungstrauma (SAR Ulm 75, 1988 - 1991, Teil III) Verletzungsmuster: Extremitäten 26% Schädel-Hirn-Verletzung 22% Thorax (Brustkorb + Organe) 21% Bauch (Innere Organe, Blutgefäße) 21% Lebensbedrohende Zustände: SHT mit GCS < 7 27% Instabile Atemfunktion 58% Schockindex > 1 51%

Zahlen zum Einklemmungstrauma (SAR Ulm 75, 1988 - 1991, Teil IV) Häufigkeit von Intubation und Beatmung beim Eingeklemmten: 69% (Fehler: RTH!!) Während Einklemmungsphase: 31% Nach Entklemmung: 38% Rhodes et al.: Nur 36,4 % der Eingeklemmten wiesen „normale Vitalparameter“ (Klares Bewußtsein, guter Blutdruck, stabile Atmung) auf.

Herz-Kreislauf-Wirkungen beim Einklemmungstrauma Kompression ggf. von äußeren und inneren Blutungen (V.a. bei Einklemmung der Beine) Einschränkung des Blutrückflusses zum Herzen durch Kompression, häufig der unteren Hohlvene Ungünstig ist, daß die Einklemmung zumeist in sitzender Position erfolgt (Kopf höchster Punkt, daher Gefahr von Mangeldurchblutung und Bewußtseinsverlust bei schlechtem Kreislauf) Vorerkrankungen ? Immer mehr alte Traumapatienten!

Auswirkungen auf die Atmung durch die Einklemmung Bei Einklemmung des Brustkorbes (und Bauches) können die Atembewegungen derart eingeschränkt sein, daß es zu Sauerstoffmangel, Kohlendioxidanstieg und dadurch ebenfalls zu Bewußtlosigkeit und einer bedrohlichen Übersäuerung des Blutes kommen kann!! Günstig kann dabei aber primär die Kompression innerer Blutungen sein (z.B. beim sog. Hämato-(Pneumo-) Thorax)

Sonstige Auswirkungen auf den Patienten bei Einklemmung Extrem hohe Unterkühlungsgefahr durch: Eingeschränkte aktive Bewegungsmöglichkeit (Verletzungsmuster, „Fixiert-Sein) Minderdurchblutung Schlechte Möglichkeiten zum Wärmerhalt (Zugänglichkeit) Großflächiger Kontakt mit Metall (Hohe Wärmeleitfähigkeit!), auch im Sommer !!

Was passiert beim Entklemmen des Patienten? (Teil I) Verstärkte Blutung aus komprimierten Körperteilen durch Wegfall der Kompression und durch reaktive Gefäßweitstellung (Übersäuerung! Tourniquetsyndrom!) Wegfall des peripheren Widerstandes ( Ebenf. reaktive Gefäßweitstellung), dadurch Verstärkung des Schocks Bei weiterbestehender Oberkörperhochlagerung häufig dadurch Bewußtseinsbeeinträchtigung folgend!!

Was passiert beim Entklemmen des Patienten? (Teil II) Nach längerer Einklemmung des Brustkorbes nicht selten „reaktives Lungenödem“. Resümee: Der Patient ist durch die Entklemmung akut gefährdet, ohne spezifisch notärztlich - medizinische Maßnahmen (Schockbe-kämpfung!!) kann der Patient durch den Vorgang der Entklemmung versterben !!

Wie sollte die Feuerwehr bei Eingeklemmten vorgehen?(I) Oberstes Gebot: Keine Entklemmung ohne Rettungsdienst vor Ort! Lassen Sie sich nicht in Zugzwang bringen! Je großflächiger die Einklemmung, desto wichtiger ist die Vorversorgung vor Entklemmung durch den RD !! Im äußersten Notfall z.B. bei Erstickungsgefahr des Patienten z.B. Rückenlehne „abknapsen“ und den Patient dann aber möglichst mit dem Oberkörper eher flachlagern (Tolerierung durch Patient?)!!

Wie sollte die Feuerwehr bei Eingeklemmten vorgehen? (II) Wichtig ist die enge Zusammenarbeit von Feuerwehr (TEL) und Notarztdienst (LNA): Genaues Absprechen der Einzelschritte zur Rettung des Patienten, ggf. mit „Ping-Pong-Vorgehensweise“ Sehr hilfreich sind unterstützende Maßnahmen wie: Abschirmung Wärmeerhalt mit Scheinwerfern (etc., s.u.)

Wie sollte die Feuerwehr bei Eingeklemmten vorgehen? (III) Bei Rettungsmaßnahmen gilt: „Life before Limb“ (Notärztliche Entscheidung!) Grundsätzlich wird die Wahrscheinlichkeit der QS-Lähmung durch unsachgerechte Rettung eines Wirbelverletzten überschätzt (tatsächlich < 1% bei manifester Verletzung), daher wirbelgerechte Rettung bei stabilem Patient, eher beschleunigte Rettung bei instabilem (z.B. bewußtlosem) Patient, wenn Stabilisierung in eingeklemmtem Zustand unmöglich!!

Wie sollte die Feuerwehr bei Eingeklemmten vorgehen?(IV) Zur wirbelgerechten Rettung sind folgende Maßnahmen indiziert: Abtrennen des Daches Herstellen einer schiefen Ebene (Rückenlehne „abknapsen“) Pat. auf eine Schaufeltrage ziehen, die zwischen Sitz und Patientenrücken gebracht wird: Zu vermeiden sind Drehbewegungen, sowie Verkippen; übertriebener Längszug ist ebenfalls zu vermeiden. Merke: Vor der Rettung auf die Schaufeltrage ist eine HWS-Immobilisation durchzuführen Ggf. Fixation mit Gurten auf der Schaufeltrage bei längerem bzw. gefährlichem Transport Lagerung auf Rettungstuch und Vakuummatratze

Was braucht´s zur sachgerechten Hilfe durch die Feuerwehr bei Eingeklemmten? Um fachgerecht helfen zu können, v.a. im Bereich der abseits der Rettungswachen gelegenen Stützpunktwehren ist aus meiner Sicht zu fordern: Mindestens ein Feuerwehrmann mit Ausbildung SAN, Rettungshelfer oder Rettungssanitäter Regelmäßige EH - Nachschulung der „gesamten Truppe“ (Herz-Lungen-Wiederbelebung!!) Ein notfallmedizinisches Basisequipment (Sauerstoff, Beatmungshilfe, ggf. HWS-Immobilisationskragen, ggf. automatisches Handgelenk-RR-Gerät, Decken)

Wünsche des (L)NA an die Feuerwehr, Teil I In Stützpunktwehren gew. Potential an Feuerwehrleuten mit qualifizierter „First Responder“ - Ausbildung sowie an entsprechendem Material Keine Entklemmung des Patienten ohne Not und daher ohne Notarzt vor Ort Wesentliche erweiterte EH - Maßnahmen: Sauerstoffgabe, Wärmeerhalt (Halogenstrahler, Deckenmaterial), ggf. Beatmung und HLW Enge Kooperation zw. Fw und RD am Einsatzort

Wünsche des (L)NA an die Feuerwehr, Teil II Abstellen etwaiger „freier“ Wehrmänner zum Sammeln und zur Betreuung Un- und Leichtverletzter : ==> z.B. im MTW oder an einem Ort, der nicht zu nahe, aber auch nicht zu weit von der Einsatzstelle entfernt liegt . Absichern der Unfallstelle bei weiter fließendem Verkehr (Formel I - Prinzip?) Unnötigen Lärm vermeiden (Schmerzmittel „Ketamin/ Ketanest“ ist ein LSD-Abkömmling ==> „Bad dreams“!!)

Wünsche des (L)NA an die Feuerwehr, Teil III Den Rettungsdienst bei der Suche nach für Verletzungsfolgen relevanten Unfallspuren unterstützen (mit Ende der technischen Rettung werden ja in jedem Fall Kräfte frei): Dashboard - Verletzung? Verbundglascheibe ausgebeult, andere aussagekräftige Fahrzeugdeformierungen ? Zu tief eingestellte Kopfstütze ? Gurt, Helm getragen? etc.

Fazit Nur durch gemeinsames Üben und Kennenlernen ist eine sinnvolle Zusammenarbeit gerade auch im Großschadenereignis möglich! Der Feuerwehr wird künftig mit der qualifizierten (First Responder) in Zusammenarbeit mit den Hilfsorganisationen ein weiteres wichtiges und interessantes Betätigungsfeld eröffnet.

Teil 2 „kooperative Rettung „5. Befreien“ Hier klicken!