Der gesetzliche Kinderschutzauftrag

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 Präsentation transkript:

Der gesetzliche Kinderschutzauftrag - Folgen von Kindeswohlgefährdung - Magdeburg, 25. September 2012 Hans Leitner Geschäftsführer Start gGmbH Leiter der Fachstelle Kinderschutz im Land Brandenburg

„Als ich noch ein Kind war …“ Fälle gravierender Kindesmisshandlungen und Kindesvernachlässigungen mit Todesfolge Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchung von Kindstötungen im Land Brandenburg an Hand von Staatsanwaltschaftsakten Hans Leitner Geschäftsführer Start gGmbH Leiter der Fachstelle Kinderschutz im Land Brandenburg 2

27 misshandelte und vernachlässigte Kinder in den Jahren 2000 bis 2005 Untersuchung von Fällen von Kindesvernachlässigung und -misshandlung (mit Todesfolge) im Land Brandenburg 27 misshandelte und vernachlässigte Kinder in den Jahren 2000 bis 2005 -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Geschlecht: 15 Mädchen, 12 Jungen Alter: von bis 12 Jahren Tod: 20 Kinder Behinderungen: 7 Kinder einmalige Misshandlung: 18 Kinder mehrmalige Misshandlung / andauernde Vernachlässigung: 9 Kinder

27 Kinder im Alter bis 12 Jahre Untersuchung von Fällen von Kindesvernachlässigung und -misshandlung (mit Todesfolge) im Land Brandenburg 27 Kinder im Alter bis 12 Jahre -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- 17 Kinder unter 6 Monaten 10 Kinder im Alter von 2 bis 12 Jahren 13 Kinder unter 6 Monaten nach einmaligen Misshandlungen Tod

Einmalige Misshandlungen Untersuchung von Fällen von Kindesvernachlässigung und -misshandlung (mit Todesfolge) im Land Brandenburg Einmalige Misshandlungen 18 Fälle (8 Mädchen und 10 Jungen) Anlässe - Tötung im Affekt - Beziehungsdrama - Sorgerechtsstreit - Überforderung und Unvermögen - Kindstötung nach der Geburt (9 Fälle, 6 Mädchen und 3 Jungen)

Mehrmalige Misshandlungen / längerfristige Vernachlässigungen Untersuchung von Fällen von Kindesvernachlässigung und -misshandlung (mit Todesfolge) im Land Brandenburg Mehrmalige Misshandlungen / längerfristige Vernachlässigungen 9 Fälle (7 Mädchen und 2 Jungen) Dauer der Misshandlungen und Vernachlässigungen bis zu einem Jahr und länger mehrfache schwerste Körperverletzungen und/oder dauerhafte körperliche bzw. seelische Schädigungen grundsätzlich keine typischen Fallverläufe erkennbar

Mehrmalige Misshandlungen / längerfristige Vernachlässigungen Untersuchung von Fällen von Kindesvernachlässigung und -misshandlung (mit Todesfolge) im Land Brandenburg Mehrmalige Misshandlungen / längerfristige Vernachlässigungen Täter überwiegend Doppeltäterschaft (männlich aktiv, weiblich duldend) kurzer Partnerschaft / Lebensgemeinschaft ökonomische Situation geprägt durch staatliche Transferleistungen Suchtverhalten „Interessenlosigkeit“ häufige bzw. einschneidende Trennungserfahrungen in der Kindheit als Kind eigene Erfahrung mit repressiver Erziehung

Untersuchung von Fällen von Kindesvernachlässigung und -misshandlung (mit Todesfolge) im Land Brandenburg Thesen Misshandlung und Vernachlässigung mit Todesfolge geschieht „öffentlich“. Misshandlung und Vernachlässigung mit Todesfolge ereignet sich überwiegend im Rahmen von Lebenspartnerschaften. Kindesmisshandlung mit Todesfolge bezieht sich überwiegend und in besonders dramatischer Weise auf Kinder im Alter bis zu 6 Monaten. Vernachlässigung mit Todesfolge ist eher typisch für ältere Kinder und geschieht über einen längeren Zeitraum. Sexueller Missbrauch spielt im Kontext von Missbrauch und Vernachlässigung mit Todesfolge kaum eine Rolle.

Untersuchung von Fällen von Kindesvernachlässigung und -misshandlung (mit Todesfolge) im Land Brandenburg Thesen Es findet kein offensiver Umgang mit bekannten Einzelinformationen statt. Verdachtsmomente einzelner „Hilfesysteme“ werden nicht umgehend mit anderen „Hilfesystemen“ kommuniziert. Auf Verdachtsmomente reagiert das jeweilige System nicht konsequent mit einer „Inaugenscheinnahme“ . Eine „Gesamtschau“ der als riskant wahrgenommenen Situation erfolgt nicht regelhaft, sondern nur aus der Perspektive der aktuell befassten Profession. Es erfolgt als verbindlicher Verfahrensstandart keine Rückversicherung, wie mit dem „Einzelfall“ nach Übergabe in eine andere Zuständigkeit verfahren wird.

Handlungsbedarfe für die Jugendhilfe Untersuchung von Fällen von Kindesvernachlässigung und -misshandlung (mit Todesfolge) im Land Brandenburg Handlungsbedarfe für die Jugendhilfe wohn- und lebensfelsbezogene Prävention verbindliche Maßnahmen zur Früherkennung Etablierung regionaler Frühwarnsysteme ressortübergreifende Informationsvernetzung Verbesserung der Handlungssicherheit der Fachkräfte konsequente Einführung und Umsetzung verbindlicher Verfahrensstandards Kinderschutz als konzeptionelle Einheit von Hilfe, Kontrolle und Intervention