Stoffhaushalt von Ökosystemen- Integration von Methoden zur Erklärung von komplexem Verhalten Christine Alewell Universität Bayreuth Beispiel: Boden- und Gewässerversauerung in Europa
Daten von: Erisman und Draaijers (1995) und Agren (1999) VersauerungReversibilität Entwicklung der gasförmigen Emissionen in Europa
Fragestellung Modellprognosen in Europa: Erfolg als Zufallstreffer? Modellanalysen und Ergebnisse stabiler Isotope: eine unüberbrückbare Kluft? Wie ist die Situation in europäischen Waldökosystemen hinsichtlich Boden- und Gewässerversauerung im Moment zu beurteilen?
Gliederung 20-Jahre-Reversibilität von Gewässerversauerung: Modellansätze und Prognosen Erkenntnisgewinn durch stabile Schwefelisotope: Einblick in die Black Box Stoffhaushaltsberechnungen Konsequenzen Ausblick
Gliederung 20-Jahre-Reversibilität von Gewässerversauerung: Modellansätze und Prognosen Erkenntnisgewinn durch stabile Schwefelisotope: Einblick in die Black Box Stoffhaushaltsberechnungen Konsequenzen Ausblick
Gewässer Boden Atmosphäre Boden SO 4 2- H+ Ca 2+, Mg 2+, Na +, K + SO 4 2- Modellierung von Versauerung Hohe Deposition verursacht Boden- und Gewässerversauerung SO 4 2- Al 3+, H +
Gewässer Boden Atmosphäre Boden SO 4 2- H+ SO 4 2- H +, Al 3+ SO 4 2- Ca 2+, Mg 2+ Na +, K + Modellierung von Erholungsprozessen Rückgang der Deposition: Verzögerung der Erholung
sorbiertes Sulfat Sulfatkonz. in der Gleichgewichtslös. b b/2 1/k x Langmuir - Isotherme Modellierung der Sulfat-Dynamik
Löslichkeitsprodukt bei 298°K Alunite(KAl 3 )(SO 4 ) 2 (OH) Jurbanit Al(SO 4 )(OH) * 5H 2 O-17.7 Basaluminit Al 4 (SO 4 )(OH) 10 * 5H 2 O Al-Hydroxo-Sulfate
èSowohl visuelle Auswertung wie auch die Anwendung von objektiven Modellbewertungskriterien sprechen gegen Al-Hydroxo-Sulfate als kontrollierende Phase in der Bodenlösung. Modellierung der Sulfat-Dynamik: Ausfällung versus Adsorption (Alewell et al., 1995) Ausfällung/ Auflösung Al-Hydroxosulfate Sorption/ Desorption 80%ige Reduktion
Alewell, 2001 Soils A = low sulfate storage capacity Soils B = high sulfate storage capacity Modellierung der Sulfat-Dynamik in Europa
In Böden ist zwischen % des Schwefels organisch gebunden. Relative hohe, experimentell bestimmte Raten von Schwefelmineralisationraten (Labor und Freiland, z.T. mit 35 S/ 34 S) (Mayer, Prietzel, Urban, Fitzgerald, Strickmann, Schindler, Freney etc.) Diskussion um die Bedeutung der biologischen Prozesse im Boden. Modellierung der Daten aus dem Nordosten USA Erfolgreiche Modellierung: wo ist das Problem?
Hubbard Brook Experimental Forest (White Mountains, NH)
Volume weighted sulfate concentrations in stream water. Case 1: adsorption/ desorption of inorganic sulfate only. Case 2: Additional S source as dry deposition. Case 3: Additional S source as mineralisation/ weathering. Driscoll et al., (1998) Modellierung der Sulfatdynamik Hubbard Brook Experimental Forest, NH, USA
Driscoll et al. (1998) Modellierung der Sulfatdynamik 150 Einzugsgebiete im Nordosten der USA
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Stabile Schwefel Isotope 32 S = 95 %, 33 S = 0.8 %, 34 S = 4.2%, 36 S = 0.02% 34 S () = ( 34 S/ 32 S sample : 34 S/ 32 S standard -1) * 1000 Natürliche Fraktionierungen im Ökosystem: Bakterien/ Enzyme bevorzugen das leichtere 32 S niedrige (leichte) 34 S Werte im Produkt höhere (schwere) 34 S Werte im Edukt
Stabile Schwefelisotope als Indikatoren für Mineralisation Hubbard Brook Experimental Forest Alewell et al. (1999) P1, P2 Precipitation, WS5, WS6 = runoff at Watersheds 5 and 6.
Lehstenbach - Einzugsgebiet (Fichtelgebirge)
Alewell und Gehre, 1999 Stabile Schwefelisotope als Indikatoren für Mineralisation
Alewell und Gehre, 1999 Stabile Schwefelisotope als Indikatoren für reduktive Prozesse terrestrisch
Modellvorstellung zum S - Kreislauf nach stabilen Isotopen S org- Pool SO Deposition SO 4 2- im Abfluss adsorbiert SO 4 2- SO 4 2- in Lösung Alewell, 2000
Synthese ? Erfolgreiche Modellierung über chemische Prozesse in Europa Erfolglose Modellierung im Nordosten USA Stabile Isotope: Bedeutung biologischer Prozesse
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Schwefelbilanzen Hubbard Brook Experimental Forest Bilanz: Eintrag - Austrag ca. 153 kg S ha -1 28yr (trockene Dep.) - 16 (Verwitterung) 82 kg S ha -1 28yr -1 Beitrag des organischen Schwefels zum Sulfat im Abfluss? 283 kg S ha -1 Organischer Schwefel: 1576 kg S ha -1 Anorganisches Sulfat 124 kg S ha -1 Niederschlag Abfluss 436 kg S ha -1 Alewell et al. (1999) Verwitterung: 16 kg S ha kg S ha -1 Trockene Deposition Boden Bilanz: Eintrag - Austrag ca. 153 kg S ha -1 28yr -1
Villingen/ Schluchsee Schwarzwald
Braunerde Villingen Bilanz: 65 Kumulative Sulfat Flüsse ( ) und Bodenvorräte bis in 80 cm Tiefe (kgS ha -1 ). (Alewell, 2001; Armbruster, 1998; Prietzel, 1998) Beitrag des organischen Schwefels zum Sulfat im Abfluss? organischer S: 680 anorganisches SO 4 : Podsol Schluchsee organischer S: 823 anorganisches SO 4 : 23
bis 120 kg S ha -1 yr -1 Modellierung mit Langmuir Isotherme SO Deposition SO 4 2- im Bach SO 4 2- in Lösung adsorbiertes SO 4 2- Adsorption/ Desorption S org- Pool < 13 kg S ha -1 yr -1 Geringe Deposition Niedrige anorg. SO 4 2- Vorräte Nordamerika, Standort Schluchsee Hohe Deposition hohe anorg. SO 4 2- Vorräte deutsche Mittelgebirge
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EU - Richtwert für Aluminium im Trinkwasser: 5.5 µmol c l -1 Konzentrationen im Abfluss Lehstenbach-Einzugsgebiet (Fichtelgebirge)
(Alewell et al., 2000a) Konzentrationen Basischer Kationen ( Ca 2+, Mg 2+, K +, Na + ) Lehstenbach-Einzugsgebiet (Fichtelgebirge)
Deutsche Mittelgebirge: 1 Bramke (Harz) 2 Metzenbach (Spessart) 3 Lehstenbach (Fichtelgebirge) 4 Markungsgraben (Bayerischer Wald) 5 Villingen (Schwarzwald) 6 Schluchsee (Schwarzwald)
(Alewell et al., 2000b) Bilanzen Basischer Kationen ( Ca 2+, Mg 2+, K +, Na + ) Deutsche Mittelgebirge Bilanz = Deposition - Austrag Abfluss
Entwicklung der Nadelspiegelwerte Coulissenhieb, Lehstenbach-Einzugsgebiet, Fichtelgebirge Alewell et al., 2000b Nadelalter
Anhaltende Waldschäden Coulissenhieb, Lehstenbach-Einzugsgebiet, Fichtelgebirge
ICP Waters Report 52/ 2000; Hesthagen et al., 1991, 1999, 2001; Raddum et al., 2001; Juggins et al., 1995; Snucins et al., 2001, Mills et al., 2000, Findlay et al., 1999a,b; Landesamt für Wasserwirtschaft, Berichte 1988, 1997, 1999) Erholung biologischer Parameter in versauerten Fließgewässern? Deutschland/ Tschechische Republik: nein (maximal erste Anzeichen) UK: nein, trotz leichter Erholung chemischer Parameter Norwegen/ Sweden: ja, aber stark verzögert (Vergleich zu chemischen Parametern) Canada: ja, aber verzögert (Vergleich zu chemischen Parametern)
Schlußfolgerung I Wie ist die Situation in Waldökosystemen hinsichtlich Boden- und Gewässerversauerung im Moment zu beurteilen? Bei hohen Sulfatvorräten und/oder reduzierten Einträgen von basischen Kationen: anhaltende Boden- und Gewässerversauerung trotz drastisch reduzierter Deposition (z.B. deutsche Mittelgebirge) Bei geringen Sulfatvorräten und gleichbleibender Deposition basischer Kationen: schnelle Erholung (z.B. Skandinavien)
Schlußfolgerung II èIm Gegenteil. Nur durch eine Synthese der zur Verfügung stehenden Werkzeuge (Modellanwendung, Stabile Isotope, Stoffhaushalt u.a.) kann das komplexe Verhalten von Ökosystemen beschrieben werden. Erfolgreiche Modellprognosen in Europa: Zufallstreffer? Modellanalysen und Ergebnisse stabiler Isotope: eine unüberbrückbare Kluft? èBei den damaligen hohen Depositionen war die Annahme einer weitgehend chemischen Kontrolle der Sulfatdynamik korrekt. Aber: Je niedriger die Deposition und die Vorräte an anorganischem Sulfat, desto bedeutsamer werden die biologischen Schwefel-Umsetzungen.
Ausblick: Zukünftige Forschung Einfluß von Umweltveränderungen auf Elementkreisläufe in naturnahen Ökosystemen èKopplung der Elementkreisläufe von N, S, C und Nährstoffkationen èStickstoffsättigung/ Denitrifikation vor allem in Uferrandzonen (riparian zones) bzw. moorig/ anmoorigen Gebieten èKohlenstoffsenkenkapazität: Humusakkumulation versus Nettomineralisation Modellierung der Daten stabiler Isotope ( 15 N, 18 O und 34 S) èQuantifizierung von biologischen Prozessen (Reduktion, Mineralisation) mit deterministischen und numerischen Modellen Erholung von versauerten Fließgewässern: Kopplung chemischer mit biologischen Parametern èguter ökologischer Status (Wasser-Rahmenrichtlinie der EU) èRegionalisierung und Prognose