Individualisierung - Theorie von Ulrich Beck

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 Präsentation transkript:

Individualisierung - Theorie von Ulrich Beck

Inhalt Ulrich Beck - Zur Person Individualisierung (Definition) Drei Dimensionen der Individualisierung Konsequenzen für das Leben der Individuen Beispiele „Risikogesellschaft“ Kritik Quellen

Ulrich Beck geb. 1944 in Hannover Professor für Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München Gastprofessor für Soziologie an der „London School of Economics and Political Science“ einer der bekanntesten deutschen Soziologen der Gegenwart, verschiedene Preise (z.B. Schader-Preis)

Eine moderne Biographie

Individualisierung – das Zeitalter des „eigenen Lebens“ Selbstgestaltungspotenzial, Individualität als entscheidende, die Biographie steuernde Institution Von Fremd- zur Selbstbestimmung Modernisierung, steigender Wohlstand, Mobilität, höheres Bildungsniveau, Säkularisierung etc.  seit den 1960ern individuelleres Handeln

Individualisierung „Enttraditionalisierung“  weniger Beeinflussung des Lebenslaufes durch Familie, Religion bzw. soziale Schicht/ Klasse "verflüssigt" die Sozialstruktur der modernen Gesellschaft Individualisierung als makro-soziologisches Problem  Phänomen in der Gesellschaft nicht zu verwechseln mit Individualismus / Egoismus auf der Mikroebene der Individuen

Drei Dimensionen der Individualisierung 3.) Kontroll-dimension 1.) Freisetzungs-dimension 2.) Entzauberungs- dimension

Drei Dimensionen der Individualisierung Freisetzungsdimension: Gewinn an Handlungsspielräumen/ Optionen Herauslösung der Individuen aus (historisch) vorgegebenen Sozialformen und Bindungen, weniger Abhängigkeiten und Zwänge

2. Entzauberungsdimension: Auflösung gewohnter Strukturen  Verlust von traditionellen Sicherheiten im Sinne von Handlungswissen, Glauben und leitenden Normen  Risiko / „riskante Freiheiten“

3. Kontrolldimension Neue Art der sozialen Einbindung durch Institutionen (statt traditioneller Bindungen und Sozialformen) moderner Mensch als „Spielball“ von Mode, Verhältnissen, Konjunkturen, Märkten

Konsequenzen für das Leben der Individuen Autonomie und Freiheit vs. Anomie Probleme der Entscheidungsselektion selbstständige Organisation, Planung des Lebens: Anstrengungen, Schwierigkeiten, Konflikte „Bastelbiographie“, „Patchworkidentität“ Anforderung: Fähigkeit, Enttäuschungen zu ertragen, aktive Lebensgestaltung

 Pluralisierung von sozialen Milieus und Lebensstilen Entstehung neuer gesellschaftlicher Formen und sozialer Identitäten Suche von Halt in neuen Gemeinschaften dabei aber: Halten an konventionelle Lebensmuster (Werbung, Medien etc.) nicht ausgeschlossen  Individualisierung führt nicht zwangsläufig dazu, dass alle Menschen anders leben als ihre Mitmenschen

 Die „Kinder der Freiheit“ als Lebenskünstler Wunsch nach Mobilität, Flexibilität, Kreativität  Selbstverwirklichung aber: keine Garantie für Wohlstand, Sicherheit und Fortschritt Wachsende Bedeutung sozialer Netzwerke Zeitalter der Globalisierung: mehr Chancen aber auch Zwang zur Vernetzung

 Becks aktuelles Fazit (2007) : „Wer hoch individualisiert leben will, der muss sich immer stärker vernetzen. […] Wer für sich leben will, muss sozial leben.“  „Grundregel und Erfahrung“: Verbindung von Verantwortungsgefühl und Eigeninitiative = Chance!

Beispiel zum Thema Jugend: Abiturientin, 18 Jahre alt Vater Unternehmer, Mutter Lehrerin Freund mit festen Vorstellungen  Entscheidungen: Studium oder Ausbildung, duales Studium? BWL studieren (Wunsch des Vaters)? Ausbildung bei der Stadt (Wunsch der Mutter)? Eigene Träume verwirklichen Journalistin werden? Reicht der Durchschnitt für das gewünschte Studienfach? Auszeit nach dem Abi? Praktikum? Work and Travel? Au-pair? Freiwilligendienst? FSJ? mit dem Freund zusammenziehen? Familie? Heiraten? Kinder?

Fazit: Wachsende Bedeutung individueller Entscheidungen Fülle verschiedener Möglichkeiten  Entscheidungsprobleme, Folgen der Entscheidungen kaum abzusehen Diskrepanz zwischen realen Chancen und theoretischen Möglichkeiten  wichtig: mit den nicht realisierbaren Möglichkeiten zurecht zu kommen!

Beispiel Familie im Rahmen der Individualisierung Vergangenheit: vorindustrielle Familie als ökonomische Einheit, Biographie der Familienmitglieder „vorbestimmt“, Ungleichheit von Männern und Frauen als Voraussetzung Gegenwart: Familie ≠ ökonomische Einheit, Chancengleichheit für Männer und Frauen, Lebensweg mit Ehe, Kindern etc. nicht durch Traditionen klar vorgeschrieben  Pluralisierung privater Lebensformen, Strukturwandel der Familie

Haushalte 1961: Die Kleinfamilie

2010: Patchwork Society

Risikogesellschaft Beck, 1986: Buchtitel und wichtiger Begriff, der mit ihm in Verbindung gebracht wird „In der fortgeschrittenen Moderne geht die gesellschaftliche Produktion von Reichtum systematisch einher mit der gesellschaftlichen Produktion von Risiken.“ Im Rahmen der Individualisierung: Lebensbewältigung als „riskante Chance“ Schuld für „Versagen“ beim Einzelnen und nicht mehr in Klassenstrukturen „individualisierte soziale Risiken“

Kritik an der Individualisierungstheorie Ungenauigkeit: Individualisierungsbegriff unklar –> subjektiver oder objektiver Prozess? Begriff: Herauslösung aus Konventionen aber auch Gegenteil  empirische Prüfbarkeit? Beck: Gesellschaft wurde maßgeblich „umgewirbelt“  tatsächlich Phänomen der jüngeren städtischen Mittelschichten Verflüssigung der Sozialstruktur?  Soziale Schichtung aufgehoben? Entscheidet die soziale Schicht nicht immer noch maßgeblich über den Lebensweg?

Quellen „Politik, Gesellschaft, Wirtschaft“, S. 131-13 Bundeszentrale für Politische Bildung: „Das Zeitalter des eigenen Lebens“: http://www.bpb.de/apuz/26127/das-zeitalter-des-eigenen-lebens http://www.wiwi.uni-rostock.de/fileadmin/Institute/ISD/Lehrstuhl_Makrosoziologie/Lehrmaterialien/Prof._Berger/Seminare_SoSe_07/Individualisierung/Bunke_ua_Individualisierung_Handout_2007-05-15.pdf Wikipedia: Ulrich Beck: http://de.wikipedia.org/wiki/Ulrich_Beck Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: http://www.bmfsfj.de/doku/Publikationen/spfh/9-Theoretische-grundlagen/9-1/9-1-1-individualisierung-in-der-risikogesellschaft.html