Prof. Dr. Cengiz Deniz Prof. a.D. Dr. Cengiz Deniz Vortrag am 23.06.2012 Vorstellung der Ergebnisse der Studie Integration türkischstämmiger Bürger in deutsche Vereine in Kreis und Stadt Offenbach
Zu meiner Person (4 Minuten)
Die Studie hat folgende Zielsetzungen: „handlungsrelevante Empfehlungen zur Förderung des ehrenamtlichen Engagements türkischstämmiger Jugendlicher und deren Familien in deutschen Vereine zu benennen,
Deutsche Vereine und potenzielle türkische Nutzer miteinander in Kontakt zu bringen und bereits vorhandene Beziehungen qualitativ zu verbessern„ (cf. S.4, Zweiter Teil )
Es wurden folgende Akteure befragt: türkische Eltern türkische Jugendliche deutsche Vereinsvertreter in Kreis und Stadt Offenbach
Rücklauf der Fragebögen (Vereine) Die Rücklaufquote liegt bei 10,4 % (insgesamt wurden 250 Vereine zweimal angeschrieben)
6,4% haben den Bogen u. a. aus folgenden Gründen nicht ausgefüllt: Wir unterscheiden bei unseren Mitgliedern nicht nach Nationalität, für uns sind alle Mitglieder gleich. Wir haben keine türkischen Mitglieder.
3. Wir sind ein Kultur-, Geschichts- und Heimatverein (...) und beschäftigen uns mit der Geschichte unserer Stadt, aber zu Ihrem Untersuchungsgegenstand können wir Ihnen keine Angaben machen. 4. Verschiedene andere Gründe.
Türkische Eltern Es wurden 136 türkische Elternpaare mit einem standardisierten Fragebogen befragt und mit weiteren 15 Elternteilen qualitative Interviews durchgeführt.
Türkische Eltern sind in deutschen Vereinen unterrepräsentiert. Als Ursache nennen sie folgende Gründe: Sie kennen die Vereine nicht und wissen wenig über deren Aktivitäten Die Vereine sind Türken gegenüber wenig aufgeschlossen Es fehlt eine persönliche Vereinssozia- lisation
57% der befragten Eltern geben an, dass sie noch „nie" von deutschen Vereinsvertretern für Vereinsaktivitäten angesprochen wurden 69% sagen, dass „die türkischen Eltern sich darum bemühen sollten" (sie nehmen also auch sich selbst in die Pflicht)
38% möchten „nie“ in deutsche kulturelle Vereine gehen und 72% bevorzugen für sich deutsch-türkische Vereinsformen 46% wünschen, dass ihre Kinder „manchmal“ und 38 wünschen, dass Ihre Kinder „oft“ türkische kulturelle Vereine besuchen.
Türkische Jugendliche Es wurden 177 türkische Jugendliche per Fragebogen befragt und mit weiteren 10 Jugendlichen wurden qualitative Interviews durchgeführt.
77% der befragten Jugendlichen leben im Kreis Offenbach, 22% in der Stadt Offenbach Kontakte zum deutschen Verein: 58% der befragten Jugendlichen besuchen „nie“ deutsche kulturelle Vereine und 47% besuchen „nie“ türkische kulturelle Vereine
Im Sportverein aktive Jugendliche 34% sind in einem deutschen Sportverein und 27% in einem türkischen Sportverein aktiv
Türkische Jugendliche – Differenziert nach Geschlecht 35% der weiblichen befragten Jugendlichen und 11% der männlichen befragten Jugendlichen besuchen keinen Verein
Anwerbung türkischer Jugendlicher 30% der Jugendlichen wurden von Freunden angeworben 22% wurden durch Eltern motiviert 13% wurden von Vereinsvertretern angeworben
Deutsche Vereine - Vereinsvertreter Anwerbungsform allgemein 46% der Vereinsmitglieder werden durch „persönliches Ansprechen“ angeworben (Hinweis:13% türkische Jugendliche) 35% meinen, es trifft eher zu, dass durch persönliches Ansprechen neue Mitglieder angeworben werden können
73% der befragten Vereinsvertreter sehen keine Notwendigkeit einer interkulturellen Vereinsöffnung 31% der befragten Vereinsvertreter geben an, spezifische Wünsche von türkischen Jugendlichen nicht zu berücksichtigen 35% der befragten Vereinsvertreter geben an, „nicht zu wissen“, ob sie die spezifischen Wünsche von türkischen Jugendlichen berücksichtigen
eindeutig mit „ja“ - allerdings nächste Seite 12% geben an, die spezifischen Wünsche von türkischen Jugendlichen zu berücksichtigen 85% der befragten Vereinsvertreter beantworten die Frage „Stehen Sie einer interkulturellen Öffnung Ihres Vereins für türkische Jugendliche generell positiv gegenüber?“ eindeutig mit „ja“ - allerdings nächste Seite
Zum Anwerben neuer türkischer Mitglieder geben 8% an, türkische Jugendliche direkt angesprochen zu haben (sonst 46%) 35% an, türkische Jugendliche nicht direkt angesprochen zu haben 46% an, dass sie keine spezifischen Aktivitäten durchgeführt haben
Im Folgenden befasse ich mich mit Kriterien zur interkulturellen Öffnung / interkulturellen Orientierung und über die Bedingungen einer solchen Praxis
Vorstellung einiger Zugangsbarrieren aus der Sicht migrantischer Adressaten: Fehlende Informationen in den Familien über die Angebote und Leistungen der Institutionen. 2. Die privaten Familienprobleme trägt man nicht in die Öffentlichkeit – insbesondere dann nicht, wenn es keine Gewährleistung dafür gibt, dass man dadurch keine Benachteiligungen erfährt. Wer aber kann das garantieren?
Vorbehalte gegenüber deutschen Mitarbeitern, ob sich diese für sie einsetzen und ob sie überhaupt verstanden werden, was sich in folgendem Satz ausdrückt: „Deutsche Berater können uns nicht verstehen, sie haben eine andere Kultur.“ Zudem wird eine Parteilichkeit zugunsten der Deutschen befürchtet. 4. Streng gläubige Menschen anderer Religionszugehörigkeit sind christlichen Sozialdiensten (Caritas, Diakonie) gegenüber skeptisch. 5. Generell fürchtet man sich vor Institutionen und Behörden, da davon ausgegangen wird, dass diese mit der Polizei und der Ausländerbehörde „zusammenarbeiten“ könnten
Institutionen haben einen autoritären Charakter, aber keinen helfenden. Institutionen beschäftigen sich mit einzelnen Problemlagen, Adressaten erwarten aber eine ganzheitliche Lösung, anstelle einer endlosen Problemreflektion… Ein Misslingen zieht eine bittere Enttäuschung nach sich und das Berater-Hopping geht weiter. Diskussion: …Welche Zugangsbarrieren migrantischer Adressaten erfahren Sie persönlich in Ihrer alltäglichen Arbeit? Haben Sie darüber bereits einmal reflektiert? Welche Zwischen-Ergebnisse gibt es?
Ein idealtypischer Öffnungsprozess könnte 1. aus der Sicht der strukturellen Ebene und 2. aus der Sicht der MitarbeiterInnen reflektiert werden: (folgende Punkte 1 – 8)
1. Reflektion aus der Sicht der strukturellen Ebene Bestandsaufnahme Siehe Organigramm der Institution, wer sind wir? Reflexion der Ziele und Konzepte der Institution Ist eine strukturelle interkulturelle Öffnung im Sinne einer Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement identifizierbar? Interkulturell ausgerichtete Personalentwicklung Dabei handelt es sich um eine multikulturell zusammengesetzte Personalpolitik, wobei eine solche Zusammensetzung zwar keine Garantie für Qualität und Öffnung per se darstellt, aber :
Verständigungsschwierigkeiten könnten dadurch minimiert werden, positive Sozialisationssignale vermittelt werden, Fachkräfte mit interkultureller Handlungskompetenz halten Differenzen eher aus und können diese entsprechend reflektieren, sie nehmen die (ausgebliebene) deutsch-migrantische Interaktion präzise wahr, und können es ansprechen, ihre Konzepte können auf interkulturellen Kontexten basieren, sie kennen die herrschenden Vorurteile, Klischees, Pauschalisierungen und sind in der Lage, diesen kritisch und selbstsicher gegenüberzutreten.
Öffentlichkeitsarbeit Es geht darum, Adressaten migrantischer Herkunft gezielt in den jeweiligen Sprachen und Medien anzusprechen (siehe Ergebnisse der Vereinsstudie in Offenbach, 2005) und sie für die institutionellen Angebote zu gewinnen. Zeitliche Flexibilität Die Zeitschiene der Angebote Adressaten gerecht anbieten, z.B. bis in die frühen Abendstunden Sprechstunde halten.
6. Vernetzung mit Migrantenorganisationen Eine zielgerichtete kooperative Zusammenarbeit mit Migranten- (Selbst-) Organisationen kann den Öffnungsprozess begünstigen, da diese zwar viel Humankapital besitzen, aber wenig materielle Ressourcen haben. Kann hier eine Balance hergestellt werden? 7. Interkulturelle Öffnung im Rahmen des Jahresberichtes im Sinne einer Organisationsentwicklung bzw. im Rahmen eines Qualitätsmanagements verankern. ...welche Erfahrungen haben Sie in diesem Kontext gemacht? Diesen Punkt können wir gemeinsam vertiefen.
Ilginiz icin tesekkür ederim Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit