Ausgangspunkt: Dramatischer Wertewandel seit der Mitte der 60er Jahre

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Methodik und ausgewählte Ergebnisse
Advertisements

Aktuelle Befunde (religionssoziologisch)
Von Christoph Drobnitza und Andreas Lenzen
Lions - Quest Vortrag anlässlich …….. TT. MM. JJ.
!!!!ÜBER FUssZEILE DEN EIGENEN NAMEN EINTRAGEN!!! 1 Lange Nacht der Wissenschaften Nordeuropa-Institut Jochen Hille Nationale Identitäten im Norden.
Lothar SchulzVoraussetzungen Fundraising1 Chancen des kirchlichen Fundraisings im ländlichen Raum 1. Missverständnis Fundraising 2. Bereitschaft der Organisation.
Ehe und Familie als Instrumente
Die 8 Millennium - Entwicklungs – Ziele der Vereinten Nationen: Die Bedeutung der Zivilgesellschaft Universal Peace Federation.
Drei gute Gründe eine Berufsausbildung zu haben
Vermögensverteilung in der BRD
10. Sitzung Lernort Familie
Ab heute ist morgen!.
Die Pflegesituation Wer wird gepflegt? Was bedeutet Pflege?
Präsentation des Evaluationsberichts Bad Herrenalb, 8. April 2011 Prof. Dr. Johannes Eurich Direktor des Diakoniewissenschaftlichen Instituts Diakoniewissenschaftliches.
Wider die Überforderung – - Was will, was kann Firmkatechese leisten.
___________________ {Trage hier bitte deinen Namen ein !}
Prekäre Beschäftigung in Europa
Internet für Alle – zwischen Euphorie und Ignoranz
EuropaRAThaus Erklärung Für ein Europa der Bürgerinnen und Bürger „Wir einigen keine Staaten, wir verbinden Menschen“ (Jean Monnet) Anlässlich.
Kinderaugen sollen leuchten. Nicht weinen.. Gewalt ist gegenwärtig. Gewalt ist überall. Sie kann jeden treffen und betreffen. Erwachsene. Jugendliche.
Mögliche Themen für die Sozialarbeit im Fall Herr und Frau Huber
Nordrhein- Westfalen Individuelle Förderung in der OGS im Primarbereich Die Schule – vermittelt die zur Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags.
Lebensgefühl und Wertorientierungen bei Jugendlichen in Deutschland Ergebnisse der Shell Jugendstudien 2002, 2006, 2010 Dr. Thomas Gensicke Senior.
Städt. Gesamtschule Iserlohn
WORT DES LEBENS Februar 2009.
Deutschland: Mehr Singles als Familien! Bedeutungszusammenhänge für Vereinskultur und Ehrenamt Arbeitsgruppe 4 Impulsreferat:Prof. Dr. Manfred Wegner,
Männerbilder im Wandel
Das Optimistische Kindergarten
Weinviertel-Südmähren-Westslowakei“
Ehe und Partnerschaft unter Haftbedingungen... auf Zeit... auf Besuch... in aller Öffentlichkeit... mit Geheimnis T e l e f o n – B e s u c h e – U r.
Willkommen Welcome Bienvenido
Das Leitbild der kfd.
Desperate Housewives Quelle: Emnid-Omnibusbefragung Dez 04, 384 Frauen im Alter von
Warum ist Vereinbarkeit ein Thema?
Frauenpolitik im 21. Jahrhundert
Religionsunterricht in der Volksschule
Die Politik in Deutschland
Lektion 1 Leute heute · Lehrbuch S. 19 · Aufgabe 5 a )
Wort des Lebens Oktober 2009.
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD Bundesamt für Migration BFM Diaspora-Studie Die kosovarische Bevölkerung in der Schweiz.
Katrin Wonisch IM07SMDS ~ SS Seit 1953 gibt es Studien die, die Erwartungen und Sichtweisen dokumentieren Zum 16. Mal herausgegeben Gibt gesellschaftspolitische.
Religiöse Vielfalt – Bedrohung oder Chance?
Migration als Herausforderung
Vielfalt und Ambivalenzen des Alters
Die Stimmungslage der Nation im Sommer 2013 Allianz Zuversichtsstudie 2. Quartal 2013 Eine gemeinsame Studie der Allianz Deutschland und der Universität.
GK/LK Sozialwissenschaften
Klausurersatzleistung am in Religion
Dialog der Generationen: Notwendigkeit und Chance (Impulsreferat auf dem Aktionstag des Projektbüros Dialog der Generationen am in Berlin) Prof.
Projekt «Die heutigen Jugendlichen Deutschlands und Russlands»
Befragung Verantwortlicher in der KLJB Bayern zu Glaube und Kirche 2004.
Wie Gott unsere Prioritäten neu ordnen kann
Straßenkinder In bolivien.
Hier eine besondere Freundschaft!
Wer wir sind und was wir machen:.
Schule in Asyl- und Flüchtlingsunterkünften TISG
Weißenfels und Ich Umfrage. Wieviel:89 Personen Wer:Schüler des Goethe-Gymnasiums aus der 13. Klassenstufe Wann:5. bis 11. Februar 2004 Thema:- Freizeitgestaltung.
GK/LK Sozialwissenschaften
Kommunikation Die Stimmungslage der Nation im Mai 2008 Juni 2008 Prof. Dr. Frank Brettschneider Die Deutschen vor der Fußball-EM 2008 Ein Gemeinschaftsprojekt.
Wichtige Werte im Leben der Kinder (1) gestützt
Das Auge des Orkans Kjell Nordstokke Versammlung 2015 Diakonia-DRAE 4. Juli 2015.
Theologie der Verbände
Das Fach „Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde“ stellt sich vor
Ein umkämpftes Thema - hilf, Herr!
GK/LK Sozialwissenschaften Informationen Klasse 9 1. Februar 2016.
1 Managermeinungen zur Chancengleichheit von Frauen im Beruf Ergebnisse einer repräsentativen telefonischen Unternehmensbefragung bei 404 Unternehmen in.
1 April 2016 Plus LGV-Seite !. Türkei: Schließung abgewendet In Bursa (Westtürkei) nutzen Protestanten, Katholiken und Orthodoxe gemeinsam die einzige.
Projekt LA-G 21 Soziologische Untersuchung Telč Petr Holý.
20091 Erziehungswissenschaftliche Fragestellungen Klaus Feldmann.
Untersuchung zur Haltung der Mitarbeiter
entdecke Leben Glaube Sinn #EntdeckeAlpha
 Präsentation transkript:

Prof.Dr.Helmut Klages Gesellschaftliche Werte in Deutschland im internationalen Vergleich

Ausgangspunkt: Dramatischer Wertewandel seit der Mitte der 60er Jahre

Empirische Demonstration des Wan-dels mit Hilfe der EMNID-Langzeit-reihe: Seit 1951 Abfragung der Bedeutung, die in der Bevölkerung 3 Gruppen von Erziehungswerten beigemessen wird Chance, die Wertedynamik in Deutschland direkt nachzuverfolgen Das einzige Instrument dieser Art, das in Deutschland verfügbar ist

Kurzformel für die Benennung der Richtung des Wandels: Von Fügsamkeits- und Unterordnungswerten zu Selbstentfaltungswerten. ( = zunehmender „Individualismus“)

In Anbetracht der Schwankungen des Werte-wandelstrends verschiedentlich Diskussionen über einen Richtungswechsel des Wandels, einen „neuen“ Wertewandel, oder eine Wiederkehr älterer Werte (z.B. SPIEGEL) In Wahrheit aber durchgängiger Trend!

Für die Wissenschaft steht fest: Ähnliche Tendenzen des Wertewandels in allen hochentwickelten Gesellschaften der Welt. Der in Richtung eines vermehrten „Indivi-dualismus“ zielende Wandel ist unvermeid-lich, ob uns dies gefällt oder nicht (enger funktionaler Zusammenhang mit der sozio-ökonomischen Modernisierung).

Offen allerdings zunächst die Frage nach den Folgen des Wertewandels, d.h.nach den Konsequenzen des Wan-dels in Richtung einer Individualisie-rung in den Köpfen der Menschen

Hier heute ein breiter Spielraum für schwere Ängste, die von den Medien aufgenommen und verstärkt wer-den (Angebliches Entstehen einer bindungslosen Ego- und Ellenbogengesellschaft, Verlust des Gemeinsinns, Vollkasko-Mentalität, Zerfall der Familie, Vereinze-lung, Kokon-Gesellschaft, kurz: „Werteverfall“) Viele bewegt die bange Frage: Sind wir Deutsche (auf dem Hintergrund unseres besonderen nationalen Schicksals) von alledem vielleicht besonders betroffen?

Im nachfolgenden Teil des Vortrags: Versuch auf diese Ängste und Fragen einzugehen. Doppelte Fragestellung: Sind die Ängste bezüglich der Folgen des Wertewandels realistisch? Treffen sie in einem besonderen Maße für Deutschland zu?

Herangehensweise: Wiederum Nut-zung von Ergebnissen der empiri-schen Sozialforschung, konkret: der „Europäischen Wertestudie“ (3.Welle 1999/2000) Einbezogen 32 Länder (einschl. Rußland); Befragung mit identischem Fragebogen (in zahlreiche Sprachen übersetzt); Insg. 40.000 Befragte

Nachfolgend nur eine kleine Auswahl aus den Ergebnissen: Nur 5 Länder (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen) + Europa insges.; Nur ausgewählte Fragestellungen, die vom Thema des Vortrags her besonders interessant erscheinen; Nur relativ wenige Grafiken

„Supernationalistische Blonde...“?

Nationalstolz (sehr stolz auf die Staatsangehörigkeit XY?)

Man fühlt sich primär als Angehörige(r) der Nation

Man fühlt sich primär als Angehörige(r) der Stadt/Gemeinde

Bereitschaft im Kriegsfall für das Vaterland zu kämpfen

Mangelndes Interesse an Politik. Zweifelhafte Demokratiebejahung Mangelndes Interesse an Politik? Zweifelhafte Demokratiebejahung? Fehlender Verfassungspatriotismus?

Interesse an Politik

Politik ist wichtig im Leben

Häufiges Gespräch über Politik mit Freunden

„Trotz aller Probleme ist die Demokratie die bestmögliche Regierungs- und Verfassungsform“: Nachdrückliche Zustimmung

Mehr Bürgerbeteiligung an wichtigen politischen Entscheidungen!

Ausländerfeindschaft, Antisemitismus?

Ablehnung von Immigranten als Nachbarn

Knappe Arbeitsplätze sollten bevorzugt an Einheimische vergeben werden

Ablehnung von Juden als Nachbarn

Bindungslose Gesellschaft Bindungslose Gesellschaft? (Gesellschaft ohne „Sozialkapital“, „bowling alone“, Rob.D.Putnam)

Freunde und Bekannte sind wichtig im Leben

Besuch von Clubs, Vereinen etc. mindestens ein- bis zweimal im Monat

Besuch von Clubs,Vereinen etc. jede Woche

Misstrauen gegenüber den Institutionen?

Vertrauen in das Erziehungs-/Bildungssystem

Vertrauen in die Polizei

Vertrauen in die Justiz

Vertrauen in die nationalen Streitkräfte

Vertrauen in die Kirchen

Vertrauen in die Großunternehmen

Vertrauen in die Arbeit der Parlamente

Vertrauen in die politischen Parteien (Auszug aus Projektbericht Perspektive Deutschland 2002, S.39) „Das Vertrauen in die politischen Parteien hat einen Tiefpunkt erreicht. Im Vergleich zu allen anderen Institutionen in Deutschland schneiden sie am schlechtesten ab. Lediglich 3% haben noch hohes Vertrauen in die Parteien. 57% bewerten ihre Aufgabenerfüllung als schlecht, 80% sehen bei ihnen dringenden Verbesserungsbedarf....“

Verfall der Arbeitsmoral? Leben im „Freizeitpark“ als Ideal?

Die Arbeit ist wichtig im Leben

Viel Urlaub ist wichtig

Die Arbeit sollte nicht allzu sehr beanspruchen

Verantwortungsvolle Tätigkeit wichtig

Festklammern an der sozialstaatlichen Hängematte?

Der Staat sollte für die Menschen sorgen

Gleichheit wichtiger als Freiheit

Wettbewerb verdirbt die Menschen

Unternehmen sollten staatlich beaufsichtigt werden

Es sollte mehr staatseigene Unternehmen geben

Freiheit ebenso wichtig wie Gleichheit

Ehe und Familie auf dem Aussterbe-Etat?

Die Familie ist wichtig im Leben

Die Ehe ist eine veraltete Institution

Verfall der Beziehungen zwischen den Geschlechtern?

Für eine gute Ehe sind gemeinsame religiöse Anschauungen sehr wichtig

Für eine gute Ehe sind harmonische sexuelle Beziehungen sehr wichtig

Für eine gute Ehe sind gegenseitiges Verständnis und Toleranz sehr wichtig

Frauen zwischen Baum und Borke? (Beruf und/oder Familie?)

Hausfrau zu sein ist für eine Frau ebenso erfüllend wie Erwerbsarbeit

Berufstätigkeit ist für eine Frau der beste Weg zur Entwicklung einer unabhängigen Persönlichkeit

Mann und Frau sollten zur Einkommenserzielung beitragen

Knappe Arbeitsplätze sollten bevorzugt an Männer vergeben werden

Ein Kind braucht Vater und Mutter um gesund aufzuwachsen

Ein Kind im Vorschulalter leidet unter einer berufstätigen Mutter

Die „Spaßgesellschaft“ als Zukunftsperspektive Die „Spaßgesellschaft“ als Zukunftsperspektive? (Erwartungen an die gesellschaftliche Entwicklung - die sehr überraschenden „Big Three“)

Mehr Spielraum für die individuelle Entfaltung

Mehr Familienorientierung

Einfacherer und natürlicherer Lebensstil

Ergebnis: Die meisten Ängste bezüglich der Folgen ds Wertewandels sind unangebracht (Keine bindungslose Ego-/Ellenbogengesellschaft, kein Verlust des Gemeinsinns, kein Vorherrschen einer Vollkasko-Mentalität, kein Zerfall der Familie, keine Kokon-Gesellschaft etc. Diesbezüglich auch keine Sonderrolle Deutschlands

Aber dennoch keine „Entwarnung“: Kritischer Vertrauensverfall im System der Parteiendemokratie Frauen zwischen Baum und Borke Kritische Verknappung von Selbstentfal-tungschancen für junge Menschen (aktuell insb.:Lehrstellenmangel)

Ergänzungen

Deutschland - eine christliche Diaspora?

Religion sehr wichtig im Leben

Glaube an Gott

Glaube an die Existenz eines Himmels (im religiösen Sinn)

Besuch von Gottesdiensten mehr als einmal im Monat

Eine Frau braucht Kinder für ein erfülltes Leben

Wandel der Erziehungswerte in Deutschland 1951 - 2001 Selbständigkeit,freier Wille 70% 60% 50% Ordnungslie-be, Fleiß 40% 30% 20% Gehorsam, Unterordnung 10% 1951 2001 (Klages nach EMNID)

Man kann den meisten Menschen vertrauen

Freizeit ist wichtig im Leben

Arbeit soll gut bezahlt werden

Bezahlung sollte nach Leistung erfolgen