Die Finite-Elemente-Methode (FEM) als Simulationsmethode in der Akustik Vortrag von DI Herbert Petritsch an der TU Graz organisiert von der Stv. Elektrotechnik-Toningenieur mit besonderem Dank an DI Dr. Werner Weselak und Ao. Univ.-Prof. DI Dr. Gerhard Graber
Organisatorisches Vortrag (Power-Point-Präsentation) mit Pause(n) Fragen jederzeit möglich Download dieser Powerpoint-Präsentation unter http://herbert.petritsch.co.at/studium/Vortrag_FEM.ppt Download der Diplomarbeit von H. Petritsch unter http://portal.tugraz.at/portal/page/portal/Files/audiotechnik/ Lehre/fertige%20BA%20PA%20DA/DA_Petritsch_FEM- Simulation_in_der_TA.pdf
Übersicht Einleitung Aufbau eines Modells Differentialgleichung und Randbedingungen einer akustischen Domäne Perfectly Matched Layer (PML) Finite Elemente Vernetzung Lösung des Modells Postprocessing Simulation in COMSOL Multiphysics Ergebnisse dreier Simulationsbeispiele
Einleitung
Motivation Für akustische Optimierung eines Produkts Einschätzung der Schallabstrahlung und/oder der Eigenmoden erforderlich Simulation mittels Software i.d.R. wesentlich günstiger als Prototypen-Entwicklung in Hardware Einsatz von FEM-Programmen in industriellen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen Beispiele für Industriezweige, in denen FEM- Programme für die Akustik-Entwicklung eingesetzt werden: Automobilindustrie Audio-Industrie (z.B. Mikrophone, Lautsprecher) Haushaltsgeräte-Industrie
Vorteile der FEM Flexibilität Genauigkeit Methode theoretisch für beliebige (auch nicht-lineare) physikalische Problemstellungen geeignet, neben Akustik z.B. für: Strukturmechanik Elektromagnetik Wärmetransport Etc. Verschiede Analyse-Arten möglich: Z.B. Eigenfrequenz-Analyse, Frequenzbereichs-Analyse Beispiel Fahrzeug-Akustik: Schalldruck kann innerhalb UND außerhalb eines Fahrzeuges berechnet werden Genauigkeit Genauestes numerisches Simulationsverfahren Berücksichtigt z.B. in der Akustik den Wellencharakter des Schalls
Nachteile der FEM Großer Hardwareaufwand Methode mathematisch komplex Großer Bedarf an Hauptspeicher (RAM) Lange Rechenzeiten (v.a., wenn Hauptspeicher nicht ausreicht und auf Festplatte zurückgegriffen werden muss) ABER: Hauptspeicher wird immer billiger CPUs werden immer schneller Neue 64Bit-Betriebssysteme ermöglichen im Gegensatz zu alten 32Bit-Betriebssystemen Allozierung von sehr viel Hauptspeicher Methode mathematisch komplex Einarbeitungszeit in die Methode und in Simulationsprogramme, die auf der Methode basieren, ist relativ groß Implementation der FEM in einer Software zeitaufwändig und schwierig, da tiefes Verständnis der Methode Voraussetzung; FEM-Programme daher oft teurer als andere Simulationsprogramme
Aufbau eines Modells
Domänen und Domänen-Typen mechanische Domäne akustische Domäne Perfectly Matched Layer (PML)
Modell 1 - Bsp. „Eigenmoden eines Raumes“
Modell 2 - Bsp. „Subwoofer“
Modell 3 - Bsp. „Hohler Zylinder“
Differentialgleichung und Rand-bedingungen einer akustischen Domäne
Frequenzbereichs-Analyse Homogene Helmholtz-Gleichung Voraussetzungen: Medium (z.B. Luft) als verlustlos angenommen Medium ist homogen: Konstante Temperatur und konstanter atmosphärische Druck (z.B. Luftgleichdruck) Homogene Helmholtz-Gleichung: Kein Störterm auf rechter Seite der Helmholtz-Gleichung bzw. keine Monopolquelle in akustischer Domäne (Anregung muss über Randbedingung der akustischen Domäne erfolgen, sonst triviale Lösung für den Schalldruck) Lösung liefert „ganz konkrete“, fixe Werte
Eigenfrequenz-Analyse Zusammenhang Eigenwert – Eigenfrequenz Homogene Helmholtz-Gleichung Voraussetzungen: Medium verlustlos und homogen (wie bei Frequenzbereichs- Analyse) Bei Eigenfrequenz-Analyse findet per Definition keine Anregung des Systems (auch nicht an den Rand- und inneren Grenzflächen des Systems) statt Lösung liefert beliebig skalierbare Eigenmoden
Akustische Randbedingungen Neumann-Randbedingung Dirichlet-Randbedingung
Neumann-Randbedingungen Vorgegebene innere Normalbeschleunigung Schallharte Wand Vorgegebene Normalverschiebung
Dirichlet-Randbedingung Gleicher Schalldruck in akustischer Domäne und Perfectly Matched Layer (PML)
Perfectly Matched Layer (PML)
Reflexionsarmer Halbraum
Komplexe Koordinatentransformation (1)
Komplexe Koordinatentransformation (2)
Dämpfung in der PML
Schalldruckverlauf über den Ort
Schalldruckpegel und Phasenverschiebung
Verschiedene PML-Breiten Bei analytischer Berechnung des Schalldrucks ist Dämpfung unabhängig von PML-Breite
Finite Elemente
Zerlegung eines Modells in finite Elemente Physikalisches System oft zu komplex, um sein gesamtes Verhalten zusammen erfassen zu können; daher: Zerlegung des Modells in Domänen und der Domänen in einzelne Elemente Für exakte Lösung der Differentialgleichungen der Domänen sind neben Randbedingungen unendlich viele, infinitesimal kleine Elemente notwendig Problem: Jeder Computer weist nur eine endliche Rechengeschwindigkeit und Speicherkapazität auf Diskretisierung des Modells Zerlegung der Geometrie in finite Elemente mit diskreter Anzahl an Knoten (räumlichen Abtastpunkten) Diskretisierung der Differentialgleichungen und Randbedingungen
Element-Familien Werden durch den Element-Typ, die Dimension und die Anzahl der Ecken ihres finiten Elements, das sie repräsentieren, voneinander unterschieden Element-Typ: Bei akustischen Problemstellungen im Frequenzbereich des Hörschalls werden meistens Lagrange-Elemente verwendet Dimension: Dreidimensionales finites Element (FE) ist Teilgebiet einer Domäne; Randflächen bzw. Kanten des 3D-Elements sind zwei- bzw. eindimensionale finite Elemente Anzahl der Ecken: Bei eindimensionalem FE gleich 2 (Anfangs- und Endpunkt); bei FE der Dimension d=2 oder d=3 ist Anzahl der Ecken mindestens d+1
Lagrange-Element mit d+1 Ecken
Mapping Koordinaten-Transformation, die für einen beliebigen Punkt auf bzw. im Lagrange-Element die globalen, kartesischen Koordinaten aus sogenannten lokalen Koordinaten berechnet (Bedingung: globale Koordinaten aller Knoten vorgegeben) Mutter-Element: Lagrange-Element in lokalen Koordinaten Abgebildetes (mapped) Element: Lagrange-Element in globalen Koordinaten Anzahl und genaue Definition der lokalen Koordinaten von Dimension und Anzahl der Ecken des Lagrange-Elements abhängig
Eindimensionales Mutter-Element
Dreieckiges Mutter-Element
Tetraedrisches Mutter-Element
Berechnen der globalen Koordinaten
Basisfunktion Basisfunktion ist Polynom der Ordnung o in den lokalen Koordinaten des Mutter-Elements Für alle Lagrange-Elemente eines Modells, die dieselbe Ordnung, Dimension und Anzahl an Ecken aufweisen, werden exakt dieselben Basisfunktionen verwendet Basisfunktion = Formfunktion = Ansatzfunktion bzw. basis function = shape function = interpolation function
Basisfunktion d=1
Basisfunktionen d=1, o=1
Beispiel 1 Mapping (d=1, o=1)
Basisfunktionen d=1, o=2
Beispiel 2 Mapping (d=1, o=2)
Beispiel 3 Mapping (d=1, o=2)
Beispiel 4 Mapping (d=1, o=2)
Vernetzung
Vernetzung und Netz Vernetzung: Beliebig geformte Objekte oder Domänen eines Modells werden in Netz-Elemente (finite Elemente) zerlegt Netz: Gesamtheit aller Netz-Elemente in einem Modell
Freiheitsgrade des Netzes Freiheitsgrade (degrees of freedom, DOF) entsprechen diskreten, unbekannten Parametern, die bei späterer Lösung des Modells bestimmt werden Örtliche Abtastwerte der physikalischen Variablen in den Knoten des Modells Mehr Knoten bzw. Freiheitsgrade -> Lösung des Modells genauer, aber Hardware-Aufwand steigt
Wahl der Ordnung der Netz-Elemente Bei akustischen Problemstellungen ist Wahl der Ordnung i.d.R. o=2 Angenommen, Anzahl der Freiheitsgrade darf um einen bestimmten Wert erhöht werden Exakte Lösung der Differentialgleichungen in den Knoten besser approximiert, wenn Ordnung erhöht als wenn Netz-Auflösung verfeinert wird (mehr Freiheitsgrade gehen ins Ergebnis mit ein) Ziel, Netz möglichst isotrop zu gestalten, besser erreicht, wenn Netz-Auflösung verfeinert als wenn Ordnung erhöht wird Hardware-Aufwand kleiner, wenn Netz-Auflösung verfeinert als wenn Ordnung erhöht wird, da Basisfunktionen bei Erhöhung der Ordnung komplizierter werden Ordnung o=2 niedrigste Ordnung, mit der gebogene Elemente modelliert werden können
Akustische Vernetzungs-Regeln Falls Wellenlängen in den Domänen unterschiedlich sind, Vernetzungs-Parameter (z.B. maximale Netz- Element-Größe hmax) jeweils an Domänen anpassen Theoretische Regel: Analog zum Nyquist- Abtasttheorem werden mehr als 2 Knoten je Wellenlänge für höchste Frequenz bzw. kleinste Wellenlänge in Schallausbreitungsrichtung benötigt Problem in der Praxis: Schallausbreitungsrichtung meist nicht im Vorhinein bekannt Praktische Regeln: Faustregel bei Verwendung von Lagrange-Elementen zweiter Ordnung: maximale Netz-Element-Größe hmax auf ca. 1/5 der minimalen Wellenlänge setzen DOF-Akustik-Regel
DOF-Akustik-Regel Anwendung auf akustische Domänen DOF-Akustik-Regel Vernetzung soll möglichst isotrop gestaltet werden Wellenlänge soll unabhängig von der räumlichen Richtung mit mind. 12 Knoten bzw. Freiheitsgraden im Durchschnitt aufgelöst werden
Vernetzung einer PML Bei Verwendung finiter Elemente treten in der PML numerische Reflexionen auf Adiabatisches Theorem: Reflexionen in einem Medium werden umso größer, je stärker sich das Medium ändert Änderung der komplexen Koordinaten von einem zum nächsten Knoten ist umso stärker, je gröber die Vernetzung ist Feinere Vernetzung bewirkt weniger numerische Reflexionen (bessere Dämpfung), aber höheren Hardware-Aufwand -> Kompromiss notwendig Vernetzung i.d.R. gleich wie in angrenzender akustischer Domäne
Wahl der PML-Breite Je größer die PML-Breite (bei konstanter Netz- Auflösung), desto geringer fallen numerische Reflexionen aus, desto größer ist aber auch der Hardware-Aufwand -> Kompromiss notwendig
Lösung des Modells
Lösung des Modells (1) Bestimmen der Frequenzen: Bei Eigenfrequenz-Analyse wird eine bestimmte Anzahl an Eigenfrequenzen berechnet Bei Frequenzbereichs-Analyse werden Frequenzen direkt vorgegeben Für jede (Eigen-)Frequenz werden Freiheitsgrade in allen Knoten des Modells berechnet: Lösen der FEM- Gleichungssysteme aller Domänen des Modells Eigenfrequenz-Analyse: Berechnen der Eigenvektoren (der in den Knoten des Modells abgetasteten Eigenmoden) Frequenzbereichs-Analyse: Berechnen der „ganz konkreten“, fixen Werte der physikalischen Variablen in den Knoten
Lösung des Modells (2)
FEM-Gleichungssystem einer Domäne Abarbeitung der folgenden Schritte: Bildung der schwachen Form der Differentialgleichung bzw. des Differentialgleichungssystems der Domäne Anwendung der Galerkin-Methode (Diskretisierung) Volumen-, Rand- und innere Grenzflächenzerlegung Durchführen von Koordinatentransformationen Als Beispiel wird nun FEM-Gleichungssystem einer akustischen Domäne für Frequenzbereichs-Analyse hergeleitet
Schwache Form der Helmholtz-Gleichung (1)
Schwache Form der Helmholtz-Gleichung (2)
Schwache Form der Helmholtz-Gleichung (3)
Schwache Form der Helmholtz-Gleichung (4)
Schwache Form der Helmholtz-Gleichung (5)
Anwendung der Galerkin-Methode (1)
Anwendung der Galerkin-Methode (2)
Anwendung der Galerkin-Methode (3)
Anwendung der Galerkin-Methode (4)
Anwendung der Galerkin-Methode (5)
Anwendung der Galerkin-Methode (6)
Volumen-, Rand- und innere Grenzflächenzerlegung (1)
Volumen-, Rand- und innere Grenzflächenzerlegung (2)
Volumen-, Rand- und innere Grenzflächenzerlegung (3)
Koordinatentransformationen Problem: Integrale bzw. Differentiale in den Elementmatrizen erfolgen über die bzw. nach den globalen, kartesischen Koordinaten, während Basisfunktionen in lokalen Flächen- bzw. Volumskoordinaten definiert sind Lösung: Über Koordinatentransformationen wird ermöglicht, dass die numerische Berechnung der Komponenten einer Elementmatrix in einem einheitlichen neuen lokalen Koordinatensystem erfolgen kann
Postprocessing
Postprocessing (1)
Postprocessing (2)
Simulation in COMSOL Multiphysics
Simulation in COMSOL Multiphysics Einstellungen im Model Wizard Festlegung der Ordnung Geometrische Modellierung Automatische Vernetzung Einstellungen zu Domänen Lösung des Modells Auswahl der Randbedingungen Postprocessing
Ergebnisse dreier Simulationsbeispiele
Subwoofer (1)
Subwoofer (2)
Eigenmoden eines Raumes
Hohler Zylinder
Fazit Feinheit der Vernetzung und Wahl der Ordnung Kompromiss zwischen Genauigkeit und Hardware- Aufwand (Hauptspeicherbedarf, Rechenzeit) In die schwache Form einer Differentialgleichung können Randbedingungen direkt eingesetzt werden FEM ermöglicht durch inhärente Diskretisierung (Galerkin-Methode) Simulationen mit digitalem Computer Mit COMSOL Multiphysics Simulationen gekoppelter physikalischer Systeme (z.B. mechanisch- akustischer Systeme) möglich PML bewirkt reflexionsarmen Abschluss der (äußeren) akustischen Domäne