Kernenergiedebatte in Deutschland Zur Geschichte der Atomenergie in der Bundesrepublik Deutschland: Die „Nukleare Entsorgung“
Zur Geschichte der Atomenergie in der Bundesrepublik Deutschland: Die „Nukleare Entsorgung“ Warum ist die „Nukleare Entsorgung“ für die deutsche Kernkraftdebatte wichtig? Wie verlief die Diskussion um die „Nukleare Entsorgung“ in Deutschland? Fazit
1. Warum ist die „Nukleare Entsorgung“ für die deutsche Kernkraftdebatte wichtig? Warum verlief die Entwicklung der Kernenergie in Frankreich und Deutschland unterschiedlich? Wie entwickelte sich die Kernkraftdebatte in den 1970er Jahren in Deutschland?
Warum verlief die Entwicklung der Kernenergie in Frankreich und Deutschland unterschiedlich? (1) Unterschiedliche Atomprogramme in den 1950er und 1960er Jahren Unterschiedliche militärische und außenpolitische Implikationen Atomkonsens im Polit. System (links und rechts) in Frankreich zerbricht kaum trotz Massenprotesten Atomkonsens in Deutschland zerbricht in den 1970er Jahren
Unterschiede im polit. System: Zentralismus versus Föderalismus Warum verlief die Entwicklung der Kernenergie in Frankreich und Deutschland unterschiedlich? (2) Unterschiede im polit. System: Zentralismus versus Föderalismus Unterschiede bei den rechtlichen Rahmenbedingungen
Unterschiede bei den rechtlichen Rahmenbedingungen zwischen Frankreich und der Bundesrepublik Genehmigungsver-fahren Verfahren nach dem Atomgesetz mit Klagemöglichkeiten (Bundesrepublik) versus Genehmigungsver-fahren durch Dekrete (Frankreich) Entsorgungsvorsorge Politik des „Konstruktiven Zwanges“ (Bundesrepublik) Ziel Engagement der Energiewirtschaft in der Wiederaufarbeitung
Wie entwickelte sich die Kernkraftdebatte in den 1970er Jahren in Deutschland? Energieprogramme der SPD-F.D.P. Bundesregierung: massiver Ausbau der Kernenergie (45 GW in 1985) Kontroverse Diskussionen an Standorten von Kernkraftwerksprojekten: 1975: Whyl, 1976: Brokdorf, 1977: Grohnde und Kalkar Breiter Anklang in den Medien massive Diskussionen in SPD und F.D.P. linkes politisches Spektrum als Teil der Anti-AKW- Bewegung
„mit Schmidt und Eppler für und gegen die Kernenergie“ Wie entwickelte sich die Kernkraftdebatte in den 1970er Jahren in Deutschland? Frage der Kernenergie droht die beiden Regierungsparteien SPD und F.D.P. zu spalten: In der SPD „mit Schmidt und Eppler für und gegen die Kernenergie“ AKW-Gegner fordern ein Moratorium: Erst wenn die „Entsorgung“ „hinreichend gesichert“ ist, dürfen weitere Bau- und Betriebsgenehmigungen für Kernkraftwerke erteilt werden Die „hinreichende Entsorgung“ wird ein Formelkompromiss auf den sich Gegner und Befürworter der Kernenergie in den Regierungsparteien SPD und F.D.P. einigen „Entsorgung“ entwickelt sich zu dem zentralen Diskussionspunkt
2. Wie verlief die Diskussion um die „Nukleare Entsorgung“ in Deutschland? Der Brennstoffkreislauf Das „Nukleare Entsorgungszentrum“ am Standort Gorleben Die Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf Status Quo
Cycle du combustible…
…in Deutschland
Vorarbeiten zum „Nuklearen Entsorgungszentrum“ Salzkonzept aus den USA wird seit Ende der 1950er Jahren mit Priorität verfolgt „Versuchsendlager“ Asse: Einlagerung von schwach- und mittelaktiven Abfällen 1967-1978 Salzkaverne scheitert an Widerständen vor Ort 1966 und wird in der Asse realisiert „Versuchswiederaufarbeitungsanlage“ Karlsruhe 1971-1990 Lager für nichtwärmeentwickelnde Abfälle im Schacht Konrad (ab 1975 erkundet, wird derzeit als Lager ausgebaut)
„Nukleares Entsorgungszentrum“ NEZ 1974: Grundgedanke: Alle Anlagen der „Entsorgung“ an einem Ort 1975 bis 1976: Bundesregierung will nach dem Verursacherprinzip die Kosten durch die Energiewirtschaft tragen lassen 1977: Bundesregierung wendet „Konstruktiven Zwang“ an: Betrieb eines Kernkraftwerkes wird an die „Entsorgungsvorsorge“ gekoppelt Größte zivile Wiederaufarbeitungsanlage der Welt ist Kernstück des „Nuklearen Entsorgungszentrum“
„Nukleares Entsorgungszentrum“ NEZ Streit bei der Standortauswahl zwischen Niedersachsen (CDU bzw. CDU/F.D.P.) und der Bundesregierung (SPD/F.D.P.) 1976: An den drei vom Bund ausgewählten Standorten kommt es zu Widerständen und Protesten 1977: Ministerpräsident Ernst Albrecht benennt nach intransparenter niedersächsischer Auswahl Gorleben als „vorläufigen“ Standort 1977: Bundesregierung akzeptiert Gorleben als Standort. Genehmigungsverfahren wird eingeleitet
„Nukleares Entsorgungszentrum“ NEZ Protestaktionen am Standort, u.a. Demonstration mit Robert Jungk und Heinz Brand - Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg ist Träger des Protests Andreas Graf von Bernstorff und Kirchengemeinden verkaufen keine Grundstücke Von Bernstorff überzeugt Ministerpräsident Albrecht von der Idee des Gorleben-Hearings: 25 Kritiker und 38 Befürworter diskutieren unter der Leitung von Carl-Friedrich von Weizsäcker die „sicherheitstechnische Realisierbarkeit“ des NEZ
„Nukleares Entsorgungszentrum“ NEZ „Harrisburg“ liegt wie ein Schatten über dem Hearing „Gorleben-Treck“ mit Massendemonstration in Hannover Albecht rät der Bundesregierung, das Projekt der Wiederaufarbeitung nicht weiter zu verfolgen, „Ballast abwerfen“, um Endlagererkundung voranzutreiben Volker Hauff (SPD): „Es ist irreal, dass in Gorleben nichts gebaut wird“
Neues Entsorgungskonzept von Bund und Ländern Erforschung „Alternativer Entsorgungstechniken“ (Direkte Endlagerung ohne Wiederaufarbeitung) Entsorgungszentrum wird durch Entsorgungskonzept ersetzt Realisierung der Zwischenlagerung WAA nicht in Gorleben, aber woanders „Bergmännische Erschließung“ in Gorleben soll „zügig vorangeführt“ werden
In Gorleben… Lager für schwachaktive Abfälle (Fasslager) Lager für Castor-Behälter Erkundung des Salzstockes Pilotkonditionierungsanlage Aber: anhaltender Protest Bürgerinitiative größte politische Vereinigung im Landkreis Lüchow-Dannenberg Polizeieinsätze bei Castortransporten seit den 1990er Jahren mit jeweils mehr als 10.000 Polizisten
…und Wackersdorf Energiewirtschaft will kleinere Wiederaufarbeitungsanlage mit anderer Technik bauen Im bayerischen Wackersdorf soll die Anlage nach einem Standortwettlauf realisiert werden Massenproteste (u.a. 1986 Demo mit 100.000 Teilnehmern) Vor dem Bau des Prozessgebäudes vereinbaren COGEMA und Deutsche Energiewirtschaft eine Zusammenarbeit 1989: Die deutsche Energiewirtschaft suspendiert das Projekt Wiederaufarbeitung in Deutschland
Wie verlief die Diskussion um die „Nukleare Entsorgung“ in Deutschland? Pro Entsorgung (Wiederaufarbeitung und Endlagerung) ist sicher und machbar Nukleares Entsorgungszentrum so schnell wie möglich bauen Gorleben ist geeignet Mögliches Endlager ist zu realisieren Contra Die Wiederaufarbeitung potenziert die Probleme, die Endlagerung ohne Wiederaufarbeitung muss entwickelt werden Nukleares Entsorgungszentrum verhindern Gorleben ist nicht geeignet Bestmögliches Endlager ist zu realisieren
Die nukleare Entsorgung - status quo in Deutschland 1998 macht sich Bundesregierung aus SPD und Grünen die Zweifel am Standort Gorleben zu eigen und vereinbart ein Moratorium Die Wiederaufarbeitung wird für die Zeit ab 2005 verboten Für die Kernkraftwerke werden Reststrommengen vereinbart
3. Fazit Die „Nukleare Entsorgung“ ist die „Achillesferse“ der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur aus technischen, sondern auch aus politisch-gesellschaftlichen-wirtschaftlichen Gründen Der „Streit um Gorleben“ und die „Entsorgung“ ist ein zentraler Grund, warum die Kernkraftdebatte in Deutschland so heftig geführt wird