Schwarzfahren mit offen sichtbarer Kennzeichnung Überblick über die Rechtslage § 265a StGB Erschleichen von Leistungen (1) Wer die Leistung eines.

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Schwarzfahren mit offen sichtbarer Kennzeichnung Überblick über die Rechtslage § 265a StGB Erschleichen von Leistungen (1) Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Vorab: Das Mobilisierungsvideo zur Aktionsschwarzfahrt Anfang März mit drei Gerichtsverhandlungen

Richter am Landgericht, Dr. Nink, am 22.6.2015: Die Verurteilung des Angeklagten beruht dabei auf einer den wandelnden Verhältnissen angepassten Auslegung des §265 a StGB nach Sinn und Zweck der Norm in der Tatvariante der Beförderungserschleichung durch verschiedene Gerichtsentscheidungen. Das unzweifelhaft handlungsbezogene Tatbestandmerkmal des "Erschleichens" wurde zu einem in seiner Warnfunktion kaum mehr greifbaren "Sich-Umgeben mit dem Anschein" vertragsgerechter Benutzung des Verkehrsmittels mir bezahltem Fahrschein umgedeutet. Diese Auslegung steht gegen den Wortlaut des Schleichens als unentdeckte Annäherung, Entfernung oder Umgehung. Sie widerspricht systematisch der handlungsbezogenen Bedeutung sämtlicher übrigen Tathandlungen der Täuschung und der Veruntreuung des 22. Abschnitts des StGB. Sie widerspricht dem Umstand, dass das Erschleichen in den Handlungsalternativen des §265a StGB nach wie vor das technische Umgehen der Sicherungsmechanismen eines Automaten oder die Überlistung einer Eingangskontrolle erfordert. Bis 2004 war selbst das „Schwarzfahren“ ohne Kennzeichnung strafrechtlich umstritten … 2. Keine Klarheit, was „ordnungsgemäß “ ist! Aus Tamina Preuß, "Praxis- und klausurrelevante Fragen des „Schwarzfahrens“" , in: ZJS 3/2013 (S. 264) Da sich der zahlende Nutzer ebenfalls mit dem (hier zutreffenden) „Anschein der Ordnungsmäßigkeit“ umgebe, liege in der Tathandlung kein spezifischer Unrechtsgehalt. Von einem „Anschein der Ordnungsmäßigkeit“ könne keine Rede sein, denn das Verhalten des „Schwarzfahrers“ sei nicht nur den redlichen Nutzern angepasst, sondern auch anderen „Schwarzfahrern“. Angesichts der hohen „Schwarzfahrerquote“ und der dazu kommenden Dunkelziffer – die „Schwarzfahrerquote“ betrug 2012 bei dem Kölner Nahverkehrsunternehmen KVB beispielsweise 4,7 % – sei ein derartiger Anschein reine Fiktion. 1. Rechtsprechung zu „Anschein der Ordnungsmäßigkeit“ ist willkürlich und aus dem Gesetzestext nicht ableitbar! Aus Tamina Preuß, "Praxis- und klausurrelevante Fragen des „Schwarzfahrens“" , in: ZJS 3/2013 (S. 264) Das Festhalten am „Anschein der Ordnungsmäßigkeit“ führe zu der strafrechtlichen Sanktionierung schlichter Vertragsbrüche. Aufgrund des Subsidiaritätsprinzips sei es nicht Zweck von § 265a StGB hiervor zu schützen. Der Gesetzgeber habe trotz der Änderungen der Kontrollpraxis den Tatbestand nicht dahingehend reformiert, dass der „Anschein der Ordnungsmäßigkeit“ genüge.

Außerdem: Bei zahlungsunwilligen und bei zahlungs-unfähigen Fahrgästen entsteht kein Vermögensschaden! Aus einer Examensklausur WS 2009/2010 an der Juristischen Fakultät der HU Berlin Die BVG kann gemäß § 249 Abs. 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, wie ohne das schädigende Ereignis. Nach einer Auffassung liegt das schädigende Ereignis im Sinne des § 249 BGB in dem Umstand, dass der S zugestiegen ist (Harder NJW 1990, 857 ff). Nach anderer Auffassung liegt das schädigende Ereignis in dem Umstand des Nichtentrichtens des Fahrtgeldes (Stacke NJW 1991, 875, 877) Nach der ersten Auffassung stünde die BVG aber nicht anders da als jetzt, da das Verkehrsmittel auch ohne ihn gefahren wäre, so dass ein Schaden nach der Differenzmethode entfällt. Das Verkehrsunternehmen kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn der ... gezahlt hätte ... Nur wenn der Fahrer des betreffenden Fahrzeuges nachweisbar einen zahlungswilligen Fahrgast hätte zurückweisen müssen, weil ... einen Sitz- oder Stehplatz ohne Fahrkarte eingenommen hatte, wäre eine Schadensersatzhaftung aus unerlaubter Handlung überhaupt denkbar. Dies kommt aber im öffentlichen Nahverkehr nicht vor.

Richter am Landgericht, Dr. Nink, am 22.6.2015: Welche Verhaltensweise oder nach welchen Kriterien eine dann greifbar gewordene Absicht strafbar sein soll, bleibt nebulös und ununterscheidbar. Das Verhalten des Angeklagten, seine Zahlungsverweigerung für den Fall der Entdeckung mittels eines scheckkartengroßen Kärtchen kundzutun, ist zwar freche politische Provokation des Systems und verwerflich, aber nach zahlreichen Stimmen in der Literatur und vereinzelt der Rechtsprechung so nicht strafbar. Rechtslage ab 2004: Nur das „Schwarzfahren“ mit Kennzeichnung wäre straffrei … Aus dem Urteil des Amtsgerichts Eschwege vom 12.11.2013 Der Angeklagte hat zwar eingeräumt, jeweils den Zug der Cantus Verkehrsgesellschaft benutzt zu haben, ohne im Besitz des erforderlichen Fahrscheins gewesen zu sein. Seine Einlassung, dass er jedoch in allen 3 Fällen vor Fahrtantritt deutlich sichtbar einen Zettel an seine Kleidung geheftet hatte mit der Aufschrift "Ich fahre umsonst" war nicht zu widerlegen. Damit hat er allerdings gerade offenbart, kein zahlungswilliger Fahrgast zu sein, weshalb bereits der objektive Tatbestand des § 265 a Abs. 1 StGB nicht erfüllt ist. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.01.2001 - 2 Ss 365/00 (Quelle OLG Frankfurt a.M. NStZ-RR 2001, 269) Der Tatbestand des Erschleichens von Leistungen i. S. des § 265 a StGB setzt voraus, dass der Täter sich bei der Inanspruchnahme der Beförderungsleistung mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt, beispielsweise durch unauffälligen Aufenthalt in der Bahn. Nicht erforderlich ist es, dass die hierin liegende konkludente Erklärung, der Zahlungspflicht in vertragsgemäßer Weise nachgekommen zu sein, gegenüber einem zu ihrer Entgegennahme bereiten Empfänger erfolgt und dass regelmäßige Kontrollen oder vorhandene Sicherheitsvorkehrungen umgangen werden. Aus: BayObLG RReg 3a St 16/69, Beschluss vom 21.02.1969 Das Merkmal des Erschleichens wird nicht schon durch das bloße unbefugte unentgeltliche Sichverschaffen erfüllt. Auf die Errichtung eines gewissen Scheins kann dafür nicht völlig verzichtet werden. Wer die Unentgeltlichkeit der Leistung dem Berechtigten oder dessen Beauftragten gegenüber ausdrücklich und offen in Anspruch nimmt, erschleicht nicht. Aus Urs Kindhäuser, Lehr- und Praxiskommentar zum StGB. Baden-Baden: Nomos (S. 1013) Hinsichtlich des Erschleichens ist umstritten, ob ein Verhalten, das sich den Anschein der Ordnungsmäßigkeit gibt, ausreicht (Rn. 7) oder ob der Täter Kontrollen unterlaufen (Rn. 11) oder zumindest seine Legitimation vortäuschen muss (Rn. 9). Kein Erschleichen ist es, wenn der Täter offen zum Ausdruck bringt, die Beförderung unentgeltlich in Anspruch zu nehmen. Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage (2010), Randnr. 11 zu § 265a … nicht nach § 265a strafbar ist auch die nach außen hin offen gezeigte unentgeltliche Beanspruchung der Leistung ...

Mit absurden Formulierungen wird bestraft! Das Schild sei nicht groß oder auffällig genug … aber woher nehmen Richter_innen Größenangaben? Ein Schild ist zu wenig … wo ist hier Rechtsgrundlage? Mensch muss den Lokführer vorher fragen … der wird einem den Vogel zeigen! „Ich fahre umsonst“ kann auch was anderes heißen … Mensch muss die Bahn vorher fragen … wer ist das? Eine Fahrt am 11.11. könne auch ein Faschingsscherz sein … das soll Rechtsprechung sein?

Verschiedene Kennzeichnungen: Schilder, Flyer & Co.

Die Aktionsschwarzfahrt am 2.3.2015: Offensichtlicher geht es kaum!!! Per Megafon wurde auf den Bahnhöfen alles erklärt und für Nulltarif geworben! Alle verteilten Flugblätter! Jeder hatte ein Schild! Zusammen gab es 2 Spruchbänder

Mehr Informationen zu Aktionen, zur Rechtslage und zum Nulltarif auf Daher: Straffreiheit für Schwarzfahren! Aber wichtiger auf Dauer: Nulltarif alle! Vielen Dank. Mehr Informationen zu Aktionen, zur Rechtslage und zum Nulltarif auf www.schwarzstrafen.de.vu