Deutsche Flüchtlinge in schwedischen Internierungslagern

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Deutsche Flüchtlinge in schwedischen Internierungslagern Humboldt-Universität zu Berlin Nordeuropa-Institut UE Schwedische Flüchtlingspolitik Referentin: Patricia Patkovszky

„Schweden den Schweden“ – die protektionistische Fremdenpolitik Schwedens Strom der Hitler-Flüchtlinge ging aufgrund der restriktiven Flüchtlingspolitik an Skandinavien und Finnland vorbei, lediglich etwa 1 % fanden insgesamt Zuflucht Exilforschung im Norden lange Zeit durch Assoziation mit Eliten geprägt ( Bert Brecht, Kurt Schwitters, Willy Brandt) –Gros der anonymen Flüchtlinge erfuhr weit schlechtere Behandlung als reiche, berühmte und somit „erwünschte“ Flüchtlinge Fremdengesetz von 1936/37: UD entscheidet über Abschiebungen sowie über Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen, nach § 20 keine Ausweisung in Länder, in denen Verfolgung droht  großes Interesse Schwedens, möglichst nur Sozialdemokraten eine Einreise zu bewilligen

Einteilung der Flüchtlingspolitik in drei Phasen 1933-1937: größtenteils Tolerierung und Unterstützung der wenigen Flüchtlinge; trotzdem Präventivmassnahmen und Versuche, Flüchtlinge außer Landes zu bringen, ehe sie durch die Aberkennung ihrer deutschen Staatsbürgerschaft durch die NS-Behörden zum Problem werden konnten 1938-1939: Versuche der Assimilation und Integration von Flüchtlingen auf dem schwedischen Arbeitsmarkt 1940-1945: langsame Anerkennung des Flüchtlingsproblems; staatliche Maßnahmen zur Quotenregelung und finanzieller Unterstützung

Verfügung vom 16.2.1940 Verfügung vom 16.2.1940 ermöglichte die Einrichtung von Lagern, in denen unbequeme Flüchtlinge interniert wurden, deren Ausweisungsbeschlüsse nicht verwirklicht werden konnten oder als „gefährlich“ eingestuft wurden Gefährlichkeitsgrad bestimmte neben der Regierung auch das politische Augenmaß der Polizeibeamten und die Meinungsmache der deutschen Gesandten Schon der Status des flüchtigen Ausländers galt als „auffällig“ in der damaligen sehr homogenen schwedischen Gesellschaft Vorwand der Schutzhaft: Schutz sowohl der schwedischen Bevölkerung vor den Inhaftierten als auch Schutz der Inhaftierten (Deserteure) vor dem Zugriff der deutschen Behörden

Karikatur aus „Arbetaren“, 16.5.1941

Verzeichnis der Lager in Schweden Långmora, ca. 150 Inhaftierte Smedsbo, ca. 60 Inhaftierte Storsien, 300-370 Inhaftierte Lövnäsvallen, ca. 70 Inhaftierte Öxnered, ca. 70 Inhaftierte Grytans skjutfält, ca. 19 Inhaftierte Vindeln und Stensele, zusammen ca. 70 Inhaftierte Kusfors, ca. 141 Inhaftierte

Lagerstrukturen Dagens Nyheter vom 16. März 1940: „Die Internierten sollen im Lager lernen, die Bedingungen zu respektieren, die Schweden an den Aufenthalt politischer Flüchtlinge knüpft.“ Meist geschlossene Lager (teilw. ehemalige Disziplinier- und Arbeitsanstalten für pflichtvergessene Familienväter, Verbrecher und Alkoholiker) Berichte von mangelnder Erfahrung des Personals, Körpervisitationen, Besuchsverbot, und Briefzensur, Freiheitsberaubung und erniedrigender Behandlung

Internierungslager Långmora – Aufnahme von 1973

Kartenskizze des Lagers in Kusfors

Tagesablauf in Långmora 7:15 Wecken 8:15 Frühstück 8:30 Bettenmachen 9:00 1.Arbeitsabschnitt 12:00 Mittagessen 13:00 2. Arbeitsabschnitt 15:00 Kaffee und Freizeit 16:30 Unterricht 17:45 Abendessen und Freizeit 22:30 Schlafenszeit Arbeiten in der Werkstatt (Briefumschläge kleben), Schreinerei und Gartenarbeit Unterricht bedeutete v.a. Schwedisch und Englisch Samstags: wöchentliches Bad, Wechsel von Unterwäsche und Arbeitskleidung, Kontrolle des Gewichts (alle 14 Tage)

Arbeitspause in Långmora

Die Lager im Brennpunkt Schwedische Antifaschisten bemühten sich stetig, die Zustände in den Lagern in der Öffentlichkeit anzuprangern Verteidigungsmaßnahme der faschistischen Blätter: Es handle sich um unerwünschte Ausländer, die die Gastfreundschaft Schwedens missbraucht und gegen das Verbot politischer Betätigung verstoßen hätten 25. April 1940 Konstituierung des „Asylrechtskomitees“, die es sich zur Aufgabe machten, den Internierten vor allem finanziell und rechtlich beizustehen Begriff „schwedische Internierungslager“ als gewollte Maßnahme zur Polarisierung

Die Internierungslager in der Pressepolemik

Schutzhaft – aber für wen? „Diese Art Einsperren auf unbestimmte Zeit geht allen mit der Zeit auf die Nerven, schon deswegen, weil wir nichts verbrochen haben. Alles erscheint so sinnlos, und man kommt sich selber so überflüssig vor in diesem gigantischen Kampf der Völker gegen den Faschismus.“ Konnten die schwedischen Behörden wirklich für die Sicherheit der Internierten garantieren? oder Gab es überhaupt eine greifbare Gefahr von Seiten der Internierten?