Medizinische Terminologie für Humanmediziner Sommer 2007

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Medizinische Terminologie für Humanmediziner Sommer 2007 Themen Ulmer Ausbildungsprofil: ärztliche Haltung (attitude) Eid des Hippokrates als Grundlage ethischer Selbstverpflichtung in der Medizin Empirische vs. theurgische Medizin Ethnomedizin

Ärztliche Haltung: - z. B. Umgang mit der medi- zinischen Fachsprache „Urosonographie-Befund: Solide, echoinhomogene Raumforderung im kranialen Drittel der re. Niere mit Entwicklung nach dorsal, kaudaler Pol unauffällig, re. paraaortale Lymphknoten (medial des re. Pols) vergrößert, ventrale Zyste an der re. Niere, contralaterale Niere unauffällig, keine Hydronephrose.“ Zitiert nach Wilmanns, Schmitt (2002, S. 15)

Übersetzung? „Befund der Ultraschalluntersuchung der Niere Feste Raumforderung mit uneinheitlichem Schallmuster im oberen Drittel der rechten Niere mit Entwicklung zur Rückseite, unteres Nierenende unauffällig, vergrößerte, rechts neben der Aorta befindliche Lymphknoten (vom rechten Nierenbecken aus zur Mitte hin gelegen), flüssigkeitsgefüllte, blasige Struktur an der Vorderseite der rechten Niere, gegenüberliegende (= linke Niere) unauffällig, keine chronische Nierenveränderung durch Rückstau von Urin im Nierenbecken.“ (ebd.)

Antike Grundlagen für die gr. -lat Antike Grundlagen für die gr.-lat. Prägung der medizinischen Fachssprache Hippokrates von Kos als Begründer der empirisch-rationalen Medizin  Corpus Hippocraticum (5. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr.) Hellenismus alexandrinische Medizinschule

Transfer des griechisch vermittelten medizinischen Wissens  ins Römische Weltreich in den islamischen Orient Rücktransfer in den Okzident (Renaissance) Ibn El-Sinna/ Avicenna (10./11. Jh.)

Der Eid des Hippokrates Schwurformel „Ich schwöre bei Apollon, dem Arzt, bei Asklepios, Hygieia und Panakeia und bei allen Göttern und Göttinnen, indem ich sie zu Zeugen mache, daß ich entsprechend meiner Kraft und meinem Urteilsvermögen folgenden Eid und folgenden Vertrag erfüllen werde: Äskulapnatter Apollo holt Asclepius aus dem Leib seiner Mutter Coronis. Alessandro Beneditti: De Re Medica (1549)

Standesvorschriften – ärztliche Binnensolidarität – Geheimbundwesen Denjenigen, der mich diese Kunst gelehrt hat, gleich zu achten meinen Eltern, ihn an meinem Lebensunterhalt teilhaben zu lassen und ihm an den für ihn erforder-lichen Dingen, wenn er ihrer bedarf, Anteil zu geben, seine Nachkommenschaft meinen männlichen Ge-schwistern gleich zu werten, sie diese Kunst zu lehren, wenn sie sie zu lernen wünschen, ohne Entgelt und Vertrag, an Unterweisung, Vorlesung und an der gesam-ten übrigen Lehre Anteil zu geben meinen Söhnen und den Söhnen dessen, der mich unterrichtet hat, den vertraglich gebundenen und durch ärztlichen Brauch eidlich verpflichteten Schülern, sonst aber niemandem.

Gebot, Schaden vom Kranken abzuwenden – Verbot von Sterbehilfe und Schwangerschaftsabbruch Diätetische Maßnahmen werde ich zum Nutzen der Kranken entsprechend meiner Kraft und meinem Urteilsvermögen anwenden; vor Schaden und Unrecht werde ich sie bewahren. Auch werde ich niemandem auf seine Bitte hin ein tödlich wirkendes Mittel geben, noch werde ich einen derartigen Rat erteilen; in gleicher Weise werde ich auch keiner Frau ein fruchtabtreibendes Zäpfchen geben. Rein und heilig werde ich mein Leben und meine Kunst bewahren.

Verbot der Chirurgie und des sexuellen Missbrauchs Das Schneiden werde ich nicht anwenden, nicht einmal bei Steinleidenden, dies werde ich vielmehr den Männern überlassen, die diese Tätigkeit ausüben. In alle Häuser, die ich betrete, werde ich eintreten zum Nutzen der Kranken, frei von jedem absichtlichen Unrecht, von sonstigem verderblichen Tun und von sexuellen Handlungen an weiblichen und männlichen Personen, sowohl Freien als auch Sklaven.

Gebot der Schweigepflicht Was auch immer ich bei der Behandlung oder auch unabhängig von der Behand- lung im Leben der Menschen sehe oder höre, werde ich, soweit es niemals nach außen verbreitet werden darf, verschweigen, in der Überzeugung, daß derartige Dinge unaussprechbar sind. Wenn ich nun diesen Eid erfülle und nicht verletze, möge es mir zuteil werden, daß ich mich meines Lebens und meiner Kunst erfreue, geachtet bei allen Menschen für alle Zeit, wenn ich ihn aber übertrete und meineidig werde, möge das Gegenteil davon eintreten.“

WELTÄRZTEBUND DEKLARATION VON GENF verabschiedet von der 2. Generalversammlung des Weltärztebundes Genf, Schweiz, September 1948 und revidiert von der 22. Generalversammlung des Weltärztebundes Sydney, Australien, August 1968 und revidiert von der 35. Generalversammlung des Weltärztebundes in Venedig, Italien, Oktober 1983 und revidiert von der 46. Generalversammlung des Weltärztebundes Stockholm, Schweden, September 1994

Gelöbnis Bei meiner Aufnahme in den ärztlichen Berufsstand gelobe ich feierlich: mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen. Ich werde meinen Lehrern die schuldige Achtung und Dankbarkeit erweisen. Ich werde meinen Beruf mit Gewissenhaftigkeit und Würde ausüben. Die Gesundheit meines Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein. Ich werde alle mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod des Patienten hinaus wahren.

Gelöbnis - Fortsetzung Ich werde mit allen meinen Kräften die Ehre und die edle Überlieferung des ärztlichen Berufes aufrechterhalten. Meine Kolleginnen und Kollegen sollen meine Schwestern und Brüder sein. Ich werde mich in meinen ärztlichen Pflichten meinem Patienten gegenüber nicht beeinflussen lassen durch Alter, Krankheit oder Behinderung, Konfession, ethnische Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politische Zugehörigkeit, Rasse, sexuelle Orientierung oder soziale Stellung. Ich werde jedem Menschenleben von seinem Beginn an Ehrfurcht entgegenbringen und selbst unter Bedrohung meine ärztliche Kunst nicht in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anwenden. Dies alles verspreche ich feierlich und frei auf meine Ehre.

Empirische vs. theurgische Medizin Hippokrates ( Corpus Hippocraticum) als Begründer der empirischen Medizin Theurgische Medizin: Überzeugung, dass Krankheiten (auch) übernatürliche Ursachen haben auch heute noch in vielen Kulturen völlig andere Krankheitsäthiologie spirituell begründete Heilkunde: Einheit von Priester und Arzt, von religiösem und medizinischen Spezialisten (Medizinmann/-frau, curandero/a, Brujo, „Zauberdoktor“, „Fetischpriester“, Schamanen etc.) Westliche und traditionelle/ Ethnomedizin Andines Koka-Orakel

Die Humoral- therapie / Vier-Säfte-Lehre zurückzuführen auf Empedokles (5. Jh. v. Chr.) - Lehre von den 4 Urelementen systematisiert durch Galen aus Pergamon (2. Jh. n. Chr.) verbreitet bis ins 18. Jh. hinein

WHO-Deklaration von Almaty (1978) Primary Health Care (PHC) Einbeziehung traditioneller HeilerInnen in die Gesundheitsfürsorge: Herbalisten Traditional birth attendants/ TBAs Chiropraktiker: bone-setters, hueseros Magisch-religiöse Heiler/ Ritualisten Medicos kallawayas

Verschiedene Medizinkulturen Weltweit sehr viele Formen theurgischer Medizin, z.B. Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) Ayurveda Medizin des moslemischen Indiens Tschörten/ Stupa in Ladakh Medizin der Indigenen Amerikas Afrikanische Medizin Traditionelle indigene Heiler auf dem Weg zu einem Opferritual

Beispiele für nicht-westliche Diagnose und Therapie Kallawaya-Region Bolivien Charazani, Bergland von Bolivien, Hauptort der Provinz B. Saavedra Departamento La Paz Unesco-Weltkulturerbe

Bsp. Ladakh, Nordwest-Indien Vielfalt medizinischer Systeme traditionelle tibetische Medizin moslemische Scheichs buddhistische Lamas und Mönche lha-pas/ lha-mos: schamanistisch orientierte Trance-Orakel und HeilerInnen Praktizierende der indischen Ayurveda-Medizin westliche Ärzte – durchaus auch einheimische Ladakhis  Multiple Inanspruchnahme verschiedener Medizinsysteme – „Healer Shopping“ – Health Shopping Der alte Königspalast in Leh, Hpst. Ladakhs

Ist Krankheit überall auf der Welt dasselbe? Kulturgebundene Syndrome – culture-bound syndromes (CBS), z.B. „der böse Blick“ – mal de ojo susto latah prämenstruelles Syndrom (PMS) Kulturspezifische Krankheitsäthiologie Krankheit als kulturelles Konzept?