Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens

Slides:



Advertisements
Ähnliche Präsentationen
Pat-Ex e.V. (
Advertisements

Prof. Dr. Petra Kolip Zentrum für Public Health der Universität Bremen
Positive stimmen – ein Projekt zum Leben mit HIV und Stigmatisierung.
Pro-Skills-Hintergrundphilosophie
Dr.Joachim Mönkediek Informationsmanagement an Hochschulen 1 Zum Themenbereich I :27 Anträge Zum Themenbereich II :27 Anträge Förderung Themenbereich.
Kulturelle Konflikte im globalen Konfliktgeschehen seit 1945 – Prof. Dr. Aurel Croissant Studie des Instituts für Politische Wissenschaft an der Universität.
Wissensmanagement in der Gewaltprävention
Raumbezogene Identitäten nach Peter Weichhart
Gerhard Rupp (Bochum): Indienstnahme und Gebrauchsorientierung. Funktionen des Lesens bei Schüler/innen.
für behinderte Frauen, Männer und Kinder
BERATUNG KANN MEHR FRAUENSPEZIFISCHE BERATUNGSFORMEN ZWISCHEN LÖSUNGSORIENTIERUNG UND THERAPIE PROF. DR. SABINE SCHEFFLER ZENTRUM FÜR ANGEWANDTE PSYCHOLOGIE.
Seite 1 Anschub.de: Ziele und deren Evaluation Günther Gediga IwFB / Universität Münster Lüneburg,
Was trägt aus Psychiatrie- Erfahrenen Sicht zur Genesung bei.
Verhaltensprävention: Was kann sie leisten?
Verrückt? Na und! Prävention und Förderung der seelischen Gesundheit in der Schule für Jugendliche ab 15 Jahren - Schulprojekt im KREIS BERGSTRASSE Das.
Beeinträchtigungen des sexuellen Erlebens bei HIV-positiven Frauen
DIE PSYCHOSOZIALE SITUATION VON FRAUEN IN ÖSTERREICH
Computer-Supported Cooperative Work (CSCW)
Resilienz die innere Kraft zu gedeihen.
Das Recht auf Spielen – eine rechtliche Entdeckungsreise Kinder-Universität Prof. Christine Kaufmann Zürich, 31. März 2010.
Lebensqualität erhalten Wissenswertes zum Thema Alkohol
Professionelle Pflege von HIV/AIDS-Patienten
Harninkontinenz im Alltag der Betroffenen-Wünsche und Erfordernisse in der pflegerischen Beratung - Fachtagung der Kontinenz-Stoma-Beratung Österreich.
"Künstler helfen Obdachlosen" - SKM Augsburg
Verhinderung von Störungen vs. Förderung von Gesundheit
SFB 522 Umwelt und Region Universität Trier, Trier gefördert durch: Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung,
Merken Denken Fühlen Handeln Wissen
Wissenschaft als Wissen-Macht. Zur Konstruktion akademischer Exzellenz Jun.-Prof. Dr. Johannes Angermüller Institut für Soziologie Universität Mainz.
Inklusion aus meiner Sicht
WAS MAN UNBEDINGT WISSEN SOLLTE!!
Psychoanalyse und soziales Engagement
Was ist psychische Gesundheit?
Congreso para Empresarios. Vorbeugen trotz Tabu´s: eine Herausforderung (auch) für Führer… Freitag 07. Oktober 2011 Dr. Carlos Wiens Hospital Mennonita.
Cluster 3 – Psychische Erkrankungen und Pension (inkl. Begutachtungen)
Mobbing mit neuen Medien Fakultät für Psychologie
1784 Spezialisierungsverstaltung (Qualitative Sozialforschung) SS 2012 Ao.Univ.Prof. Dr. Karl-Michael Brunner Institut für Soziologie und empirische Sozialforschung.
Erhebungsverfahren: Der verbale Zugang, das Gespräch, spielt in der qualitativen Forschung eine besondere Rolle. Aus Beobachtungen lassen sich subjektive.
Es ist ein fester Entschluss... Es ist mein Entschluss...
GLO-PART. Junge Partizipation in der glo-kalen Politik. Institut für Politikwissenschaft | Universität Wien Projektteam: Prof. Sieglinde Rosenberger |
Professionalisierung – ein Beruf in Bewegung?
Religiöse Vielfalt – Bedrohung oder Chance?
Univ. Prof. Dr. Thomas A. Bauer - University of Vienna, Department for Communications - MEDENKOMPETENZ - Bedingungen und Herausforderungen.
Achtsamkeit Was darunter zu verstehen ist!
Nick Kratzer / Margit Lottes Fallbeispiel „Kommunikationstechnik“
Die Bedeutung der Bewegung in einer guten und gesunden Kita
Sonntag, 18. Mai 2014Sonntag, 18. Mai 2014Sonntag, 18. Mai 2014Sonntag, 18. Mai :01:48 Uhr Ich fange ein neues Leben an Es ist ein fester.
Neue Kulturen der Wissenschaft: Forschen Frauen anders
Mit Foucault im Kino Diskursanalyse des Films
Herausforderungen für Lern- und Schulkulturen in der Informations- gesellschaft (Work in Progress)
Powerpoints bestellen ?? sende eine Mail an : SEX-Statistik WAS MAN UNBEDINGT WISSEN SOLLTE!!
Vienna Conference on Consciousness Teil I "Was ist die neuronale Grundlage des Bewußtseins? Wo ist es im Gehirn?" Beitrag von Michael L. Berger (Center.
Das HI-Virus dockt an spezifischen Rezeptoren der Zellmembran an und schleust sein Erbgut in das Innere der Zelle. Zunächst schreibt die Reverse Transkriptase.
Soziale Repräsentationen von pädagogischen Fachkräften zu interkulturellem Lernen Forschungsprojekt:
Soziale Arbeit an Schulen im Landkreis Bad Kreuznach
Die gesellschaftliche Dimension von Männergesundheit Dr. Matthias Stiehler Dresdner Institut für Erwachsenenbildung und Gesundheitswissenschaft Vorstandsmitglied.
Warum (nicht) einfach lieben?
Ethische Fragen an die Gentherapie
Identität und Medien. Die Rolle der neuen Medien für die Entwicklung des Selbstbildes Dr. Laura Sūna Universität Lettlands, Institut für Philosophie und.
1 Partizipative Seminarplanung und -evaluation Was ist Qualität in der Lehre? Eine Lehrveranstaltung ist ein komplexes, interaktives und kommunikatives.
Schule ohne Homophobie – Schule der Vielfalt Ein wichtiges Projekt an unserer Schule eine gefördert vom: Initiative von:
Agenten und Multi-Agenten-System
Soziale Identität und Stress
Biografische Verläufe von Frauen in unterschiedlichen (prekären) Wohnlagen Wie gestalten sich lebensgeschichtliche Verläufe von Frauen in unterschiedlichsten.
Übersicht Sitzung 2: Psychoedukation
Fachtagung der Bundesvereinigung Lebenshilfe: Migration und Behinderung: Zugangsbarrieren erkennen – Teilhabe ermöglichen 29.–30. September 2015 in Berlin.
Der Subjektorientierte Bildungsansatz der Jugendarbeit Neue Anregungen für Globales Lernen in der Freizeit.
 Sprechtherapeut/-innen sind wichtige Ansprechpartner/-innen für HNO-Tumorpatient/-innen und stellen deren psychosoziale Grundversorgung sicher.  HNO-Tumor-Patient/-innen.
Psychologische und psychotherapeutische Behandlung bei Krebs Birgit Hladschik-Kermer Univ. Ass.,Mag.phil., Dr.rer.nat. Klinische und Gesundheitspsychologin/
Sara Landolt, Geographisches Institut, Universität Zürich 3. Zürcher Alkoholtagung, Zürich, “Alkohol & Ritual“ Alkoholkonsum und Betrunkenheit.
Entwicklung einer offenen Austauschplattform "GenderMed-Wiki"
 Präsentation transkript:

Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens New Data on HIV MSM Prevention P.C. Langer, J. Drewes, C. Möser, S. Hübner & A. Kühner Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens schwuler und bisexueller Männer HIV im Dialog Berlin, 12. September 2009

Was erwartet Sie? Kontext: Wie es zu der Studie kam Langer et al.: Psychosoziale Hintergründe und Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens… HIV im Dialog 2009 Was erwartet Sie? Kontext: Wie es zu der Studie kam Methode: Was wir gemacht haben Ergebnisse: Welche Befunde wir für wesentlich halten Diskussion: Was sie mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen zu tun haben Schlussfolgerungen: Wie präventiv darauf zu reagieren wäre 2

„Männer, die Sex mit Männern haben“ Langer et al.: Psychosoziale Hintergründe und Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens… HIV im Dialog 2009 (1) Kontext „Männer, die Sex mit Männern haben“ Quelle: Robert-Koch-Institut (2009) 3

(2) Methode Studie „Positives Begehren“ Langer et al.: Psychosoziale Hintergründe und Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens… HIV im Dialog 2009 (2) Methode Qualitatives Forschungsdesign entlang der Grounded Theory 58 Interviews mit schwulen und bisexuellen Männern, die nach 2001 eine HIV-Diagnose erhalten hatten oder ungetestet waren und über Risikoverhalten berichteten (Nov. 06 – Aug. 07) Studie „Positives Begehren“ Interviewte über Community-Medien, Aids-Hilfen, Schwerpunktärzte als Experten angesprochen Vielfältiges Sample in Bezug auf Alter, sozialen Status, Herkunft & Migrationshintergrund Community-basierte partizipative Forschung: methodische Herausforderungen Team-Supervision, wissenschaftlicher Beirat Konstruktivistisches Paradigma begründete Interaktions-, Narrations- und Diskursanalysen 4

(3) Ergebnisse: Infektionserzählungen Langer et al.: Psychosoziale Hintergründe und Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens… HIV im Dialog 2009 (3) Ergebnisse: Infektionserzählungen „Pozzing“ „Jungfrau“ Narrationen „Barebacking“ „Unfall“ „Risiko-management“ „Unwissen“ 5

„Dan“ 30 J. GWM HIV-Diagnose in 2006 Langer et al.: Psychosoziale Hintergründe und Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens… HIV im Dialog 2009 (3) Ergebnisse: Eine Fallvignette „Dan“ 30 J. GWM HIV-Diagnose in 2006 „Dann haben wir es ohne Kondome versucht und angefangen, ungeschützten Sex zu machen, wobei ich zu 90% aktiv war und mein Freund hat Medikamente genommen und sein Virus war unter der Nachweisgrenze.“ Kombination unterschiedlicher Risikomanagementstrategien Community-Wissen über Übertragungswahrscheinlichkeiten „Ich war inner sehr depressiven Phase, wo mir alles egal war. Also in Gedanken hat es auch gespielt: Wozu leben überhaupt? Diese Gedanken waren da. Und ich hab auch angefangen, Ecstacy zu nehmen.“ massive psychische Belastungen (Depression, Suizidgedanken) Drogenkonsum 6

(3) Ergebnisse: Dynamik von Schutz- und Risikoverhalten Langer et al.: Psychosoziale Hintergründe und Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens… HIV im Dialog 2009 (3) Ergebnisse: Dynamik von Schutz- und Risikoverhalten Syndemie: synergetisches Zusammenwirken mehrerer Epidemien in einer Population, an einem Ort, zu einer Zeit (vgl. Singer, 1994; Stall, 2003) Syndemische Produktion bei MSM: HIV, Drogenkonsum, psychische Störungen (vgl. Halkitis, 2008) ? t protektive Phase protektive Phase syndemische Phase 7

(4) Diskussion: Die „Crossroad“ zum Risikoverhalten Langer et al.: Psychosoziale Hintergründe und Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens… HIV im Dialog 2009 (4) Diskussion: Die „Crossroad“ zum Risikoverhalten Bestimmung von Transmissions-wahrscheinlichkeiten im biomedizinischen Diskurs Konstruktion von „Risiken“ in Prävention Serosorting, Strategic Positioning, “viral load”, PEP, PreEP… Community-Wissen psychische Störungen protektives Verhalten biografische Krise sexuelles Risikoverhalten Drogenkonsum fehlender Community-Support “beschädigte Identität”: Coming-out, Stigma, Diskrimination, Gewalt… heteronormative Diskurse und Praktiken Vulnerabilitätsdynamiken 8

„Unter- nehmerisches Selbst” Langer et al.: Psychosoziale Hintergründe und Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens… HIV im Dialog 2009 “viral sex” als Widerstands- praktik (4) Diskussion Weitere Psychodynamiken bei schwulen und bisexuellen Männern in der Studie Unterschiedliche Dynamiken anzunehmen bei anderen Gruppen Bedeutung von Dispositivanalysen für Verständnis von Risikoverhalten Rationalisierung von Sexuallität Strukturen? „Unter- nehmerisches Selbst” Ressourcen? neoliberaler Diskurs „riskante Subjekte“ 9

(5) Konsequenzen: Wie präventiv zu reagieren wäre… Langer et al.: Psychosoziale Hintergründe und Dynamiken des sexuellen Risikoverhaltens… HIV im Dialog 2009 (5) Konsequenzen: Wie präventiv zu reagieren wäre… Das individuelle Risikomanagement kann durch Information (z.B. über EKAF-Stellungnahme), Enttabuisierung und Destigmatisierung von HIV/AIDS verbessert werden ( Kampagne „Ich weiss was ich tu“ der DAH) Zu thematisieren ist die strukturell-gesellschaftliche Dimension des Verhaltens, die das Eingehen von Risiken überhaupt erst begründet (syndemischen Produktionen, Erfahrungen von Stigmatisierung und Diskriminierung  heterosexuelle Mehrheitsgesellschaft als Adressat). Für die sozialwissenschaftliche Forschung geht es nun darum zu untersuchen, warum sich schwule und bisexuelle Männer gesund verhalten und gesund bleiben ( Studien zu Resilienz, sozialem Support; Panel-Befragung). 10

Dipl.-Psych. Jochen Drewes New Data on HIV MSM Prevention Dr. Phil C. Langer Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr, Strausberg & Department Psychologie, LMU München & Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien, HU Berlin e-Mail: langer@lmu.de Dipl.-Psych. Jochen Drewes AB Public Health: Prävention und psychosoziale Gesundheitsforschung, Freie Universität Berlin e-Mail: jochen.drewes@fu-berlin.de Dr. Angela Kühner Fachbereich Gesellschaftswissenschaften, Goethe-Universität Frankfurt & Department Psychologie, LMU München e-Mail: kuehner@soz.uni-frankfurt.de 11