Rent-Sharing und Tarifbindung - Empirische Evidenz aus dem IAB-Betriebspanel Teilprojekt 13 Nicole Gürtzgen ZEW, Mannheim.

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Rent-Sharing und Tarifbindung - Empirische Evidenz aus dem IAB-Betriebspanel Teilprojekt 13 Nicole Gürtzgen ZEW, Mannheim

Zentrale Frage: gibt es positiven Zusammenhang zwischen firmenspezifischen Gewinnen und Löhnen (Rent-Sharing), d.h. erhalten sonst identische Arbeitnehmer (AN) in profitableren Unternehmen höhere Löhne? hängt das Ausmaß dieses Zusammenhangs von der Art der Tarifbindung ab?

Gliederung 1. Motivation 2. Theoretische Analyse 2.1. Stand theor. Literatur 2.2. Modellannahmen 2.3. Ergebnisse 2.4. Hypothesen 3. Empirische Analyse 3.1. Daten 3.2. Ergebnisse POLS 3.3. Ergebnisse Dynamische Panelmethoden

Motivation Art Tarifbindung Rent-Sharing möglich? Flächentarif Firmentarif Kein Tarif Rent-Sharing möglich? Ja, z.B. durch übertarifliche Entlohnung oder Öffnungsklauseln Ja Ja

2.1. Stand theoretische Literatur: Verhandlungsebene Koordination/ Gew.-Struktur zentral dezentral zentral Flächentarife Firmentarife bzw. Flächentarife mit Flex.. dezentral ohne Tarifbindung Vergleicht i.d.R. Lohnhöhe unterschiedlicher Regime (z.B. Calmfors und Driffill 1988, Davidson 1988, Horn und Wolinsky 1988, Dowrick 1989, 1993, Dobson 1993)

2.1. Stand theoretische Literatur: Bislang wurde untersucht: Wie unterscheidet sich Lohnniveau homogener Unternehmen in unterschiedlichen Verhandlungsregimen? Lässt keine Beantwortung der Frage zu: Wie unterscheiden sich Lohndifferentiale von heterogenen (unterschiedlich profitablen) Unternehmen in unterschiedlichen Verhandlungsregimen?

2.2. Modellannahmen Oligopolmodell mit endogenen Löhnen und unterschiedlichen Lohnbildungsstrukturen (vgl. Dowrick 1989, 1993, Corneo 1995, Haucap und Wey 2004) n Unternehmen, die homogenes Gut produzieren Cournot-(Mengen)-Wettbewerb

2.2. Modellannahmen: Right-to-manage-Annahme, d.h. Unternehmen setzen einseitig Beschäftigung auf Arbeitsnachfragekurve Monopolgewerkschaft(en), die einseitig Lohn festsetzt zweistufiges Spiel: 1. Stufe: Lohnsetzung seitens Gewerkschaft(en) 2. Stufe: Cournot-Mengenwettbewerb mit gegebenen Löhnen

2.2. Modellannahmen: li = ci ·qi , i = 1,...,n li = Beschäftigung Ziel: Herleitung von Lohndifferentialen von ansonsten gleichen Arbeitnehmern in unterschiedlich profitablen Unternehmen Produktion mit homogener Arbeit Heterogenität durch unterschiedliche Technologien li = ci ·qi , i = 1,...,n li = Beschäftigung qi = Output ci = Arbeitsinputkoeffizient

2.2. Modellannahmen: P = Preis des homogenen Guts lineare Preisabsatzfunktionen Gewinnfunktion  i = P ·qi - wi ·li = P ·qi - wi ·ci ·qi , i = 1,...,n P = Preis des homogenen Guts  i = Gewinn von Unternehmen i Gewinnmaximierung im Cournot-Wettbewerb (2. Stufe):

3 Lohnsetzungs-Regime:

3 Lohnsetzungs-Regime:

2.3. Ergebnisse/Gleichgewichtige Löhne:

Reaktion der Löhne auf Änderung in ci: Regime (C): d.h. sektorspezifische Löhne reagieren nicht auf firmenspezifische Bedingungen Regime (D) und (I): wenn n groß wird. Da pro-Kopf Quasi-Rente Ri = (P ·qi - ·li )/li = P/ci - , gelten Ergebnisse ebenfalls für Reaktionen auf Ri.

Reaktion der Löhne auf Änderung in ci: Ergebnis: Löhne unter koordinierter, dezentralisierter Lohnsetzung (I) reagieren stärker firmenspezifische Profitabilität als unter unkoordinierter, dezentralisierter Lohnsetzung (D). Intuition: kompetitiver Mechanismus (Lohnsenkungsanreiz) verhindert bei nicht-koordinierter Lohnsetzung zu starke Reaktion auf Änderung in ci. Da zentrale Industriegewerkschaft Nachfrageexternalitäten internalisiert, wird dieser Mechanismus außer Kraft gesetzt. In Regime (I) ist daher höhere Reaktion der Löhne auf firmenspezifische Profitabilität zu erwarten.

Schätzung von Lohngleichungen mit IAB-Betriebspanel 3. Empirische Analyse Schätzung von Lohngleichungen mit IAB-Betriebspanel wit: firmenspezifischer Durchschnittslohn it: Profitabilitätsmaß  = 0 + Firm ·Firmentarif + Fläche · Flächentarif xit: Vektor weiterer firmenspezifischer Kontrollvariablen fi: unbeobachteter firmenspezifischer Effekt uit: Störterm

3. Hypothesen aus Theorie  = 0 + Firm ·Firmentarif + Fläche · Flächentarif

3. Stand empirische Literatur Studien mit deutschen Daten: Hübler und König (1998): Hannoveraner Firmenpanel Klodt (2000): Hannoveraner Firmenpanel Rent-Sharing und Zentralisierungsgrad Holmlund und Zetterberg (1991): Querschnitts-Länder-Studie keine Studie, die explizit intra-nationale Variation im Zentralisierungsgrad der Lohnbildung ausnutzt

Daten: IAB-Betriebspanel 3. Empirische Analyse Daten: IAB-Betriebspanel enthält u.a. Angaben zu Umsätzen, Vorleistungen, der aggregierten Lohnsumme sowie genaue Informationen zur Tarifbindung (Gültigkeit von Firmentarif, Flächentarif, keine Tarifbindung) Welle 1995-2002, da Tarifbindung erst ab 1995 verarbeitendes Gewerbe und Bergbau, Betriebe mit mindestens 2 Beschäftigten Stichprobe enthält Betriebe mit mindestens 4 aufeinanderfolgenden Beobachtungen: 661 Betriebe, 3411 Beobachtungen

3. Empirische Analyse Profitabilitätsmaß - jährl. pro-Kopf-Quasi-Rente: durchschnittl. Sektorlohn für Angestellte und Arbeiter gewichtet mit firmenspezifischen Beschäftigungsanteilen (2-stellige WZ93 Klassifikation)

3. Empirische Analyse - Dynamische Modelle Differenzieren eliminiert firmenspezifischen Effekt fi:

Differenced GMM - Moment Conditions

Problem bei persistenten Zeitreihen: xt-1 schwaches Instrument für xt,, wenn x einem Random-Walk folgt, d.h. xt =  xt-1 + t mit  nahe 1. System-GMM-Methode (Arellano und Bover 1995, Blundell und Bond 1998) schätzt simultan differenzierte Gleichungen und ursprüngliche Level-Gleichungen unter Ausnutzung zusätzlicher Moment-Conditions.

System-GMM - zusätzl. Moment Conditions

Schlussfolgerungen/Zusammenfassung Theorie: sofern Löhne in tarifgebundenen Unternehmen firmenspezifisch angepasst werden (können), lässt dies eine stärkere Reaktion von Löhnen auf firmenspezifische Profitabilitätsbedingungen in tarifgebundenen Unternehmen erwarten Empirie dyn. Panelmodelle: Rent-Sharing existent, allerdings nur in nicht-tarifgebundenen Betrieben in tarifgebundenen Betrieben scheinen Löhne nicht auf firmenspezifische Profitabilitätsbedingungen zu reagieren d.h. OLS-Koeffizient in tarifgebundenen Betrieben aufgrund von unbeobachteter Heterogenität nach oben verzerrt

Schlussfolgerungen/Zusammenfassung Insensitivität der Löhne gegenüber firmenspezifischen Renten sowohl in flächen- als auch in firmentarifgebundenen Betrieben Flächentarife: Flexibilisierungsmöglichkeiten in Form von Öffnungsklauseln, übertariflicher Entlohnung werden nicht umgesetzt?  Regime (C) Firmentarife: Ergebnis überraschend und im Widerspruch zur Theorie! mögliche Erklärung: großer Anteil von Firmentarifen sogenannte „Anerkennungstarifverträge“, in denen Flächentarif des betreffenden Sektors übernommen wird

Schlussfolgerungen/Zusammenfassung Weitere Erklärungen für Ergebnisse: Lohnsumme zum Stichtag 30.06. : Enthält u.U. keine Zusatzzahlungen wie Bonuszahlungen, direkte Gewinnbeteiligungen wenn Rent-Sharing nicht über „reguläre“ Löhne, sondern über solche Zusatzzahlungen erfolgt, kann dies mit dem Betriebspanel nicht gemessen werden