Neutrino Astronomie Sebastian Göller
Nachteile der „klassischen Astronomien“ Beobachtung im Radio-, Infrarot-, Optischen, Ultraviolett-, Röntgen- oder g-Bereich Rasche Absorption in Materie nur Oberflächenbeobachtung möglich Absorption durch kosmischen Staub energiereicher g-Quanten durch diffuse Infrarotstrahlung 3K Hintergrundstrahlung Teilchen gleich Antiteilchen 1. 50 – 100 g/cm² 2. Energiereiche Photonen (>10 E14 eV) von der Großen Magellanschen Wolke (LMC, Entfernung 55 kpc) werden durch diesen yy- WW-Prozess schon empfindlich geschwächt Zur Grafik: 10 kpc entsprechen dem Radius unserer Galaxis 100 Mpc typische Entfernung zu den nächsten aktiven galaktischen Kernen Ungenaue Kenntnis des Infrarothintergrundes – unter 100TeV große Unsicherheit 3. Unklar ob Materie- oder Antimaterie-Quelle
Nachteile geladener und neutraler Primärteilchen Protonen < 1020 eV Ablenkung durch Magnetfelder keine Richtungsinformation > 6 1019 eV Greisen-Zatsepin-Kuzmin Cut-off der Photoproduktion von Pionen an Schwarzkörper-Photonen g + p p + p 0 und g + p n + p + ist Energieschwelle. (ECMB= 6 10-4 eV) CMB Dichte von nCMB = 400 cm-3 ergibt mittlere freie Weglänge von 6 Mpc Typischer Energieverlust von 20% per Streuung max. Entfernung der Quelle 50 bis 100 Mpc Magnetfelder schlecht kartografiert/bekannt CMB hat thermisches Energiespektrum – ECMB ist wahrscheinlichste Energie Neutronen zerfallen auf dem Weg zur Erde Bsp: E = 1019 eV t 0Neutron= 887 s g t 0Neutron = 300 000 Lichtjahre
Die Neutrino Eigenschaften Ladung 0 unendliche Lebensdauer sehr geringe Masse bewegt sich fast mit c winziger Wirkungsquerschnitt Wirkungsquerschnitt für solare Neutrinos im Bereich einiger 100 keV s(ne N) 10-45 cm2 / Nukleon Wechselwirkungswahrscheinlichkeit mit der Erde f = s NA d r 4 10-12 Solarer Fluss jn 7 · 1010 cm-2 s-1
Neutrino Quellen Kosmologische Neutrinos Atmosphärische Neutrinos Solare Neutrinos Supernova Doppelsternsysteme Aktive Galaktische Kerne (AGN) Gamma Ray Bursts (GRB) „Urknall Neutrinos“ derzeit bei 1,9 K Entstehung ca. 1s nach Urknall
Atmosphärische Neutrinos Wechselwirkung der primären kosmischen Strahlung (Protonen) mit den Atomkernen der Luft . Es entstehen also pro p – Zerfall insgesamt 2 Myon-Neutrinos und 1 Elektron-Neutrino. Lebensdauer der geladenen Pionen: 26 ns Myonenfluss auf oceanlevel 100 pro m² und Sekunde Lebensdauer der Myonen: 2,2 mikrosec (Störender Untergrund, jedoch interessant für den elementarteilchenphysikalischen Aspekt der Astroteilchenphysik.)
Super Kamiokande 50 000 t ultrareines Wasser ne + e- ne + e- ne + N e- + N‘ nm + N m- + N‘ GeV Leptonen erzeugen Cherenkow Licht e-, e+ - elektromagnetische Kaskaden kurzer Reichweite m-, m+ - lange, gerade Spuren 11 200 Photomultiplier (Kathodendurchmesser 50cm) Energieschwelle bei 7 MeV Myon Defizit: R = 0,69 ± 0,06 Vergleich mit Monte Carlo wegen unterschiedlicher Akzeptanz von e umd mü – R - Doppelverhältnis
Neutrino Oszillation Teilchenmischzustände Leptoneigenzustände der schwachen Wechselwirkung ne , nm , nt sind Überlagerung von Masseneigenzuständen n1 , n2 , n3 2-Neutrino-Mischung: mn 0 ne = n1 cos + n2 sin m1 m2 nm = -n1 sin + n2 cos Wie Quarks Theta ist Mischwinkel Durch unterschiedlich Masse, unterschiedlich schnelle Ausbreitung -> Oszillation L – Oszilationslänge, x – Abstand Detektor – Quelle, Mischungsmasse delta m N 3x3 Neutrino Mischungsmatrix allg.:
Erklärung des nm-Defizits Umwandlung in t-Neutrinos nt haben zu wenig Energie zur t- Erzeugung (mt = 1,77 GeV) keine Wechselwirkung im Detektor R=0,69 dm2 3 10-3 eV2 maximale Mischung sin2 2 =1 entsprechend = 45º Bei Leptonen-ähnlicher Massenhierarchie mnt 0,05 eV Bestimmung von Mischungswinkel und Differenz der Massenquadrate aus den Daten 12 800 km durch die Erde, 20 km von der Atmosphäre Im Standardmodell masselos Zenitwinkelabhängigkeit S = nm (aufwärts) / nm (abwärts) = 0,54 ± 0,06
Solare Neutrinos Zünderreaktion schwach -> Langlebigkeit d – Deuterium Helium-4 = Isotop Be7 ist aus vier Protonen und drei Neutronen aufgebaut. Leichte Elemente bevorzugen aber eine Symmetrie zwischen der Zahl der Protonen und Neutronen. Be kann durch Elektroneneinfang in Li übergehen, wobei sich ein Proton in ein Neutron umgewandelt. das B8 versucht seinen Protonenüberschuss durch einen beta+ - Zerfall abzubauen B8 Neutrinos bei 7 MeV Pp < 0,5 MeV 15 Millionen Kelvin, nur Elektron Neutrinos!!!! (keine Anti~ oder andere Flavours) Fusions Kernreaktor: Wasserstoff wird zu Helium verbrannt.
Solare Neutrinos p + p d + e+ + ne 85 % 7Be + e- 7Li + ne 15 % 8B 8Be + e+ + ne 0,02 % Solarer Fluss: jn 7 · 1010 cm-2 s-1
Messung des solaren Neutrino Fluss Das Chlor-Experiment von R. Davis Detektor in 1500 m Tiefe in der Homestake-Mine in South Dakota 380 000 Liter Perchlorethylen (C2Cl4) Energieschwelle 810 keV (8B-Neutrinos) ne + 37Cl 37Ar + e- 27% der erwarteten solaren Neutrinos Die Gallium-Experimente GALLEX und SAGE Gran Sasso in Italien und Kaukasus Energieschwelle 233 keV (pp-Neutrinos) ne + 71Ga 71Ge + e- 52% der erwarteten solaren Neutrinos Neutrinoeinfangrate des Galliums mit Neutrinos aus einer 6 1016 Bq starken 51Cr-Quelle überprüft < 1 Ereignis pro Tag, Meßzeit ca. 1 Monat Ar wird mit Edelgas herausgespült, Elektroneneinfang -> Cl E springt in K Schale: charakteristischer Röntgenstrahlung oder Auger-Elektronen Soviet-American Gallium Experiment
Messung des solaren Neutrino Fluss Kamiokande (1982) 3000 l ultrareines Wasser, 1000 PM Energieschwelle: 5 MeV 40% der erwarteten solaren Neutrinos Super Kamiokande (1996) Nobelpreis 2002 für Masatoshi Koshiba Sudbury Neutrino-Observatorium Kanada Wasserstoffisotop Deuterium Nachweis von ne und nm Oszillation bestätigt
Supernova Neutrinos Normaler Stern Sanduleak (1987A) mit 10mS und TO=15 000K Wasserstoffbrennen, Steigerung der Leuchtkraft auf das 70 000fache der Sonnenluminosität Roter Überriese Heliumbrennen 600 000 Jahre Gravitationskontraktion Kohlenstoffbrennen 740 Mio. K und 240 kg/cm3 Rasch abfolgende Kontraktions- und Fusionsphasen führen über das Sauerstoff-, Neon-, Silizium- und Schwefelbrennen schließlich zum Eisen Kollaps unter eigener Schwerkraft Neutronenstern 20 km Durchmesser Eisen, Element mit der höchsten Bindungsenergie pro Nukleon -> keine Energiegewinnung durch weitere Fusionsprozesse möglich
(alle drei Neutrino Flavours werden in gleicher Zahl erzeugt) Supernova Neutrinos Deleptonisation verursacht Neutrinoburst ungeheurer Intensität Thermische Photonen bilden Elektron-Positron-Paare bei T = 10 MeV (alle drei Neutrino Flavours werden in gleicher Zahl erzeugt) Beim Kollaps werden e in p hineingequetscht - > Neutronenstern 10MeV = 1011 Kelvin schwacher Wechselwirkungsprozess mit einem virtuellen Z0 ist der einzige, der Energie aus dem Kern transportieren kann, Elektronen und Positronen werden wegen der hohen Dichte sofort absorbiert 20 Neutrinos auf der Erde detektiert Der Weltenergieverbrauch ist 1021 Joule pro Jahr. Sanduleak strahlte während des etwa 10 Sekunden andauernden Neutrinobursts mehr Energie ab als das gesamte restliche Universum zusammen, und hundert mal mehr als die Sonne in ihrer gesamten Lebensdauer von etwa 10 Milliarden Jahren. 1058 Neutrinos mit Egesamt=(6±2) 1046 Joule wurden in 10 Sekunden erzeugt. Der Weltenergieverbrauch beträgt 1021 Joule pro Jahr. Sanduleak strahlte während des etwa 10 Sekunden andauernden Neutrinobursts mehr Energie ab als das gesamte restliche Universum zusammen, und hundert mal mehr als die Sonne in ihrer gesamten Lebensdauer von etwa 10 Milliarden Jahren.
Aktive Galaxien Kerne (AGN) Galaxien, von denen bipolare Jets ausgehen Schockwellen und starke Magnetfelder in den Jets Supermassive schwarze Löcher im Zentrum als „Antrieb“ vermutet Gebündelter Materieausstoß in zwei entgegengesetzte Richtungen
Fermi Beschleunigung 1. Ordnung: wiederholte Streuung geladener Teilchen an bewegtem magnetisierten Plasma (ebene Schockwellen) DE = z E En = E0 (1 + z) n (V - Geschwindigkeit des Gases hinter Schockfront) b = V / c z = DE / E b 4 / 3 Energiegewinn nicht von der absoluten Geschwindigkeit sondern vom Kompressionsverhältnis der Schockwelle abhängig! 2. Ordnung Beschleunigung an zufällig verteilten magnetischen „Spiegeln“ im bewegten Plasma z = DE / E b2 4 / 3 Energiegewinn nicht sehr effektiv! Erstmal 1949 beschrieben Energiegewinn pro Begegnung, Streuung durch Irregularitäten des magnetischen Feldes – keine Teilchenkollision U1 > U2 Beta ist die Geschw. des geschockten Gases relativ zum nicht geschockten Gas Vgl. 2 Gase im thermischen Gleichgewicht – Protonen in großen Plasmawolken E=3/2 kT
Doppelsternsystem: Pulsar und normaler Stern Hochenergetische Protonen treffen auf die Atmosphäre des Begleitsterns Gleiche Anzahl von Neutrinos und Photonen werden erzeugt p + Kern p+ + p- + p0 + Rest p+ m+ + nm p- m- + nmc p0 g + g Annahme!! Pulsar: rotierender Neutronenstern mit characteristischer, gepulster Emission in verschied. Spektralbereichen Rotieren um Massenmittelpunkt Lebensdauer vom neutralen Pion: 8,4 10-17 s
Doppelsternsystem: Pulsar und normaler Stern Absorption der Photonen durch die Sternatmosphäre abhängig von lokaler Dichte Säulendicke
Neutrino Detektoren Geringe Wechselwirkungswahrscheinlichkeit und kleine Neutrinoflüsse erfordern ein großes Volumen und eine hohe Masse transparent - kostengünstig - tief Cherenkow Zähler Ozean Biolumineszenz und Kalium-40-Radioaktivität sind störender Untergrund Eis hohe Transparenz, einfache Instrumentierung Luftblasen unter Druck Klathdrate Erde als Absorber für atmosphärische Neutrinos Der Abstand der Photomultiplier an den Ketten und der Ketten untereinander hängt von der Absorptions- und Streulänge des Cherenkov-Lichts im Detektormedium ab
Detektorvolumen Neutrinospektrum einer Punktquelle in der Galaxis Integraler Fluss fn(En > 100 TeV) = 2 10-11 [cm-2 s-1] Wirkungsquerschnitt hochenergetischer Neutrinos s(ne N) 6,7 10-39 En[GeV] cm2 / Nukleon En = 100 TeV s(ne N) 6,7 10-34 cm2 / Nukleon W = s NA d r 4 10-5 (NA - Avogado Zahl, d = 1 km = 105 cm, r (Eis) 1 g cm-3) Gesamtzahl der Ereignisse N = fn W Aeff t = 250 Ereignisse (effektive Sammelfläche Aeff = 1 km2, Messzeit t = 1 Jahr) Fluss: Vgl. Grafik Wirkungsquerschnitt aus Beschleuniger Experimenten Bei großen Abschwächlängen für das erzeugte Cherenkov-Licht ist die effektive Sammelfläche sogar noch größer als der Querschnitt des instrumentierten Volumens. Bei einem halben Dutzend angenommener Quellen in unserer Milchstraße käme man aufgrund dieser groben Abschätzung auf eine Rate von etwa vier Ereignissen pro Tag. Plus Ereignisse aus dem diffusen Neutrinohintergrund, die allerdings wenig astrophysikalische Informationen tragen.
Cherenkow Zähler Neutrino Myon Myon erzeugt über Paarerzeugung und Bremsstrahlung elektromagnetische Teilchenkaskaden Intensität 1/l2 Meßgenauigkeit: 1-5 ns
Geschichte der Cherenkow Zähler DUMAND (Deep Underwater Muo and Neutrino Detector) Hawaii 1975-1996 4,5 km tief BAIKAL (Baikalsee in Sibirien) 1993: 96 PM an 3 Trossen weltweit erste räumliche Rekonstrunktion von Myon-Spuren! 1998: 192 PM an 8 Trossen Energieschwelle bei 10 GeV NESTOR (Neutrino Extended Submarine Telescop with Oceanografic Research) Griechenland 1000 PM auf 30 000 m2 12 hexagonale Ebenen im Abstand von 20 m mit 32 m Durchmesser ANTARES (Astronomy with a Neutrino Telescope and Abyss environmental Research) Frankreich 2004 - 2 km tief 1 000 PM, Aeff=10 000 m2, später 1 km3
AMANDA (Antarctic Muon and Neutrino Detector Array) 1994: 86 PM an 4 Trossen 1997: weitere 216 PM an 6 Trossen AMANDA-B10 ab 1998: 19 Trossen mit 676 PM Aeff = 30 000 m2 für En > 1 TeV Energieschwelle bei 50 GeV
AMANDA - erste Ergebnisse 1997: 109 Ereignisse in 117 Tagen 119 „Neutrino-Kandidaten“ nur Atmosphären-Neutrinos Rekonstruktion nahe des Horizonts problematisch - Detektor relativ dünn (120x400m) wie erwartet keine punktförmigen extraterrestrischen Neutrino Quellen gefunden - Detektor zu klein
ICECUBE ab 2008 in Betrieb 5 000 PM in 1 km3 Eis 50 Millionen Dollar Szintillatorplatten messen Richtung von Luftschauern