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3. Geld und Inflation Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff Universität Passau WS 2011/12 y, s.y 3. Geld und Inflation f(k) y* c* (n+d)k s.f(k) s.y* k* k

Pflichtlektüre: Mankiw, N. G. (2003), Macroeconomics. 5. Aufl. S. 75-108; 524-525.

Inflation kennzeichnet eine Situation, in der das allgemeine Preisniveau einer Volkswirtschaft ansteigt. Die Inflationsrate ist der prozentuale Anstieg des Preisniveaus gegenüber dem Ausgangsniveau. Die Lebenshaltungskosten sind ein Maß für die gesamten Kosten der Güter und Dienste, welche von einem typischen Konsumenten gekauft werden. Ein Anstieg der Lebenshaltungskosten bedeutet, dass ein typischer Konsument mehr Euro ausgeben muss, um den Lebensstandard zu halten. Das Statistische Bundesamt stellt hierfür monatliche Daten zur Verfügung. Diese erlauben es, die zeitliche Veränderung der Lebenshaltungskosten zu verfolgen.

Die Lebenshaltungskosten werden auch Verbraucherpreisindex genannt und im Folgenden mit P gekennzeichnet. Zur Bestimmung der Lebenshaltungskosten muss zunächst ein Warenkorb bestimmt werden. Die wichtigsten Güter eines typischen Konsumenten werden hierfür zu einem Warenkorb zusammengefasst. Mit Hilfe von Befragungen von Haushalten werden in periodischen Abständen die passenden Gewichte der einzelnen Güter bestimmt. Haushalte werden hierzu seitens des Statistischen Bundesamtes aufgefordert, ein Jahr lang über ihre Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen.

Zu den wichtigsten Gütern müssen dann regelmäßig die Preise zusammengetragen werden. Hiermit können dann die gesamten Kosten des Warenkorbes zu unterschiedlichen Zeitpunkten bestimmt werden. Ein Jahr wird als Basisjahr festgelegt und die Ergebnisse anderer Jahre mit denen des Basisjahres verglichen. Die Inflationsrate, p, im Jahre 2010, beispielsweise, ergibt sich gemäß: p 2010 =  100 P2010 – P2009 P2009

Der Verbraucherpreisindex ist ein akkurates Maß für das Preisniveau des ausgewählten Warenkorbes, aber er ist kein perfektes Abbild der Lebenshaltungskosten. Substitutionsbias Veränderungen relativer Preise bewirken eine Veränderung des Warenkorbes hin zu preiswerteren Produkten. Durch diese Substitutionseffekte wird der gesamte Warenkorb günstiger. Der Index unterstellt einen konstanten Warenkorb, vernachlässigt also diesen Substitutionseffekt. Hierdurch überschätzt der Index die Inflationsrate.

Einführung neuer Produkte Der Warenkorb vernachlässigt die veränderte Kaufkraft, welche durch die Einführung neuer Produkte entsteht. Neue Produkte erhöhen die Wahlmöglichkeiten eines Konsumenten. Dies macht jeden Euro wertvoller. Konsumenten brauchen weniger Euro, um den gleichen Lebensstandard zu erreichen. Der Verbraucherpreisindex vernachlässigt dies und überschätzt daher die Inflationsrate.

Vernachlässigte Qualitätsverbesserungen Wenn sich die Qualität eines Gutes über die Jahre verbessert, erhöht sich der Wert eines hierfür ausgegebenen Euro, ohne dass sich das Preisniveau des Gutes verändert. Sofern im Mittel eher Qualitätsverbesserungen auftreten kommt es dazu, dass der Verbraucherpreisindex die Inflationsrate überschätzt.

Insgesamt neigt der Verbraucherpreisindex aufgrund des Substitutionsbias, der Einführung neuer Produkte und vernachlässigter Qualitätsverbesserungen dazu, die Lebenshaltungskosten zu überschätzen. Dies kann problematisch sein, sofern ein Inflationsausgleich bei staatlichen Programmen oder in Tarifverhandlungen festgelegt wird (dies wird auch „Indexierung“ genannt. Eine solche Indexierung ist in Deutschland rechtlich aber nur eingeschränkt möglich). Schätzungen ergeben, dass der Verbraucherpreisindex den tatsächlichen Anstieg der Lebenshaltungskosten um ca. einen Prozentpunkt pro Jahr überzeichnet.

Inflation muss unterschieden werden von einem Anstieg einzelner Preise und damit einer Veränderung relativer Preisverhältnisse zwischen einzelnen Gütern und Diensten. Seit Ende des 2. Weltkriegs lag die Inflation in Deutschland bei etwa 3 Prozent. Eine Deflation bezeichnet ein allgemeines Sinken des Preisniveaus. Deflationsphasen gab es z.B. während des 19. Jahrhunderts, während der großen Depression der 30er Jahre und in Folge der Finanzkrise von 2007.

Hyperinflation bezeichnet einen extrem starken Anstieg des Preisniveaus. Deutschland erlebte dies in den 20er Jahren. Eine Phase weltweit relativ hoher Inflation wurde zuletzt in den 70er Jahren als Folge der beiden Ölpreisschocks erreicht. Seitdem ist die Inflationsrate in Deutschland und in den USA etwa 2 Prozent. Unter der Annahme, dass die Inflationsrate die tatsächliche Abnahme der Kaufkraft überzeichnet, kennzeichnet dieser Wert weitgehend Preisniveaustabilität.

Was ist Geld? Alles, was zur Bezahlung von Gütern und Dienstleistungen oder zur Abdeckung wirtschaftlicher Verpflichtungen akzeptiert wird. Die konkrete Erscheinungsform ist evtl. Änderungen unterworfen. Bei ausgeprägter Inflation verlieren Noten oftmals ihre Bedeutung und werden durch knappe Güter wie Zigaretten oder Butter ersetzt.

Funktionen des Geldes Tauschmittelfunktion (Wertübertragungsfunktion). Dies ist ein wichtiger Bestandteil einer arbeitsteiligen Wirtschaft, die hierdurch zu einer „Geldwirtschaft“ wird. Naturaltausch ist kaum zu organisieren, da eine doppelte Übereinstimmung der Bedürfnisse oder eine Kette von Tauschtransaktionen organisiert werden muss. Dies würde hohe Suchkosten implizieren. Geld hilft dabei, den Tausch in Kauf und Verkauf aufzuspalten.

Recheneinheit; allgemeines Wertausdrucksmittel. Der Wert aller Güter, Forderungen und Verbindlichkeiten wird in Einheiten ein und derselben Bezugsgröße ausgedrückt. Werden 200 Güter gegeneinander getauscht, müssten (n(n-1))/2=19900 Austauschverhältnisse bekannt sein. Ist ein Gut davon eine Recheneinheit, so reduziert sich die Anzahl der Austauschverhältnisse auf 199. Dies bewirkt eine Einsparung an Informationskosten.

Wertaufbewahrungsfunktion; Wertspeicher. Oftmals liegt eine zeitliche Trennung von Kauf und Verkauf vor. Geld ermöglicht es, Kaufkraft zu „lagern“. Geld hat hierbei allerdings den Nachteil, dass es keine Zinsen abwirft. Andere Formen der Vermögensanlage (Sparguthaben, Wertpapiere oder Sachvermögen) bringen Zinsen, Dividenden, Pacht oder Mieten hervor. Außerdem partizipieren diese u.U. an Preissteigerungen. Dafür ist Geld allerdings risikolos (keine Kursschwankungen).

Geldnachfrage Die drei genannten Gründe sprechen dafür, dass Wirtschaftssubjekte Geld zu halten wünschen. Auch wenn Geld „an sich wertlos“ ist, stiftet es dennoch Nutzen. Insgesamt wird um so mehr Geld nachgefragt, je mehr Gütertransaktionen in einer Volkswirtschaft getätigt werden, je höher also das reale Inlandsprodukt ist. Zudem wird bei einem Anstieg des Preisniveaus eine erhöhte Geldhaltung erforderlich. Wird die Geldnachfrage hingegen durch den Verbraucherpreisindex, P, dividiert, so sprechen wir von der „realen“ Geldnachfrage.

Geld hat aber im Vergleich zu anderen Vermögensanlagen den Nachteil, keine Zinsen oder Dividenden zu erbringen. Daher werden Wirtschaftssubjekte um so weniger Geld zu halten wünschen, je höher der (nominale) Zinssatz ist. Hierzu können wir uns die Abwägung eines Wirtschaftssubjekts zwischen dem Halten von Geld und dem Halten von festverzinslichen Staatsanleihen (Bonds) vorstellen. Die Geldnachfrage und die Bondnachfrage sind voneinander abhängig.

Steigt der Zinssatz, so werden Bonds attraktiver. Wirtschaftssubjekte reduzieren dann die Geldhaltung, um verstärkt die zinstragenden Staatsanleihen zu halten. Bei der knappen Geldausstattung müssen sie für die täglichen Güterkäufe häufiger zur Bank gehen und einen geringen Betrag Bargeld abheben. Bonds werden häufig ge- und verkauft um den Saldo des Girokontos gering zu halten. Bei niedrigen Zinsen wird hingegen mehr Geld gehalten und die häufigen Käufe und Verkäufe von Bonds lohnen sich nicht.

Das nominale Zinsniveau und das reale Inlandsprodukt bestimmen somit die reale Geldnachfrage, L. Bei einer Verdoppelung des Verbraucherpreisindex, P, wird sich die nominale Geldnachfrage ebenfalls verdoppeln. Für alle Güterkäufe ist die doppelte Kasse für Transaktionszwecke notwendig. Daher resultiert für die nominale Geldnachfrage:

i Lr(Y,i) i ^

Ein Anstieg des Inlandsprodukts bewirkt eine Verschiebung der Geldnachfragekurve nach rechts. In der Folge ergibt sich ein Anstieg der realen Geldnachfrage. Demgegenüber bewirkt ein Anstieg des Zinssatzes eine Bewegung auf der Geldnachfragekurve nach links oben. Dies bewirkt eine Reduktion der realen Geldnachfrage.

Geldmengenaggregate der Europäischen Zentralbank. Stand: Juni 2010 Bargeldumlauf im Nichtbankensektor 785 Sichteinlagen der Nichtbanken bei den Geschäftsbanken 3878 Einlagen der Nichtbanken bei den Geschäftsbanken mit vereinbarter Laufzeit von bis zu zwei Jahren sowie mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten 3630 Repogeschäfte, Geldmarktfondsanteile und Geldmarktpapiere, Schuldverschreibungen bis zwei Jahre von Nichtbanken 1130 M1 M2 M3

17 ab. 2011

Die Höhe der Zinsen kann weitgehend von der Zentralbank bestimmt werden. Die beherrschende Stellung der Zentralbank bei der Bestimmung des Zinsniveaus ergibt sich aus ihrem Recht zur Emission von Banknoten und der Kontrolle des Bankensystems. Das Recht zur Emission von Euro-Noten liegt bei der Europäischen Zentralbank (EZB) und den ihr untergeordneten 16 nationalen Notenbanken. Genauso bestimmt die EZB über das Ausgabevolumen an Münzen.

Die Durchführung der Geldpolitik wird vom EZB-Rat vorgenommen. Der EZB-Rat besteht aus dem Direktorium mit dem Präsidenten, dem Vizepräsi- denten und vier weiteren Mitglie- dern sowie den Präsidenten der nationalen Zentralbanken.

Grundsätzlich beschließt der EZB-Rat (wie auch das Direktorium) mit einfacher Mehrheit, wobei im Falle der Stimmengleichheit die Stimme des Präsidenten den Ausschlag gibt. Das Direktorium ist für die Umsetzung der geldpolitischen Entscheidungen des EZB-Rats und für die Führung der laufenden Geschäfte der EZB verantwortlich. Die Ausführung der geldpolitischen Beschlüsse obliegt den Nationalen Zentralbanken. Hierzu erhalten sie die erforderlichen Weisungen vom Direktorium.

EZB Kredite an die Banken Nichtbanken wünschen Geld teilweise in Form von Bargeld zu halten. Wenn also Banken Kredite an Nichtbanken vergeben, so müssen sie sich für die Auszahlung teilweise Bargeld verschaffen. Hierbei sind sie auf die Zentralbank angewiesen. Die Banken müssen sich zur Versorgung mit Bargeld bei der Zentral- bank verschulden. Hierfür sind Zinsen fällig. EZB Kredite an die Banken August 2007 460 Mrd. € Januar 2009 840 Mrd. € August 2010 590 Mrd. € August 2011 505 Mrd. €

Erhöht die Zentralbank ihre Zinsen, so werden die Banken diesen Anstieg bei ihrer Kreditvergabe an Nichtbanken weitergeben. Die Zentralbank hat weitere Möglichkeiten, die Kosten der Kreditvergabe der Banken, und damit die von Nichtbanken zu bezahlenden Zinsen, zu beeinflussen. Zum einen kann sie eine Mindestreservepflicht einführen. 2 % der Sichteinlagen von Nichtbanken bei den Banken müssen demgemäß verpflichtend bei der EZB gehalten werden.

Vergibt eine Bank einen Kredit i. H. v Vergibt eine Bank einen Kredit i.H.v. 1000 €, so wird der Kreditnehmer hiermit Zahlungen durchführen, die bei Empfängern zu Sichteinlagen führen. Dann werden aber 20 € Mindestreserven fällig. In dieser Höhe müssten die Banken Kredite bei der Zentralbank aufnehmen. Die Kredite der EZB haben derzeit Laufzeiten von einer Woche (Hauptrefinanzierungsfazilität, Mindestbietungssatz seit Juli 2011: 1,50%) oder drei Monaten (längerfristige Refinanzierungsfazilität). Daneben gewährt die Zentralbank eine unbegrenzte Spitzenrefinanzierungsfazilität zu einem höheren Zinssatz von 2,25% (Seit Juli 2011).

Die Quantitätstheorie der Inflation Die Quantitätstheorie des Geldes ist eine Faustformel, mit der die langfristigen Determinanten des Preisniveaus und der Inflationsrate prognostiziert werden. Für diese Faustformel werden die Menge an Gütern einer Volkswirtschaft mit der Höhe der realen Geldmenge verglichen. Ist die reale Geldmenge zu hoch, so sollten langfristig zum Ausgleich die Preise steigen. Hat also die Zentralbank durch niedrige Zinsen die Geldmenge erhöht, so die Vermutung, wird dies langfristig die Preise erhöhen.

Für diese Relation ist die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes zu berücksichtigen. Diese kennzeichnet die Schnelligkeit, bildlich gesprochen, mit der ein Euro im Durchschnitt in der Wirtschaft von einer Geldbörse zur anderen wandert. Die Umlaufgeschwindigkeit wird als Relation zwischen dem nominalen Inlandsprodukt (P.Y) und der Geldmenge (M) bestimmt: Umlaufgeschwindigkeit=P.Y/M Dies können wir als „Quantitätsgleichung“ schreiben: M.Umlaufgeschwindigkeit=P.Y

Nominales BIP, Geldmenge und Umlaufgeschwindigkeit

Die Quantitätstheorie konstatiert, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes im Zeitablauf relativ konstant ist. Hat die Zentralbank durch Setzen niedriger Zinsen die Geldmenge erhöht, so wird vermutet, dass dies auf die Produktion und das Inlandsprodukt keinen Einfluss haben wird. Daher muss das Preisniveau ansteigen. Die Faustformel impliziert die „Neutralität des Geldes“: reale Größen wie das Inlandsprodukt werden dabei nicht durch nominale Größen wie die Geldmenge beeinflusst.

Geld und Preise in der Hyperinflation (a) Österreich (b) Ungarn Index (Jan. 1921 = 100) Index (Jan. 1921 = 100) 100,000 100,000 Preisniveau Preisniveau 10,000 10,000 Geld- angebot Geld- angebot 1,000 1,000 100 100 1921 1922 1923 1924 1925 1921 1922 1923 1924 1925

Geld und Preise in der Hyperinflation c) Deutschland d) Polen Index (Jan. 1921 = 100) Index (Jan. 1921 = 100) 100 Bill. Preisniveau 10 Mill. Preisniveau 1 Bill. Geld- angebot 1 Mill. 10 Mrd. Geld- 100,000 100 Mill. angebot 1 Mill. 10,000 10,000 1,000 100 1 100 1921 1922 1923 1924 1925 1921 1922 1923 1924 1925

Dieser Zusammenhang ist z. B Dieser Zusammenhang ist z.B. gültig bei Hyperinflation, also einer Inflation, welche einen Wert von 50 v.H. im Monat übersteigt. Allerdings ist die Annahme einer konstanten Umlaufgeschwindigkeit nur eine grobe Vereinfachung. Sowohl kurz- als auch langfristig kann sich die Umlaufgeschwindigkeit ändern. Bei niedrigen Zinsen sinkt zudem die Umlaufgeschwindigkeit, da die Geldnachfrage steigt. Insgesamt wird dieser Faustformel in der Zentralbankpolitik heutzutage keine herausragende Bedeutung mehr beigemessen.

Die Kosten der Inflation Inflation bei konstantem nominalen Einkommen würde die Kaufkraft reduzieren. Aber dieses Argument ist irreführend: Alle nominalen Größen steigen gleichermaßen bei Inflation. Das nominale Einkommen bleibt bei Inflation gerade nicht konstant. Eine Veränderung der Kaufkraft stellt sich bei Inflation nicht ein, da Löhne genauso steigen wie die Preise des repräsentativen Warenkorbes. Worin bestehen stattdessen die Kosten der Inflation?

Schuhlederkosten entstehen, weil Menschen versuchen, ihre Geldhaltung bei hoher Inflation zu reduzieren. Dies impliziert ein häufigeres Aufsuchen der Bank zum Zweck der Abhebung von zinstragenden Vermögensanlagen. Hierbei entstehen Kosten für die involvierte Zeit und Unannehmlichkeiten.

Menukosten entstehen, wenn Preise angepasst werden müssen. Preislisten und Aushängeschilder müssen häufiger aktualisiert werden. Die Bestimmung neuer Preise erfordert kostspielige Informationen, Entscheidungsprozesse, Verhandlungen und Kommunikation. Hierbei werden Ressourcen verbraucht, die ansonsten im Produktionsprozess sinnvoller verwendet werden könnten. Wird hingegen auf häufige Preisanpassungen verzichtet und stattdessen starke Preiserhöhungen relativ selten durchgeführt, dann beeinflusst Inflation die relativen Preise. Dies bewirkt aber allokative Verzerrungen.

Steuerverzerrung Inflation erhöht die nominalen Erträge aus Ersparnissen und Kapitalbesitz. Nominale Wertsteigerungen führen evtl. beim Verkauf der Anlage zu einem steuerpflichtigen Bilanzgewinn. Sofern die nominale Wertsteigerung aber der Inflation entspricht, hat sich der Wert real nicht erhöht. Trotzdem wird er besteuert. In der Einkommensteuererklärung wird das nominale Zinseinkommen erfasst. Das reale Einkommen ist aber geringer, da die Inflation einen Wertverlust darstellt. Insgesamt wird Sparen hierdurch unattraktiver.

Wie bildet sich der nominale Zinssatz in Reaktion auf unterschiedliche Inflationsraten? Kreditnehmer können nominal höhere Erträge erzielen und sind daher in der Lage, auch nominal höhere Zinsen zu bezahlen. Dies entschädigt dann Kreditgeber für die reale, inflationsbedingte Entwertung ihres Kapitals. Insgesamt erscheint es daher plausibel, dass eine erhöhte Inflation in voller Höhe die nominalen Zinsen ansteigen lässt: i=r+p Dieser Zusammenhang wird Fisher-Effekt genannt.

Nominalzins und Inflationsrate, USA

Eine Erhöhung der Inflation kann aber nun einen Einfluss auf den Realzins nach Steuern haben. Eine Erhöhung der nominalen Zinsen kompensiert nämlich lediglich für einen inflationsbedingten Wertverlust, muss aber trotzdem versteuert werden. Stabiles Land Inflations-land Realzins 4% Inflationsrate 8 Nominalzins 4 12 Zinsminderung durch 25% Steuer 1 3 Nominalzins nach Steuer 9 Nominalzins nach Steuer abzgl. Inflation

Konfusion und Unbequemlichkeit Mit Inflation sind reale Werte schwerer über die Zeit zu vergleichen. Geld verliert teilweise seine Bedeutung als Recheneinheit. Eine realistische Darstellung von Kosten, Profiten und Erträgen einer Firma wird so erschwert. Investoren haben größere Schwierigkeiten, erfolgreiche von erfolglosen Firmen zu unterscheiden. Der Kapitalmarkt wird behindert.

Willkürliche Umverteilung Die bisher erwähnten Kosten ergeben sich auch bei einer konstant hohen Inflationsrate. Weitere Kosten ergeben sich bei einer unerwarteten Inflation. Bei Hyperinflation ist die Inflationsrate auch sehr volatil und kaum vorherzusagen. Bezieher eines nominal fixierten Lohneinkommens werden dann benachteiligt.

Kreditgeber werden von einer unerwarteten Inflation benachteiligt. Dies resultiert, da zumeist in Kreditverträgen die Nominalzinsen fixiert sind. Kreditnehmer werden von Inflation begünstigt, da ihre Tilgung real günstiger wird. Eine Deflation hingegen belastet Kreditnehmer. Vermögen wird somit willkürlich umgeschichtet. Hierdurch ergeben sich Verteilungsprobleme, evtl. auch eine abnehmende Bereitschaft, mit regulärer Arbeit Einkommen zu erzielen.

Der Nutzen der Inflation Die Erfahrung lehrt, dass sich Inflation nur durch einen Produktionseinbruch und Unterbeschäftigung reduzieren lässt. Gemäß Schätzungen ist zur Reduzierung der Inflation um einen Prozentpunkt ein temporärer Produktionseinbruch zu erwarten. Aggregiert über den Anpassungszeitraum beläuft sich der Einbruch auf 5 Prozent des Inlandsprodukts (z.B. in den ersten beiden Jahren jeweils 2 Prozent und im dritten Jahr 1 Prozent). Diese Kosten können als zu hoch empfunden werden. Fortwährende Inflation vermeidet diese Kosten.

Ein temporärer Produktionseinbruch kann auch länger anhaltende nachteilige Folgen haben. Eine Rezession kann Investoren abschrecken. Damit sinkt der Kapitalstock und temporär die Produktivität. Temporäre Arbeitslosigkeit kann auch Humankapital vernichten, weil Erfahrungswissen verloren geht. Fortwährende Inflation vermeidet auch diese Kosten Inflation wirkt wie eine Besteuerung von Geldvermögen und verschafft der Zentralbank und damit dem Staat zusätzliche Einnahmen (Inflationssteuer). Gerade in Ländern, in denen das Steuersystem nicht gut funktioniert, kann dies eine effiziente Form der Finanzierung öffentlicher Aufgaben darstellen.

Nominale Löhne sind teilweise nach unten starr, z. B Nominale Löhne sind teilweise nach unten starr, z.B. weil Gewerkschaften gegen Lohnsenkungen Streiks organisieren können. Bei einer schleichenden realen Entwertung der Löhne durch Inflation bleiben Streiks aber zumeist aus. Dies ist kompatibel mit Umfrageergebnissen: Eine Reduzierung des Nominallohnes bei Nullinflation wird als unfair eingeschätzt, ein konstanter Lohn bei Inflation aber nicht. Dieses Verhalten wird auch als „Geldillusion“ bezeichnet. Eine moderate und konstante Inflation kann daher die notwendige Anpassung der realen Löhne in Krisenbranchen ermöglichen. Dies kann auch langfristig die Produktion eines Landes erhöhen.

Höhere Inflation verringert das Risiko, dass eine Krise zu Deflation, also einem sinkenden Preisniveau, führt. Warum diese besonders gefährlich ist, wird in Abschnitt VIII gezeigt.

Optimale Inflation In Abwägung der Vor- und Nachteile der Inflation sollte bedacht werden, dass eine Inflation von Null übermäßig restriktiv wirkt. Aufgrund des Substitutionsbias ist eine Inflationsrate von 1% als Preisniveaustabilität zu werten. Darüber hinaus kann aus den genannten Nutzenerwägungen ein wenig Inflation zugelassen werden. Die EZB hat sich daher ein Inflationsziel von zwischen 1% und 2% gesetzt. Andere Zentralbanken wie die Norwegens haben höhere Inflationsziele von 2,5%.