Die Ausgrabungen im frühmittelalterlichen Ortsfriedhof von Weismain

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 Präsentation transkript:

Die Ausgrabungen im frühmittelalterlichen Ortsfriedhof von Weismain o Ablauf o Befunde o Funde o Einordnung Dieter Schmudlach, Kreisheimatpfleger Abteilung Vor- und Frühgeschichte im Landschaftsmuseum Obermain 19. Januar 2011 in Weismain / 27. Januar 2011 in Thurnau Für die Erlaubnis zur Verwendung einiger seiner Folien ist Herrn Dr. Hans Losert herzlich zu danken. Diese Präsentation verwendet Animationen. Bitte für „Weiter“ eine Taste drücken!

Der 1972 entdeckte frühmittelalterliche Friedhof liegt auf einer Terrasse westlich (links) der Weismain.

Zur Notgrabung im Mai und Juni 1972 Klaus Schwarz + Max Wild + 2000 Konrad Radunz + 1998 Ewald Kimpel + 1987 Prof. Dr. Chr. Pescheck + 1993 Die Arbeitsgruppe des CHW Kulmbach in Aktion, hier einmal Ausgraben mit einem Bagger! Links Günther Hain, daneben Fritz Klöckner (Zirndorf), rechts mit Schaufel: Dieter Schmudlach.

A B C Lageplan des Gräberfeldes von Weismain-West in der Selitzen Die Hofstatt der ursprünglich zugehörigen Hufe A hat ost-nordöstlich bei Haus Nr. 120 gelegen (1513 der frei-bäuerliche Hof in der Hey-gassen); die der Rodungs-stufe B ist im Bereiche der Häuser 109/113 zu suchen, die Hofstatt einer weiteren karolingerzeitlichen Hufe C ist bei „zu 85“ und nordöstlich davon anzunehmen. [Nach J. Baptist Müller +] B C Grundlage: K. Schwarz, Frühmittelalterlicher Landesausbau … 1984, S. 86, Abb. 51

Ablauf der Notgrabungen Goldener Anhänger von Bommelohrring, 3 cm lang, aus Grab 2 Grab 3 Ablauf der Notgrabungen 22. März 1972 Schädel auf Grundstück Fick gefunden = Grab 1 20. April 1972 Beim Abstecken der Straße Reste eines Skelettes mit goldenem Anhänger und Eimer angetroffen = Grab 2 , von von Konrad Radunz, Schney, geborgen 24. Mai 1972 Ein Bagger erfaßt auf dem Grund- stück Niesel ein Skelett mit Spatha, Eimer, Stabbeschlag, Schere, Klappmesser und Sporen (Resten) = Grab 3.

Die Notgrabung im Mai 1972 Mittwoch, 24. Mai 1972 Am Fußende steht ein Tränkeimer, rechts davon liegt der End-beschlag eines Stabes (oberes Bild). Neben dem Eimer wurden eine Schere und zwei Klappmesser (Rasiermesser) niedergelegt. Die Notgrabung im Mai 1972 Mittwoch, 24. Mai 1972 Ein Bagger beginnt mit dem Ausheben eines Kanalisationsgrabens für das Haus Niesel. Dabei trifft er auf das Fußskelett eines frühmaturen Mannes (= Grab 3).

Burgkunstadt, Burgberg Weismain-Selitzen Grab 3, Mann, frühmatur, Beisetzung um 750-775 Schere (Länge 25 cm) zur Haarpflege und Rasiermesser [Foto Dieter Schmudlach] Burgkunstadt, Burgberg Schere (Länge 22,7 cm), Grabung Klaus Schwarz 1975 (Foto Ivonne Przemuß)

Grab 3 1 Spatha, 92 cm lg. (Langschwert) 7 Gürtelschnalle 6 Sporenreste 2 Stabbeschlag: Spitze u. Zwinge 3 Daubeneimer 4 Bügelschere 5 Klappmesser (Rasiermesser)

Weismain-Selitzen Grab 3, Mann, frühmatur, mit Spatha, Lanzenschuh, Sporentur und Fetzen einer Ringbrünne, Beisetzung um 750-775 (Schwarz 1984: Abb. 57-59)

Amtsstab oder Fahnenlanze Aus dem Psalterium Aureum Sancti Galli: pag. 140, 9. Psalmenbild, 2. Teil. Aufmarsch von Joabs Soldaten. Vorne ein Reiter, der eine Fahnenlanze trägt. Amtsstab oder Fahnenlanze Ob es sich bei den Beschlagteilen (2) aus dem Grab 3 um den Endbeschlag eines Amtsstabes oder einer Fahnenlanze handelt, muss derzeit offen bleiben. Aus dem Stuttgarter Psalter: Huldigung König Davids, links zwei Männer mit Stäben – rechts die Gefangennahme Christi. Herodes ist mit einem Amtsstab dargestellt, rechts von ihm ein Hohepriester.

Weismain-Selitzen, Lkr. Lichtenfels Grab 3, Mann, frühmatur, Beisetzung um 750 Grab 20, Mann, spätadult, Beisetzung um 750-775

Die Notgrabung im Mai und Juni 1972 Unter Leitung von Prof. Dr. Chr. Pescheck wurde das Gebiet der Baugrube für das Haus Niesel mit Baggerschnitten unter- sucht: Gräber 4-6. 17. Juni 1972 In dem bei einer Verbreiterung der Baugrube angeschnittenen Grab 20 lag neben dem Skelett noch das Unterteil einer (zweiten) Spatha. Das zugehörige Teil bis zur Parier-stange wurde zusammen mit drei Pfeilspitzen, einem Feuerstahl und Resten von Sporen aus dem Aushub geborgen. Grab 5 Grab 6 mit Eimer Grab 20 mit Spatha

Vergleiche zum Spathaknauf : London, Westminster Palace, Weismain, Grab 20 Vergleiche zum Spathaknauf : London, Westminster Palace, Steinsvik, Norland (Norwegen) (SCHWARZ 1984: Abb. 67, Foto Dieter Schmudlach)

Weismainer Funde in der Prähistorischen Staatssammlung in München (1975)

Kampf des David gegen Goliath Stuttgarter Psalter, um 820, David mit karolingerzeitlichem Schild, Spatha und Lanze (Martin 1996: Abb. 223)

Schwert und Stab bzw. Fahne (-nlanze) als Rechtssymbole Brakteat von Halle: Bischof mit Fahne - aus dem Fund von Gerstenberg bei Altenburg Brandenburg, Markgrafschaft Otto I. (1157-1184): Markgraf mit Schwert und Fahne Fränkischer Edler mit Schwert (8. Jh.) Fresko in der Apsis der St. Benedikt-Kirche von Mals / Malles Venosta (Südtirol): Weltlicher Stifter [Bild: Wiki Common]

Abbildungen von Fahnenlanzen Karl ernennt Roland zum Statthalter von Spanien / Roland gibt eine Probe seiner Kraft (unten: Lanzenwunder) Links im oberen Register kniet Roland im roten Waffenrock vor Karl, der in einem fellgefütterten Mantel auf einen Thron sitzt und Roland zum Statthalter Spaniens krönt, wobei er ihm auch die Fahnenlanze übergibt; auf der rechten Seite stehen Bischof Turpin und zwei Waffenträger. Unten reiten von links Karl und sein Gefolge, von rechts Roland mit seinen Rittern, darunter Turpin, aufeinander zu; Roland stösst den Lanzenschaft in einen Stein, so dass er darin versinkt, was seine Auser-wählung durch Gott beweist. St. Gallen, Kantonsbibliothek (um 1399) Vadiana, VadSlg Ms. 302 II_26v

Abbildungen von Fahnenlanzen Rudolf von Ems, Weltchronik. Entstehungsort: Zürich. Entstehungszeit um 1300. St. Gallen, Kantonsbibliothek Vadiana, VadSlg Ms. 302 II_62r Der Heidenkönig Palligan lässt seine Truppen vor der Schlacht ein Götzenbild anbeten Karl und Palligan im Zweikampf Oben links beten heidnische Krieger zu einem Götzenbild; in der Mitte reitet der persische König Palligan in Richtung dieses Bildnisses, ihm folgt ein von Ochsen gezogener Streitwagen.

Berittene Krieger mit Sporen Sporen waren im Weismainer Friedhof 5 mal vorhanden. Verzierter Sporn und Riemenzunge aus Grab 79 (links) Berittene Krieger mit Sporen St. Gallen, Psalterium Aureum, vor 883 (Kunst und Kultur der Karolingerzeit1999 III: 314, Abb. 3)

Sporen waren im Weismainer Gräberfeld Weismain-Selitzen Grab 46, Mann, frühmatur mit Sporengarnitur (Länge 18,6 cm und 18,8 cm), Beisetzung um 800 (SCHWARZ 1984: Abb. 57, 70, Foto Dieter Schmudlach) Sporen waren im Weismainer Gräberfeld 5 mal vorhanden.

Holzeimer als Beigaben Rekonstruktion eines Holzeimers aus Grab 8 des Friedhofs von Wirbenz, Gde. Speichersdorf, Lkr. Bayreuth Zeichnerische Rekonstruktion des hölzernen Eimers aus Grab 83 von Grafendobrach Funde aus den Gräbern 3 und 20 aus dem Friedhof von Weismain, links die Eisenreifen des Eimers aus Grab 3, oben die beiden Spathen

Verteilung der eisenbeschlagenen Holzeimer (4 mal) im Gräberfeld und der Beigabe von Geflügel (18 mal) Rekonstruktion eines Holzeimers aus Grab 8 des Friedhofs von Wirbenz, Gde. Speichersdorf, Lkr. Bayreuth Die Rekonstruktion des Holzeimers veranschaulicht die Verwendung der Eisenreifen zum Zusammenhalten der hölzernen Dauben und zum Anbringen der Henkel (an Attaschen). [Bild aus dem ArchaologieMuseum Oberfranknen in Forchheim] Plan in Klaus Schwarz, Frühmittelalterlicher Landesausbau … 1984, S. 91, Abb. 55

Grab 69 Dezember 1972: Landeskonservator Klaus Schwarz bei der Dokumentation der Gräber 69, 70 und 71 Grab 71, 70, 69

Grab (70), 71 und 72 mit Pfostenspuren eines hölzernen Überbaus, einer „Memoria“ = Grabkapelle Pfostengrube 1 Grab 70, 71, 72 Grab 69 Grab 72, 71, 70 Pfosten 2

Ausgrabungen des Landesamtes für Denkmalpflege 1) 20.07. - 09.08.1972: Gräber 23 - 52 2) 15.11. - 20.12.1972: Gräber 53 - 109 (Flächen 3 - 5) 3) 26.03. - 25.05.1973: Gräber 110 - 210 (Flächen 6 - 8) August 1972 Grabungstechniker D. Klonk (mit Zeichenmappe), rechts davon Th. Kubiczek vor dem Neubau Niesel J. B. Müller + Th. Kubiczek +

Vorläufiger Plan mit den Flächen 2 (31.07.1972) und 3 (16.11.1972) Gelb: Notgrabung des CHW im Mai und Juni: Gräber 3 bis 21 - rot: Kreisgräben – schwarz: Gruben

Frauengrab 147 Einer von zwei Kopfschmuck- ringen aus Bronze Deutlich zeichnet sich die Grabgrube als dunkle Verfärbung ab. Gewandnadel aus Bronze Ein Skelett wie aus dem Bilderbuch, ausgestattet mit zwei ‚Schläfenringen‘

Grab 147, Frau, frühmatur, Beisetzung um 800 (PÖLLATH 2002: Taf. 83) Weismain-Selitzen Grab 147, Frau, frühmatur, Beisetzung um 800 (PÖLLATH 2002: Taf. 83) Oben Mitte Bronzenadel (Länge 11,4 cm) aus den frühen Siedlungsschichten vom Burgberg zu Burgkunstadt (Foto: Ivonne Przemuß), unten links Nadeln und rechts Schläfenringe u. a. aus dem Friedhof von Weismain

Frauengrab 47 Einer von vier silbernen Kopfschmuckringen Fragmente zweier silberner Halsringe

Die Goldbommel aus Grab 2 Weismain-Selitzen Grab 2, Frau: 25-30 Jahre alt; Beisetzung um oder kurz nach 700, Goldbommel eines Ohrrings im Halsbereich, Länge 3,1 cm (SCHWARZ 1984: Abb. 58) Ergolding, Lkr. Landshut, Bommelohrring aus Grab 292; Länge 2,4 cm 2. Hälfte des 7. Jhdts. (Das Archäologische Jahr 2001, S. 212, Abb.116) Kirchheim bei München (CHRISTLEIN 1981: Abb. 136) Großgartach bei Heilbronn (ALAMANNEN 1997: Abb. 304) Frankfurt-Dom Grab 95, Mädchen, Beisetzung um 675 (HAMPEL 1994: Abb. 73)

Weismain-Selitzen Grab 53, Mädchen, 19 Jahre alt, Beisetzung um oder kurz nach 800, zwei Paare silberner Kopfschmuckringe (Reifdurchmesser 3,4-3,5 cm) mit rhombischen Anhängern, Messer und geböttcherter Eimer (PÖLLATH 2002, Taf. 162, SCHWARZ 1984: Abb. 47)

Steinhöring, Lkr. Ebersberg, Grab 11 (Wamser (Hrsg.) 2004: 403) Weismain, Grab 53: 2 von 4 Gehängeringen Linz-Zizlau, Oberösterreich, Grab 83 (Dannheimer & Dopsch 1988: Abb. 171) Stará Kouřim, Bez. Kolin, Böhmen Grab 106 (Europas Mitte 2000 K: 214)

Matzhausen, Lkr. Neumarkt in der Oberpfalz Grab 2-3, Mädchen und/oder Frau, Beisetzung im 9. Jahrhundert (Menghin 1990: Taf. 63-64)

‚Schläfenringe‘ - Kopfschmuckringe Grab 202: 4 Perlen aus Silberblech Grab 166 von Alladorf : 2 Paare mit je drei ‚Schläfenringen‘ ‚Schläfenringe‘ - Kopfschmuckringe Grab 166 von Alladorf : SR mit aufgeschobenerPerle aus Silberblech mit filigranen Silberdrahtauflagen Trageweise der ‚Schläfenringe‘ an einem Stirmband (nach Ralph PÖLLATH)

Trageweise der ‚Schläfenringe‘ bzw. Kopfschmuckringe ‚Schläfenringe‘ an einem Stirmband (nach Ralph PÖLLATH) Rekonstruktion eines Stirnbandes bzw. einer Haube von Wirbenz, Gde. Speichersdorf, Lkr. Bayreuth, die mit zwei Schläfenringen und Glasperlen verziert war. [Ausgrabungen und Funde 24, 2003/2004 S. 22 Tafel 10. Das Bild in der Mitte aus Haberstroh Claudia, Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Wirbenz, S. 115 Abb. 6 ] Mockersdorf, Lkr. Neustadt an der Waldnaab: Grab 14 (8./9. Jhdt.) mit 2 silbernen Schläfenringen, 284 Glasperlen, einem Eisenmesser und einem bronzenen Fingerring (Grabung 2003); Versuch einer Rekonstruktion der Trageweise des Kopfschmucks an einer Haube [Sonderausstellung „Archäologie ohne Grenzen“ in Neustadt am Kulm].

Man zeigte schon immer gern, was man hat Punzverzierter Armreif aus Grab 57 aus dem Weismainer Friedhof Kette mit Perlen aus Silberblech Grab 202 Perlenketten aus Frauengräbern von Alladorf und Weismain (Mitte): insgesamt in 21 Gräbern   

Messer waren für Männer und Frauen nützlich Verschiedene Messer im Landschaftsmuseum Obermain von unterschiedlichen Fundorten 18,2 cm langes Messer aus dem Frauengrab 139 mit verzierten Griffschalen aus Bein und Resten der Lederscheide mit deutlich erkennbaren Fransen Messer aus Grab 60 von Alladorf mit eisernem Ortband der Messer- scheide, daneben die Rekonstruktion nach einem Fund von Eggolsheim, Grab 1, hier aus ver- goldetem Bronzeblech

Was sonst noch nützlich war Feuerstahl aus Grab 20 mit zwei Schlagsteinen Römischer Silberdenar aus Grab 206, 18/17 v. Chr geprägt; Vorderseite: Kopf des Kaisers Augustus (31 vor  bis 14 nach Chr. Rückseite: Quadriga und huldigende Parther auf Triumphbogen Fleischgabel (Bratspieß) aus Grab 79 Ein Feuerzeug wurde 4 mal angetroffen.

Frühmittelalterliche Gräberfelder in Nordbayern Merowinger- und karolingerzeitliche Transformationsprozesse zwischen autochthoner Bevölkerung sowie Germanen und Slawen (Losert 2007: Abb. 5)

‚Slawenkirchen‘ o liegen im Radenzgau (‚ratenzgewe‘) o sind bischöfliche Eigenkirchen o in Gebieten, die der Zehntpflicht für Slawen unterliegen o Grundausstattung mit wenigstens einer Pfarrhube, später 3 ‚mansis‘ Nach einem Dorsalvermerk und durch Urkunden Ludwigs des Deutschen 845 und Arnulf von Kärnten 889 bestätigt [ANDRASCHKE, Kirchliche Strukturen und die Anfänge der kirchlichen Organisation, 2007] Gesichert sind aber nur Seußling und Amlingstadt Beide liegen im Radenzgau und sind mit 6 Mansen ausgestattet) [ANDRASCHKE 2007, S. 302, 303] Erste Missionskirchen für die Main- und Regnitzwenden (Karte von Ferdinand GELDNER) Um 793/794 beauftragte Karl der Große (* 747, 768 fränkischer König, 800 Kaiser, † 814) den Würzburger Bischof Bernwelf (768/769-800), bei den Main- und Regnitzwenden 14 Missionskirchen zu errichten. ...ut in terra sclavorum, qui sedent inter Moinum et Radentiam fluvios, qui vocantur Moinvinidi et Radanzvinidi una cum comitibus, qui super eosdem sclavos constituit erant, procurrassent, ut inibi sicut in ceteris christianorum locis ecclesiae construerentur, quatenus ille populus noviter ad christianitatem conversus habere potuisset, ubi et baptismum perciperet et praedicationem audiret...

Kilianskirchen: rot Johanneskirchen: orange sonstige bischöfliche Eigenkirchen: grün königliche Eigenkirchen: blau ANDRASCHKE 2007, S. 300, Abb. 2

Mögliche Standorte der 14 Missionskirchen Karls des Großen für die Main- und Regnitzwenden, nach 793 (ANDRASCHKE 2007: Abb. 1)

Das Bistum Bamberg im 1. Drittel des 11. Jahrhunderts Mögliche Missionskirchen von den 14 ‚Slawenkirchen‘ [F. Machilek: Die Gründung des Bistums Bamberg, in: Missionierung und Chrisdtianisierung …, 2007]

Seußling, Lkr. Bamberg, St. Sigismund Missionskirche für die Regnitzwenden, um 793-800

Abwehr heidnischer Gebräuche Bamberger Synode von 1059 o beklagt Mißstände in „maxima parte Slavonica“: ‚paganiae‘ [Hans-Dietrich KAHL] Aus dem ‚Sendrecht der Main- und Rednitzwenden‘ (Würzburger Sondersendrecht): o „… wer die Götzenopfer, was man trebo nennt, darbringt oder ißt …“ (Opfergaben„ die mancherorts an den Gräbern Verstorbener dargebracht werden). o „… wer Tote nicht auf dem Friedhof bestattet, sondern bei (oder in) den Hügeln, die wir nach Heidenweise hougir nennen.“ (hougir ist die Pluralform von houc) oVerwandtenehe - Verweigerung des Zehnten Grabstein des Abtes Wolfher von Münsterschwarzach (1034-1046) mit dem Bild Johannes des Täufers, daneben zwei bartlose Männer in Schwurhaltung. Original in der Kirche von Großbirkach.

Alladorf, Lkr. Kulmbach, Oberfranken Kindergrab 182 mit einem sekundär verbrannten Gefäß (größter Durchmesser cm) in der Einfüllung über den Füßen, 8./9. Jahrhundert Hinweis auf trebo, die heidnische Opferfeier („… Opfergaben, die mancherorts an den Gräbern Verstorbener dargebracht werden“), des Würzburger Slawensendrechts oder sekundäre Brandbestattung (?)

Slawische Siedlungsnamen in Nordbayern (Janka 2007: 126)

Das Diedenhofener Kapitular Karls des Großen von 805 ...de negotiatoribus qui partibus Sclavorum et Avarorum pergunt... …ut arma et bruneas non ducant ad venundandum... Der Mittelabschnitt Abstand Luftlinie: Hallstadt 26 km (1 Tag) Forchheim 82 km (3 Tage) Premberg 24 km (1 Tag) Regensburg [LOSERT 2009: Abb. 3, nach HÜBENER 1998: Abb. 1] Die Namen unter den Ortsnamen geben die Aufsicht führende Person an.

Altenkunstadt und Burgkunstadt

Altenkunstadt, Lkr. Lichtenfels (Schwarz 1976: Abb. 30-31) vorbambergische Urpfarrei und Missionskirche für die Mainwenden? Das zeitliche und ursächliche Verhältnis zwischen den benachbarten Orten Altenkunstadt und Burgkunstadt ist bislang weitgehend unbekannt. Die früheste Nennung der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts könnte sich auch auf Altenkunstadt bezogen haben. Johann Baptist Müller vermutete, daß Altenkunstadt aus einer durch jüngere Flurnamen erschlossenen Siedlung namens Lindahi/Lintech hervorging.

Altenkunstadt, St. Kilian Untersuchung 1982, karolingerzeitlicher Massivbau mit halbrunder Apsis über älterer Nekropole (Müller 1984: Abb. 12, Zittlau u.a. 1986: Abb. 1-2)

Altenkunstadt, St. Kilian Grab 20 und 21 direkt unter dem Apsisscheitel der ersten Steinkirche, Mädchen oder Frauen mit silbernen Kopfschmuckringen, Anhänger aus Goldblech und zwei Glasperlen, Beisetzung im 8./9. Jahrhundert (Abels, Sage & Züchner 1996: 158, Zittlau u.a. 1986: Abb. 3)

Belegung vom frühen 8. Jahrhundert bis um 850. Zusammenfassung Der Friedhof von Weismain-Selitzen Ergraben sind 210 Gräber, davon 117 Erwachsene (42 Männer, 52 Frauen) und 92 Kinder. Die Kindersterblichkeit betrug 44%. Von insgesamt 259 untersuchten Individuen 103 als männlich und 131 als weiblich bestimmt. Bei 25 Skeletten war das Geschlecht fraglich. Belegung vom frühen 8. Jahrhundert bis um 850. Die Grenzen der Nekropole wurden zumindest im Süden und Westen teilweise erreicht (LEINTHALER 1992: Abb. 2). Auffallend sind sechs Kreisgräben, die teils aber nicht zu Grabhügeln gehörten. Siehe wieder ‚Sendrecht für die Main- und Regnitzwenden‘ bzw. Bestattungen in und/oder bei Hügeln-hougir

Belegungsabfolge im Gräberfeld: 6 Generationen vom 8. bis zum 9. Jhdt. (Ein Versuch von Klaus Schwarz) Die räumliche Verteilung der Gräber der Hufenbauern- familien, also Freien (im Westen) und der Leibeigenen (im Osten ) innerhalb des untersuchten Teiles des Weismainer Ortsfriedhofes. Die Kreise entsprechen den Standspuren einhegender Zäun- chen oder Pfahlringe; gerissene Kreislinien sind bei den Gräbern (2 und 3) eingetragen, welche vielleicht mit einem flachen, runden Hügel überwölbt waren. Klaus Schwarz 1984, S. 117, Abb. 71 Vermutete Standorte der Hofstellen A, B und C

Beim Ausheben eines Fundamentgrabens fand Herr Ottmar Fick 1974 das Köpfchen eines hochmittelalterlichen ‚Kruseler Püppchens‘. ‚Kruseler Püppchen‘ aus Nürnberg (14. bis Anfang 15. Jahrhundert) Als Herr Fick nach weiteren Teilen suchte, fand er noch diese Scherben eines frühslawischen Gefäßes (aus dem 7. Jahrhundert).

Regensburg-Großprüfening Urnenbestattung 9, Mädchen (infans I), Frau (frühadult) und zwei Knaben (infans I und II), Gefäßhöhe 18,5 cm Beisetzung im letzten Drittel des 6. Jahrhunderts Weismain-Selitzen Verlagerte frühslawische Keramik des 7. Jahrhunderts

Burgkunstadt-Burgberg, St. Josefsanstalt Slawische und ostfränkische Keramik des 7./8. Jahrhunderts aus Siedlungsschichten vor Entstehung der ältesten bekannten Umwehrung (Losert 1993: Taf. 76, Fotos Hans Losert)

Burgkunstadt-Burgberg St. Josefsanstalt Notuntersuchung 1973 Günther Hain und Dieter Schmudlach Gefäß des 7./8. Jahrhunderts aus Siedlungsschichten vor Entstehung der ältesten bekannten Umwehrung (LOSERT 1993: Taf. 79;1, Foto Dieter Schmudlach)

Frühslawische verzierte Ware von Dietstätt der Grabung 2007 (Fotos: Hans Losert.)

Bamberg, Domberg, Alte Hofhaltung DFG-Projekt Babenburg 1987-1991 Frühslawische Keramik des 7./8. Jahrhunderts (Losert 1993: Taf. 6, Fotos Hans Losert)

Lebendige Archäologie So trug man wohl die Haarschmuck- ringe an einem Band oder einer Haube. Herr Bernd Gerstner hat sich bereits seit Jahren mit experimenteller Archäologie beschäftigt. Er hat nun eine Reihe mittelalterlicher Fund- stücke nachgearbeitet bzw. nacharbeiten lassen. So können wir uns gut vorstellen, wie die Boden- funde früher einmal ausgesehen haben. Fränkischer Edler mit Schwert (8. Jhdt.) Fresko in der Apsis der St. Benedikt-Kirche von Mals/Südtirol

LITERATURAUSWAHL Allgemein: BERGMANN, Rolf, DIPPOLD,Günter, HABERSTROH, Jochen, LANGE, Christian, WEISS, Wolfgang. (Herausgeber) 2007: Missionierung und Christianisierung im Regnitz- und Obermaingebiet. Historischer Verein Bamberg, Schriftenreihe Band 41. Bamberg.   Altenkunstadt ZITTLAU, Reiner, PFEIL, Christoph und KNEFELKAMP-MÜLLERSCHÖN, Katharina 1986: Die Ausgrabung im Chor der Pfarrkirche von Altenkunstadt. Geschichte am Obermain. Colloquium Historicum Wirsbergense. Band 15, 1985/86: 105-117. Bamberg.   Burgkunstadt HAIN, Günther und SCHMUDLACH, Dieter 1975: Die Notgrabung 1973 in der Altenburg von Burgkunstadt. Colloquium Historicum Wirsbergense. Geschichte am Obermain. Band 9 - 1974/75: 77-89. Bamberg. LOSERT, Hans 1993: Die Keramik des frühen bis hohen Mittelalters in Oberfranken. Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters. Beiheft 8. Köln, Bonn. MÜLLER, Johann Baptist 1976: Weismain in den Urkunden des Klosters Fulda. Ein Beitrag zur frühmittelalterlichen Geschichte von Weismain. Colloquium Historicum Wirsbergense. Geschichte am Obermain. Band 10 - 1975/76: 73-90. Bamberg. - MÜLLER, Johann Baptist 1984: Ehemalige karolingische Burgstadt Burgkunstadt. Colloquium Historicum Wirsbergense. Geschichte am Obermain. Band 14 - 1983/84: 11-37. MÜLLER, Johann Baptist 1984: Burgkunstadt. Eine karolingische Burgstadt. Von ihren frühmittelalterlichen Anfängen bis ins hohe Mittelalter. Festschrift zum 60jährigen Bestehen des Colloquium Historicum Wirsbergense. SCHWARZ, Klaus 1984: Frühmittelalterlicher Landesausbau im östlichen Franken zwischen Steigerwald, Frankenwald und Oberpfälzer Wald. Römisch-Germanischen Zentralmuseum. Monographien, Band 5. Mainz. Weismain PÖLLATH, Ralph 2002: Karolingerzeitliche Gräberfelder in Nordostbayern. Eine archäologisch-historische Interpretation mit der Vorlage der Ausgrabungen von K. Schwarz in Weismain und Thurnau-Alladorf (4 Bände). München, Scheßlitz. - SCHWARZ, Klaus 1975: Der frühmittelalterliche Landesausbau in Nordost-Bayern - archäologisch gesehen. Ausgrabungen in Deutschland. Monographien des Römisch-Germanischen Zentralmuseums. Band 1. Teil II