Kriminalitäts- und Gewalterfahrungen im Leben älterer Menschen Ergebnisse einer Studie zu Gefährdungen im Alter und bei häuslicher Pflegebedürftigkeit.

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 Präsentation transkript:

Kriminalitäts- und Gewalterfahrungen im Leben älterer Menschen Ergebnisse einer Studie zu Gefährdungen im Alter und bei häuslicher Pflegebedürftigkeit Prof. Dr. Thomas Görgen Deutsche Hochschule der Polizei, Münster

Überblick Demographischer Wandel als Hintergrundfaktor Polizeiliche Kriminalstatistik Erkenntnisse aus Befragungen Ein zweiter Blick auf Kriminalitätsrisiken im Alter Gefahrenzonen im höheren Lebensalter Handlungsansätze

Prognosen zur Entwicklung der Zahl der 65-79-Jährigen sowie 80-Jährigen und Älteren bis 2050 (11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung) Quelle: Statistisches Bundesamt

Einige Grunddaten zur Pflege in Deutschland (Bundesgesundheitsministerium/ Statistisches Bundesamt) 1/2009: 2.25 Mio. Pflegebedürftige (mehr als 2/3 Frauen) 68% zu Hause versorgt; 32% in Heimen zu Hause Versorgte überwiegend ohne Inanspruchnahme ambulanter Pflegedienste; Trend: mehr professionelle Pflege ca. 11.500 ambulante Pflegedienste; ca. 11.000 voll- / teilstationäre Pflegeeinrichtungen

Schätzungen zur Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland bis 2030 (in Mio.) Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2008

Höheres Alter – ein Kriminalitäts- / Gewaltrisiko ? Insgesamt nein: Opferwerdungsrisiken in der Altersgruppe 60+ niedriger als in allen anderen Phasen des Erwachsenenalters Dies zeigt sich im Hellfeld (Polizeiliche Kriminalstatistik - PKS) im Dunkelfeld (Bevölkerungsbefragungen zu Opfererfahrungen)

PKS: Opfer vollendeter Gewaltdelikte je 100 PKS: Opfer vollendeter Gewaltdelikte je 100.000 nach Geschlecht + Alter, Deutschland 1994-2008 Datenbasis: Polizeiliche Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes

Opferwerdung in der Altersgruppe 60+ im Spiegel der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) insgesamt deutlich reduzierte Risiken (2008: Anteil Opfer 60+ an vollendeten Delikten mit Opfererfassung insgesamt ca. 9%; Bevölkerungsanteil ca. 25%) wenige Delikte mit gegenüber Jüngeren erhöhtem Opferrisiko : Handtaschenraub (ältere Frauen) Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB) Raubmord fahrlässige Tötung bislang keine PKS-Opferdaten zu Eigentums-/ Vermögensdelikten geringe PKS-Altersdifferenzierung (21-59 Jahre – 60 Jahre +)

Befragungsdaten zu Opferrisiken im Alter KFN-Opferwerdungsbefragung bundesweite Befragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V. (Hannover) gefördert durch Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) Befragungsdurchführung 2005 Kombination persönlich-mündlicher und schriftlicher Befragung 3.030 Befragte 40 – 85 Jahre; davon ca. 2/3 60 J.+

Gewalt-, Sexual-, Vermögensstraftaten: Opferanteile im 5-Jahreszeitraum 2000-2004 nach Alter / Geschlecht (in %) KFN-Viktimisierungsbefragung 2005; gefördert durch BMFSFJ

In den letzten 12 Monaten von psych In den letzten 12 Monaten von psych. Aggression/ körperlicher Gewalt durch Familien- und Haushaltsmitglieder Betroffene nach Alter / Geschlecht (in %) KFN-Viktimisierungsbefragung 2005; gefördert durch BMFSFJ Instrument: CTS2

Befragungsbefunde zur subjektiven Sicherheit in der Altersgruppe 60+ Befragte 60+ äußern nicht mehr Furcht und schätzen ihr Risiko, Opfer zu werden, nicht höher ein als 40-59-Jährige (Ausnahme: Handtaschenraub!) Befragte 60+ treffen mehr Vorsichtsmaßnahmen als Jüngere, gehen weniger Risiken ein Gedanke an Pflegebedürftigkeit, Tod nahestehender Personen, schwere Erkrankungen, etwaige Heimübersiedlung für Altersgruppe 60+ belastender als kriminalitätsbezogene Befürchtungen KFN-Viktimisierungsbefragung 2005; gefördert durch BMFSFJ

Eine vorläufige Sicherheitsbilanz 60+ Hell- wie Dunkelfelddaten zufolge nimmt die Gefährdung im höheren Alter ab. Dies gilt für allgemeine Kriminalität wie für den sozialen Nahraum. Nur wenige (als solche erkannte) Deliktsbereiche weichen von diesem Muster ab. Ältere fürchten sich nicht mehr als Jüngere vor Kriminalität. Ältere verhalten sich vorsichtiger als Jüngere. Kriminalität nimmt unter den Besorgnissen älterer Menschen einen mittleren Platz ein.

Im Alter „sicherheitsmäßig alles im grünen Bereich“? Nicht ganz, denn ...

 (1) Alter ≠ Alter kontinuierliche Erhöhung der Lebenserwartung Gebrechlichkeit, Pflegebedürftigkeit, Funktionseinschränkungen treten immer später auf  Gerontologie spricht vom "dritten und vierten Lebensalter" (Baltes)

Befragbarkeit i. R. von Dunkelfeldstudien einschränken (2) Wir wissen über Gefährdungen der „jungen Alten“ und der „alten Alten“ unterschiedlich viel. Im 4. Lebensalter häufen sich Merkmale, die zugleich …. Befragbarkeit i. R. von Dunkelfeldstudien einschränken „Anzeigefähigkeit“ einer Person reduzieren Verletzbarkeit (Vulnerabilität) erhöhen in Bezug auf Tatbegehung Tatverdeckung Schwere und Dauerhaftigkeit von Tatfolgen

(3) Es gibt besondere Gefahrenzonen im höheren Alter auf Hochaltrige ausgerichtete Eigentums- / Vermögensdelikte Tötungsdelikte an Hochaltrigen Misshandlung / Vernachlässigung von Pflegebedürftigen ……

Gefahrenzone (1): auf Hochaltrige ausgerichtete Eigentums- / Vermögensdelikte Täter wählen gezielt hochaltrige Opfer aus, weil sie günstige Tatbedingungen vermuten (alleinlebend, körperlich eingeschränkt, leicht zu täuschen, verlangsamte Reaktionen ..) Prototypisch Enkeltrick Trickdiebstähle ("Stadtwerketrick", "Glas-Wasser-Trick") Zugang zum Opfer häufig via Simulieren einer persönlichen Beziehung oder einer speziellen beruflichen Rolle

Opfer von Trickdiebstählen pro 1 Opfer von Trickdiebstählen pro 1.000 Einwohner der jeweiligen Alters- und Geschlechtergruppe pro Jahr (Bremen, 01/2004 – 05/2006; poliz. Daten aus ISA-Web) 1. überwiegend Hochaltrige 2. Frauen stärker gefährdet

Gefahrenzone (2): (unerkannte) Tötungsdelikte an Älteren PKS: Anteil älterer Opfer an vollendeten Raubmorden und bei fahrlässiger Tötung gegenüber Jüngeren etwas erhöht Tötungsdelikte an Hochaltrigen in Kliniken / Heimen durch Pflegekräfte + Ärzte mit z.T. langen Tatzeiträumen und hohen Opferzahlen Kombinierte Fremd- / Selbsttötungen bei älteren Paaren; oft vor Hintergrund von Pflegebedürftigkeit / unheilbarer Krankheit Gefahr des Nichterkennens nicht natürlicher Todesfälle: Tod als „erwartetes Ereignis“ bei Hochaltrigen / Pflegebedürftigen in Deutschland niedrige Obduktionsrate (klinische Obduktionen ca. 3%, forensische ca. 2%)

Gefahrenzone (3): Misshandlung / Vernachlässigung Pflegebedürftiger Private wie professionelle Pflege …. einerseits: grundsätzlich prosozial angelegt / ausgerichtet (pflegen, helfen, unterstützen, Defizite kompensieren ….) andererseits: für "motivierte Täter" günstige Tatbegehungs- und Tatverdeckungsmöglichkeiten durch Machtunterschiede / Abhängigkeiten gekennzeichnet hohe Belastungs- und Konfliktpotenziale

Pflegebezogene Komponenten der Studie "Kriminalität und Gewalt im Leben alter Menschen" Interviews in 90 häuslichen Pflegesettings (2005/2006); 178 Interviews + 4 Gruppengespräche mit pfleg. Angehörigen, Pflegebedürftigen, ambulanten Pflegekräften Schriftliche Befragung von 503 ambulanten Pflegekräften (2005) Schriftliche Befragung von 254 pflegenden Angehörigen (2006/07) ergänzend: im Rahmen der bundesweiten Opferwerdungsbefragung (2005; n= 3.030 Befragte) 241 Personen 60 J.+ mit Pflege- / Unterstützungsbedarf in den letzten 5 Jahren

Befragung ambulanter Pflegekräfte: 12-Monatsprävalenz eigenen problematischen Verhaltens gegenüber Pflegebedürftigen (% Befragte; n=427) Vernachlässigung Freiheits- einschränkung Misshandlung KFN-Pflegekräftebefragung 2005; gefördert durch BMFSFJ

Problemverhalten ambulanter Pflegekräfte Risiko schwerwiegenden / häufigen Problemverhaltens erhöht bei Pflegekräften, die … häufig Übergriffe (psychisch, physisch, sexuell) von Seiten Pflegebedürftiger erleben Alkohol als Mittel zur Bewältigung beruflicher Belastung einsetzen regelmäßig viele Demenzkranke zu versorgen haben die Qualität ihres jeweiligen Pflegedienstes insgesamt kritisch einschätzen KFN-Pflegekräftebefragung 2005; gefördert durch BMFSFJ

Interviewstudie familiale Pflege 2005/2006: 178 Interviews + 4 Gruppengespräche leitfadenorientierte Interviews mit pflegenden Angehörigen, Pflegebedürftigen, ambulanten Pflegekräften soweit möglich >1 Interview pro Pflegearrangement Zugänge: Presseaufrufe; Vermittlung via Zufallsauswahl ambulanter Dienste; in Einzelfällen über einschlägige Beratungs- / Kriseneinrichtungen vermittelte "Problemfälle" zusätzliche Interviews mit ExpertInnen aus den Bereichen, Pflege, Pflegebegutachtung, Krisenberatung KFN-Interviewstudie in häuslichen Pflegesettings; gefördert durch Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Interviewstudie: Zentrale differenzierende Merkmale problematischen Verhaltens gegenüber Pflegebedürftigen Liegt eine Absicht vor, die pflegebedürftige Person zu schädigen, verletzen, demütigen etc.? Wenn ja: Ist diese Absicht an eine spezifische „aus dem Ruder gelaufene“ situative Konstellation gebunden – oder existiert sie darüber hinaus? Sinnvolle Interventionen und Definition als primär soziales Problem oder strafrechtliches Problem hängen auch von Antworten auf diese Fragen ab. KFN-Interviewstudie in häuslichen Pflegesettings; gefördert durch Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Interviewstudie familiale Pflege: Risikokonstellationen für Misshandlung und Vernachlässigung schlechte Qualität der Beziehung vor Pflegeübernahme primär finanzielle Motivation zur Übernahme und Aufrechterhaltung von Pflege erlebte Belastung + ungünstige Interpretation des Verhaltens der pflegebedürftigen Person ("Absicht" oder "Charakter", nicht "Krankheit") KFN-Interviewstudie in häuslichen Pflegesettings; gefördert durch Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Interviewstudie familiale Pflege: Risikokonstellationen für Misshandlung und Vernachlässigung (2) schlechte physische und psychische Verfassung der pflegenden Person Substanzmissbrauch durch pflegende Person (Medikamente, Alkohol, Drogen) fehlendes Wissen um Krankheitssymptome, -verläufe etc. prekäre wirtschaftliche Lage / fehlende finanzielle Ressourcen aggressives / schwieriges Verhalten der pflegebedürftigen Person KFN-Interviewstudie in häuslichen Pflegesettings; gefördert durch Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Was tun? Handlungsansätze im Problemfeld „Misshandlung und Vernachlässigung Pflegebedürftiger im häuslichen Bereich“ Dominanz der „Belastungs-Entlastungs“-Thematik im gesellschaftlichen Diskurs um Gewalt in der Pflege keine eindimensionale Strategie der Misshandlungs- und Vernachlässigungsprävention in der häuslichen Pflege

Einige Handlungsansätze Unterstützung Pflegender: Angebote für Angehörige pflegebedürftiger Menschen im Hinblick auf Beratung, Unterstützung / Entlastung, Krisenintervention Verbesserung der Früherkennung von Risikolagen: Ärzte / Pflegekräfte als zentrale Professionen; Screening-Instrumente für Ärzte in Erprobung Familienrechtliche Interventionen: Eingriffsmöglichkeiten unterhalb der Schwelle strafrechtlicher Interventionen; kritische Prüfung der Übertragbarkeit von Instrumenten KiJu-Hilfe auf pflegebedürftige Erwachsene

Handlungsansätze Prävention via ambulante Dienste: Pflegekräfte als "Brücke" familialer Pflegedyaden zur Außenwelt; Prävention muss Aspekte der „Organisationskultur“ einbeziehen Elder abuse als Thema vernetzter Prävention / Intervention: Intensivierung der Zusammenarbeit von Medizin / Pflege / Gesundheitsversorgung, psychosozialen Einrichtungen und Berufsgruppen, Polizei / Justiz (eigenständige Fallkenntnisnahme für Strafverfolgungsbehörden schwierig; strafrechtliche Reaktion vielfach nicht angemessen)

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Thomas Görgen Deutsche Hochschule der Polizei, Münster thomas.goergen@dhpol.de