Neuroimaging - Orientierungsselektivität im V1 Seminar: Visuelle Neurowissenschaften Dozent: Prof. Dr. Karl Gegenfurtner Dr. Julia Trommershäuser Referentin: Katrin Burghardt Datum: 19.6.2006
Haynes & Rees: Predicting the orientation of invisible stimuli from activity in human primary visual cortex
Im V1 Neurone unterschiedlicher Orientierungspräferenz in Windrad-Muster angeordnet Physiologische Messung unbewusster merkmalssensitiver Verarbeitung im menschlichen V1 schwierig zu erfassen (niedrige räumliche Auflösung funktioneller Magnetresonanztomographie) Multivariate Mustererkennung: Möglichkeit, Informationen über Reizorientierung, die in Aktionsmustern im V1 enthalten sind, zu berücksichtigen
Hypothesen Methode kann erfolgreich zwischen verschiedenen Aktionsmustern unterscheiden (kurze Repräsentation rechtwinklig orientierter Gitter) Existenz einer unbewussten Orientierungsrepräsentation im menschl. V1 Auch wenn Gitterreize maskiert werden, kann man durch Messung der V1-Aktivität auf Reizorientierung schließen
Experiment 1 4 VP Stimuli: schräg orientiertes Gitter in Ringform um Fixationspunkt (45° nach links oder rechts geneigt)
100 Voxel mit stärkster Antwort auf beide Reize: leichte Orientierungs-präferenz Hohe Stabilität ihrer orientierungsverzerrten Antworten
Einzige Messung der Hirnaktivität ausreichend Reizorientierung mit hoher Genauigkeit klassifizierbar Verbesserte Klassifikationsgenau-igkeit bei Betrachtung der Aktionsmuster von großer Anzahl Voxel (20-50: Genauigkeit ca. 80%)
Experiment 2 Untersuchung, ob Musterklassifikation mittels Antwortmuster im V1 genutzt werden kann, um vorherzusagen, wie maskierter, unsichtbarer Reiz orientiert ist
Selbe Gitter wie Exp.1, aber maskiert: 4 VP Selbe Gitter wie Exp.1, aber maskiert: „standing wave of invisibility“ Einzelnes Zielmuster wechselt sich wiederholt mit 2 Masken ab → anhaltende Unsichtbarkeit des Targets
Trotz Wissen über Maskierung waren VP unfähig Orientierung der maskierten Gitter zu erkennen → Zufallsleistung Aktivitätsmuster im V1: Genauigkeit über Zufallsniveau (1 Voxel: 50%, bei mehreren ca.57%)
Erster direkter Beweis, dass V1 gegenüber Stimulusorientierung außerhalb der bewussten Aufmerksamkeit sensitiv ist Vorhersagegenauigkeit für maskierte Gitter dennoch geringer als für bewusst wahrgenommene Gitter
Vorhersagegenauig-keit für sichtbare und unsichtbare Gitter nimmt von V1 zu V2 zu V3 ab Für maskierte Gitter konnte man Orientierung nur aus V1 vorhersagen
Decoding the visual and subjective contents of the human brain Kamitani & Tong Decoding the visual and subjective contents of the human brain
„ensemble feature selectivity“ (gemeinsame Merkmalsselektivität) → fMRT-Multivoxelmusteranalyse → neuronale Entschlüsselung der wahrgenommenen Orientierung Hypothese: einzelnes Voxel geringe Verzerrung der Orientierungsselektivität, aber Aktionsmuster vieler Voxel: stabile Orientierungsselektivität
Methode VP sahen rundes Gitter mit 1 von 8 möglichen Orientierungen (0°, 22,5°,…,157,5°) → Reize wurden alle 250 ms an- und ausgeschaltet Neuronale Aktivität in V1-V4 und MT wurde gemessen Pro Orientierung 20-24 Durchgänge
1) Orientierungsdekodierer und ensemble feature selectivity Konstruktion eines Orientierungsdekodierers, um fMRT-Aktivität bei verschiedenen Durchgängen zu messen Input: durchschnittliche Antwortamplitude von jedem Voxel Optimierung der Voxelantworten, sodass Output für präferierte Orientierung am größten war
Einzelne Voxel: geringe Antwortselektivität auf verschiedene Orientierungen Ensemble orientation detector (Summe vieler Voxelantworten): stabile abgestufte Antworten, die mit Ähnlichkeit der Reizorientierung zur präferierten Orientierung zunahm Ergebnisse weisen darauf hin, dass ensemble pattern der fMRT-Aktivität Orientierungsinformationen enthält, die Selektivität der einzelnen Voxel weit übertreffen
2) Genauigkeit der Orientierungs-dekodierung in visuellen Gebieten Mittels ensemble activity präzise Entschlüsselung, welche der 8 Orientierungen gesehen wurde Fehler, die gelegentlich bei ähnlichen Orientierungen auftrat
Unstimulierte Regionen rund um foveale Repräsentation in V1/V2: Zufallslevel Unabhängigkeit der Orientierungsinformation in beiden Hemisphären → jede Hemisphäre konnte Orientierung des kontralateralen, aber nicht des ipsilateralen Reizes entschlüsseln
Orientierungs-selektivität nimmt in höheren visuellen Arealen ab MT: keine Orientierungs-selektivität → Gebiet sensitiver für Bewegungen
3) „Gedankenlesen“ von betrachteten Orientierungen Durchführung: Betrachten einzelner Gitter (45°, 135°) Betrachten der überlappenden Gitterreize Aufmerksamkeits-lenkung auf 1 der 2 Gitter
Hypothese: Aktivitätsmuster verschieben sich in Richtung betrachteter Orientierung Orientierungsmuster sind stark in Richtung betrachteter Orientierung verzerrt, obwohl überlappende Orientierungen dargeboten wurden Genauigkeit bis 80%
Auch wenn VPs auf beide Gitter gleichzeitig Aufmerksamkeit lenkten: Entschlüsselung beider Orientierungen Neue Beweise, dass Aufmerksamkeit die Orientierungssignale auf frühester Stufe der kortikalen Verarbeitung beeinflussen, wenn sich 2 Reize vollständig überlappen
Klausurfragen Wodurch erreicht man bei der fMRT-Untersuchung der Orientierungsselektivität im visuellen Kortex eine höhere Vorhersagegenauigkeit und stabilere Antworten? Wie entwickelt sich die neuronale Vorhersagegenauigkeit betrachteter Orientierungen sichtbarer und unsichtbarer Gitterreize vom V1 bis zu höheren Arealen im visuellen Kortex? Was ist im Zusammenhang mit der neuronalen Orientierungsselektivität mit „Unabhängigkeit der Orientierungsinformation“ in den Hemisphären gemeint?